4 Festlegung von Art und Umfang erforderlicher Prüfungen einschließlich der Bewertung festgestellter Mängel

4.1 Allgemeines

(1) Gemäß TRBS 1111 legt der Arbeitgeber im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung Art und Umfang der erforderlichen Prüfungen fest. Dabei ist die Zielsetzung der jeweiligen Prüfung (z. B. zu verwendendes Prüfverfahren, Anzahl von Messpunkten) zu berücksichtigen.

(2) Bei der Auswahl der anzuwendenden Prüfverfahren sind sowohl deren physikalische Anwendungsgrenzen (z. B. erforderliche Mindestwanddicke bei Ultraschallprüfungen, erforderliche Prüfspannungen), die zulässigen Abweichungen vom Sollzustand (z. B. zulässige Restwanddicke, erforderliche Isolationswiderstände, zulässige Porengröße bei Schweißnähten) und die möglichen Schädigungsmechanismen (z. B. lokaler oder flächiger Verschleiß oder Korrosion, Verformung durch Überlast) zu berücksichtigen.

(3) Geeignete Prüfverfahren sind solche, die die Zielsetzung der Prüfung gemäß Nummer 2.2 zuverlässig und reproduzierbar erfüllen.

(4) Der Arbeitgeber legt gemäß TRBS 1111 Nummer 4.6 den Sollzustand für die sichere Verwendung des Arbeitsmittels fest.

(5) Wird bei einer Prüfung eine Abweichung vom Sollzustand (Mangel) festgestellt, ergeben sich in Abhängigkeit von der Bewertung des Mangels (siehe Abschnitt 4.5) unterschiedliche Konsequenzen.

4.2 Festlegung von Art und Umfang erforderlicher Prüfungen nach § 14 BetrSichV

(1) Die Prüfung besteht aus einer Ordnungsprüfung gemäß Nummer 2.3 und einer technischen Prüfung gemäß Nummer 2.4. Die technische Prüfung ist unter den erforderlichen technisch-organisatorischen Rahmenbedingungen, gegebenenfalls verbunden mit Zerlegung und ordnungsgemäßem Zusammenbau des Arbeitsmittels, durchzuführen.

(2) Im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung sind die zu prüfenden Merkmale in Abhängigkeit von den Erfordernissen der bestimmungsgemäßen Verwendung und den erforderlichen Eigenschaften festzulegen.

(3) Für die Festlegung des Prüfumfangs sind u. a. die folgenden Parameter durch den Arbeitgeber zu bewerten:

  1. mögliche Schädigungsmechanismen und Abweichungen vom Sollzustand,
  2. Prüfverfahren, mit denen Abweichungen vom Sollzustand erkannt werden können,
  3. erforderliche Hilfsmittel.

(4) Prüfungen dürfen sowohl als Kombination von verschiedenen Prüfverfahren als auch in mehreren aufeinander abgestimmten Teilprüfungen durchgeführt werden. Das Zusammenwirken von Teilen des Arbeitsmittels ist zu berücksichtigen. Die Prüfungen dürfen zu unterschiedlichen Zeitpunkten durchgeführt werden, müssen aber innerhalb der vom Arbeitgeber festgesetzten maximalen Prüffrist abgeschlossen sein.

Beispiel:
Prüfungen einzelner Teile eines Arbeitsmittels (z. B. elektrischer Antrieb und Kupplung zu einer Welle als Teilprüfung zu unterschiedlichen Gefahrenfeldern).

(5) In Anhang 3 BetrSichV finden sich für die Arbeitsmittel Festlegungen zu erforderlichen Prüfungen und die einzuhaltenden Prüffristen. Art und Umfang der erforderlichen Prüfungen sind in Anhang 3 dieser TRBS beschrieben. Bei Flüssiggasanlagen gemäß Anhang 3 Abschnitt 2 BetrSichV sind nach Austausch von Ausrüstungsteilen der Verbrauchsanlage, soweit deren sichere Verwendung von den Montagebedingungen (insbesondere der fachkundigen Montage) abhängt oder den schädigenden Einflüssen unterliegen, Prüfungen gemäß § 14 Absatz 1 oder 2 BetrSichV durchzuführen. Bei der Festlegung der Prüffristen gemäß § 14 Absatz 2 BetrSichV sind die Höchstfristen gemäß Anhang 3 Abschnitt 2 BetrSichV zu beachten. Zu diesem Austausch gehört z. B. der von

  1. Druckregeleinrichtungen,
  2. Gasströmungswächter oder Schlauchbruchsicherungen,
  3. Rohr- oder Schlauchleitungen,
  4. Verbrauchseinrichtungen.

4.3 Festlegung von Art und Umfang erforderlicher Prüfungen bei Prüfungen von überwachungsbedürftigen Anlagen

(1) Die Prüfung besteht aus einer Ordnungsprüfung gemäß Nummer 2.3 und einer technischen Prüfung gemäß Nummer 2.4.

(2) Der Prüfumfang ist nach den Maßgaben des Anhangs 2 Abschnitte 2 bis 4 BetrSichV festzulegen. Einzelheiten zu Prüfungen von und Vorgehensweise bei Prüfungen der jeweiligen überwachungsbedürftigen Anlagen werden in den TRBS 1201 Teile 1 bis 4 konkretisiert.

(3) Für überwachungsbedürftige Anlagen sind die vom Arbeitgeber im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung festgelegten organisatorischen Schutzmaßnahmen (z. B. die Festlegungen zu regelmäßigen Kontrollgängen und Kontrollen gemäß § 4 Absatz 5 Satz 3 BetrSichV und die Verfahren und Kriterien zur Beauftragung von Beschäftigten gemäß § 12 Absatz 3 BetrSichV) im Rahmen der Ordnungsprüfung auf Eignung zu prüfen.

(4) Für überwachungsbedürftige Anlagen sind die vom Arbeitgeber im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung festgelegten technischen Schutzmaßnahmen im Rahmen der technischen Prüfung auf Eignung und Funktionsfähigkeit zu prüfen.

(5) Einzelheiten zu dem Instandhaltungskonzept gemäß Anhang 2 Abschnitt 3 Nummer 5.4 BetrSichV können der TRBS 1201 Teil 1 und zu dem Prüfkonzept gemäß Anhang 2 Abschnitt 4 Nummer 5.7 BetrSichV der TRBS 1201 Teil 2 entnommen werden.

(6) Ergänzend zu Abschnitt 4.2 Absatz 3 kann bei Abweichungen vom Sollzustand, die die sichere Verwendung nur insoweit beeinträchtigen, dass bis zur nächsten wiederkehrenden Prüfung eine Gefährdung von Beschäftigten und anderer Personen im Gefahrenbereich nicht zu erwarten ist, die Prüfung der Beseitigung der Abweichungen vom Sollzustand im Rahmen der nächsten wiederkehrenden Prüfung erfolgen.

4.4 Neue oder weiterentwickelte Prüfverfahren

Neue oder weiterentwickelte Prüfverfahren müssen in der Prüfaussage den herkömmlichen Prüfverfahren mindestens gleichwertig sein. Der Arbeitgeber kann davon ausgehen, dass das Prüfverfahren mindestens gleichwertig ist, wenn es nach den üblichen Verfahren und Abläufen von einer fachlich anerkannten, unabhängigen und unparteilichen Institution, Einrichtung oder Organisation validiert wurde.

4.5 Bewertung festgestellter Mängel und daraus resultierende Konsequenzen

4.5.1 Bewertung von Mängeln, die bei Prüfungen nach § 14 BetrSichV von Arbeitsmitteln festgestellt wurden

(1) Werden bei einer Prüfung eines Arbeitsmittels Mängel festgestellt, welche die sichere Verwendung insoweit beeinträchtigen, dass eine Gefährdung von Beschäftigten zu erwarten ist, ist dies in der Prüfaufzeichnung zu dokumentieren. Der Arbeitgeber darf das Arbeitsmittel gemäß § 5 Absatz 2 BetrSichV nicht weiterverwenden lassen. Vor Wiederverwendung hat der Arbeitgeber die Beseitigung dieser Mängel sicherzustellen.

(2) Ergibt die Prüfung, dass ein Arbeitsmittel zwar zum Zeitpunkt der Prüfung, jedoch nicht bis zu der nächsten wiederkehrenden Prüfung sicher verwendet werden kann, ist dies in der Prüfaufzeichnung zu dokumentieren. Der Arbeitgeber hat die für die sichere Verwendung erforderlichen Maßnahmen innerhalb einer angemessenen Frist durchzuführen, z. B. durch die Beseitigung des festgestellten Mangels, Verkürzung der Prüffrist, Reduzierung von Einsatzgrenzen.

Hinweis: Bei einer Prüfung gewonnene sicherheitstechnische Erkenntnisse, die keine Mängel darstellen, können als Hinweis in die Prüfaufzeichnung aufgenommen werden (z. B. abgenutzte Kupplung, Hinweise auf erkannte Schädigungsmechanismen).

Dies gilt insbesondere, wenn sie für den zukünftigen Betrieb relevant werden können.

4.5.2 Bewertung von Mängeln, die bei Prüfungen von überwachungsbedürftigen Anlagen nach § 7 ÜAnlG festgestellt wurden

(1) Ein gefährlicher Mangel (§ 10 Absatz 1 ÜAnlG) liegt vor, wenn Beschäftigte und andere Personen im Gefahrenbereich durch den Mangel gefährdet werden. Diese Gefährdung liegt konkret vor und kann jederzeit wirksam werden.

Eine überwachungsbedürftige Anlage oder ein Teil einer überwachungsbedürftigen Anlage darf bei Vorliegen eines gefährlichen Mangels nicht weiterbetrieben werden (§ 8 ÜAnlG). Der Betreiber hat vor Wiederinbetriebnahme den gefährlichen Mangel zu beseitigen (§ 7 Absatz 3 ÜAnlG). Vor Wiederinbetriebnahme hat der Betreiber die Beseitigung des Mangels prüfen zu lassen. Bei überwachungsbedürftigen Anlagen, die durch eine zugelassene Überwachungsstelle zu prüfen sind, hat der Betreiber in jedem Fall sicherzustellen, dass die in § 10 Absatz 1 Nummer 3 ÜAnlG vorgeschriebenen Nachprüfungen durchgeführt werden.

(2) Ein sicherheitserheblicher Mangel (§ 10 Absatz 2 ÜAnlG) liegt vor, wenn von dem Mangel innerhalb einer bestimmten Frist eine nicht nur geringfügige Gefährdung für die Sicherheit und die Gesundheit Beschäftigter und anderer Personen ausgehen kann. Eine geringfügige Gefährdung liegt vor, wenn nach Ermessen des Prüfers der Eintritt eines Ereignisses, das zu einer Gefahr für Beschäftigte oder anderen Personen im Gefahrenbereich führen kann, hinreichend unwahrscheinlich ist.

Ein sicherheitserheblicher Mangel ist innerhalb einer Frist, bis zu der der Mangel nicht gefährlich werden kann, zu beseitigen oder abzustellen. Durch eine erneute Bewertung des Mangels, z. B. als Folge der Änderung von Betriebsparametern, kann der Zeitpunkt, ab dem der Mangel gefährlich werden kann, neu festgelegt werden. Auf § 7 Absatz 3 ÜAnlG wird verwiesen.

Der Betreiber hat sicherzustellen, dass sich die überwachungsbedürftige Anlage nach Mängelabstellung/-beseitigung wieder in einem sicheren und funktionsfähigen Zustand befindet. Bei überwachungsbedürftigen Anlagen, die durch eine zugelassene Überwachungsstelle zu prüfen sind, ist die Frist zur Mängelabstellung durch die zugelassene Überwachungsstelle festzulegen. In diesem Fall hat der Betreiber sicherzustellen, dass die Nachprüfung von ihm beauftragt und durch die zugelassene Überwachungsstelle (ZÜS) durchgeführt wird (§ 10 Absatz 2 ÜAnlG).

(3) Ein geringfügiger Mangel liegt vor, wenn dieser nur zu einer geringfügigen Gefährdung für Sicherheit und Gesundheit von Beschäftigten und anderen Personen im Gefahrenbereich führen kann und dieser bis zur nächsten wiederkehrenden Prüfung nach Ermessen des Prüfers nicht zu einem sicherheitserheblichen Mangel führt. Geringfügige Mängel sind durch den Betreiber innerhalb eines angemessenen Zeitraums, spätestens innerhalb eines Jahres, zu beseitigen (§ 7 Absatz 3 ÜAnlG).

Eine Abweichung vom ordnungsgemäßen Zustand (§ 7 Absatz 1 Satz 1 ÜAnlG) ist mindestens als geringfügiger Mangel einzustufen. Können vom Betreiber bei der Ordnungsprüfung die nach BetrSichV erforderlichen Unterlagen nicht mehr beigebracht werden, kann dies abweichend von Satz 1 als Hinweis aufgeführt werden, soweit dies keine Auswirkung auf die Beurteilung der Sicherheit der überwachungsbedürftigen Anlage oder des Anlagenteils hat; dies gilt nicht für eine fehlende Erlaubnis bei erlaubnispflichtigen Anlagen nach § 18 BetrSichV.

Hinweis: Bei einer Prüfung gewonnene sicherheitstechnische Erkenntnisse, deren Bewertung bis zur nächsten wiederkehrenden Prüfung keine Gefährdung erwarten lassen, sind keine Mängel gemäß Absätzen 1, 2 oder 3. Sie können aber als Hinweis in die Prüfbescheinigung oder Prüfaufzeichnung aufgenommen werden (z. B. Korrosionsabtrag, der bis zur nächsten wiederkehrenden Prüfung im Rahmen des Korrosionszuschlags bleibt). Dies gilt insbesondere, wenn sie für den zukünftigen Betrieb relevant werden können.