4 Gefährdungen durch elektrischen Schlag oder Störlichtbogen

4.1 Ermittlung der Gefährdungen durch elektrischen Schlag oder Störlichtbogen

Mit einer Gefährdung durch elektrischen Schlag oder Störlichtbogeneinwirkung ist zu rechnen, wenn aktive Teile berührt oder unterschiedliche Potentiale überbrückt werden können, oder bei einer Annäherung an aktive Teile die Isolationsfestigkeit unterschritten werden kann.

Für die nachfolgenden Bereiche sind in dieser TRBS beispielhaft Maßnahmen beschrieben:

4.2 Bewertung der Gefährdungen durch elektrischen Schlag oder Störlichtbogen

Eine elektrische Gefährdung liegt vor, wenn durch das Arbeitsmittel oder durch die Arbeiten aktive Teile direkt berührt oder unterschiedliche Potentiale überbrückt werden können und

Eine Gefährdung liegt auch dann vor, wenn die o. g. Werte im Normalbetrieb eingehalten werden, aber beim Auftreten eines Fehlers überschritten werden.

Ferner liegt eine elektrische Gefährdung vor, wenn bei Annäherung an direkt berührbare aktive Teile die in der Tabelle 1 angegebenen Schutzabstände DV unterschritten werden.

Nennspannung UN
(Effektivwert)

kV
Äußere Grenze
der Annäherungszone DV
(Schutzabstand in Luft)
m
bis 1 1,0
über 1 bis 110 3,0
über 110 bis 220 4,0
über 220 bis 380 5,0

Tabelle 1: Annäherungszone DV in Abhängigkeit der Nennspannung

4.3 Beispielhafte Maßnahmen bei Gefährdungen durch elektrischen Schlag oder Störlichtbogen

4.3.1 Allgemeines

Der Arbeitgeber hat dafür zu sorgen, dass

Der Arbeitgeber hat dafür zu sorgen, dass nur solche elektrischen Anlagen und Betriebsmittel benutzt werden, die für die Beanspruchung durch die Betriebs- und Umgebungsbedingungen an der Arbeitsstelle geeignet sind.

Die Maßnahmen und Verantwortlichkeiten müssen im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung festgelegt werden. Zum Beispiel:

  1. den Arbeitsbereich eindeutig festlegen, kennzeichnen und gegebenenfalls abgrenzen,
  2. freien Zugang zur Arbeitsstelle, freie Fluchtwege und ausreichende Bewegungsfreiheit gewährleisten,
  3. verantwortliche Personen für die sichere Durchführung der Arbeitsaufgabe benennen,
  4. festlegen, bei welchen Arbeiten, mit wem und wie die Durchführung der Arbeitsaufgabe abzustimmen ist und dies zu dokumentieren.

Der Arbeitgeber hat besondere Maßnahmen zum Schutz gegen elektrischen Schlag zu veranlassen, falls durch die am Arbeitsplatz vorliegenden Betriebs- und Umgebungsbedingungen eine erhöhte elektrische Gefährdung besteht.

4.3.2 Arbeiten an aktiven Teilen

4.3.2.1 Arbeiten im spannungsfreien Zustand

a) Sicherstellen des spannungsfreien Zustandes

Arbeiten an aktiven Teilen sind nach Sicherstellen des spannungsfreien Zustandes durchzuführen. Der spannungsfreie Zustand ist sicherzustellen durch

  1. Freischalten
  2. Gegen Wiedereinschalten sichern
  3. Spannungsfreiheit feststellen
  4. Erden und Kurzschließen
  5. Benachbarte, unter Spannung stehende Teile abdecken oder abschranken

Von der Reihenfolge oder der Vollständigkeit dieser fünf Sicherheitsregeln darf abgewichen werden, sofern es dafür wichtige technische Gründe gibt, wie z. B. Arbeiten an Kabelanlagen.

Bei der Durchführung der fünf Sicherheitsregeln sind folgende Grundsätze zu beachten:

Zur Durchführung der einzelnen Sicherheitsregeln sind die jeweils aufgelisteten Mindestanforderungen einzuhalten, ggf. sind weitere Maßnahmen zu treffen.

Zur 1. Sicherheitsregel "Freischalten":

Zur 2. Sicherheitsregel "Gegen Wiedereinschalten sichern":

Zur 3. Sicherheitsregel "Spannungsfreiheit feststellen"

Zur 4. Sicherheitsregel "Erden und Kurzschließen":

Beim Parallelschalten mehrerer Seile sind für jedes Seil 75 % der zulässigen Strombelastbarkeit anzunehmen.

Die Querschnitte parallel geschalteter Seile dürfen voll belastet werden, wenn sichergestellt ist, dass die Kurzschließseile nur einmal mit dein vollen Kurzschlussstrom beansprucht werden. Dies trifft im Allgemeinen für Anlagen mit Nennspannungen ab 110 kV zu.

Bei Arbeiten an Kabeln und isolierten Leitungen mit Nennspannungen über 1 kV, z. B. an Endverschlüssen und Muffen, und bei Arbeiten an elektrischen Betriebsmitteln mit Nennspannungen über 1 kV, die über Stichkabel oder isolierte Stichleitungen angeschlossen sind, z. B. Motoren, darf vom Erden und Kurzschließen an der Arbeitsstelle abgesehen werden, jedoch muss an allen Ausschaltstellen geerdet und kurzgeschlossen werden. Beim Übergang von Kabelanlagen auf Freileitungen ist bei Kabelarbeiten in der Übergangsstelle zu erden und kurz zu schließen.

Zur 5. Sicherheitsregel "Benachbarte, unter Spannung stehende Teile abdecken oder abschranken":

a) Können Anlagenteile in der Nähe der Arbeitsstelle nicht freigeschaltet werden, müssen vor Arbeitsbeginn zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen wie beim "Arbeiten in der Nähe aktiver Teile" getroffen werden (siehe Nummer 4.3.2.2).

b) Freigabe der Arbeitsstelle:

Die Freigabe der Arbeitsstelle erteilt die für die Arbeiten verantwortliche Person nach der Durchführung der fünf Sicherheitsregeln.

c) Unter Spannung setzen nach beendeter Arbeit:

Nachdem alle beteiligten Personen über das Ende der Arbeiten informiert, den Gefährdungsbereich verlassen haben, Werkzeuge und Hilfsmittel aus der Anlage entfernt worden sind und alle getroffenen Sicherheitsmaßnahmen an und außerhalb der Arbeitsstelle aufgehoben wurden, darf die Anlage wieder unter Spannung gesetzt werden.

4.3.2.2 Arbeiten in der Nähe aktiver Teile

Der Arbeitgeber hat vor der Aufnahme von Arbeiten zu ermitteln und zu beurteilen, ob die äußere Grenze der Annäherungszone nach Tabelle 1 unterschritten werden kann. Ist dies der Fall und bestehen elektrische Gefährdungen durch Arbeiten in der Nähe aktiver Teile, ist eine der folgenden Schutzmaßnahmen anzuwenden:

Schutzvorrichtungen sind so auszuwählen und anzubringen, dass sie den elektrischen und mechanischen Anforderungen genügen. Der Arbeitgeber hat dafür zu sorgen, dass vor Aufnahme der Arbeiten und nach wesentlichen Änderungen der Arbeitsbedingungen die Beschäftigten auf das Einhalten der Abstände und sonstige getroffene Sicherheitsmaßnahmen und Besonderheiten hingewiesen werden.

Falls die vorgenannten Maßnahmen nicht ergriffen werden, ist mindestens durch Einhalten eines ausreichenden Abstandes nach Nummer 4.2 Tabelle 1 dafür zu sorgen, dass eine Gefahr eines elektrischen Schlages, eines Störlichtbogens oder einer Kombination aus beiden nicht besteht.

In Abhängigkeit der Qualifikation der Beschäftigten können auch geringere Schutzabstände zur Anwendung kommen.

Abweichend von Tabelle 1 sind bei allen Arbeiten an Fahrleitungsanlagen von unter Spannung stehenden Teilen dieser Anlagen ohne Schutz gegen direktes Berühren nach allen Richtungen nachstehende Schutzabstände auch mit Geräten, Werkzeugen und Werkstücken einzuhalten:

4.3.2.3 Arbeiten unter Spannung - Grundanforderungen

Bei Arbeiten an aktiven Teilen, deren spannungsfreier Zustand nicht sichergestellt wird, hat der Arbeitgeber dafür zu sorgen, dass diese Arbeiten nur nach sicheren Verfahren durchgeführt werden. Diese Verfahren müssen die verbleibenden möglichen elektrischen Gefährdungen sowie weitergehende Maßnahmen berücksichtigen. Der Arbeitgeber hat für solche Arbeiten in schriftlichen Anweisungen

Der Arbeitgeber hat dafür zu sorgen, dass Arbeiten unter Spannung nur Personen übertragen werden, die für diese Arbeiten speziell qualifiziert sind.

Hinweis: Näheres über die Arbeitsmethode "Arbeiten unter Spannung" wird in der Technischen Regel TRBS 2131 Teil 1 beschrieben.1)

4.3.2.4 Arbeiten unter Spannung an Oberleitungsanlagen

Arbeiten an Oberleitungsanlagen von Nahverkehrsschienenbahnen bis 1000 V Wechselspannung bzw. 1500 V Gleichspannung dürfen unter Beachtung nachfolgender Regelungen unter Spannung ausgeführt werden, wenn der spannungsfreie Zustand nicht hergestellt oder sichergestellt werden kann:

4.3.3 Benutzen von elektrischen Arbeitsmitteln auf Bau- und Montagestellen

Der Arbeitgeber hat bei Arbeiten auf Bau- und Montagestellen die besonderen Umgebungsbedingungen, z. B. Feuchtigkeit, Staub, Temperatur, mechanische oder chemische Beanspruchung, zu beachten. Zum Schutz gegen elektrische Gefährdung ist zu berücksichtigen:

4.3.4 Benutzen von Elektroschweißgeräten

Bei Arbeiten mit Schweißgeräten ist insbesondere zu beachten:

Einsatzbedingungen Span-
nungsart
Höchstwerte
Leerlaufspanung
in Volt
UScheitel Ueff
Normale
Umgebungsbedingungen
DC
AC
113
113
-
80
Besondere
Umgebungsbedingungen
DC
AC
113
68
-
48
Lichtbogenbrenner,
maschinell geführt
DC
AC
141
141
-
100
Plasmaschneiden DC
AC
500
-
-
-
Unter Wasser bei
Anwesenheit einer Person
DC
AC
65
unzuläassig
-
unzuläassig

Tabelle 2: Zulässige Leerlaufspannungen bei zusammengeschalteten Schweißstromquellen in Abhängigkeit der Einsatzbedingungen


1) Zum Zeitpunkt der Bekanntmachung dieser Technischen Regel befindet sich die TRBS 2131 Teil 1 in Bearbeitung.