Die Einstufung und Kennzeichnung von Gasgemischen beim Inverkehrbringen muss spätestens seit dem 1. Juni 2015 gemäß CLP-Verordnung erfolgen. Für innerbetrieblich hergestellte und nicht in Verkehr gebrachte Gasgemische wird eine entsprechende Einstufung nach CLP-Verordnung empfohlen, die im Folgenden näher erläutert ist.
Gasgemische sind dann Gase unter Druck, wenn sie in einem Behältnis unter einem Überdruck von 200 kPa (2 bar) oder mehr enthalten sind oder verflüssigt oder verflüssigt und tiefgekühlt sind. Dazu gehören verdichtete, verflüssigte, gelöste und tiefgekühlt verflüssigte Gase (siehe dazu auch Nummer 3.1.1 Absatz 1 Satz 4).
Für Gasgemische kann die pseudo-kritische Temperatur aus den kritischen Temperaturen der Bestandteile wie folgt berechnet werden:
[2]
mit
Tk, pseudo | = | Pseudo-kritische Temperatur des Gasgemisches in K (oder °C) |
Tk,i | = | Kritische Temperatur des Bestandteils i in K (oder °C) |
xi | = | Stoffmengenanteil des Bestandteils i im Gasgemisch |
n | = | Anzahl der Bestandteile im Gasgemisch |
Mithilfe der pseudo-kritischen Temperatur erfolgt die Zuordnung zu einer Gruppe innerhalb der Gefahrenklasse Gase unter Druck nach der CLP-Verordnung sowie die Zuordnung zu einer Gruppe nach Anhang 1 Nummer A.1.2.
(3) Die Entzündbarkeit ist durch Prüfungen zu bestimmen. Für Gemische kann sie auch durch Berechnung nach DIN EN ISO 10156 /17/ in der jeweils aktuellen Fassung erfolgen, wenn die dafür erforderlichen Daten vorliegen. Reicht die Datenlage für die Anwendung des Berechnungsverfahrens nicht aus, kann das Prüfverfahren nach DIN EN 1839 /8/ „Bestimmung der Explosionsgrenzen von Gasen und Dämpfen“ in der jeweils aktuellen Ausgabe angewandt werden.
(4) Liegen für ein Gasgemisch die Grenzwerte der Entzündbarkeit für alle enthaltenen entzündbaren Stoffe (Gase oder Dämpfe) sowie die Stickstoffäquivalenzkoeffizienten für alle inerten Gase vor, so kann wie folgt berechnet werden, ob auch das Gemisch entzündbar ist:
[3]
mit
Ai | = | Stoffmengenanteil des entzündbaren Gases oder Dampfes i in Mol-% |
Tci | = | Maximaler Anteil des entzündbaren Gases oder Dampfes i in Stickstoff, bei dem das Gemisch in Luft gerade noch nicht entzündbarist (Grenzwert der Entzündbarkeit) in Mol-% |
Bk | = | Stoffmengenanteil des inerten Gases k |
Kk | = | Stickstoffäquivalenzkoeffizient des inerten Gases k |
n | = | Anzahl der entzündbaren Komponenten im Gasgemisch |
p | = | Anzahl der inerten Komponenten im Gasgemisch |
Die Werte für Tci und Kk sind in den Tabellen der DIN EN ISO 10156 /17/ in der jeweils aktuellen Fassung zu finden.
Ist die Gleichung [3] erfüllt, so ist das Gemisch bei einem Standarddruck von 101,3 kPa und 20 °C nicht entzündbar.
(5) Die Oxidationskraft eines Gasgemisches mit oxidierenden Gasen ist durch Prüfungen oder Berechnung nach DIN EN ISO 10156 /17/ in der jeweils aktuellen Fassung zu bestimmen.
(6) Liegen für ein Gasgemisch die Sauerstoffäquivalenzkoeffizienten für alle oxidierenden Gase sowie die Stickstoffäquivalenzkoeffizienten für alle inerten Gase vor, so kann wie folgt berechnet werden, ob auch das Gemisch oxidierend ist:
[4]
mit
OP | = | Oxidationskraft |
xi | = | Stoffmengenanteil des oxidierenden Gases i in Mol-% |
Ci | = | Sauerstoffäquivalenzkoeffizient des oxidierenden Gases i |
Bk | = | Stoffmengenanteil des inerten Gases k |
Kk | = | Stickstoffäquivalenzkoeffizient des inerten Gases k |
n | = | Anzahl der oxidierenden Komponenten im Gasgemisch |
p | = | Anzahl der inerten Komponenten im Gasgemisch |
Die Werte für Ci und Kk sind in den Tabellen der DIN EN ISO 10156 /17/ in der jeweils aktuellen Fassung zu finden.
Ist die Oxidationskraft des Gemisches OP ≥ 23,5 %, ist das Gemisch als oxidierend einzustufen.
(7) Enthalten Gasgemische brennbare und oxidierende Stoffe, sind gefährliche Reaktionen der Stoffe in Betracht zu ziehen. Die Einstufung ist entsprechend Abschnitt 5 der DIN EN ISO 10156 /17/ vorzunehmen. Die Herstellung solcher Gemische erfordert die Beachtung besonderer Maßgaben (siehe Nummer 3.2.8, Nummer 4.2 und Anhang 3).
(1) Gasgemische sind nach ihrer akuten Toxizität in vier Kategorien, entsprechend CLP-Verordnung, einzustufen:
Kategorie 1: | (ATE ≤ 100) ppm(V) |
Kategorie 2: | (100 < ATE ≤ 500) ppm(V) |
Kategorie 3: | (500 < ATE ≤ 2500) ppm(V) |
Kategorie 4: | (2500 < ATE ≤ 20 000) ppm(V) |
ATE = Schätzwert der akuten Toxizität bei 4 h inhalativer Exposition
(2) Die akute Toxizität für Gasgemische kann entsprechend der CLP-Verordnung nach folgender Gleichung ermittelt werden:
[5]
mit
n | = | Anzahl der Bestandteile |
Ci | = | Stoffmengenanteil von Bestandteil i in % v/v oder Mol-% |
Liegen ATE-Werte für 4 h Exposition nicht vor, lassen sich diese aus den LC50-Werten (1 h inhalative Exposition) der Bestandteile nach ADR /1/ Abschnitt 4.1.4.1 P200 oder ISO 10298 /18/ in der jeweils aktuellen Fassung durch Teilen mit dem Faktor 2 berechnen.
(3) Die Ätz-/Reizwirkung von Gasgemischen ist, wenn keine anderen Erkenntnisse vorliegen, dann zu unterstellen, wenn das Gemisch mehr als 1 Mol-% eines ätzenden/reizenden Bestandteils enthält.
(4) Weitere Einstufungen in die Gefahrenklassen Schwere Augenschädigung/Augenreizung, Sensibilisierung der Atemwege oder der Haut, Keimzellmutagenität, Karzinogenität, Reproduktionstoxizität sowie Spezifische Zielorgantoxizität erfolgen entsprechend CLP-Verordnung.