In zahlreichen Industriezweigen werden seit vielen Jahren Gabelstapler eingesetzt. Bei Gabelstaplern handelt es sich um sogenannte Flurförderzeuge mit aufsitzenden Beschäftigten, die vor Inkrafttreten der BetrSichV 2002 oftmals ohne Fahrerrückhaltesystem betrieben wurden.
Verbesserung des sicherheitstechnischen Niveaus durch Inkrafttreten der BetrSichV
Mindestanforderungen gemäß Anhang 1 Nummer 3.1.5 BetrSichV 2002 (ab 1.6.2015: Anhang 1 Nummer 1.4):
Flurförderzeuge mit aufsitzenden Beschäftigten sind so zu gestalten oder auszurüsten, dass die Gefährdungen durch ein Kippen der Flurförderzeuge begrenzt werden, z. B.
Eine kostengünstige technische Lösung ist in der Regel die Nachrüstung eines Beckengurtes. Wenn der betriebliche Einsatz des Flurförderzeugs ein häufiges Auf- und Absteigen des Fahrers erfordert, wird der Beckengurt erfahrungsgemäß nicht regelmäßig benutzt. Die gewählte Schutzmaßnahme ist in diesem Fall nicht wirksam und als alleinige Maßnahme nicht geeignet. Der Arbeitgeber hat dann die Pflicht, durch organisatorische Maßnahmen, z. B. regelmäßige Kontrollen, die Benutzung des Beckengurtes dauerhaft sicherzustellen.
Andernfalls muss er eine alternative Schutzmaßnahme auswählen, z. B. ein zwangsläufig wirkendes Rückhaltesystem oder ein Flurförderzeug mit einer geschlossenen Kabine.
In diesem Beispiel besteht eine gesetzliche Verpflichtung zur Anpassung von Arbeitsmitteln an den Stand der Technik. Gabelstapler, die bereits vor Inkrafttreten der BetrSichV betrieben wurden, mussten bis zum Ablauf der in der BetrSichV 2002 genannten Übergangsfrist (1.12.2002) nachgerüstet werden, da eine gleichwertige Sicherheit durch andere technische, organisatorische und personenbezogene Maßnahmen im Rahmen einer Gefährdungsbeurteilung nicht nachweisbar war.
In der Praxis waren davon Gegengewichtstapler mit Fahrersitz und einer Nenntragfähigkeit bis einschließlich 10 000 kg, Querstapler, Stapler mit veränderlicher Reichweite betroffen. Diese Präzisierung wurde für Neugeräte in die DIN EN ISO 3691-1 entsprechend übernommen.
⇒ Anpassung an den Stand der Technik durch technische Maßnahmen
Ein Tieflader ist ein Lkw oder Lkw-Anhänger mit besonders tief liegender Ladefläche, der zum Transport schwerer oder sperriger Lasten eingesetzt wird. Tieflader werden häufig mit hydraulisch betriebenen Auffahrrampen ausgestattet, um z. B. selbstfahrende Baumaschinen transportieren zu können.
Da eine einzelne Auffahrrampe oft deutlich mehr als 100 kg wiegt, besteht eine erhebliche Gefährdung im Absenkbereich der Auffahrrampe. Der Stand der Technik beim Bereitstellen auf dem Markt von Tiefladern mit hydraulisch betriebenen Auffahrrampen sieht eine selbsttätig wirkende formschlüssige Sicherung vor, die gegen unkontrolliertes Herunterklappen der Auffahrrampen schützt (vgl. § 22 Absatz 5 BGV D 29 "Fahrzeuge"). Die erforderliche Sicherung kann bei Hydraulikanlagen nur durch ein Lasthaltesperrventil (ausgeführt als entsperrbares Rückschlagventil) erreicht werden. Das Ventil muss unmittelbar am Hydraulikzylinderausgang angebracht oder in den Zylinder integriert sein, um z. B. beim Platzen eines Hydraulikschlauchs als formschlüssige Sicherung wirken zu können.
Bei der wiederkehrenden Prüfung wird durch eine zur Prüfung befähigte Person beanstandet, dass ein älterer Tieflader nicht mit einer selbsttätig wirkenden formschlüssigen Sicherung ausgestattet ist, die ein unkontrolliertes Herunterklappen der Auffahrrampen wirksam verhindert.
Aufgrund des hohen Gefährdungspotentials und der Tatsache, dass sich durch organisatorische Maßnahmen der Aufenthalt von Beschäftigen im Gefahrenbereich bei Beladevorgängen nicht verhindern lässt, bleibt als einzige Möglichkeit die technische Maßnahme der Nachrüstung von entsperrbaren Rückschlagventilen.
In diesem Beispiel ergibt sich aus § 22 Absatz 5 BGV D 29 "Fahrzeuge" eine Verpflichtung zur Anpassung des Tiefladers an den Stand der Technik. Tieflader sind Sonderfahrzeuge mit einer besonders langen Nutzungsdauer, da sie in einigen Unternehmen nur für seltene Transportaufgaben eingesetzt werden. In Einzelfällen sind ältere Tieflader nicht mit den geforderten Sicherungen ausgerüstet. Hier bleibt als einzige Möglichkeit die Anpassung an den Stand der Technik durch Nachrüstung. Sollte in diesen Fällen eine Nachrüstung aus technischen oder wirtschaftlichen Gründen nicht möglich sein, ist der Tieflader außer Betrieb zu nehmen und ggf. die Beschaffung eines Tiefladers, der dem Stand der Technik entspricht, einzuleiten. Diese Maßnahme ist
Ein Druckluftnagler ist ein maschinell angetriebenes Eintreibgerät, das z. B. auf Baustellen oder zum Herstellen und Verschließen von Holzkisten eingesetzt wird. Der Stand der Technik für das Bereitstellen auf dem Markt dieser Maschinen wird durch die harmonisierte Norm DIN EN 792-13 "Handgehaltene nicht-elektrisch betriebene Maschinen – Sicherheitsanforderungen – Teil 13: Eintreibgeräte" beschrieben.
Ein wesentlicher sicherheitstechnischer Aspekt zum Schutz von Bedienern und anderen Personen ist die Auslösesicherung: sie gewährleistet, dass nur dann ein Schuss ausgelöst werden kann, wenn der Druckluftnagler aufgesetzt wird. Darüber hinaus ist eine Sicherung gegen unbeabsichtigtes Betätigen erforderlich. Letztere wird verwirklicht, indem zum Auslösen einerseits die Auslösesicherung durch Aufsetzen des Naglers deaktiviert und zugleich der Auslöser betätigt werden muss. Die DIN EN 792-13 sieht jedoch verschiedene Sicherungssysteme für unterschiedliche Einsatzbereiche vor. Entscheidend ist dabei, ob die Auslösesicherung und die Auslöseeinrichtung vor jedem Schuss erneut betätigt werden müssen oder ob eine der beiden Sicherungen dauerhaft betätigt werden kann.
Wenn bei der Verwendung des Naglers Leitern, Gerüste oder Treppen betreten werden müssen oder wenn mehrere Personen auf engem Raum zusammen arbeiten, z. B. um Montage- oder Verpackungsarbeiten durchzuführen, sind weder Druckluftnagler mit Kontaktauslösung geeignet, noch solche mit Einzelauslösung durch die Auslösesicherung. Beide Sicherungssysteme erlauben die Auslösung eines Schusses durch Aufsetzen des Naglers, was zu einer hohen Gefährdung für Personen führen kann. Lediglich die Einzelauslösung mit Sicherungsfolge ist geeignet, da hier vor jedem einzelnen Schuss die Auslösesicherung erneut deaktiviert werden muss und danach die Betätigungseinrichtung; nur dann ist ein Schuss möglich.
Nagler sollen unter geänderten Gegebenheiten auf Baustellen oder bei Verpackungsarbeiten mit mehreren beteiligten Personen auf engem Raum eingesetzt werden.
Sollen Nagler mit für diesen Einsatz ungeeigneten Sicherungssystemen (s. o.) auf Baustellen oder bei Verpackungsarbeiten mit mehreren beteiligten Personen auf engem Raum eingesetzt werden, dann ist die Nachrüstung einer Einzelauslösung mit Sicherungsfolge als technische Maßnahme erforderlich. Da eine Nachrüstung in der Regel nicht möglich ist, muss der gesamte Druckluftnagler ersetzt werden.
In diesem Beispiel besteht keine andere Möglichkeit die Gefährdung zu reduzieren als die Nachrüstung der Einzelauslösung mit Sicherungsfolge als technische Maßnahme. In vielen Fällen ist diese Nachrüstung aus technischen oder wirtschaftlichen Gründen nicht möglich. Dann muss ein geeigneter Nagler beschafft werden. Diese Maßnahme ist
Winterdienstgeräte sind selbstfahrende Arbeitsmaschinen zum Räumen von Schnee und Eis sowie zum Ausbringen von Streumitteln. Häufig sind als Führerhäuser und Aufstiege von Winterdienstgeräten entsprechende Baugruppen von z. B. Lkw oder Agrarschleppern eingesetzt. Aufgrund der Bauhöhe von Winterdienstgeräten sind die verwendeten Aufstiege in Einzelfällen nicht auf die vorhandenen Handgriffe oder Handläufe abgestimmt, die Höhe des ersten Auftritts kann unzulässig hoch sein oder Auftritte sind nicht so gestaltet, dass Ansammlungen von Schnee und Eis verhindert sind. Dies kann zu einer erhöhten Gefährdung beim Ein- und Aussteigen mit der Folge eines entsprechenden Unfallgeschehens führen.
Bei der Untersuchung eines Arbeitsunfalls wird deutlich, dass die konstruktive Gestaltung des Einstiegs zu den wesentlichen Ursachen gehört. Der Arbeitgeber ermittelt, dass aufgrund der erheblichen Unfallgefahr Maßnahmen erforderlich sind.
Nach Rücksprache mit dem Hersteller ergibt sich, dass ein Austausch der Fahrerkabine technisch und wirtschaftlich nicht in Frage kommt. Als Maßnahmen wird die Nachrüstung von geeigneten Tritten oder Handgriffen festgelegt. Je nach Bauform ist ein erheblicher Aufwand erforderlich, den nur der Hersteller leisten kann. Insbesondere bei älteren Geräten kann der Aufwand für die Nachrüstung so hoch sein, dass sie aus wirtschaftlichen Gründen außer Betrieb gesetzt werden. Als weitere Maßnahme wird die Spezifikation für nachfolgend beschaffte Winterdienstgeräte angepasst.
In diesem Beispiel ist die vollständige Anpassung einer besser geeigneten Fahrerkabine aus technischen Gründen nicht möglich. Durch die Nachrüstung von geeigneten Tritten und Handgriffen kann das Ziel eines sicheren Zugangs erreicht werden.
Vor Inkrafttreten der BetrSichV 2002 durften Lastenaufzüge bis zu einer Betriebsgeschwindigkeit von 1,25 m/s gemäß den geltenden Rechtsvorschriften (Aufzugverordnung, TRA 200) unter folgenden Voraussetzungen ohne Fahrkorbtür betrieben werden:
Lastenaufzüge sind Aufzugsanlagen, die dazu bestimmt sind:
a) | Güter zu befördern oder |
b) | Personen zu befördern, die von demjenigen beschäftigt werden, der die Anlage betreibt. |
Andere als die in Buchstabe b) genannten Personen dürfen auch befördert werden, wenn der Lastenaufzug von einem Aufzugführer bedient wird oder wenn die Fahrkorbzugänge mit Fahrkorbtüren versehen sind.
Verbesserung des sicherheitstechnischen Niveaus durch Inkrafttreten der BetrSichV
Mindestanforderungen gemäß Anhang 1 Nummer 3.2.4 Buchstabe c) (ab 1.6.2015: Anhang 1 Nummer 2.4):
Arbeitsmittel zum Heben oder Fortbewegen von Beschäftigten müssen so beschaffen sein, dass
a) | die Gefährdung durch Absturz des Lastaufnahmemittels, sofern ein solches vorhanden ist, mit geeigneten Vorrichtungen verhindert wird; |
b) | das Herausfallen der Beschäftigten aus dem Personenaufnahmemittel des Arbeitsmittels verhindert ist; |
c) | die Gefährdung des Quetschens oder des Einklemmens der Beschäftigten oder des Zusammenstoßes mit den Beschäftigten, insbesondere infolge eines unbeabsichtigten Kontakts mit Gegenständen, minimiert wird; |
d) | die Sicherheit der bei einer Störung im Personenaufnahmemittel festsitzenden Beschäftigten gewährleistet und ihre Befreiung ermöglicht wird. |
Zur Erfüllung der o. g. Anforderungen der BetrSichV ist gemäß den Grundsätzen des § 4 Absatz 2 Satz 2 BetrSichV (TOP-Prinzip) zu prüfen, ob der Lastenaufzug durch die Festlegung von Schutzmaßnahmen noch weiter betrieben werden kann:
Technische Schutzmaßnahmen sind z. B.:
Zur Unterstützung der technischen Maßnahmen können weitere organisatorische oder personenbezogene Maßnahmen notwendig sein:
Der Arbeitgeber hat im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung festzulegen, welche technischen, organisatorischen und personenbezogenen Maßnahmen notwendig sind, um Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten zu gewährleisten.
Die organisatorischen und personenbezogenen Maßnahmen sind in einer Betriebsanweisung festzuschreiben, die auch im Aufzug angebracht wird.
In diesem Beispiel besteht eine gesetzliche Verpflichtung zur Anpassung von Arbeitsmitteln an den Stand der Technik.
Lastenaufzüge ohne Fahrkorbtüren, die bereits vor Inkrafttreten der BetrSichV 2002 betrieben wurden, mussten bis zum Ablauf der in der BetrSichV genannten Übergangsfrist (1.12.2002) nicht nachträglich mit Fahrkorbtüren nachgerüstet werden, wenn eine gleichwertige Sicherheit durch die o. g. technischen, organisatorischen und personenbezogene Maßnahmen im Rahmen einer Gefährdungsbeurteilung nachgewiesen wurde. Dies gilt auch nach Inkrafttreten der BetrSichV 2015 (zuletzt geändert am 15.11.2016).
⇒ Anpassung an den Stand der Technik durch Kombination aus technischen, organisatorischen und personenbezogenen Maßnahmen
Der Stand der Technik sieht bei Rührwerksbehältern vor, diese so zu konstruieren, dass die Bediener vor den beweglichen Teilen des Rührwerkes geschützt werden. Ist bestimmungsgemäß vorgesehen, regelmäßig Produkte über eine Produkteintragsöffnung einzutragen, welche Zugang zum Gefahrbereich des Rührwerkes ermöglicht, kann der Hersteller als technische Schutzmaßnahme z. B. Verriegelungseinrichtungen anbringen. Diese stoppen das Rührwerk, sobald der Deckel geöffnet wird.
Im Bereich von Personeneinstiegsöffnungen ist häufig keine Verriegelung bei drehendem Rührwerk vorhanden, wenn diese nur zu Wartungsund Instandhaltungstätigkeiten benutzt werden und nur mit einem Werkzeug geöffnet werden können.
Ein Arbeitgeber beabsichtigt, den Prozessablauf zu ändern und über eine Personeneinstiegsöffnung regelmäßig Produkte einzutragen.
Es besteht die Notwendigkeit, Maßnahmen nach dem Stand der Technik für diesen neuen Arbeitsvorgang zu treffen, um den Beschäftigten vor den bewegten Teilen des Rührwerkes zu schützen.
Es ist die Nachrüstung mit einer Verriegelungseinrichtung zu prüfen. Weitere Gefährdungen, z. B. durch austretende Stoffe, sind zusätzlich zu betrachten.
Im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung wurde entschieden, dass ein Umbau am Rührwerksbehälter selbst nicht erforderlich ist, da das Rührwerk aufgrund von Prozessanforderungen beim Befüllen eingeschaltet bleiben muss.
Es wurde eine feststehende trennende Schutzeinrichtung (z. B. Gitter mit hinreichend kleinem Lochmaß, das einen Zugang zum Gefahrbereich verhindert) gewählt, die in diesem Fall nach dem Stand der Technik ausreichend ist.
Rohrleitungen in verfahrenstechnischen Anlagen dienen u. a. dem Transportieren von Fluiden. Sie unterliegen dem ProdSG und können als überwachungsbedürftige Anlagen auch Arbeitsmittel im Sinne von Anhang 2 Abschnitt 2 Nummer 2 BetrSichV sein.
Rohrleitungen bestehen in der Regel aus verschiedenen Rohrleitungsbauteilen wie Rohrhalbzeugen, Flanschen, Rohrformstücken, Dichtungen, Verbindungselementen und Ausrüstungsteilen (z. B. Armaturen).
In verfahrenstechnischen Anlagen sind diese Rohrleitungsbauteile häufig nach dem Baukastenprinzip in sogenannten "Rohrklassen" zusammengefasst und für eine Anlage im Sinne einer Spezifikation dokumentiert. Die Rohrklasse legt den Anwendungsbereich in Bezug auf Druck und Temperatur und deren gegenseitige Abhängigkeit (das sogenannte p/TRating) fest. "Betriebstemperatur" und "Betriebsdruck" müssen innerhalb dieser Grenzen liegen und werden in der Regel zusätzlich mit einer Sicherheitseinrichtung (Sicherheitsventil/Berstscheibe) abgesichert.
Durch Auswahl der Rohrleitungsbauteile aus diesem Baukasten "Rohrklasse" können Rohrleitungen durch alle am Prozess beteiligten Personen auf gleicher Basis und nach aktuellem Regelwerk eindeutig geplant, beschafft, hergestellt, dokumentiert, betrieben, instandgehalten und ggf. umgebaut werden. Bei der Zusammenstellung der Rohrklassen wird das relevante Technische Regelwerk (z. B. DIN, EN, ISO, Technische Spezifikationen) in Verbindung mit dem gültigen Berechnungsregelwerk in Bezug genommen. Der Festigkeits-/Primärspannungsnachweis (Druck/Temperatur) für die Rohrleitungsbauteile bzw. die Rohrklasse erfolgt in der Regel durch eine benannte Stelle. Damit ist der Stand der Technik mit dem Erstellungsdatum der Spezifikation für die Rohrklasse eindeutig dokumentiert.
Neu beschaffte Rohrleitungen entsprechen somit dem Stand der Technik zum Zeitpunkt des Bereitstellens auf dem Markt.
Änderung von Technischem Regelwerk, auf dem die Rohrklassen basieren.
Die in den Rohrklassen zitierten Regelwerke müssen über eine Dokumentenüberwachung auf Einhaltung des Standes der Technik kontrolliert werden. Werden Änderungen bei den zitierten Regelwerken festgestellt, so entscheidet die Art der Änderungen über das weitere Vorgehen.
Bei rein redaktionellen Änderungen wird bei dem betroffenen Rohrleitungsbauteil der Spezifikationstext angepasst.
Bei relevanten Änderungen der Beschaffenheitsanforderungen müssen diese von Experten bewertet werden.
Relevante Änderungen können sein:
Nachfolgend wird der Fall betrachtet, dass sich ein Technisches Regelwerk ändert, das die für die Rohrleitungen verwendeten Werkstoffe betrifft.
Geht mit der Änderung der Werkstoffe auch eine Reduzierung der Festigkeit des Werkstoffs einher, so muss durch einen neuen rechnerischen Festigkeits-/Primärspannungsnachweis das neue, reduzierte p/T-Rating ermittelt werden. Falls das p/T-Rating des betroffenen Rohrleitungsbauteils auch das begrenzende Rating für die Rohrklasse war, dann ist auch die gesamte Rohrleitung betroffen und es können Maßnahmen zur Anpassung an den Stand der Technik notwendig werden.
Fall 1) Rohrleitungen im Bestand
Bei Rohrleitungen im Bestand sind keine zusätzlichen Maßnahmen notwendig. Es erfolgen regelmäßige Betriebsbegehungen/ Prüfungen von kritischen Rohrleitungen sowie wiederkehrende (Druck-) Prüfungen durch ZÜS/zur Prüfung befähigte Person.
Fall 2) Umbaumaßnahmen – Betriebsdaten innerhalb des neuen p/T-Ratings
Bei Umbaumaßnahmen an bestehenden Rohrleitungen bleiben die "Betriebsdaten" innerhalb des neuen, "reduzierten" p/T-Ratings.
Fall 3) Umbaumaßnahmen – Betriebsdaten außerhalb des neuen p/T-Ratings
Bei Umbaumaßnahmen an bestehenden Rohrleitungen liegen die "Betriebsdaten" höher als das neue, "reduzierte" p/T-Rating:
Möglichkeit 1:
Weitere Möglichkeiten
In diesen Fällen ist eine neue Gefährdungsbeurteilung zu erstellen.
Im Rahmen der regelmäßigen Überprüfung der Gefährdungsbeurteilung wurde festgestellt, dass sich ein Technisches Regelwerk geändert hat, das die für die Rohrleitungen verwendeten Werkstoffe betrifft.
Es wurde festgestellt, dass Rohrleitungen im Bestand von der Änderung nicht betroffen sind. Bei Umbaumaßnahmen ist zu prüfen, ob die Auslegungsdaten der Rohrleitung noch innerhalb der bestehenden Rohrklasse liegen oder ggf. eine neue Rohrklasse gewählt werden muss. Die notwendigen Maßnahmen werden im Einzelfall im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung festgelegt.
In verfahrenstechnischen Anlagen (Chemie, Petrochemie, Lebensmittelindustrie, Energiewirtschaft etc.) werden zur Überwachung und Steuerung zentrale Leittechniksysteme eingesetzt.
Die Leittechnik in solchen Anlagen unterliegt aus unterschiedlichen Gründen einem von der Gesamtanlage unabhängigen Lebenszyklus und ist ggf. unabhängig von der zu steuernden Komponente zu erneuern oder umzubauen. Dabei ist zu prüfen, ob es sich um Maßnahmen zur Instandhaltung handelt, oder ob die geplanten Änderungen einen Eingriff in das Schutzkonzept darstellen.
Fall 1) Erneuerung einer betrieblichen Steuerung einer Maschinenanlage
Die übergeordnete betriebliche Steuerung einer Maschinenanlage soll aus Altersgründen erneuert werden. Die Sicherheitsfunktionen für die Einzelmaschinen sowie der sicherheitstechnisch erforderliche Not-Halt für die Gesamtanlage sind außerhalb der betrieblichen Steuerung realisiert. Der Austausch der betrieblichen Steuerung stellt somit keinen Eingriff in das Schutzkonzept dar.
Die bestehenden Sicherheitsfunktionen werden im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung als ausreichend bewertet.
Fall 2) Erneuerung der zentralen Leittechnik eines Kraftwerkes
Eine zentrale Leittechnik eines Kraftwerkes soll aus Altersgründen erneuert werden. In dieser sind sowohl die betrieblichen Steuerungen als auch die Steuerung der Sicherheitsfunktionen für den Dampfkessel, den Turbosatz und den Rauchgasweg realisiert werden.
Im Zuge der Erneuerung der zentralen Leittechnik sollen auch einige der für die Gewährleistung der Sicherheitsfunktionen erforderlichen Ausrüstungsteile mit Sicherheitsfunktion (z. B. Drucküberwachung, Überdrehzahl, Schwingungsüberwachung, Überwachung des freien Rauchgasweges) durch funktionsgleiche Komponenten nach dem zum Zeitpunkt des Austausches geltenden Stand der Technik ersetzt werden.
Im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung wurde ermittelt, dass gleichwertige, auf dem Markt verfügbare Komponenten unter den gegebenen Betriebsbedingungen verwendet werden können. Das realisierte Schutzkonzept soll beibehalten werden.
Fall 3) 1:1-Austausch von Ausrüstungsteilen mit Sicherheitsfunktion
Im Rahmen der Instandhaltung eines bestehenden Leittechniksystems werden Störungen an Ausrüstungsteilen mit Sicherheitsfunktion (z. B. Drucküberwachung, Überdrehzahl etc.) festgestellt. Die Ausrüstungsteile sollen daher gegen funktionsgleiche Komponenten ausgetauscht werden.
Abkündigung von Steuerungs- und Überwachungssystemen durch Hersteller
Durch Weiterentwicklung von Hard- und Software erfolgen für alte Systeme nach Vorankündigung durch den Hersteller keine technische Unterstützung, keine Ersatzteillieferung und keine Reparatur mehr. Für den notwendigen Austausch von Komponenten sind die ursprünglichen Komponenten somit häufig nicht mehr auf dem Markt verfügbar.
Fall 1) Erneuerung einer betrieblichen Steuerung einer Maschinenanlage
Die Schaltschränke und Rechner der betrieblichen Leittechnikebene werden nach dem zum Zeitpunkt des Austausches geltenden Stand der Technik ausgeführt.
Es sind keine Maßnahmen hinsichtlich der Sicherheitsfunktionen erforderlich.
Fall 2) Erneuerung der zentralen Leittechnik eines Kraftwerkes
Sofern die Wirksamkeitsprüfung ergibt, dass die bisherige Sicherheitsfunktion ausreichend war, sind keine weiteren technischen Maßnahmen erforderlich.
Für die Gesamtanlage ist keine Anpassung an den Stand der Technik erforderlich.
Hinweis:
Für die Dampfkesselanlage ist kein Erlaubnisantrag im Sinne von § 18 BetrSichV erforderlich, da weder die Bauart noch die Betriebsweise der Dampfkesselanlage geändert wird.
Fall 3) 1:1-Austausch von Ausrüstungsteilen mit Sicherheitsfunktion
Die Ausrüstungsteile mit Sicherheitsfunktion werden durch funktionsgleiche Komponenten nach dem zum Zeitpunkt des Austausches geltenden Stand der Technik ersetzt.
Sofern die Wirksamkeitsprüfung ergibt, dass die bisherige Sicherheitsfunktion ausreichend war, sind keine weiteren technischen Maßnahmen erforderlich. Für das gesamte Leitsystem ist keine Anpassung an den Stand der Technik erforderlich.
Fall 1) Erneuerung einer betrieblichen Steuerung einer Maschinenanlage
In diesem Fall handelt es sich um eine Instandhaltungsmaßnahme. Die ausgetauschten Komponenten müssen dem zum Zeitpunkt des Austausches geltenden Stand der Technik entsprechen. Eine Anpassung der gesamten Maschine an den Stand der Technik ist nicht erforderlich.
Fall 2) Erneuerung der zentralen Leittechnik eines Kraftwerkes
Auch in diesem Fall handelt es sich um eine Instandhaltungsmaßnahme. Die Leittechnik muss dem zum Zeitpunkt des Austausches geltenden Stand der Technik entsprechen. Eine Anpassung der Gesamtanlage an den Stand der Technik ist nicht erforderlich.
Fall 3) 1:1-Austausch von Ausrüstungsteilen mit Sicherheitsfunktion
In diesem Fall wurde im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung festgestellt, dass das bestehende Sicherheitskonzept der Anlage nicht geändert wird.
Die ausgetauschten Ausrüstungsteile müssen dem zum Zeitpunkt des Austausches geltenden Stand der Technik entsprechen. Eine Anpassung des gesamten Leitsystems an den Stand der Technik ist nicht erforderlich.