(1) Die Substitutionslösung muss die Gefährdungen durch Gefahrstoffe am Arbeitsplatz insgesamt verringern. Gleichzeitig sollte sie zu keiner Erhöhung anderer Gefährdungen am Arbeitsplatz und zu keiner erhöhten Beeinträchtigung anderer Schutzgüter führen.
(2) Diejenigen Möglichkeiten der Substitution, die sich in der Vorauswahl als aussichtsreich erwiesen haben, können mit den in Abschnitt 5.2 und 5.3 genannten Kriterien und methodischen Hilfsmitteln noch gründlicher auf ihre technische, gesundheitliche und physikalisch-chemische Eignung untersucht werden. Abschnitt 5.4 beschreibt die regulatorischen Vorgaben und betrieblichen Entscheidungskriterien für die betriebliche Realisierung gefundener Substitutionsmöglichkeiten.
(3) Möglichkeiten der Substitution aus TRGS und Branchenregeln (Abschnitt 3 Absatz 2 Nummer 1 und 2) sind sowohl unter Betrachtung von technischen, wie auch unter Betrachtung von gesundheitlichen, physikalisch-chemischen und ökonomischen Aspekten als geeignet anzusehen. Weicht der Arbeitgeber von diesen Empfehlungen ab, hat er dies schriftlich zu begründen.
(4) Für Substitutionsentscheidungen im Rahmen der Gefahrstoffverordnung stehen bei der integrierten Entscheidung nach den Kriterien der folgenden Abschnitte die Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit im Vordergrund, jedoch kann im konkreten Fall auch die Betrachtung anderer Schutzgüter erforderlich und entscheidungsrelevant sein.
(1) Substitutionsempfehlungen, die in den Informationsquellen nach Abschnitt 3 Absatz 2 Nummer 1 und 2 für bestimmte Verwendungen gegeben werden, sind in der Regel technisch geeignet. Weicht der Arbeitgeber von diesen Empfehlungen trotz vergleichbarer betrieblicher Verwendungsbedingungen ab, hat er dies schriftlich zu begründen.
(2) In anderen Fällen ist die technische Eignung einer Möglichkeit einer Substitution einzelfallbezogen durch den Anwender des jeweiligen Stoffes oder Verfahrens zu beurteilen. Hierbei ist unter anderem Folgendes zu berücksichtigen:
(1) Wenn bei der Entscheidung über die Eignung einer Möglichkeit einer Substitution nicht auf die allgemeinen Empfehlungen zurückgegriffen werden kann oder die Bewertung der Gefährdung nicht eindeutig ist, soll zunächst auf spezifische Abschätzungsmodelle zurückgegriffen werden. Insbesondere wird auf das in Anhang 2 genannte Spaltenmodell verwiesen.
(2) Darüber hinaus ist zu beachten, dass die Beurteilung von Gemischen gegebenenfalls weitergehende Kenntnisse erfordert, z. B. die Fähigkeit, gegebenenfalls die entscheidungsrelevanten kritischen Inhaltsstoffe zu identifizieren. Je nach Komplexität des Einzelfalles kann eine weitergehende, gründliche Prüfung möglicher Substitutionslösungen notwendig sein. Außer einer gründlichen Recherche in den Quellen nach Literaturhinweisen kann dann auch die Beteiligung von Experten erforderlich werden.
(3) Ersatzstoffe müssen hinsichtlich ihrer gesundheitlichen und physikalisch-chemischen Gefährdungen aufgrund der vorliegenden Daten mindestens genauso gut zu beurteilen sein wie der zu ersetzende Gefahrstoff. Dies gilt auch für Ersatzstoffe, wenn das Sicherheitsdatenblatt keine qualifizierten Aussagen zu den gefährlichen Eigenschaften macht – siehe TRGS 400 Abschnitt 5.2 Absatz 8.
(4) Bevor eine Substitutionslösung endgültig ausgewählt wird, sollte auch geprüft werden, ob diese bei der Verwendung oder später im Lebenszyklus gefährliche Zersetzungs- oder Reaktionsprodukte freisetzt. Solche Informationen können als Branchenwissen oder in der wissenschaftlichen Literatur vorliegen. Für einzelne Stoffe oder Stoffgruppen sind sie in der Regel nur aus der Erfahrung verfügbar, da sie bei der Registrierung nach REACH-VO nicht geprüft werden.
(5) Ob Prüfungen oder Bewertungen zu Gesundheitsgefahren durchgeführt wurden, kann anhand des Sicherheitsdatenblattes (dort Abschnitt 11 "Toxikologische Angaben") festgestellt werden oder muss anderweitig, insbesondere durch Nachfrage beim Lieferanten ermittelt werden. Bei Stoffen, die nach REACH-VO registriert sind, kann davon ausgegangen werden, dass alle relevanten Daten vorhanden sind.
(6) Es müssen mindestens Prüfdaten oder entsprechende aussagekräftige Informationen zur akut toxischen, reizenden, hautsensibilisierenden, keimzellmutagenen Wirkung und zur spezifischen Zielorgan-Toxizität bei wiederholter Exposition vorliegen. Wenn diese Informationen fehlen, sind folgende Gefahrenkategorien zu unterstellen:
(7) Gefährdungen aufgrund der physikalisch-chemischen Eigenschaften von Gefahrstoffen, die zu Brand- und Explosionsgefährdungen führen können, sind ebenfalls zu berücksichtigen. Insbesondere ist zu prüfen, ob Ersatzstoffe eingesetzt werden können, die keine Einstufung aufgrund physikalisch-chemischer Eigenschaften haben bzw. nicht zu Brand- oder Explosionsgefährdungen führen.
(8) Es ist zu prüfen, ob das Sicherheitsdatenblatt (dort Abschnitt 9 "Physikalische und chemische Eigenschaften") zu physikalischen Gefahren bzw. zu Brand- oder Explosionsgefährdungen wie z. B. durch explosionsfähige Gemische entsprechende Angaben und sicherheitstechnische Kenngrößen enthält. Beispielsweise sind folgende Angaben im Sicherheitsdatenblatt zu prüfen:
(9) Weitere Hinweise können im Sicherheitsdatenblatt auch in Abschnitt 5 "Maßnahmen zur Brandbekämpfung", Abschnitt 7 "Handhabung und Lagerung" und Abschnitt 10 "Stabilität und Reaktivität" enthalten sein.
(10) Sind Angaben zu physikalischen Gefahren nicht verfügbar bzw. scheinen nach Plausibilitätsprüfung Angaben zu fehlen, beispielsweise eine Angabe zur Entzündbarkeit bei einem leicht flüchtigen organischen Lösemittel, so sind diese im Rahmen der Informationsermittlung nachzufragen. Der Lieferant hat die Einstufungen gemäß CLP-Verordnung zur Verfügung zu stellen.
(1) Besteht bei Tätigkeiten mit Gefahrstoffen eine Gefährdung, hat der Arbeitgeber auf Grundlage der Substitutionsprüfung vorrangig eine Substitution durchzuführen. Dies gilt insbesondere für Tätigkeiten mit krebserzeugenden, keimzellmutagenen und reproduktionstoxischen Stoffen und Gemischen der Kategorien 1A oder 1B sowie akut toxischen Stoffen und Gemischen der Kategorie 1, wenn Alternativen technisch möglich sind und zu einer insgesamt geringeren Gefährdung der Beschäftigten führen.
(2) Es ist davon auszugehen, dass Möglichkeiten der Substitution aus TRGS zu Ersatzstoffen (TRGS 600 ff.) und branchen- oder tätigkeitsspezifische Hilfestellungen, die Aussagen zur Substitution enthalten, grundsätzlich betrieblich geeignet sind. Deshalb hat der Arbeitgeber diese in der Regel umzusetzen.
(3) Der Arbeitgeber kann die integrierte Entscheidung unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Bewertungskriterien treffen (siehe auch Anhang 1 "Ablaufschema"). Eine Anleitung, welche Aspekte der Arbeitgeber bei der Abwägung berücksichtigen sollte, enthält der Anhang 3 "Kriterien für die Realisierung der Substitution".
(4) Die Substitutionslösung muss eingesetzt werden, wenn die entsprechend Anhang 3 geprüften betriebsbezogenen Faktoren im Wesentlichen positiv beeinflusst werden. Auch höhere Kosten einer Substitutionslösung können in Kauf genommen werden.
(5) Bei der integrierten Entscheidung sind auch Einflüsse auf andere Schutzgüter, insbesondere die Umwelt zu bedenken. Hierfür sind insbesondere ökotoxikologische Parameter zu berücksichtigen: z. B. das Freisetzungs- und Ausbreitungspotenzial in der Umwelt, der Verteilungskoeffizient zwischen Wasser und n-Oktanol (log Kow) sowie die Persistenz und das Bioakkumulationspotenzial (PBT, vPvB). Diese stellen Maße für die Fähigkeiten des Eindringens z. B. in das Grundwasser, für die Langlebigkeit in der Umwelt und für die Anreicherung dar.