5 Standsicherheit und Tragfähigkeit


5.1

DGUV Vorschrift 38
§ 5 Absatz 1

  Der Unternehmer hat dafür zu sorgen, dass bauliche Anlagen und ihre Teile, Hilfskonstruktionen, Gerüste, Laufstege, Geräte und andere Einrichtungen nicht überlastet werden und auch während der einzelnen Bauzustände standsicher sind. Sie müssen so bemessen, aufgestellt, unterstützt, ausgesteift, verankert und beschaffen sein, dass sie die bei der vorgesehenen Verwendung anfallenden Lasten aufnehmen und ableiten können.

 

Bauliche Anlagen und ihre Teile, die erst durch Erhärten, durch Verbund mit anderen Teilen oder durch nachträgliche Baumaßnahmen ihre volle Tragfähigkeit erhalten, dürfen nur entsprechend ihrer jeweiligen Tragfähigkeit belastet werden. Einzelne Bauzustände sind zu berücksichtigen.

Es ist sicherzustellen, dass die Standsicherheit und Tragfähigkeit baulicher Anlagen und ihrer Teile sowie Hilfskonstruktionen durch Bauarbeiten nicht beeinträchtigt werden. Die Standsicherheit darf insbesondere nicht durch Unterhöhlen oder Einschlitzen gefährdet werden. Mängel und Gefahrenzustände sind unverzüglich zu beseitigen. Dies gilt insbesondere nachdem die Arbeit längere Zeit unterbrochen worden ist oder Ereignisse eingetreten sind, die die Standsicherheit und Tragfähigkeit beeinträchtigen können, z. B. Sturm, starker Regen oder Schneefall.

Vor Aufnahme von Montage-, Demontage-, Abbruch- oder Rückbauarbeiten ist die Reihenfolge der Arbeiten festzulegen. Um die Standsicherheit nicht zu beeinträchtigen, sind die Arbeiten in der festgelegten Reihenfolge durchzuführen.

Als anfallende Lasten sind z. B. zu berücksichtigen:

  • ständige Einwirkungen, z. B. durch das Eigengewicht des Tragwerks oder eingebaute Ausrüstungen,
  • veränderliche Einwirkungen, z. B. Wind und Schnee oder Nutzlasten aus der Materiallagerung, dem Fahrzeugverkehr oder dem Betrieb von Arbeitsmitteln (z. B. Krane, Hubarbeitsbühnen, Rohrleitungen zur Beton- und Mörtelförderung),
  • gegebenenfalls außergewöhnliche Einwirkungen (z. B. Fahrzeuganprall).

5.2

DGUV Vorschrift 38
§ 5 Absatz 2

  Der Unternehmer hat dafür zu sorgen, dass Bauteile, Baustoffe und Arbeitsmittel so gelagert, transportiert und eingebaut werden, dass sie dabei ihre Lage nicht unbeabsichtigt verändern können.

 

Diese Forderung ist erfüllt, wenn z. B.

  • die Gewichtsangaben der Bauteile, Baustoffe und Arbeitsmittel und ihre einzuhaltende Transportlage beachtet werden,
  • Bauteile vor dem Transport und vor dem Einbau auf sichtbare Beschädigungen, Verformungen und Risse im Hinblick auf ihre Tragfähigkeit sowie Transport- und Montagesicherheit überprüft wurden,
  • die Anschlagpunkte an den Bauteilen so gewählt und ausgebildet sind, dass die beim Transport auftretenden Kräfte ohne Beschädigung der Lastaufnahmeeinrichtungen oder Bauteile aufgenommen werden können,
  • zum Transport der Bauteile Transportfahrzeuge, Hebezeuge und Lastaufnahmeeinrichtungen verwendet werden, die auf Gewicht, Form und Abmessung der Bauteile abgestimmt sind,
  • die geeigneten Hilfseinrichtungen für die Lagerung der Bauteile (z. B. Lagergestelle, Aufstellböcke) vorgehalten und verwendet werden,
  • Lastaufnahmeeinrichtungen von abgesetzten Bauteilen (z. B. Fertigteile, Stahlträger, Maschinen, Schalungen, Rohre) erst dann gelöst werden, wenn die Bauteile so befestigt oder gesichert sind, dass eine unbeabsichtigte Lageänderung nicht mehr möglich ist,
  • zur Verhinderung von Pendelbewegungen z. B. Leit- oder Führungsseile eingesetzt werden.

5.3

DGUV Vorschrift 38
§ 5 Absatz 3

  Der Unternehmer hat dafür zu sorgen, dass bei Arbeiten an und vor Erd- und Felswänden sowie in Baugruben, Gräben und Bohrungen die Erd- und Felswände so abgeböscht, verbaut oder anderweitig gesichert sind, dass sie während der einzelnen Bauzustände standsicher sind und Versicherte nicht durch Abrutschen oder Herabfallen von Massen gefährdet werden. Baugruben und Gräben dürfen bis max. 1,25 m Tiefe ohne Sicherung mit senkrechten Wänden hergestellt werden, sofern keine Gegebenheiten oder Einflüsse (insbesondere Bodenbeschaffenheit, Geländeneigung, Auflasten) vorliegen, welche die Standsicherheit der Baugruben- bzw. Grabenwände beeinträchtigen können.

 

Anforderungen an die Standsicherheit von Erd- und Felswänden sind insbesondere in folgenden Normen beschrieben:

  • DIN 4084:2009-01 "Baugrund – Geländebruchberechnungen",
  • DIN 4123:2013-04 "Ausschachtungen, Gründungen und Unterfangungen im Bereich bestehender Gebäude",
  • DIN 4124:2012-01 "Baugruben und Gräben – Böschungen, Verbau, Arbeitsraumbreiten".

Beeinträchtigungen der Standsicherheit der Erd- und Felswände können sich insbesondere aus folgenden Gegebenheiten und Einflüssen ergeben:

  • Auflasten, z. B. angrenzende Bauwerke, Maschinen, Fahrzeuge, Hebezeuge, Aushubmassen,
  • bestehende Anlagen, z. B. parallel verlaufende Leitungen,
  • starker Regen, Frost und andere Naturereignisse,
  • starke Erschütterungen z. B. durch Rammen, Sprengen, Fahrzeugverkehr.

Erd- und Felswände dürfen nicht unterhöhlt werden. Überhänge sind unverzüglich zu beseitigen. Bei Aushubarbeiten freigelegte Findlinge, Bauwerksreste und dergleichen, die herabfallen oder abrutschen können, sind unverzüglich zu sichern oder zu beseitigen.

Beeinträchtigungen der Standsicherheit können sich gegebenenfalls auch aus Verfüllungen oder Aufschüttungen ergeben. Zur Beurteilung der Baugrundverhältnisse können insbesondere die vom Bauherrn bzw. der Bauherrin zur Verfügung gestellten Informationen und Unterlagen (gegebenenfalls auch ein Sicherheits- und Gesundheitsschutzplan) verwendet werden.