Bei der Auswahl, der Bereitstellung und der Aufstellung der Arbeitsmittel sind mögliche Gefährdungen, auch durch Wechselwirkungen, zu berücksichtigen und zu vermeiden. Hierbei ist gemäß der Maßnahmenhierarchie (in der Praxis als TOP-Rangfolge bezeichnet) vorzugehen (§ 4 Absatz 6 und § 6 Absatz 1 Nummer 1 BetrSichV). Die Überprüfung der Wirksamkeit der Schutzmaßnahmen muss gemäß TRBS 1111 "Gefährdungsbeurteilung" erfolgen.
Hinweis: Kann die Gefahrenquelle nicht beseitigt werden (Substitution), ist beim Auswählen von Schutzmaßnahmen die Maßnahmenhierarchie TOP zu beachten: technische vor organisatorischen vor personenbezogenen Maßnahmen (§ 4 Absatz 2 BetrSichV). Eine Gefahrenquelle kann z. B. dadurch beseitigt werden, indem ein gefährliches Arbeitsmittel durch eine weniger gefährliche Alternative ersetzt wird (Beseitigung von Hand-Arm-Vibrationen durch vibrationsfreie Arbeitsmittel). Ist dies nicht möglich, sind zusätzliche technische Maßnahmen am Arbeitsmittel bzw. Arbeitsplatz (so weit wie möglich) vorzusehen und diese ggf. durch organisatorische Maßnahmen (z. B. zum zeitlichen Arbeitsablauf) sowie persönliche Schutzmaßnahmen zu ergänzen. Sicherheits- und gesundheitsgerechtes Verhalten fördert die Umsetzung von anderen Schutzmaßnahmen. Häufig ist auch erst eine Kombination von Maßnahmen wirksam.
Die nachfolgend aufgeführten ergonomischen Maßnahmen für physische Belastungsarten und psychische Belastungsmerkmale dienen der Vermeidung und Minimierung von den unter Abschnitt 3.5 dieser Technischen Regel beschriebenen Gefährdungen bei der Gestaltung der Benutzerschnittstelle, der Arbeitsaufgaben und Funktionsteilung, der Arbeitsorganisation, der Arbeitszeit sowie der Arbeitsumgebung.
Maßnahmen müssen entsprechend ihrer Rangfolge so ausgerichtet sein, dass sie die nachfolgenden Gestaltungsanforderungen berücksichtigen.
(1) Die Interaktionen zwischen den Beschäftigten und dem Arbeitsmittel werden durch die Gestaltung der Benutzerschnittstelle bestimmt. Diese Gestaltung muss an den Merkmalen und Eigenschaften des Menschen orientiert sein. Die Auswahl, Anordnung und Bedienung von Arbeitsmitteln muss so erfolgen, dass diese Benutzerschnittstelle den Leistungsvoraussetzungen der Beschäftigten und ihrer Variabilität, auch unter Berücksichtigung der Alterns- und Altersgerechtheit, (z. B. Körpergröße, Körperkräfte, Hörvermögen, Sehschärfe, Lichtbedarf, Händigkeit, Reaktionsgeschwindigkeit, Erfahrung, Kompetenz) gerecht werden. Die Arbeitsmittel müssen bei der Erfüllung der Arbeitsaufgabe unterstützen, hinreichend zuverlässig sein und an die Arbeitsumgebung angepasst sein. Dabei müssen Veränderungen der Leistungsvoraussetzungen durch Arbeitskleidung oder persönliche Schutzausausrüstung sowie mögliche daraus resultierende Beeinträchtigungen berücksichtigt werden.
(2) Die Anforderungen an die ergonomische Gestaltung der Benutzerschnittstelle gelten unabhängig vom Digitalisierungsgrad des Arbeitsmittels (Stand der Technik siehe § 6 Absatz 3 BetrSichV).
(3) Eine ergonomische Gestaltung dieser Benutzerschnittstelle hinsichtlich der physischen Belastungsarten umfasst folgende Aspekte:
| a) | höhenverstellbare Tische, Bedienpulte und ergonomische Stühle, |
| b) | Berücksichtigung der individuellen Greifräume der Beschäftigten (die äußeren Bereiche der Greifräume sollen nicht dauerhaft benutzt werden), |
| c) | Ermöglichung eines dynamischen Sitzens durch ergonomische Gestaltung des Arbeitsmittels und |
| d) | Berücksichtigung des Arbeitsmittels in der Bemessung des Platzbedarfes. |
| a) | Bereitstellung und Nutzung von Hebehilfen, Kranen, Transportbändern, Flurförderzeugen, Fahrerlosen Transportsystemen, Kollaborierenden Robotern. Diese müssen für den Einsatzzweck geeignet und mit möglichst geringem Aufwand verfügbar sein. |
| b) | Anpassung von Gebindegrößen, Minimierung von Lauf- und Transportwegen, systematisch rotierende Tätigkeiten mit Belastungswechsel. |
| a) | Automatisierung von Routinetätigkeiten, |
| b) | Bereitstellung ergonomischer Handwerkzeuge, |
| c) | Optimierung sich häufig wiederholender Bewegungsabläufe hinsichtlich ergonomisch günstiger Körperhaltungen durch Anordnung der Arbeitsmittel und Anpassung der Prozessabläufe (dies kann auch durch die Bereitstellung von Einstellvorrichtungen des Arbeitsmittels sowie geeigneter zuverlässiger Assistenzsysteme oder Hilfemitteln erfolgen) und |
| d) | systematische Rotation zwischen verschiedenen Tätigkeiten mit Belastungswechsel. |
(4) Eine ergonomische Gestaltung dieser Benutzerschnittstelle hinsichtlich der psychischen Belastungsmerkmale umfasst folgende Aspekte:
| a) | Die dargebotene Informationsmenge ist auf ein Mindestmaß zu begrenzen. Sie sollte jedoch beim Beschäftigten das Verständnis des dem Arbeitsmittel zu Grunde liegenden Arbeitsvorgangs und dessen Funktionsweise fördern. Beim Einsatz von Sprachhinweisen ist auf die Auswahl der Sprache und die akustische Verständlichkeit für die Beschäftigten zu achten. Beim Einsatz von akustischen Signalen sind diese unter der Einhaltung der Vorgaben in den TRLV "Lärm" auf ein Mindestmaß zu begrenzen. |
| b) | Informationselemente sind nach Funktion und Bedeutung zu priorisieren, zu gruppieren und idealerweise filterbar zu gestalten. |
| c) | Beschäftigte müssen die für die Arbeitsaufgabe erforderlichen Informationen so aufbereitet erhalten, dass diese von ihnen hinsichtlich Menge und Qualität erfasst, bewertet und verarbeitet werden können. |
| d) | Informationselemente, die im Kontext der Arbeitsaufgabe eine hohe Aufmerksamkeit erfordern, sind im zentralen Blickfeld anzuordnen, sodass sie in einer ergonomisch günstigen Körperhaltung erfasst werden können und nicht von anderen Informationen überdeckt werden. |
| e) | Informationsflüsse sind transparent zu gestalten (z. B. zum Systemstatus des Arbeitsmittels, auch in der Fernwartung). |
| f) | Bei der Darstellung der Informationen sind angemessene Zeichengrößen, -schärfe und Kontrast zu beachten. Diese sollten individualisiert anpassbar zu gestalten sein. |
| g) | Eindeutige Codierungsverfahren für Informationen des Arbeitsmittels und seiner Betriebszustände (z. B. Achtung, Gefährdung, Notfall, Warnung) sind zu verwenden. |
| h) | Erfolgt die Steuerung der Arbeitsmittel über Monitor-Rechner-Einheiten, sind die Anforderungen an die Schnittstellengestaltung in Anlehnung an Nummer 6 des Anhangs der Arbeitsstättenverordnung zu berücksichtigen. |
| a) | Die Bedienelemente und -funktionen des Arbeitsmittels müssen Beschäftigte bei der Erfüllung ihrer Arbeitsaufgabe erwartungskonform unterstützen, d. h. vorhersehbar sein unter Berücksichtigung von Nutzungskontext, bisheriger Arbeitserfahrungen, Qualifizierungen und üblicher Praxis. So muss z. B. die Bewegungsrichtung von Steuerungen zum Aktivieren der Funktionen und Anzeigen, wann immer möglich, mit der vorgesehenen Wirkung kompatibel sein. |
| b) | Eingabe- oder Bedienfehler bei der Verwendung des Arbeitsmittels, die die Sicherheit und Gesundheit Beschäftigter gefährden, müssen so weit wie möglich korrigierbar sein. Bei der Verwendung des Arbeitsmittels sollte die beabsichtigte Erfüllung der Arbeitsaufgabe trotz Eingabe- und Bedienfehler möglich sein (Fehlerrobustheit). Je nach Komplexität des Arbeitsmittels sind Maßnahmen für den Umgang mit Fehlern vorzugeben. |
| c) | Arbeitsmittel müssen Beschäftigte bei der Erfüllung ihrer Arbeitsaufgaben unterstützen, ohne dass sie einen Anreiz für die Manipulation ihrer Schutzeinrichtung bieten. Schutzeinrichtungen werden von Beschäftigten besonders gut akzeptiert, wenn
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(1) Die ergonomische Gestaltung der Funktionsteilung und Arbeitsaufgaben hinsichtlich der physischen Belastungsarten sind in Abschnitt 4.2.1 Absatz 3 beschrieben.
(2) Zur Gewährleistung der Vollständigkeit der Arbeitsaufgaben soll die Funktionsteilung und Aufgabengestaltung zwischen Beschäftigten und Arbeitsmittel so erfolgen, dass
(3) Zur Gewährleistung ausreichender Tätigkeits- und Handlungsspielräume soll die Funktionsteilung und Aufgabengestaltung zwischen Beschäftigten und Arbeitsmittel so erfolgen, dass Beschäftigte
(4) Zur Gewährleistung ausreichender Variabilität/ausreichenden Abwechslungsreichtums soll die Funktionsteilung und Aufgabengestaltung zwischen Beschäftigten und Arbeitsmittel so erfolgen, dass Beschäftigte
(5) Die gleichzeitige Verrichtung mehrerer Tätigkeiten (Multitasking) durch Beschäftigte sind durch eine eindeutige Priorisierung zu vermeiden.
(6) Zur Gewährleistung einer Transparenz hinsichtlich Verantwortung und Zuständigkeiten soll die Funktionsteilung zwischen Beschäftigten und Arbeitsmittel so erfolgen, dass Verantwortlichkeiten eindeutig geregelt und im Bedienkonzept zum Arbeitsmittel hinterlegt sind.
(7) Zur Gewährleistung sozialer Kontakte soll die Funktionsteilung zwischen Beschäftigten und Arbeitsmittel so erfolgen, dass Beschäftigte sich bei der Aufgabenerfüllung regelmäßig mit anderen Beschäftigten austauschen und mit diesen kooperieren können.
(8) Die aus der Funktionsteilung mit dem Arbeitsmittel resultierenden Arbeitsaufgaben sind so zu gestalten, dass die Fähigkeiten und Fertigkeiten des Beschäftigten erhalten bzw. weiterentwickelt werden können. Deshalb sollte
(9) Bei Tätigkeiten mit Arbeitsmitteln, bei denen Beschäftigte aufgabenbedingt mit traumatisierenden Ereignissen (Tod, Verletzungen usw.) konfrontiert werden können, müssen die Gesundheitsrisiken durch wirksame Maßnahmen minimiert werden.
Hinweis: Empfehlungen für Maßnahmen können dem DGUV Grundsatz 306-001 entnommen werden.
(1) Die ergonomische Gestaltung der Arbeitsorganisation hinsichtlich der physischen Belastungsarten sind in Abschnitt 4.2.1 Absatz 3 beschrieben.
(2) Bei der ergonomischen Gestaltung der Arbeitsorganisation hinsichtlich der psychischen Belastungsmerkmale ist zu beachten, dass
(1) Bei der Verwendung der Arbeitsmittel müssen die Vorgaben des Arbeitszeitgesetzes an die Länge und Lage von Arbeitszeiten, Ruhe- und Pausenzeiten eingehalten werden. Die Arbeitszeitgestaltung von der Nacht- und Schichtarbeit hat nach gesicherten arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen über die menschengerechte Gestaltung der Arbeit zu erfolgen.
(2) Die berufsbezogene Erreichbarkeit sollte auf die vereinbarte Arbeitszeit begrenzt sein. Das Arbeitsmittel sollte eine klare Abgrenzung von Arbeitszeiten und Erholungszeiten der Beschäftigten ermöglichen.
(3) Den Beschäftigten ist durch vorhersehbare Arbeits-, Pausen-, Ruhe- und Erholungszeiten eine bessere Planbarkeit und Vereinbarkeit von Arbeit und Privatleben zu ermöglichen.
Gestaltungsanforderungen an die Arbeitsumgebung bei der Verwendung von Arbeitsmitteln ergeben sich für: