3 Informationsermittlung und Gefährdungsbeurteilung

3.1 Allgemeine Hinweise

(1) Zur Beurteilung der Arbeitsbedingungen nach § 6 GefStoffV hat der Arbeitgeber festzustellen, inwieweit Beschäftigte bei ihren Tätigkeiten Abgasen von Dieselmotoren ausgesetzt sind.

(2) Die Gefährdungsbeurteilung ist tätigkeitsbezogen und fachkundig durchzuführen (siehe TRGS 400 "Gefährdungsbeurteilung für Tätigkeiten mit Gefahrstoffen"). Dabei sind mindestens zu berücksichtigen:

  1. Höhe und Dauer der inhalativen Exposition,
  2. Arbeitsbedingungen und Verfahren einschließlich Arbeitsmittel, die Abgase von Dieselmotoren freisetzen,
  3. mögliche Gefährdungen Dritter,
  4. erforderliche Schutzmaßnahmen und
  5. Festlegungen zur Wirksamkeitsprüfung der getroffenen Schutzmaßnahmen.

Die Gefährdungsbeurteilung ist zu dokumentieren.

(3) Bei Einhaltung der Regelungen und Maßnahmen dieser TRGS kann davon ausgegangen werden, dass die in der GefStoffV gestellten Anforderungen hinsichtlich der Sicherstellung von Gesundheit und Sicherheit der Beschäftigten bei Tätigkeiten in Arbeitsbereichen, in denen Abgase von Dieselmotoren freigesetzt werden, grundsätzlich erfüllt sind. Allerdings ist auch bei Unterschreitung des AGW für Dieselmotoremissionen die Exposition gegenüber anderen Gefahrstoffen z. B. Kohlenmonoxid zu ermitteln. Weitergehende Maßnahmen gemäß dem Minimierungsgebot der Gefahrstoffverordnung sind anzustreben.

(4) Im Rahmen der Aktualisierung der Gefährdungsbeurteilung ist insbesondere zu berücksichtigen:

  1. Fortschreibung der Regelwerke, Grenzwerte und Messverfahren und
  2. Änderungen des Standes der Technik oder gesicherter arbeitsmedizinisch-toxikologischer Erkenntnisse sowie Erkenntnisse der Hygiene.

(5) Wird von den Regelungen dieser TRGS abgewichen, müssen zumindest gleichwertige Schutzmaßnahmen getroffen werden. Diese sind im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung zu dokumentieren und zu begründen, z. B. durch die Durchführung entsprechender Gefahrstoffmessungen.

(6) Der Arbeitgeber ist verpflichtet, die Gefährdungsbeurteilung bei Änderung der Betriebs- und Verfahrensweisen z. B. bei Änderungen von Tätigkeiten oder Arbeitsbedingungen (Mengen, Arbeitsverfahren, Schutzmaßnahmen, Lüftungsverhältnissen) sowie bei neuen Erkenntnissen zu den Stoffeigenschaften zu aktualisieren.

 

3.2 Einstufung und Kennzeichnung

(1) Tätigkeiten mit Expositionen gegenüber Abgasen von Dieselmotoren sind gemäß § 2 Absatz 3 GefStoffV und TRGS 906 "Verzeichnis krebserzeugender Tätigkeiten oder Verfahren" als krebserzeugend eingestuft, da dabei Dieselrußpartikel frei werden. Wird der Arbeitsplatzgrenzwert (AGW) für Dieselrußpartikel eingehalten, so sind im Allgemeinen keine akuten oder chronischen Auswirkungen auf die Gesundheit von Beschäftigten zu erwarten. Damit liegt im Allgemeinen bei Einhaltung des AGW für Dieselrußpartikel keine krebserzeugende Tätigkeit nach TRGS 906 vor.

(2) Für Kohlenstoffmonoxid kann eine fruchtschädigende Wirkung auch bei Konzentrationen unterhalb des AGW nicht ausgeschlossen werden (siehe Bemerkung "Z" in der TRGS 900 "Arbeitsplatzgrenzwerte"). Dies ist in der Gefährdungsbeurteilung besonders zu berücksichtigen. Auf die Bestimmungen des Mutterschutzgesetzes wird verwiesen.

(3) Stickoxide aus Abgasen von Dieselmotoren wirken atemwegsreizend.

(4) Eine Kennzeichnungspflicht für Abgase von Dieselmotoren besteht nicht.

 

3.3 Gefahrstoffverzeichnis

Bei Tätigkeiten und Verfahren in denen Abgase von Dieselmotoren freigesetzt werden sind mindestens folgende Stoffe in das Gefahrstoffverzeichnis aufzunehmen:

  1. Dieselrußpartikel,
  2. Stickstoffmonoxid,
  3. Stickstoffdioxid,
  4. Kohlenstoffmonoxid,
  5. Kohlenstoffdioxid.

 

3.4 Ermittlung und Beurteilung der Expositionshöhe

3.4.1 Allgemeine Hinweise

Die AGW aller Gefahrstoffe in Abgasen von Dieselmotoren sind einzuhalten (siehe TRGS 900). Dies ist durch Arbeitsplatzmessungen nach TRGS 402 "Ermitteln und Beurteilen der Gefährdungen bei Tätigkeiten mit Gefahrstoffen: Inhalative Exposition" oder andere geeignete Methoden zur Ermittlung der Exposition zu belegen, z. B. durch Expositionsbeschreibungen ähnlicher Arbeitsbereiche, Empfehlungen Gefährdungsermittlung der Unfallversicherungsträger (EGU), Branchenregeln, Handlungsanleitungen zur guten Praxis.

3.4.2 Expositionsermittlung

(1) Die Ermittlungen der inhalativen Exposition sind gemäß TRGS 402 durchzuführen.

(2) Sind Messungen der Konzentration der Dieselrußpartikel im Arbeitsbereich erforderlich, so sind diese mittels coulometrischer Bestimmung des elementaren Kohlenstoffes (EC) in der alveolengängigen Staubfraktion gemäß anerkanntem Messverfahren 2 nach DGUV Information 213-544 [1], entsprechend MAK Collection Methode Nr. 1 [2] oder durch gleichwertige Verfahren durchzuführen.

(3) Arbeitsbereiche, in denen Querempfindlichkeiten des Messverfahrens auf EC zu erwarten sind, sind z. B. die Herstellung und Verarbeitung von Graphit- und Kohlenstoffprodukten (Herstellung von Elektroden, Schmiermitteln, Bremsbelägen), die Rußherstellung und -verarbeitung (z. B. Farben- und Gummi-Industrie), die Carbidherstellung und die Herstellung und Verarbeitung von Cellulose bzw. Papier und Pappen sowie Gießereien. Ist in diesen Arbeitsbereichen das Messverfahren für Dieselrußpartikel nicht anwendbar, und kann nicht sicher nachgewiesen werden, dass der Grenzwert für Dieselmotoremissionen eingehalten wird, dann sind die in Nummer 4 empfohlenen technischen Maßnahmen zur Reduzierung von Dieselrußpartikeln durchzuführen.

(4) NO, NO2, CO und CO2 sind durch geeignete Messverfahren zu bestimmen, dazu kommen insbesondere direktanzeigende Messgeräte zum Einsatz. Es sind sowohl der Schichtmittelwert als auch der Kurzzeitwert unter Berücksichtigung von Absatz 5 zu beurteilen.

(5) In den Bewertungsindex gemäß TRGS 402 werden die Dieselrußpartikel sowie NO und NO2 aus den Abgasen von Dieselmotoren nicht eingerechnet. An diesen Arbeitsplätzen müssen die Konzentrationen von NO, NO2 und Dieselrußpartikeln ermittelt und die betreffenden AGW einzeln eingehalten werden. CO, CO2 und gegebenenfalls darüber hinaus vorkommende luftgetragene Gefahrstoffe mit AGW unterliegen wie üblich der Betrachtung gemäß TRGS 402 und der entsprechenden Bewertungsindexbildung. Auch Stickoxide, die aus anderen Quellen, als den Abgasen von Dieselmotoren herrühren, sind in die Indexbildung gemäß TRGS 402 einzubeziehen.

 

3.5 Expositionssituation gegenüber Abgasen von Dieselmotoren in Arbeitsbereichen

3.5.1 Allgemeine Hinweise

(1) Für Arbeitsbereiche, in denen Abgase von Dieselmotoren auftreten, ist im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung die Höhe und Dauer der Expositionen festzustellen. Relevante Randbedingungen bei der Exposition gegenüber Abgasen von Dieselmotoren können u. a. sein:

  1. Anzahl und Abgasstufe der Dieselmotoren,
  2. ggf. nachgerüstete Abgasnachbehandlung,
  3. Einsatzbedingungen
    1. Motorauslastung,
    2. Expositionsdauer,
    3. Lüftungsbedingungen (z. B. Art der lufttechnischen Maßnahmen, Luftführung, Lüftungsintensität),
    4. räumliche Bedingungen (z. B. Grundfläche, Raumhöhe, räumliche Gliederung, Raumausfüllung).

(2) Können im Arbeitsbereich auch andere Emissionen auftreten, z. B. Abgase aus Ottomotoren, Quarzstaub oder Lösemittel, sind diese bei der Gefährdungsbeurteilung zu berücksichtigen.

3.5.2 Handlungsempfehlungen für spezielle Arbeitsbereiche und Tätigkeiten

(1) Anhang 1 dieser TRGS enthält Handlungsempfehlungen für spezielle Arbeitsbereiche und Tätigkeiten, die im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung nutzbar sind.

(2) Die Anwendung von Handlungsempfehlungen ist in der Gefährdungsbeurteilung zu dokumentieren. Die Anwendbarkeit ist regelmäßig oder aus gegebenem Anlass zu prüfen.

(3) Für alle Arbeitsbereiche/Tätigkeiten, die in Anhang 1 nicht aufgeführt sind, sind die Expositionen im Einzelfall zu ermitteln.

 

3.6 Expositionsverzeichnis bei Gefährdung durch krebserzeugende Dieselrußpartikel

(1) Bei Überschreitung des AGW für Dieselrußpartikel ist ein Verzeichnis der exponierten Beschäftigten gemäß § 14 Absatz 3 GefStoffV in Verbindung mit Nummer 3 der TRGS 410 "Expositionsverzeichnis bei Gefährdung gegenüber krebserzeugenden oder keimzellmutagenen Gefahrstoffen der Kategorien 1A oder 1B" zu führen. [3]2

(2) Dies ist auch der Fall, wenn keine ausreichende Information über die Höhe einer möglichen Exposition vorliegt.

 


2 Hinweise finden sich z. B. auch unter https://zed.dguv.de.