Anhang 2: Prüfmethode zur Zuordnung von flüssigen organischen Peroxiden zu Gefahrgruppen

A2.1 Einleitung

Die Geschwindigkeit, mit der ein flüssiges organisches Peroxid abbrennt, wird im Laboratoriumsmaßstab geprüft. Die Abbrandgeschwindigkeit wird durch Messen des Gewichtsverlustes der brennenden Probe des organischen Peroxids als Funktion der Zeit ermittelt. Während der Messung bleibt die Größe der brennenden Oberfläche konstant. Die Masse des pro Minute verbrannten Produktes, dividiert durch die Größe der brennenden Oberfläche, wird als die Abbrandgeschwindigkeit in kg/(m2·min) definiert. Um den Brand eines Stapels von Packstücken organischer Peroxide zu simulieren, wird die brennende Oberfläche der Proben der organischen Peroxide in kleinere Segmente unterteilt.

 

A2.2 Apparatur und Materialien

(1) Der Brandversuch mit dem organischen Peroxid wird in einer flachen Glasschale nach DIN 12337 (z. B. Duran oder Pyrex) vorgenommen. Diese Schale hat eine Höhe von 54 mm, einen Innendurchmesser von 90 mm ± 2 mm und eine Wanddicke von 2,0 mm ± 1,0 mm. Die Schale erhält gegenüber ihrer Umgebung eine Wärmeisolierung, die man durch konzentrisches Einsetzen der Schale in eine zweite Schale mit einer Höhe von mindestens 65 mm und einem Durchmesser von mindestens 115 mm erreicht. Der Zwischenraum zwischen den Böden und zwischen den zylindrischen Seitenwänden der Schalen wird mit Steinwolle ausgefüllt. In die innere Testschale lassen sich in aufrechter Stellung 14 Abschnitte aus Pyrex- oder Duran-Glasrohr von 20 mm Außendurchmesser, 29 mm Höhe und 1,8 mm ± 0,2 mm Wanddicke so einsetzen, dass zwischen ihnen ein Abstand von nicht mehr als 1 mm besteht. Eine Zeichnung des Versuchsaufbaues zeigt Abbildung 4.

(2) Zur Messung der Abnahme des Probengewichtes während des Brandversuches wird eine elektronische Präzisionswaage verwendet. An die Waage wird ein Datenlogger angeschlossen, so dass der Gewichtsverlust in sicherer Entfernung von der Versuchsanordnung registriert werden kann. Die technischen Daten der Waage sind wie folgt:

  1. Standard-Abweichung: 0,10 g,
  2. Maximale Linearitätsabweichung: 0,15 g.

Um die Waage vor Feuereinwirkung zu schützen, wird auf die Waage ein Aluminiumblech von etwa 22 cm x 36 cm mit einer Dicke von etwa 1,5 mm gelegt (optional).

(3) Die meisten flüssigen organischen Peroxide lassen sich nur schwer entzünden. Daher ist speziell darauf zu achten, dass beim Entzünden mit einer Gasflamme oder alternativen Entzündungsmitteln eine ungleichmäßige Temperaturverteilung der Probe vermieden wird. Bevorzugt ist die Verwendung eines Anzünddochtes, der aus vier Zellstoffschnüren von 6 cm Länge und 1 mm Dicke hergestellt wird, die am Ende verknotet werden. Der in die Mitte von vier Glasrohrabschnitten eingesteckte Docht lässt sich, wenn er mit dem organischen Peroxid getränkt ist, leicht mit einem Streichholz entzünden.

(4) Der Versuch ist in einem Laboratoriums-Abzug vorzunehmen, der

  1. feuerbeständig ist, um eine Ausbreitung des Feuers zu vermeiden,
  2. mit splittersicheren Scheiben ausgerüstet ist, um die Beschäftigten für den Fall zu schützen, dass die Glasschalen bei dem Versuch zerlegt werden,
  3. Mindestdimensionen von 2 m Höhe, 0,5 m Breite und 0,5 m Tiefe aufweist,
  4. mit einer Absaugvorrichtung zur Entfernung von Rauch und Dämpfen ausgerüstet ist.

 

A2.3 Versuchsdurchführung

(1) Die gemäß Abschnitt A2.2 Absatz 1 ausgerüstete Versuchsschale wird mit 100 g des organischen Peroxids befüllt, dessen Temperatur (unmittelbar vor der Anzündung) der Kontrolltemperatur des zu prüfenden organischen Peroxids (kann z. B. der Liste der BAM im Internet entnommen werden) zuzüglich 10 °C entspricht, jedoch nicht höher als 25 °C ist.

(2) Die Glasschalenkombination wird nun auf das auf der Waage liegende Aluminiumblech gesetzt. Waage und Datenlogger werden eingestellt. Anschließend wird die Probe entzündet. Das Feuer breitet sich schnell über die gesamte Oberfläche des organischen Peroxids in der Schale aus. Das sich verringernde Gewicht der brennenden Probe wird mittels Datenlogger registriert.

(3) Der Versuch wird zweimal ausgeführt.

 

A2.4 Versuchsauswertung

(1) Mit Ausnahme zu Beginn und gegen Ende des Feuers, nimmt im Regelfall das Gewicht der Probe mit der Zeit nahezu linear ab. Die Zeit, die für den Gewichtsverlust zwischen 20 % und 80 % benötigt wird, wird Brenndauer genannt. Zur Versuchsauswertung wird der kürzere der beiden gemessenen Werte für die Brenndauer verwendet.

(2) Die Abbrandgeschwindigkeit wird nach folgender Gleichung berechnet:

Abbrandgeschwindigkeit   =    0,6 · Einwaage [kg]
Brenndauer [min] · Oberfläche [m2]

Mit der Einwaage von 0,1 kg, der gemessenen Brenndauer in min und der Oberfläche der inneren Glasschale von 0,00636 m2 ± 0,00029 m2 ergibt sich die Abbrandgeschwindigkeit in kg/(min×m2 ).

 

A2.5 Versuchsprotokoll

(1) Über die Versuche ist ein Protokoll zu fertigen, das mindestens die folgenden Angaben enthält:

  1. die Bezeichnung und die chemische Zusammensetzung der Probe,
  2. die Versuchstemperatur,
  3. die gemessene Brenndauer aus beiden Einzelversuchen,
  4. die errechnete Abbrandgeschwindigkeit.

(2) Dem Protokoll ist die Kopie der Messkurve beizufügen, damit beurteilt werden kann, ob die für den Gewichtsverlust zwischen 20 % und 80 % ermittelte Brenndauer für den Stoff repräsentativ ist oder gegebenenfalls zu korrigieren ist.

 

A2.6 Zuordnungskriterien

  1. Ist die Abbrandgeschwindigkeit kleiner als 0,9 kg/(min×m2), ist das organische Peroxid der Gefahrgruppe OP III zuzuordnen.
  2. Ist die Abbrandgeschwindigkeit größer oder gleich 0,9 kg/(min×m2), jedoch kleiner 2,2 kg/(min×m2), ist das organische Peroxid der Gefahrgruppe OP II zuzuordnen.
  3. Ist die Abbrandgeschwindigkeit größer oder gleich 2,2 kg/(min×m2), jedoch kleiner 9,0 kg/(min×m2), ist das organische Peroxid der Gefahrgruppe OP I b zuzuordnen.
  4. Ist die Abbrandgeschwindigkeit größer oder gleich 9,0 kg/(min×m2), ist das organische Peroxid der Gefahrgruppe OP I a zuzuordnen.

Abbildung 4: Prüfung der Abbrandgeschwindigkeit von flüssigen organischen Peroxiden

Abbildung 4: Prüfung der Abbrandgeschwindigkeit von flüssigen organischen Peroxiden