Anlage 2 (zu § 2 Absatz 3 DGUV Vorschrift 2)

Betriebsärztliche und sicherheitstechnische Regelbetreuung in Betrieben mit mehr als 20 Beschäftigten

I. Allgemeines (Abschnitt I)

Die betriebsärztliche und sicherheitstechnische Betreuung nach Anlage 2 besteht aus der Grundbetreuung und dem betriebsspezifischen Teil der Betreuung. Grundbetreuung und betriebsspezifische Betreuung bilden zusammen die Gesamtbetreuung.

Der Unternehmer hat die Aufgaben der Betriebsärztinnen oder Betriebsärzte sowie Fachkräfte für Arbeitssicherheit entsprechend den betrieblichen Erfordernissen unter Mitwirkung der betrieblichen Interessenvertretung unter Verweis auf § 9 Absatz 3 Arbeitssicherheitsgesetz zu ermitteln, aufzuteilen und mit ihnen elektronisch oder schriftlich zu vereinbaren.

Maßgeblich für die Bemessung des Betreuungsumfangs der Grundbetreuung sind die gemäß Abschnitt II für die Betriebe geltenden Einsatzzeiten.

Der Umfang des betriebsspezifischen Teils der Betreuung gemäß Abschnitt III ist vom Unternehmer zu ermitteln, regelmäßig sowie bei wesentlichen Änderungen zu überprüfen und erforderlichenfalls anzupassen.

Der Unternehmer hat sich durch eine Betriebsärztin oder einen Betriebsarzt sowie eine Fachkraft für Arbeitssicherheit bei der Festlegung der Grundbetreuung und des betriebsspezifischen Teils der Betreuung beraten zu lassen.

Die Durchführung der arbeitsmedizinischen Vorsorge ist nicht auf die Einsatzzeiten der Grundbetreuung anzurechnen, sondern Bestandteil des betriebsspezifischen Teils der Betreuung.

Betriebsspezifische Beratungen zu speziellen Fachthemen können auch durch Personen mit entsprechender Fachkompetenz erbracht werden, die nicht über eine Qualifikation als Betriebsärztin oder Betriebsarzt oder als Fachkraft für Arbeitssicherheit verfügen; die Betriebsärztin oder der Betriebsarzt sowie die Fachkraft für Arbeitssicherheit sind zu informieren. Beteiligungsrechte der Beschäftigten und der gewählten Mitbestimmungsorgane gemäß Betriebsverfassungsgesetz und Personalvertretungsgesetzen bleiben unberührt.

Wegezeiten können nicht als Einsatzzeiten angerechnet werden.

Bei Verwendung von digitalen Informations- und Kommunikationstechnologien gilt der zulässige Höchstanteil jeweils für die Grundbetreuung und die betriebsspezifische Betreuung.

II. Grundbetreuung (Abschnitt II)

Die Grundbetreuung weist drei Betreuungsgruppen auf, für die jeweils feste Einsatzzeiten als Summenwerte für die Betriebsärztin oder den Betriebsarzt sowie die Fachkraft für Arbeitssicherheit gelten. Die Betriebe sind über ihre jeweilige Betriebsart den Betreuungsgruppen gemäß Abschnitt IV zugeordnet. Für die Grundbetreuung ist je nach Zuordnung in eine der drei Gruppen folgende Einsatzzeit in Stunden pro Beschäftigtem und Jahr erforderlich:

  Gruppe I Gruppe II Gruppe III
Einsatzzeit (Stunden/Jahr pro Beschäftigtem) 2,5 1,5 0,5

Bei der Aufteilung der Zeiten auf die Betriebsärztin oder den Betriebsarzt und die Fachkraft für Arbeitssicherheit ist in der Grundbetreuung ein Mindestanteil von 20 Prozent für jeden dieser Leistungserbringer anzusetzen.

Die Grundbetreuung umfasst folgende Aufgabenfelder, deren Berücksichtigung in der Regel eine Begehung voraussetzt:

  1. Unterstützung bei der Beurteilung der Arbeitsbedingungen (Gefährdungsbeurteilung)
    1.1 Unterstützung bei der Implementierung eines Gesamtkonzeptes zur Gefährdungsbeurteilung
    1.2 Unterstützung bei der Durchführung der Gefährdungsbeurteilung
    1.3 Beobachtung der gelebten Praxis und Auswertung der Gefährdungsbeurteilung
    1.4 Unterstützung bei der Fortschreibung der Gefährdungsbeurteilung
  2. Unterstützung bei grundlegenden Maßnahmen der Arbeitsgestaltung – Verhältnisprävention
    2.1 Unterstützung bei der Arbeitssystemgestaltung in Planung, Ausführung und Unterhaltung
    2.2 Eigeninitiatives Handeln zur Verhältnisprävention an bestehenden Arbeitssystemen und ihren Arbeitsbedingungen sowie bei deren Veränderungen
  3. Unterstützung bei grundlegenden Maßnahmen der Arbeitsgestaltung – Verhaltensprävention
    3.1 Unterstützung bei Unterweisungen, Betriebsanweisungen, Qualifizierungsmaßnahmen
    3.2 Motivieren zum sicherheits- und gesundheitsgerechten Verhalten
    3.3 Information und Aufklärung
    3.4 Kollektive arbeitsmedizinische Beratung der Beschäftigten
  4. Unterstützung bei der Schaffung einer geeigneten Organisation und Integration in die Führungstätigkeit
    4.1 Integration von Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit in die Aufbauorganisation und Berücksichtigung in betrieblichen Prozessen
    4.2 Integration von Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit in die Unternehmensführung
    4.3 Beratung zu erforderlichen Ressourcen zur Umsetzung der Maßnahmen bezogen auf Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit
    4.4 Kommunikation und Information sichern
    4.5 Organisation der "Ersten Hilfe" im Betrieb
    4.6 Organisation und Verbesserung betrieblicher Prozesse derart, dass die Maßnahmen bezogen auf Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit einen möglichst hohen Wirkungsgrad erreichen.
  5. Untersuchung nach Ereignissen
    5.1 Untersuchungen von Ereignissen, Ursachenanalysen und deren Auswertungen
    5.2 Ermitteln von Unfallschwerpunkten sowie Schwerpunkten arbeitsbedingter Erkrankungen
    5.3 Verbesserungsvorschläge
  6. Allgemeine Beratung von Arbeitgebern und Führungskräften, betrieblichen Interessenvertretungen, Beschäftigten
    6.1 Beratung zu Rechtsgrundlagen, Stand der Technik, Arbeitsmedizin, Hygiene und sonstigen arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen
    6.2 Beantwortung von Anfragen, Erfassen und Aufarbeiten von Hinweisen von Beschäftigten
    6.3 Verbreitung der Information im Unternehmen, einschließlich Teambesprechungen
    6.4 Organisation externer Beratung zu speziellen Problemen bezogen auf Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit
    6.5 Beratung zum Bedarf und Umfang betriebsspezifischer Betreuung
  7. Erstellung von Dokumentationen, Erfüllung von Meldepflichten
    7.1 Unterstützung bei der Erstellung von Dokumentationen
    7.2 Unterstützung bei der Erfüllung von Meldepflichten gegenüber den zuständigen Behörden und Unfallversicherungsträgern
    7.3 Dokumentation von Vorschlägen an den Arbeitgeber einschließlich Angabe des jeweiligen Umsetzungsstandes
    7.4 Dokumentation zur eigenen Tätigkeit und zur Inanspruchnahme der Einsatzzeiten
  8. Mitwirken an betrieblichen Besprechungen
    8.1 Direkte persönliche Beratung von Arbeitgebern und deren Führungskräften
    8.2 Teilnahme an Dienstgesprächen des Arbeitgebers mit seinen Führungskräften
    8.3 Teilnahme an Besprechungen der betrieblichen Beauftragten entsprechend §§ 9, 10 und 11 Arbeitssicherheitsgesetz, insbesondere am Arbeitsschutzausschuss
    8.4 Teilnahme an sonstigen Besprechungen, einschließlich Betriebsversammlungen
  9. Selbstorganisation
    9.1 Organisation der erforderlichen Fortbildung (Aktualisierung und Erweiterung)
    9.2 Entwicklung und Nutzung von Wissensmanagement
    9.3 Nutzung des Erfahrungsaustauschs, insbesondere mit den Unfallversicherungsträgern und den zuständigen Behörden

III. Betriebsspezifische Betreuung (Abschnitt III)

Der Unternehmer muss ermitteln und prüfen, welche Leistungen in der betriebsspezifischen Betreuung erforderlich sind und welcher Personalaufwand dafür benötigt wird. Dabei hat er sich von einer Betriebsärztin oder einem Betriebsarzt sowie einer Fachkraft für Arbeitssicherheit beraten zu lassen.

Der Unternehmer hat auf der Grundlage des ermittelten Personalaufwandes die Betreuungsleistungen mit der Betriebsärztin oder dem Betriebsarzt sowie der Fachkraft für Arbeitssicherheit festzulegen und elektronisch oder schriftlich zu vereinbaren.

Die Beratung zur Beurteilung der Arbeitsbedingungen (Gefährdungsbeurteilung) ist in der betriebsspezifischen Betreuung fortzuführen, soweit die Einsatzzeiten (Grundbetreuung) dafür nicht ausreichen oder wenn Gefährdungen aus für den Betriebszweck untypischen Tätigkeiten ergänzend zu berücksichtigen sind.

Der Unternehmer hat bei der Ermittlung des Bedarfs an betriebsspezifischer Betreuung die unten aufgeführten Aufgabenfelder zu berücksichtigen. Er hat diese hinsichtlich ihrer Relevanz für die betriebsärztliche und sicherheitstechnische Betreuung regelmäßig, insbesondere nach wesentlichen Änderungen, zu prüfen.

Die Aufgabenfelder für die betriebsspezifische Betreuung sind:

  1. Regelmäßig vorliegende Anlässe der betriebsspezifischen Betreuung
    1.1 Gefährliche Arbeiten; Tätigkeiten, Arbeitsplätze und Arbeitsstätten mit besonderen Gefährdungen
    1.2 Arbeitsorganisation und Gestaltung der Arbeit bei Vorhandensein von besonderen Gefährdungen
    1.3 Besondere betriebsspezifische Anforderungen beim Personaleinsatz
  2. Betriebliche Veränderungen in den Arbeitsbedingungen und in der Organisation
    2.1 Beschaffung von grundlegend neuartigen Maschinen, Geräten
    2.2 Grundlegende Veränderungen zur Errichtung neuer Arbeitsplätze bzw. der Arbeitsplatzausstattung; Planung, Neuerrichtung von Betriebsanlagen; Umbau, Neubaumaßnahmen
    2.3 Einführung neuer Stoffe bzw. Materialien
    2.4 Grundlegende Veränderung betrieblicher Abläufe und Prozesse; grundlegende Veränderung der Arbeitszeitgestaltung; Einführung neuer Arbeitsverfahren
    2.5 Spezifische Erfordernisse zur Schaffung einer geeigneten Organisation zur Durchführung der Maßnahmen zu Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit sowie der Integration in die Führungstätigkeit und zum Aufbau eines Systems der Beurteilung der Arbeitsbedingungen (Gefährdungsbeurteilung)
  3. Externe Entwicklung mit spezifischem Einfluss auf die betriebliche Situation
    3.1 Neue Vorschriften, die für den Betrieb umfangreiche Änderungen nach sich ziehen
    3.2 Weiterentwicklung des für den Betrieb relevanten Stands der Technik, der Arbeitsmedizin, Hygiene oder sonstigen arbeitswissenschaftlichen Erkenntnisse
  4. Arbeitsmedizinische Vorsorge
    Arbeitsmedizinische Vorsorge richtet sich nach der Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge (ArbMedVV).
  5. Betriebliche Aktionen, Schwerpunktprogramme und Kampagnen
    5.1 Abstimmungsbedarf bei Einführung oder Weiterentwicklung eines freiwilligen Gesundheitsmanagements
    5.2 Schwerpunktprogramme und Kampagnen zu Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit

IV. Zuordnung der Betriebsarten zu den Betreuungsgruppen (Abschnitt IV)

Die nachfolgende Tabelle weist die Zuordnung der Betriebe anhand des WZ-Schlüssels der jeweiligen Betriebsart zu den Betreuungsgruppen der Grundbetreuung nach Abschnitt II aus.

Auszug für die Berufsgenossenschaft Nahrungsmittel und Gastgewerbe aus der Klassifikation der Wirtschaftszweige, Ausgabe 2008 (WZ 2008). Eine vollständige Liste mit den Angaben aller Unfallversicherungsträger wird bei der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) geführt.

WZ 2008 WZ 2008 – Bezeichnung
(a. n. g. = anderweitig nicht genannt)
Gruppe I
2,5 h
Gruppe II
1,5 h
Gruppe III
0,5 h
C ABSCHNITT C – VERARBEITENDES GEWERBE
10 Herstellung von Nahrungs- und Futtermitteln      
10.1 Schlachten und Fleischverarbeitung
X
   
10.2 Fischverarbeitung  
X
 
10.3 Obst- und Gemüseverarbeitung  
X
 
10.4 Herstellung von pflanzlichen und tierischen Ölen und Fetten  
X
 
10.5 Milchverarbeitung      
10.51 Milchverarbeitung (ohne Herstellung von Speiseeis)  
X
 
10.52 Herstellung von Speiseeis      
10.52.1 Industriell  
X
 
10.52.2 Kleingewerblich    
X
10.6 Mahl- und Schälmühlen, Herstellung von Stärke und Stärkeerzeugnissen  
X
 
10.7 Herstellung von Back- und Teigwaren  
X
 
10.8 Herstellung von sonstigen Nahrungsmitteln      
10.82 Herstellung von Süßwaren(ohne Dauerbackwaren)    
X
10.89 Herstellung von sonstigen Nahrungsmitteln a. n. g.  
X
 
10.9 Herstellung von Futtermitteln  
X
 
11 Getränkeherstellung      
11.0 Getränkeherstellung      
11.01 Herstellung von Spirituosen    
X
11.02 Herstellung von Traubenwein    
X
11.05 Herstellung von Bier  
X
 
11.06 Herstellung von Malz    
X
11.07 Herstellung von Erfrischungsgetränken; Gewinnung natürlicher Mineralwässer  
X
 
11.08 Herstellung von sonstigen Getränken a. n. g.    
X
12 Tabakverarbeitung      
12.0 Tabakverarbeitung    
X
I ABSCHNITT I – GASTGEWERBE
55 Beherbergung      
55.1 Hotels, Gasthöfe und Pensionen  
X
 
56 Gastronomie      
56.1 Restaurants, Gaststätten, Imbissstuben, Cafés, Eissalons u. Ä.  
X
 
56.2 Caterer und Erbringung sonstiger Verpflegungsdienstleistungen      
56.21 Caterer  
X
 
R ABSCHNITT R – KUNST, UNTERHALTUNG UND ERHOLUNG
93 Erbringung von Dienstleistungen des Sports, der Unterhaltung und der Erholung      
93.29 Erbringung von Dienstleistungen der Unterhaltung und der Erholung a. n. g.  
X