In diesem Abschnitt wird eingangs grundsätzlich erläutert, welchen Einfluss die Ausrichtung der Fassadenfronten zur Himmelsrichtung, die geografische Lage und die Jahreszeit auf die Licht und Wärmeeinstrahlung haben.
Helligkeit der Sonne
Die Sonne weist, wenn sie nicht von Wolken bedeckt ist, eine
Helligkeit (Leuchtdichte) von rund 109 (einer Milliarde) cd/m2
auf. Damit blendet die Sonne, wenn sie sich im Sichtbereich
befindet.
Wie weit die Sonne in den Raum scheint, hängt davon ab, wie hoch die Sonne und wie die Sonne zur Fassade des Gebäudes steht. Dies ist je nach Tages- und Jahreszeit sowie nach der Ausrichtung der Fassade zur Himmelsrichtung unterschiedlich.
Bei Fensterfronten, die nach Süden, Südosten und Südwesten gerichtet sind, ist die Sonne eher im Winter, wenn sie tief steht, tagsüber sichtbar und scheint dann tief in den Raum hinein. Im Sommer ist sie nur im Osten und Westen in den frühen Morgen- und in den späteren Abendstunden direkt durch die Fenster sichtbar.
Helligkeit des Himmels
Die Helligkeit des Himmels ist vor allem vom jeweiligen Bewölkungsgrad
abhängig. Besonders hohe Leuchtdichten treten zum
einen in Richtung der Sonne auf, wenn der Himmel relativ gleichmäßig
mit einer nur dünnen Wolkenschicht bedeckt ist (wolkenfrei
dunstig).
Zum anderen können bei klarem Himmel einzelne Wolken von der Sonne angestrahlt werden und dadurch hohe Helligkeiten entstehen. Es können lokal Werte von rund 30.000 cd/m2 und darüber auftreten, besonders am Himmel in Richtung Süden. Aber auch in Richtung Norden können von der Sonne bestrahlte helle Wolken Leuchtdichten von rund 10.000 cd/m2 und darüber erreichen.
Die geografische Lage spielt dabei nur insofern eine Rolle, dass die Häufigkeit, mit der solche Himmelszustände auftreten, von den jeweiligen typischen Wettersituationen abhängig ist.
Thermische Belastung
Die thermische Belastung für ein Gebäude hängt im Wesentlichen
von zwei Faktoren ab.
Zum einen heizt sich das Gebäude abhängig von den Außentemperaturen im Sommer stärker als im Winter auf.
Weiterhin kommt es je nach Tages- und Jahreszeit auf den Fassadenseiten, an denen die Sonne tief steht und weit in den Raum einstrahlt, zu einem höheren Wärmeeintrag. Im Sommer ist er an ost- und besonders an westorientierten Fassaden hoch, während die Sonne die Südfassade nur streift (siehe auch Abschnitt 1).
An Südfassaden können sich aber vor allem im Frühjahr und Herbst die Räume stärker aufheizen, wenn die Sonne tiefer steht. Zudem sind zu diesen Zeiten die Beschäftigten aufgrund ihrer körperlichen Anpassung und ihrer Kleidung weniger auf hohe Temperaturen eingerichtet.
Tabelle 1 Verschiedene Himmelszustände mit typischen Leuchtdichten
Neben der Orientierung der Gebäudefassaden und der geografischen Lage des Gebäudes beeinflussen auch Faktoren wie die Umgebung und die Architektur eines Gebäudes das Maß der Sonnenstrahlung, das zur Blendung und Erwärmung führen kann. Diese Faktoren sind vielfältig, so dass hier nur tendenzielle Aussagen getroffen werden.
Die Sonneneinstrahlung kann zum einen durch Bäume, benachbarte Gebäude sowie Berge in der Umgebung reduziert werden. Bei Laubbäumen muss berücksichtigt werden, dass sie in den Herbst- und Wintermonaten nicht zu einer Beschattung beitragen.
Zum Anderen verringern architektonische Elemente am Gebäude die Sonneneinstrahlung. Die seitlich einfallende Sonnenstrahlung wird durch senkrecht angeordnete Blenden, z. B. Mauervorsprünge, tiefe Fensterlaibungen, abgeschattet. An den Südfassaden, wo ein hoher Sonnenstand vorliegt, bewirken horizontal stehende Blenden, wie Vordächer, Balkone oder tiefe Fensterlaibungen, eine Verminderung der Sonnenstrahlung.
Von der Umgebung des Gebäudes werden sowohl die sichtbare Strahlung als auch die Wärmestrahlung der Sonne reflektiert. Die reflektierte Strahlung wirkt zusätzlich auf das Gebäude ein. Zum Beispiel kann das Licht, das von gegenüberliegenden hellen Gebäuden oder Gebäuden mit Glasflächen reflektiert wird, gerade auch an Nordfassaden zu störenden Blendungen führen. Je nach Beschaffenheit des Bodens, der das Gebäude umgibt, wird die auftreffende Solarstrahlung reflektiert und trifft auf die Fassade.
In Bürogebäuden können Fenster in unterschiedlicher Anzahl, Größe und Verglasungsart eingesetzt werden. Sie sind mit ihren Eigenschaften ausschlaggebend dafür, ob Arbeitsplätze mit ausreichendem Tageslicht versorgt werden und wie hoch der Anteil der Solarstrahlung ist, der durch die Fenster in die Räume dringen kann. Außerdem wird durch Fenster eine Sichtverbindung nach außen ermöglicht.
Größe der Fenster
Die Arbeitsstättenverordnung fordert möglichst ausreichendes
Tageslicht und eine Sichtverbindung nach außen. In der ASR A3.4 "Beleuchtung" wird diese Anforderung konkretisiert.
Die ASR A3.4 legt ein Verhältnis von lichtdurchlässiger Fenster-, Tür- oder Wandfläche bzw. Oberlichtfläche zur Raumgrundfläche von mindestens 1 : 10 (entspricht ca. 1 : 8 Rohbaumaße) fest.
In der Norm DIN 5034-1 "Tageslicht in Innenräumen – Allgemeine Anforderungen" finden sich darüber hinausgehende Festlegungen. Diese Festlegungen zielen neben einem ausreichenden Tageslichteinfall auch auf eine möglichst ungehinderte Sichtverbindung nach außen ab.
Aus den Anforderungen der ASR A3.4 und der DIN 5034-1 ergeben sich für Büroräume die erforderlichen Maße für die Fenster.
Je größer die Fensterfläche, umso höher ist der Wärmeenergieeintrag durch die Sonnenstrahlung. Für den Wärmeeintrag sowie für den Lichteinfall ist neben der Größe der Fenster die Verglasungsart entscheidend.
Arten von Verglasungen
Von der Art der Verglasung ist es abhängig, welcher Anteil des
Lichts sowie der Wärmestrahlung durch die Fenster dringt. Für
die Verglasungen gibt es drei wesentliche Kenngrößen, die diese
Eigenschaften beschreiben (siehe auch Glossar).
Isolierverglasung
Sie hat einen U-Wert von etwa 3 W/m2 K und einen g-Wert von
ca. 0,75. Ein übliches Verhältnis von Lichttransmissionsgrad (τv)
zu Gesamtenergiedurchlassgrad (gv) dieser Verglasung ist
Sonnenschutzverglasung
Eine Sonnenschutzverglasung soll möglichst viel Licht und
gleichzeitig möglichst wenig Wärmestrahlung durchlassen. Eine
gängige Sonnenschutzverglasung hat einen Lichttransmissionsgrad
τv von 0,66 und einen g-Wert von 0,33. Somit ergibt sich ein
Wärmeschutzverglasung
Bei dieser Verglasung steht die Verminderung von Wärmeverlusten
im Vordergrund. Maßgebend hierfür ist der U-Wert, der den
Energieverlust nach außen angibt. Eine gute Wärmeschutzverglasung
hat etwa einen U-Wert von 1,1 W/m2 K. Ein übliches Verhältnis
von Lichttransmissionsgrad (τv) zu Gesamtenergiedurchlassgrad
(gv) dieser Verglasung ist
Wenn die Sonnenstrahlung nicht senkrecht auf das Fenster trifft, was meistens der Fall ist, wird sie stärker reflektiert. Die Höhe des Anteils ist vom Einfallswinkel abhängig. Dementsprechend verändern sich auch die Anteile der Strahlung, die im Fenster absorbiert ("geschluckt") und transmittiert (hindurchgelassen) werden.
Tabelle 2 Typische Kenngrößen für verschiedene Verglasungen
Abbildung 3 veranschaulicht die Transmission, Absorption und Reflexion der Sonnenstrahlung an einer Verglasung. Trifft die Sonnenstrahlung auf die Verglasung, so wird ein Teil reflektiert. Ein Teil wird absorbiert und anschließend zu gleichen Teilen nach außen und innen abgegeben. Der Rest der Strahlung gelangt ungehindert durch die Verglasung.
Abb. 3 Transmission, Reflexion, Absorption an einer Wärmeschutzverglasung
Mithilfe eines Beispiels soll der Prozess veranschaulicht werden.
Von einem Fenster mit Wärmeschutzverglasung werden 30 % von 100 % auftreffender Sonneneinstrahlung reflektiert. Dies ergibt für den Strahlungsreflexionsgrad ρe = 0,30. Außerdem absorbiert die Verglasung 24 % (αe = 0,24) der Sonneneinstrahlung und der verbleibende Anteil von 46 % gelangt durch die Verglasung hindurch in den Raum. Somit beträgt der Solartransmissionsgrad τe = 0,46. Die Summe aller Anteile muss wieder 100 % ergeben. Deshalb gilt:
Der von der Verglasung absorbierte Anteil (αe = 0,24) wird zu gleichen Teilen nach außen qa = 0,12 und innen qi = 0,12 abgegeben.
Die Energiebilanz ergibt für diesen Fall:
Durch die richtige Aufstellung eines Bildschirmarbeitsplatzes werden günstige Voraussetzungen dafür geschaffen, dass die einfallende Sonnenstrahlung so wenig wie möglich stört.
Dabei spielt die Entfernung des Arbeitsplatzes zum Fenster eine wichtige Rolle; je weiter der Arbeitsplatz und der Bildschirm vom Fenster entfernt aufgestellt sind, umso weniger kann es zu Blendung kommen oder die Solarstrahlung direkt auf die Beschäftigten einwirken. Auf der anderen Seite sollen sie nicht zu weit vom Fenster entfernt angeordnet werden, da ein hoher Tageslichtanteil am Arbeitsplatz und eine gute Sicht nach außen positiv auf die Beschäftigten wirken.
Hinsichtlich der Aufstellung des Arbeitsplatzes ist weiterhin die Blickrichtung der Beschäftigten bei der Bildschirmarbeit wichtig.
Ist der Bildschirm mit der Blickrichtung schräg oder frontal zum Fenster hin angeordnet, kann es durch die großen Helligkeitsunterschiede zwischen der Bildschirmanzeige und dem Fenster zu visueller Beanspruchung der Beschäftigten kommen (siehe auch Abschnitt 3.2). Außerdem ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass die Sonne direkt blendet.
Die Arbeitsplätze sollen so positioniert werden, dass die Beschäftigten parallel zur Fensterfront blicken, wenn sie am Bildschirm arbeiten.
Befinden sich Fenster bei der Bildschirmarbeit hinter den Beschäftigten, können sie sich in der Bildschirmanzeige spiegeln. Außerdem kann das direkte Sonnenlicht ein Erkennen der Bildschirmanzeige behindern bzw. unmöglich machen.
Sind im Raum Fensterfronten über Eck angeordnet, muss die Fensterfront, die sich bei der Bildschirmarbeit vor oder hinter den Arbeitsplätzen befindet, durch Sonnenschutzvorrichtungen entsprechend abgedunkelt werden können.
Abb. 4 Richtige Aufstellung der Bildschirmarbeitsplätze zum Fenster
Diffuse oder spiegelnde Reflexionen können zu störenden Blendungen führen. Diese sogenannte Reflexblendung entsteht bei der Bildschirmarbeit vor allem dann, wenn helle Flächen aus der Umgebung, z. B. Fenster, von der Bildschirmoberfläche reflektiert werden. Dadurch werden die Helligkeitsunterschiede zwischen dem Bildschirmhintergrund und Zeichen auf dem Bildschirm herabgesetzt; die Zeichen können nicht mehr gut erkannt werden. Handelt es sich um spiegelnde Reflexionen mit deutlicher Abbildung, versuchen die Augen sowohl die Zeichen auf dem Bildschirm als auch das Spiegelbild scharf abzubilden. Dadurch kann eine erhöhte visuelle Beanspruchung entstehen.
Die Eigenschaften der Bildschirmanzeige beeinflussen in starkem Maße, ob sich Spiegelungen störend bemerkbar machen.
Eine wichtige Rolle spielt die Entspiegelungsgüte des Bildschirmes. Diese wird neben anderen Eigenschaften im Rahmen der Prüfungen für das GS-Zeichen jeweils für die Positiv- und die Negativdarstellung ermittelt und vom Hersteller im GS-Zertifikat und im technischen Datenblatt angegeben (siehe DGUV Information 215-410 "Bildschirm- und Büroarbeitsplätze – Leitfaden für die Gestaltung", Abschnitt 8.2.1 – Bildschirm).
Besonders hochwertige LCD- Bildschirme können so gut entspiegelt sein, dass kaum noch Reflexionen auftreten.
Die Ausprägung der Reflexionen ist weiterhin von der Darstellungsart abhängig. Bei Positivdarstellung (dunkle Zeichen auf hellem Untergrund) werden vorhandene Reflexionen weniger störend wahrgenommen als bei Negativdarstellung (helle Zeichen auf dunklem Untergrund). Daher sollte für die Anzeige der Informationen möglichst immer die Positivdarstellung und nur in Ausnahmefällen eine Negativdarstellung gewählt werden (z. B. bei CAD-Anwendungen).
Je nach Entspiegelungsgüte und Darstellungsart der Bildschirmanzeige muss die Helligkeit auch von Fenstern, die sich im Bildschirm spiegeln können, durch die Sonnenschutzvorrichtungen ausreichend begrenzt werden können (siehe Abschnitt 3.2).
Abb. 5 Helle Flächen, die sich im Bildschirm spiegeln können
Abb. 6 Spiegelnder Bildschirm (oben) und entspiegelter Bildschirm (unten)