BGN ermittelt Problemfelder bei der kaltaseptischen Abfüllung
von Dr. Claudia Schuh | aus Akzente
Die kaltaseptische Nassentkeimung beim Abfüllen von Getränken kann zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen der Mitarbeiter führen. Die BGN ging möglichen Problemfeldern auf den Grund. Oft liegen sie im organisatorischen oder technischen Bereich.
Bei der kaltaseptischen Abfüllung von Getränken und flüssigen Nahrungsmitteln in Kunststoffflaschen werden Peressigsäure und Wasserstoffperoxid enthaltende Desinfektionsmittel in einer Konzentration zwischen 300 und 3.200 ppm (bezogen auf Peroxyessigsäure) eingesetzt. Dabei können Aerosole dieser chemischen Verbindungen in die Atemluft der Beschäftigten gelangen und bei bestimmten Konzentrationen zu Reizungen der Augen sowie Nasen- und Rachenschleimhäute führen. Auch Hautrötungen, Jucken an Händen und Gesicht, Hustenreiz, Tränenfluss und ein Kratzen im Hals kommen vor. Zudem fällt bei Tätigkeiten mit peroxyessigsäurehaltigen Desinfektionsmitteln immer wieder der stechende Geruch auf.
Wegen gesundheitlicher Beeinträchtigungen von Beschäftigten an kaltaseptischen Abfüllanlagen führten Mitarbeiter der BGN-Messstelle für Gefahrstoffe an zahlreichen Anlagen Expositionsmessungen durch.
Die Problemfelder
Aufgrund der bisherigen Erfahrungen der BGN und der aktuellen Messergebnisse ergeben sich in der Aseptik folgende Problemfelder:
BGN wendet sich an Hersteller
Einige der beschriebenen Problemfelder, wie Materialunverträglichkeit oder fehlende Absaugungen, gehen auf eine ungenügende Risikobeurteilung der Hersteller zurück. Die BGN nahm deswegen Kontakt zu den Anlagenherstellern auf.
Im Arbeitskreis »Schnittstellenproblematik bei Aseptikanlagen« des VDMA (Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau e. V.) stellte man die Erfahrungen und die Problemfelder vor. Außerdem verständigten sich die BGN und Hersteller aseptischer Abfüllanlagen darauf, gemeinsam Lösungsansätze zu erarbeiten.
Betriebsanleitung anfordern
Alle Maßnahmen, die die Betreiber zu ergreifen oder zu berücksichtigen haben, legt der Maschinenhersteller in der Betriebsanleitung fest. Eine Aufstellbedingung zur Installation einer kaltaseptischen Abfüllanlage ist dabei z. B. eine technische Hallenlüftung. Bei der Planung von Neuanschaffungen und der Installation neuer Abfüllanlagen ist es ratsam, dass der Betreiber die Betriebsanleitung möglichst schon vor der Kaufentscheidung vom Hersteller anfordert. So kann er die Rahmenbedingungen und geforderten Maßnahmen frühzeitig berücksichtigen und mit einkalkulieren.
Gefahrstoffverordnung und Betriebssicherheitsverordnung verpflichten den Betreiber, eine Gefährdungsbeurteilung an den Arbeitsplätzen durchzuführen und festgestellte Mängel und Probleme zu beheben. Insbesondere organisatorische Regelungen und der Einsatz geeigneter Persönlicher Schutzausrüstung bei der Behebung von Störungen liegen in seinem Zuständigkeitsbereich. Nach der Gewährleistungspflicht der Hersteller trägt der Betreiber die alleinige Verantwortung. Aufgrund der bisherigen Erfahrungen an kaltaseptischen Anlagen ist Handlungsbedarf geboten und eine Gefährdungsbeurteilung erforderlich.
Arbeitsplatzgrenzwerte
Zurzeit gibt es für beide Peroxide keinen gültigen Arbeitsplatzgrenzwert.
Für Wasserstoffperoxid gibt es einen maximale Arbeitsplatzkonzentration (MAK-Wert) der DFG in Höhe von 0,71 mg/m³ mit der Spitzenbegrenzung von 1.
Für Peroxyessigsäure ist eine im Vergleich zu Wasserstoffperoxid deutlich höhere Reizwirkung nachgewiesen. Für Peroxyessigsäure kann der Derived No Effect Level in Höhe von 0,56 mg/m³ zur Beurteilung herangezogen werden.
Weitere Anwendungsgebiete und Erkenntnisse aus Expositionsmessungen sind in der Fachzeitschrift Gefahrstoffe Reinhaltung der Luft veröffentlicht.
C.Schuh, M.Weigl, W.Wegscheider:"Simultane Bestimmung der Desinfektionsmittel Peroxyessigsäure und Wasserstoffperoxid in der Luft an Arbeitsplätzen", 76 (2016) Nr. 7/8, S. 259-264