5 Was ist bei der Verwendung von Leitern und Tritten zu beachten?
5.1 Allgemeines
Alle Beschäftigten, die Leitern und Tritte verwenden, tragen eine Mitwirkungspflicht für Sicherheit und Gesundheitsschutz. Über die richtige Verwendung von tragbaren Leitern und Tritten informiert die vom Hersteller zur Verfügung gestellte Gebrauchsanleitung. Zusätzlich gibt die Sicherheitskennzeichnung an der Leiter Hinweise für die bestimmungsgemäße Verwendung der jeweiligen Leiter.
Vor jeder Verwendung müssen Leitern und Tritte visuell auf Schäden kontrolliert werden. Bei Auffälligkeiten dürfen diese Aufstiege bis zur Klärung durch eine zur Prüfung befähigte Person oder vom Unternehmer zur Prüfung benannte Person nicht verwendet werden.
Abb. 55 Piktogrammbeispiele
5.2 Bauartunabhängige Hinweise zur bestimmungsgemäßen Verwendung
- Bei Arbeiten auf Leitern muss ein sicheres Stehen und Festhalten möglich sein.
Dies kann bei der Verwendung geeigneter Leitern durch folgende Vorgehensweise gewährleistet sein:
- Beide Hände und ein Fuß oder beide Füße und eine Hand haben gleichzeitig Kontakt mit der Leiter (sog. Dreipunkt-Methode).
- Stehen mit mindestens einem Fuß auf der Plattform einer Stufenstehleiter bei gleichzeitigem Anlehnen an der Haltevorrichtung (siehe Abb. 57).
- Stehen in Grätschstellung auf einer beidseitig besteigbaren Leiter, wobei die nutzende Person auf den jeweils drittobersten Stufen steht und einen Knieschluss mit der Leiter hat.
- Stehen mit beiden Füßen auf den Stufen der Anlegeleiter bei gleichzeitigem Anlehnen mit dem Körper oder Körperteilen an höher gelegene Stufen. Der Körperschwerpunkt liegt dabei stets zwischen beiden Leiterholmen.
Abb. 56 Sicherer Stand auf einer beidseitig begehbaren Stufenstehleiter
Abb. 57 Sicherer Stand auf der Stehleiter mit Plattform
Abb. 58 Sicherer Stand auf einer Stufenanlegeleiter
Die sichere Verwendung, insbesondere der sichere Kontakt zur Leiter und deren Standsicherheit, darf durch den Transport von Lasten auf der Leiter nicht eingeschränkt werden.
Zum Transport von Arbeitsmitteln haben sich umhängbare Werkzeugtaschen, -gürtel oder -schürzen bewährt.
- Es dürfen keine Stoffe und Geräte verwendet werden, von denen zusätzliche Gefahren ausgehen.
Beispiele hierfür sind:
- heiße oder ätzende flüssige Stoffe
- Geräte mit erheblicher Krafteinwirkung auf die nutzende Person (z. B. einen Bohrhammer)
- Leitern und Tritte sind nur mit der auf dem Aufstieg angegebenen maximalen Belastung (in der Regel 150 kg) zu belasten.
- Leitern und Tritte dürfen nur von einer Person betreten werden.
- Leitern und Tritte sind nur mit geeignetem Schuhwerk zu besteigen.
Geeignet sind z. B. geschlossene Schuhe. Offenes Schuhwerk ohne Fersenriemen ist nicht geeignet.
- Für die vorgesehene Tätigkeit sind zur Verfügung gestellte Leitern und Tritte und vom Hersteller vorgesehene Anbauteile und ggf. erforderliches Zubehör zu verwenden.
Ungeeignet als Aufstieg sind z. B. Hocker, Stühle, Tische, Getränkekisten, Regale, Fässer usw.
- Leitern und Tritte sind sicher zu transportieren.
Zum sicheren Transport gehört z. B., dass lange Leitern vor dem Transport zusammengeschoben bzw. -geklappt werden
- Leitern und Tritte auf Verkehrswegen sind gegen unbeabsichtigtes Umstoßen zu sichern.
Geeignete Sicherungsmaßnahmen sind z. B. Aufstellen von Absperrungen, Abschrankungen oder Warnposten.
- Leitern und Tritte dürfen nur in Blickrichtung auf die Stufen/Sprossen bestiegen werden.
- Beim Arbeiten auf Leitern und Tritten dürfen sich Benutzer und Benutzerinnen nicht zu weit hinauslehnen.
Seitliches Hinauslehnen kann zum Umkippen der Leiter führen und ist häufig die Ursache für Unfälle mit schweren Verletzungen. Deshalb sollte der Körperschwerpunkt zwischen den Leiterholmen liegen.
- Leitern und Tritte dürfen nur auf ebenem und tragfähigem sowie unverschiebbarem und rutschhemmendem Untergrund aufgestellt werden.
Ungeeignet sind z. B. Kisten, einzelne Ziegelsteine oder Steinstapel, Tische, lose Unterlagen.
- Leitern dürfen nicht bei Witterungsbedingungen verwendet werden, die eine zusätzliche Gefährdung hervorrufen.
Zusätzliche Gefährdungen sind z. B. starker oder böiger Wind, Vereisung oder Schneeglätte.
- Leitern und Tritte nicht auf verunreinigtem Untergrund aufstellen.
- Beim Aufsteigen und Absteigen an der Leiter gut festhalten.
- Arbeiten, die eine seitliche Belastung bei Leitern bewirken, z. B. seitliches Bohren durch feste Werkstoffe, vermeiden.
- Bei Benutzung einer Leiter keine Ausrüstung tragen, die schwer oder unhandlich ist.
Das Gewicht des mitzuführenden Werkzeugs und Materials darf 10 kg nicht überschreiten
- Eine verunreinigte Leiter, z. B. durch nasse Farbe, Schmutz, Öl oder Schnee, nicht benutzen.
- Die Leiter nicht verwenden, wenn Risiken durch elektrischen Strom bestehen.
- Für unvermeidbare Arbeiten unter elektrischer Spannung oder in der Nähe aktiver elektrischer Teile nichtleitende Leitern benutzen.
- Die Leiter nicht als Überbrückung benutzen.
- Während des Stehens auf der Leiter diese nicht bewegen
5.3 Bauartabhängige Hinweise zur bestimmungsgemäßen Verwendung
- Anlege-, Schiebe- und Mehrzweckleitern dürfen nur an sichere Flächen angelegt werden.
Unsichere Anlegestellen sind z. B. Glasscheiben, Spanndrähte, Masten, Stangen, unverschlossene Türen.
- Anlegeleiter nur in der angegebenen Aufstellrichtung benutzen (falls konstruktionsbedingt erforderlich).
- Bei Schiebeleitern und mehrteiligen Mehrzweckleitern in Gebrauchsstellung als Anlegeleiter ist darauf zu achten, dass bei einer unbeweglichen Fixierung am Leiterkopf beim Besteigen und der damit verbundenen Durchbiegung die Gefahr besteht, dass sich Leiterteile gegeneinander bewegen und sich dadurch Verriegelungen der Leiterteile lösen könnten. Es sollten daher für diese Leiterbauart geeignete Leiterkopfsicherungen gewählt werden.
- Anlege-, Schiebe- und Mehrzweckleitern mit Stufen müssen unter einem Winkel von 60° bis 70° zur Waagerechten angelegt werden. Sind die Leitern mit Sprossen ausgeführt, so beträgt der Anlegewinkel zwischen 65° und 75°. Zu flaches Anlegen kann zum Wegrutschen, zu steiles Anlegen zum Umkippen führen.
Abb. 59 "Ellbogenmethode" zur Bestimmung des Anlegewinkels
Anlegewinkel Stufenleiter:
Anlegewinkel Sprossenleiter:
- Stufenleiter so aufstellen, dass die Stufen annähernd waagerecht stehen.
- Bei Anlege- und Schiebeleitern dürfen die obersten drei Stufen/Sprossen nicht betreten werden.
Beim Betreten der obersten drei Stufen- oder Sprossen fehlt nicht nur die Haltemöglichkeit, sondern es besteht die erhöhte Gefahr des Wegrutschens.
- Bei Mehrzweckleitern in Gebrauchsstellung „Stehleiter mit aufgesetzter Schiebeleiter” dürfen die oberen vier Stufen des Schiebeleiterteiles nicht bestiegen werden.
Der obere Teil des Leiterschenkels dient nur dem Festhalten. Beim Besteigen der oberen Stufen besteht Kippgefahr.
- Anlege-, Schiebe- und Mehrzweckleitern in Gebrauchsstellung als Anlegeleiter sind nur zum Übersteigen geeignet, wenn sie mindestens einen Meter überstehen oder bauseits Festhaltemöglichkeiten vorhanden sind. Um ein Verrutschen zu vermeiden, ist der Leiterkopf zu fixieren.
- Anlege-, Schiebe- und Mehrzweckleitern auf Erdboden, Grasflächen oder sonstigem nachgiebigen Untergrund mit Stahlspitzen aufstellen, wenn der Untergrund nicht durch andere Maßnahmen (z. B. großflächige Unterlage) tragfähig gemacht werden kann.
- Die Sperrbolzen höhenverstellbarer Leitern müssen vollständig in den Sprossenlöchern eingeschoben werden.
Abb. 60 Sperrbolzen an höhenverstellbarer Leiter
- Bei der Verwendung von höhenverstellbaren Leitern (Schiebe-, Mehrzweck- und Stehleitern) müssen die Fallhakensicherungen, falls nicht selbsttätig einrastend, manuell eingelegt werden. Die vollständige Sicherung durch die Sperreinrichtungen muss vor der Benutzung der Leiter kontrolliert werden.
Abb. 61 Fallhakensicherung
- Anlegeleitern nicht von oben her bewegen
- Stehleitern ohne Haltevorrichtung dürfen nur bis zur jeweils drittobersten Stufe betreten werden.
Die beiden oberen Stufenpaare dienen dem Anlehnen und ermöglichen so einen sicheren Stand auch ohne separate Haltevorrichtung.
- Stehleitern und Podestleitern dürfen nur mit vollständig gespannten Spreizsicherungen verwendet werden, damit die Standsicherheit gewährleistet wird.
- Stehleitern dürfen nicht als Anlegeleitern verwendet werden.
Aufgrund der Formgebung der Leiterfüße können Stehleitern nicht die erforderliche Rutschhemmung aufweisen. Beim Betreten der untersten Stufen kommt es zur Überlastung der Gelenke. Dabei kann die Leiter nach hinten abkippen.
- Von Stehleitern oder Mehrzweckleitern in der Gebrauchsstellung "Stehleiter" bzw. "Stehleiter mit aufgesetzter Schiebeleiter" und von Podestleitern darf nicht auf hoch gelegene Arbeitsplätze oder Einrichtungen übergestiegen werden.
Beim Übersteigen besteht erhöhte seitliche Kippgefahr.
- Bei fahrbaren Stehleitern und Podestleitern sind die druckfesten Spreizsicherungen einzulegen. Sind bei Stehleitern mit aufgesetzter Schiebeleiter druckfeste Aussteifungen vorhanden, gehört das Einlegen der Spreizsicherung zur bestimmungsgemäßen Verwendung.
Die druckfesten Spreizsicherungen verhindern das Zusammenschieben der beiden Leiterschenkel. Spreizsicherungen dürfen nicht als Ablage verwendet oder betreten werden.
- Fahrbare Steh- und Podestleitern sind gegen unbeabsichtigtes Verfahren zu sichern.
Abb. 62 Feststellbare Fahrrolle: Sicherung durch die Betätigung der Feststellbremse
Abb. 63 Federbelastete Fahrrolle: "Automatische" Sicherung durch die Belastung beim Betreten.
- Podest- und Plattformleitern müssen vollständig ausgeklappt werden, so dass die Plattform waagerecht steht.
Abb. 64 Podestleiter in klappbarer Ausführung
- Mobile Podestleitern nur mit Stabilisator verwenden (wenn Teil der Leiter).
- Podestleiter nur mit Ballast verwenden (wenn dieser Teil der Leiter ist).
- Podestleitern nur mit angezogenen Bremsen verwenden (wenn diese Teile der Leiter sind).
- Podestleitern nicht im Außenbereich verwenden, wenn sie nicht dafür ausgelegt sind.
- Ein- oder Mehrgelenkleitern bzw. Mehrzweckleitern mit einrastenden Gelenken dürfen erst verwendet werden, wenn sich alle Gelenke in Sperrstellung befinden.
Die Sperrstellung der Gelenke ist erkennbar, z. B. durch Markierung/Prägung im Bereich des Sperrbolzens mit "O – C" ("open"–"close" = "offen"–"geschlossen" oder "O – Z" ("offen" – "zu") (siehe Abb. 65).
Abb. 65 Sperrstellung der Gelenke (Sperrbolzen rechts auf Z = zu)
- Ein- oder Mehrgelenkleitern sollten auf dem Boden liegend auf- und zusammengeklappt werden und nicht in ihrer Benutzungsposition.
- Höchste vom Hersteller angegebene Last des Podestes in Gerüststellung beachten. Bei einer Verwendung der Leiter als Plattform dürfen nur vom Hersteller empfohlene Plattformelemente verwendet werden. Das Plattformelement muss vor der Benutzung gesichert werden (falls konstruktionsbedingt erforderlich).
- Verbotene Stellungen: umgekehrte Stellung, M-Stellung
Teleskopleitern
- Sperrmechanismen für alle ausgezogenen Sprossen/Stufen müssen vor der Benutzung kontrolliert und verriegelt werden.
- Teleskopleitern: Anweisung für die Handhabung von Sperrmechanismen, einschließlich der Angabe der Sperr- und Entsperrstellung, beachten.
- Teleskopleitern: Hände/Finger nicht in den Bereich der Sprossen (Scherbereich) bringen, wenn die Leiter in ihre möglichen Gebrauchsstellungen gebracht werden.
- Nicht auf dem letzten Meter einer Teleskopleiter stehen.
Dachauflegeleitern
Dachauflegeleitern nicht
- als Anlegeleiter verwenden
- mit der obersten Sprosse einhängen
- in die Dachrinne oder sonstige Bauteile (z. B. Schneefang, Attika) stellen
- bei einer Dachneigung von mehr als 75° verwenden
- mit deckendem Anstrich versehen
5.4 Transport und Lagerung von Leitern und Tritten
Leitern und Tritte dürfen nur so transportiert werden, dass keine Personen gefährdet werden. Schwere oder sperrige Leitern, z. B. mehrteilige Schiebeleitern, sollten aus ergonomischen Gründen von mehr als einer Person getragen werden. Wenn möglich, sollten Transportmittel, z. B. Transportrollen, verwendet werden.
Abb. 67 Ergonomischer Transport schwerer Leitern mittels Transportrollen
Beim Transport von Leitern und Tritten auf Fahrzeugen ist darauf zu achten, dass sie ausreichend gesichert sind und nicht beschädigt werden.
Abb. 68 Beispiel: Ladungssicherung der Leiter auf einem Dachträger
Leitern und Tritte sind gegen schädigende Einwirkungen geschützt zu lagern.
Schäden können je nach Werkstoff, z. B. durch Witterungseinflüsse, sonstige Feuchtigkeits- und Temperatureinflüsse, Säure- und Laugeneinwirkungen, eintreten.