Anhang 3: Labordiagnostische Untersuchung von Verdachtsproben

Die in Deutschland auf die Diagnostik biologischer Verdachtsproben spezialisierten Einrichtungen sollen in einer Gefahrenlage eng mit den zuständigen Behörden und Einsatzkräften zusammen arbeiten. Sie haben die aktuelle Risikobewertung potenzieller biologischer Agenzien zu berücksichtigen.

Die Orientierungsuntersuchungen werden in der Regel auf der Grundlage des von Sicherheitsbehörden und Fachexperten ermittelten möglichen Agenzienspektrums1 durchgeführt. Das gesamte ermittelte Agenzienspektrum sollte auch dann in die Diagnostik einbezogen werden, wenn Anhaltspunkte, z.B. durch beiliegende Drohschreiben, für die Ausbringung eines oder mehrerer definierter biologischer Agenzien vorliegen. Daraus ergibt sich für solche Untersuchungen ein breites diagnostisches und methodisches Spektrum. Kann bei konkreten Erkenntnissen oder einer Havarie einer biologischen Anlage ein Verdacht eingegrenzt werden, reichen primär gezielte Nachweisverfahren aus. In diesem Fall ist die Zuordnung der biologischen Agenzien in Risikogruppen (TRBA 460, 462, 464, 466) vorzunehmen und in Folge sind die daraus resultierenden Arbeitsschutzmaßnahmen zu ergreifen (TRBA 100).

Im Rahmen der diagnostischen Orientierungsuntersuchung positiv befundene Proben und Isolate sind zur Bestätigung des Befundes unverzüglich an ein Referenz- bzw. Konsiliarlabor abzugeben, es sei denn, diese Laboratorien haben den Befund selbst erhoben. Da ein positiver Befund allerdings mit weitreichenden Konsequenzen verbunden ist, ist eine zusätzliche Bestätigung durch ein weiteres spezialisiertes Labor anzustreben. Es ist sicherzustellen, dass die Beschäftigten zuverlässig sind und über die speziellen Fachkenntnisse und Erfahrungen verfügen, die für die Durchführung der mikrobiologischen Diagnostik erforderlich sind. Um Missbrauch zu verhindern, müssen Verdachtsproben sicher aufbewahrt werden.

Gefährdungsbeurteilung und Schutzstufenzuordnung

Bei Verdacht einer biologischen Gefahrenlage ist die Erstbeurteilung maßgeblich. Sie wird durch die Einsatzkräfte durchgeführt und ist Grundlage für die Abschätzung des Risikos einer Kontamination mit biologischen Agenzien und die anschließende Gefährdungsbeurteilung nach Biostoffverordnung.

Dabei sollte nach folgendem Schema vorgegangen werden:

Beurteilung der biologischen Gefahrenlage

Orientierungsuntersuchung bei geringem/unwahrscheinlichem Risiko

Ergibt die Risikoabschätzung, dass das Vorhandensein biologischer Agenzien unwahrscheinlich oder aufgrund der Begleitumstände nahezu auszuschließen ist, können diagnostische Orientierungsuntersuchungen, z.B. zur Bestätigung des Ausschlusses biologischer Agenzien, in Laboratorien der Schutzstufe 2 durchgeführt werden. Führen die Ergebnisse zu einer geänderten Einschätzung (hohes Risiko der Kontamination), ist dementsprechend zu verfahren.

Orientierungsuntersuchung bei hohem Risiko

Ergibt die Risikoabschätzung den begründeten Verdacht auf eine biologische Gefahrenlage, jedoch ohne konkrete Hinweise auf die Spezies oder Natur der biologischen Agenzien, müssen die Orientierungsuntersuchungen mindestens in einem Laboratorium der Schutzstufe 3 erfolgen.

Ergibt sich aus der Risikoabschätzung (z.B. aufgrund der Ergebnisse von Schnelltests vor Ort oder weiterer Indizien) eine hohe Wahrscheinlichkeit oder ein konkreter Verdacht für das Vorhandensein definierter biologischer Agenzien, gilt Folgendes:

Weiterführende Diagnostik

Für gezielte Tätigkeiten im Rahmen der weiterführenden Diagnostik ist die TRBA 100 zu beachten.

Schutzmaßnahmen

Die Schutzmaßnahmen müssen grundsätzlich der BioStoffV und dem in der TRBA 100 "Schutzmaßnahmen für gezielte und nicht gezielte Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen in Laboratorien" für die jeweilige Schutzstufe beschriebenen Stand der Technik entsprechen. Es ist sicherzustellen, dass die Beschäftigten über die speziellen Fachkenntnisse und Erfahrungen verfügen, die für die sachgerechte Durchführung der mikrobiologischen Diagnostik erforderlich sind.

In Abhängigkeit von der Beschaffenheit des Probenmaterials sind im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung bei Bedarf zusätzliche Schutzmaßnahmen festzulegen. Finden beispielsweise schneidende Tätigkeiten statt (z.B. bei Gewebsproben) kann das Tragen von Handschuhen aus schnitthemmender Faser über den normalen Schutzhandschuhen notwendig sein.

Die Bearbeitung pulverförmiger verstäubbarer Proben stellt eine besondere Gefährdung für die Beschäftigten dar, da sie leicht und über den Luftweg aufgenommen werden können und zu einer Kontamination der Umgebung führen können. Diese sollten deshalb – in Abhängigkeit von den sich anschließenden Probenaufarbeitungs- und Untersuchungsverfahren – schnellstmöglich in entsprechende Flüssigkeitsaliquots aufgenommen werden. Beim Umgang mit pulverförmigen Proben sollten die im folgenden Absatz beschriebenen besonderen Schutzmaßnahmen ergriffen werden.

Besondere Schutzmaßnahmen bei der Untersuchung pulverförmiger Proben

Verdächtige Briefsendungen oder sonstige verdächtige Verpackungen können u.a. pulverförmige Substanzen enthalten bzw. mit diesen kontaminiert sein. Je nach Risikoabschätzung erfolgt die orientierende Untersuchung pulverförmiger Verdachtsproben in der Schutzstufe 3 bei hohem angenommenem Risiko oder in der Schutzstufe 2 bei gering eingeschätztem bzw. unwahrscheinlichem Risiko (siehe Schema). Deswegen gelten für die Untersuchungen pulverförmiger Verdachtsproben folgende zusätzliche Schutzmaßnahmen, wenn nicht bereits durch die Schutzstufe höhere Anforderungen an die Schutzmaßnahmen gestellt werden:

Für die Persönliche Schutzausrüstung in Laboratorien der Schutzstufe 2 und 3 gilt für diese Arbeiten Folgendes:

 


1 Dieses Spektrum unterliegt ständiger Aktualisierung und umfasst biologische Arbeitsstoffe und Toxine biologischen Ursprungs.