3   Gefährdungsbeurteilung

  Der Arbeitgeber ist durch das Arbeitsschutzgesetz verpflichtet, für alle Arbeiten, die Gefährdungen zu ermitteln, diese zu beurteilen und dann entsprechende Arbeitsschutzmaßnahmen festzulegen und umzusetzen.

3.1


Ziel- und Maßnahmenhierarchie

  Nach den "Regeln der Gefährdungsbeurteilung und Umsetzung von Maßnahmen" ergibt sich folgende Ziel- und Maßnahmenhierarchie:
 
1. Gefährdungsfaktor beseitigen durch
    Beseitigen der Gefahrenquelle
2. Wirksamwerden der Gefährdungen ausschließen durch
    Technische Maßnahmen
3. Zeitlich-räumliches Zusammentreffen ausschließen durch
    Organisatorische Maßnahmen (Mensch fernhalten)
4. Einwirkungen von Gefährdungen mindern durch
    "Persönliche Schutzausrüstungen"
5. Möglichkeit des Zusammentreffens Mensch-Gefährdungsfaktor verringern durch Verhalten des Menschen
  Tabelle 2: Ziel- und Maßnahmenhierarchie
  Da die bevorzugten Ziele der Nummern 1 bis 3 betrieblich nicht immer durchführbar sind, bleiben dann nur noch Benutzung "Persönlicher Schutzausrüstungen" sowie Verhalten beeinflussende Maßnahmen übrig.
  Gemeinsam sind den gebräuchlichen Messerarten die offenen Gefahrenquellen wie Messerschneide und Messerspitze, deren sprichwörtliche Schärfe für gute Arbeitsergebnisse entscheidend sind. Stumpfe Messer erhöhen das Verletzungsrisiko, weil ein höherer Kraftaufwand erforderlich ist.
  Bei bestimmten Tätigkeiten ist eine Messerspitze, z.B. Brötchenmesser, oder eine Schneide, z.B. Bestreichen von Brot, nicht erforderlich.
  Ein Verletzungsrisiko, das von einem scharfkantigen Messerrücken ausgeht, ist durch den Einkauf hochwertiger, vollständig entgrateter Messer, auszuschließen.
  Eine vollständige Gefährdungsermittlung für "Arbeiten mit dem Handmesser" umfasst nicht nur die augenfälligen mechanischen Gefährdungen durch Messerklinge und –spitze. Auch ergonomische Gefährdungen, z.B. Zwangshaltungen des Rückens und des Hand-Arm-Systems, chemische bzw. biologische Gefährdungen durch Reinigungs- und Desinfektionsmittel bzw. Zoonosen (von Tier auf Menschen übertragbare Krankheiten) oder auch psycho-soziale Gefährdungen, etwa Einzelarbeitsplätze beim Schlachten, sind zu berücksichtigen.
  Die weiteren Ausführungen beschränken sich auf die möglichen Schnitt- und Stichverletzungen.
  Selbst bei bestimmungsgemäßer Verwendung des Handmessers ergeben sich für die einzelnen Körperteile Gefährdungen. Erhöhte Gefährdungen bestehen z.B. durch
  • besondere Eigenschaften des zu bearbeitenden Materials wie Zähigkeit, Widerstandsfähigkeit, fettige Oberfläche,
  • räumliche Enge, schlechte Ausleuchtung,
  • unübersichtliche Arbeitsorganisation,
  • ungeeignete Pausenregelung,
  • Hektik, Ablenkung (z.B. durch andere Personen), Messerführung in Richtung des Körpers,
  • erhöhten Kraftaufwand,
  • unergonomische Körperhaltung des Arbeitenden.

3.2

Risikoprioritätszahl (RPZ)

  Menschen beurteilen das Risiko nach subjektiven Kriterien. Die Risikoprioritätszahl (siehe auch BGR 196) ist eine mögliche Hilfestellung zur objektiveren Bewertung und Dokumentation des Risikos.
  Die Risikoprioritätszahl berechnet sich als Produkt aus den Ziffern für Verletzungsschwere und der Wahrscheinlichkeit des Auftretens. Eine hohe Risikoprioritätszahl drückt ein hohes Risiko aus, einen allgemein gültigen Grenzwert gibt es nicht. Der Unternehmer entscheidet dann, ab welchem Wert er dieses Risiko als "noch akzeptabel" einstuft, also aus seiner Sicht noch ausreichende Sicherheit gegeben ist. Unterhalb dieses - vom Unternehmer festgelegten- Wertes liegt Gefahr vor, und es ist notwendig, Maßnahmen zur Vermeidung einzuleiten (siehe Abschnitt 5).
  Die Risiken der typischen Tätigkeiten, mit den in Tabelle 1 "Messerarten nach Verwendungszweck" vorgestellten Messern, werden durch Bestimmung der Risikoprioritätszahl quantifiziert. Diese Risikoabschätzung wird unter der Startbedingung, dass keine persönlichen Schutzausrüstungen getragen werden, durchgeführt. Der Einsatz technischer, organisatorischer oder personenbezogener Maßnahmen senkt die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintrittes und damit direkt die Risikoprioritätszahl (Beispiele siehe 8). Bei einigen Arbeitsverfahren ist es gegenwärtig nicht möglich, sehr niedrige Risikoprioritätszahlen zu erreichen.