10 Unterstützungspflichten der Versicherten

Die Erste Hilfe in den Betrieben gelingt nur, wenn die Versicherten mitwirken.

Durch die Verpflichtung der Versicherten, jeden Unfall im Unternehmen zu melden, soll sichergestellt werden, dass die notwendigen Maßnahmen der Heilbehandlung eingeleitet werden können.

Rechtsgrundlagen:
§ 21 Abs. 3 Sozialgesetzbuch VII
§§ 15 Abs. 1 und § 28 der DGUV Vorschrift 1 "Grundsätze der Prävention"
§ 16 Arbeitsschutzgesetz.

10.1 Aus- und Fortbildung

Die Erste Hilfe kann nur durchgeführt werden, wenn sie als gemeinschaftliche Aufgabe verstanden wird. Entscheidend für die Rettung aus der Gefahr für Leben oder Gesundheit durch einen Unfall in der Arbeitswelt ist, dass eine genügende Zahl bereitwilliger Versicherter für das erste und zweite Glied der Rettungskette zur Verfügung steht. Über die allgemeine Bürgerpflicht zur Hilfeleistung bei Unglücksfällen hinaus, die auf die zumutbare und mögliche Leistung abstellt, ohne bestimmte Fähigkeiten und Kenntnisse vom Helfer oder der Helferin zu verlangen, müssen bei den Beschäftigten eine solide Aus- und Fortbildung als Grundlage der Ersten Hilfe gegeben sein, wenn von einer "wirksamen" Ersten Hilfe im Sinne der §§ 14, 17 und 21 Sozialgesetzbuch VII gesprochen werden soll. Deswegen fordert § 28 Abs. 1 der DGUV Vorschrift 1 "Grundsätze der Prävention" als wesentliche Aufgabe der Versicherten, sich in der Ersten Hilfe aus- und fortbilden zu lassen sowie sich dem Unternehmen als Ersthelfer oder Ersthelferin zur Verfügung zu stellen, soweit nicht persönliche Gründe wie körperliche Gebrechen, geistige Behinderung oder psychische Schwächen dem Einsatz als Ersthelfer oder Ersthelferin entgegenstehen.

Soweit sich keine oder nicht genügend Betriebsangehörige freiwillig zur Verfügung stellen, kann der Unternehmer oder die Unternehmerin, um ihrerseits die Pflichten aus § 24 Abs. 1 und § 26 der DGUV Vorschrift 1 "Grundsätze der Prävention" zu erfüllen, einzelne Mitarbeiter oder Mitarbeiterinnen auswählen und bestimmen, dass sie sich in der Ersten Hilfe aus- und fortbilden lassen. Bei grundloser beharrlicher Verweigerung können arbeitsrechtliche Konsequenzen gezogen werden.

Der Unfallversicherungsträger kann nicht nur einen Unternehmer bzw. eine Unternehmerin, die sich ihrer Verpflichtung, Ersthelfer bzw. Ersthelferinnen in der vorgeschriebenen Zahl zu bestellen, ohne gründliche Anstrengung nicht nachkommt, mit einem Bußgeld gemäß § 209 Abs. 1 Nr. 1 und Absatz 3 Sozialgesetzbuch VII in Verbindung mit den §§ 26 und 32 der DGUV Vorschrift 1 "Grundsätze der Prävention" belegen. Eine "Rekrutierung" der Versicherten für die Erste Hilfe dürfte allerdings bei gutem Willen, einigem Verständnis und Pflichtbewusstsein auf Unternehmer- und Versichertenseite eine seltene Ausnahme bleiben, wenn nicht gar ausgeschlossen sein. Freiwilligkeit ist eine bessere Basis für Erfolge in der Ersten Hilfe als Zwang. Insbesondere eine Ausbildung während der üblichen Arbeitszeiten kann motivierend auf die Bereitschaft der Versicherten zur Aus- und Fortbildung in Erster Hilfe wirken.

10.2 Unterstützung

Allgemein sind die Versicherten nach §§ 15 Abs. 1 und 28 Abs. 1 der DGUV Vorschrift 1 "Grundsätze der Prävention" verpflichtet, die der Ersten Hilfe dienenden Maßnahmen zu unterstützen, d. h. im Bereich des betrieblichen Rettungswesens mitzuwirken. Versicherte sollen über ihre eigentlichen arbeitsvertraglich festgelegten Aufgaben hinaus verpflichtet sein, den Anordnungen des Unternehmers oder der Unternehmerin im Bereich der Ersten Hilfe zu folgen. Zu denken ist z. B. an Tätigkeiten wie die Kontrolle der Verbandkästen, die Dokumentation von Erste-Hilfe-Maßnahmen oder auch die Unterstützung der Helfer bzw. Helferinnen bei einem Unfall.

10.3 Meldepflicht

Die Meldepflicht trifft zunächst die Verletzten selbst. Bei einem Notfall dürften sie jedoch nicht in der Lage sein, die Verpflichtung zu erfüllen. Da aber die Betriebsleitung informiert werden muss, ist vorgesehen, dass anstelle der Verletzten diejenigen zu melden haben, die als Erste von dem Unfall im Betrieb erfahren. Mit der Meldung soll nicht etwa das Erste-Hilfe-Personal alarmiert, sondern die Betriebsleitung in die Lage versetzt werden, ihren Pflichten aus §§ 24 Abs. 2 bis 4 der DGUV Vorschrift 1 "Grundsätze der Prävention" und § 193 Sozialgesetzbuch VII nachzukommen.