3 Maßnahmen zur Verhütung von Gefahren für Leben und Gesundheit bei der Arbeit
3.1 Betriebsanweisung
Der Unternehmer oder die Unternehmerin hat für jeden Flüssigkeitsstrahler eine Betriebsanweisung entsprechend der Gefährdungsbeurteilung in verständlicher Form und Sprache aufzustellen.
Eine Betriebsanweisung von der Unternehmerin bzw. vom Unternehmer an die Beschäftigten gerichtet. Sie regelt das Verhalten beim Umgang mit Flüssigkeitsstrahlern zur Vermeidung von Unfall- und Gesundheitsgefahren und dient als Grundlage für Unterweisungen. Die Betriebsanweisung enthält auch die hierfür erforderlichen Angaben der Benutzerinformation des Herstellers, Einführers oder Lieferers technischer Erzeugnisse.
Zur Erstellung der Betriebsanweisungen können die vom Hersteller mitgelieferten Betriebsanleitungen verwendet werden. Insbesondere sind hier die schädlichen Einwirkungen von Arbeitsstoffen auf die Werkstoffe des Flüssigkeitsstrahlers zu beachten.
Weitere Informationen zu Betriebsanweisungen für den Umgang mit Gefahrstoffen siehe auch Technische Regel für Gefahrstoffe "Betriebsanweisung und Information der Beschäftigten" (
TRGS 555) für Tätigkeiten mit Gefahrstoffen gemäß
§14 GefStoffV.
Die Betriebsanweisungen enthalten insbesondere Angaben über
- Handhabung, Wartung, Inbetriebnahme, Stillsetzung, Verhalten bei Störungen, Schutzmaßnahmen,
- Arbeitsstoffe, mit denen der Flüssigkeitsstrahler betrieben wird, z. B. brennbare Flüssigkeiten,
- Gefahren, die sich aus dem Betrieb von roboterunterstützten Wasserstrahlschneidanlagen und -tischanlagen ergeben können,
- Gefahren, die sich beim TEACH-IN-Betrieb des Roboters (Programmierung durch manuelle Führung des Werkzeuges am Roboterarm) ergeben können,
- Gefahren, die sich aus dem Betrieb der Geräte und der verwendeten Flüssigkeiten einschließlich der Beimengungen ergeben, z. B. in feuergefährdeten Räumen und Bereichen oder durch das Einschießen/Durchschießen von Flüssigkeit unter Druck unter die Haut
und
- die erforderlichen persönlichen Schutzausrüstungen, hygienische Maßnahmen und Maßnahmen zur Ersten Hilfe und Rettung sowie die sachgerechte Entsorgung von umweltgefährdenden Stoffen.
Bei Betrieb von Geräten mit öl- oder gasbefeuerten Erhitzern ist in die Betriebsanweisung z. B. eine Regelung über ein gefahrloses Abführen der Verbrennungsgase aufzunehmen.
Hinsichtlich der Auswahl und Anforderungen an persönliche Schutzausrüstungen siehe DGUV Regeln zur Benutzung von persönlichen Schutzausrüstungen (DGUV Regeln
112-189 bis
112-195).
Persönliche Schutzausrüstungen sind z. B. Schutzanzüge, Kopfschutz, griffsichere Schutzhandschuhe und gleitsichere Stiefel, Mittelfußschutz, Atemschutzgeräte, Gehörschutz, Augen- oder Gesichtsschutz.
Bei Verwendung von handgehaltenen Spritzeinrichtungen in Behältern oder engen Räumen siehe DGUV Regel
113-004 "Behälter, Silos und enge Räume – Teil 1: Arbeiten in Behältern, Silos und engen Räumen" (bisher BGR/GUV-R 117-1) und Technische Regel für Gefahrstoffe "Oberflächenbehandlung in Räumen und Behältern"(
TRGS 507).
Beispielhafte Auflistung einiger Anwendungsbeispiele persönlicher Schutzausrüstungen:
Beim Einsatz von Reinigungsgeräten bis 250 bar ist in der Regel ein Schutz gegenFeuchtigkeit ausreichend, z. B. wasserdichte Spritzschutzhosen und -jacken sowie Gummistiefel und Handschuhe. Bei höheren Drücken sind besondere Körperschutzmaßnahmen entsprechend der Gefährdungsbeurteilung erforderlich.
Der Gesichtsschutz kann gegebenenfalls durch durchsichtige Schutzschilde am Schutzhelm sichergestellt werden.
Bei der Verwendung von Gefahrstoffen, z. B. ätzende, reizende Stoffe und Zubereitungen, kann der Schutz durch gegen diese Stoffe beständige Schutzkleidung erreicht werden.
Ist bei der Verwendung von Strahlmitteln, durch das Bearbeiten der Flächen mit Gefahrstoffen oder durch den Einsatz von Reinigungsmitteln mit Gefahrstoffen in der Umgebungsluft zu rechnen, ist folgender Atemschutz zu tragen:
- Gegen silikogene Stäube Partikelfilter der Klasse P2, z. B. bei der zusätzlichen Verwendung von quarzhaltigen Strahlmitteln oder beim Flüssigkeitsstrahlen von quarzhaltigen Gegenständen, siehe auch Technische Regel für Gefahrstoffe "Mineralischer Staub" (TRGS 559),
- gegen andere Gefahrstoffe Filter der entsprechenden Schutzklasse.
Bei Strahlarbeiten können im Einzelfall von der Umgebungsatmosphäre unabhängig
wirkende Atemschutzgeräte erforderlich sein; siehe auch DGUV Regel
112-190 "Benutzung von Atemschutzgeräten" (bisher BGR/GUV-R 190).
Beim Einsatz von Flüssigkeitsstrahlern zu Reinigungsarbeiten, zur Oberflächenbehandlung und beim Wasserstrahlschneiden ist in der Regel von einer Lärmgefährdung auszugehen, insbesondere beim Abtragen von Beton. Werden Arbeiten in Lärmbereichen ausgeführt, ist geeigneter Gehörschutz auszuwählen, siehe Lärm- und Vibrations-Arbeitsschutzverordnung (
LärmVibrationsArbSchV).
Beim Einsatz von handgehaltenen Spritzeinrichtungen mit Drücken über 250 bar besteht eine erhöhte Gefahr von Fußverletzungen durch den Flüssigkeitsstrahl. Aus diesem Grunde sind spezielle Stiefel mit zusätzlichem Mittelfußschutz bei Drücken über 250 bar erforderlich; siehe auch DGUV Regel
112-191 "Benutzung von Fuß- und Knieschutz" (bisher BGR/GUV-R 191).
Hinsichtlich arbeitsmedizinischer Vorsorge bei Gefährdungen durch Lärm, Schadstoffen und Benutzung von Atemschutzgeräten siehe Arbeitsmedizinische VorsorgeVerordnung (
ArbMedVV).
Hinsichtlich der Verwendung von silikogenem Strahlmittel siehe
Kapitel 2.24 "Arbeiten mit Strahlgeräten (Strahlarbeiten)" der DGUV Regel 100-500 und 100-501 "Betreiben
von Arbeitsmitteln" (bisher BGR 500 und GUV-R 500),
Hinsichtlich der Reinigung von asbesthaltigen Materialien siehe Technische Regeln für Gefahrstoffe "Asbest; Abbruch-, Sanierungs- oder Instandhaltungsarbeiten"
(TRGS 519).
3.2 Beschäftigungsbeschränkung
3.2.1 Der Unternehmer oder die Unternehmerin darf mit Arbeiten mit Flüssigkeitsstrahlern nur Versicherte beschäftigen, die das 18. Lebensjahr vollendet haben und mit den Einrichtungen und Verfahren vertraut sind.
3.2.2 Abschnitt 3.2.1 gilt nicht für die Beschäftigung Jugendlicher über 16 Jahre, soweit
- dies zur Erreichung ihres Ausbildungszieles erforderlich ist
und
- ihr Schutz durch einen Aufsichtführenden gewährleistet ist.
Aufsichtführende/r ist, wer die Durchführung von Arbeiten zu überwachen und für deren arbeitssichere Ausführung zu sorgen hat. Er muss hierfür ausreichende Kenntnisse und Erfahrungen besitzen sowie weisungsbefugt sein.
Siehe auch
Jugendarbeitsschutzgesetz.
3.3 Unterweisung
3.3.1 Der Unternehmer r bzw. die Unternehmerin hat die Versicherten vor der erstmaligen Aufnahme ihrer Tätigkeit und danach in angemessenen Zeitabständen, mindestens jedoch einmal jährlich, über
- die Gefahren beim Umgang mit Flüssigkeitsstrahlern,
- die Sicherheitsbestimmungen,
- das Verhalten bei Unfällen und Störungen sowie die dabei zu treffenden Maßnahmen
und
- anhand des Inhalts der Betriebsanweisung nach Abschnitt 3.1 zu unterweisen.
Umgang im Sinne dieses Kapitels ist der Transport, die Aufstellung, Inbetriebnahme, das Betreiben, die Außerbetriebnahme, das Instandhalten und Rüsten.
Gefahren beim Umgang mit Flüssigkeitsstrahlern ergeben sich z. B.
- durch Rückstoß,
- durch Schneidwirkung des Flüssigkeitsstrahls,
- durch das Einschießen von Flüssigkeit unter die Haut,
- durch motorisch getriebene Schlauchhaspeln, bei denen der Schlauch beim Aufhaspeln von Hand geführt wird,
- durch Schlauchlängen- und Schlauchlageänderung beim Einschalten der Pumpe,
- bei Arbeiten im Bereich elektrischer Anlagen und Betriebsmittel,
- durch unkontrolliertes Austreten von Druckflüssigkeit,
- durch Defekte an druckführenden Teilen, z. B. beschädigte Schlauchleitungen, Verwendung von ungeeigneten Schläuchen,
- durch der Flüssigkeit beigemengte Gefahrstoffe, z. B. Reinigungsmittel,
- durch beim Flüssigkeitsstrahlen freigesetzte Gefahrstoffe des behandelten Gegenstandes, z. B. durch asbesthaltige, silikogene oder bleihaltige Stäube,
- durch das Ausbringen von leicht entzündlichen, brennbaren oder entzündlichen Flüssigkeiten;
siehe DGUV Regel 113-001 "Explosionsschutz-Regeln (EX-RL)" (bisher BGR/GUV-R 104),
- durch Verbrennungen/Verbrühungen bei Flüssigkeitsstrahlern mit Erhitzern, Dampfreinigern oder bei Flüssigkeitsstrahlern, denen erhitztes Wasser zugeführt wird,
- durch Berühren von heißen Teilen oder der erhitzten Flüssigkeit,
- durch den Antriebsmotor, die Pumpe, den austretenden Flüssigkeitsstrahl an der Düse als Lärmgefährdung,
- durch das Auftreffen des Flüssigkeitsstrahls auf den zu behandelnden Gegenstand, z. B. durch den Rückprall, durch gelöste, umherfliegende Teile des zu bearbeitenden Gegenstandes,
- durch Umkippen, Wegrollen und Herabfallen der Maschine, z. B. beim Transport,
- durch Abgasemissionen von Verbrennungsmotoren,
- beim Umrüsten durch das Zusammenfügen von Bauteilen, die für den zulässigen Betriebsüberdruck nicht ausgelegt sind
oder
- durch Auswahl geeigneter Wasserstrahlwerkzeuge wie symmetrisch/asymmetrischer Rotationsdüsen.
3.3.2 Inhalt und Zeitpunkt der Unterweisung sind vom Unternehmer bzw. von der Unternehmerin schriftlich festzuhalten und von den Unterwiesenen durch Unterschrift zu bestätigen.
3.4 Maßnahmen im Gefahrfall
Soweit es beim Umgang mit Flüssigkeitsstrahlern die Betriebsverhältnisse erfordern, hat der Unternehmer durch organisatorische oder technische Maßnahmen sicherzustellen, dass im Gefahrfall jederzeit zum Schutze der Versicherten, die an Spritzeinrichtungen oder im Einwirkungs- oder gefahrbereich von Spritzeinrichtungen beschäftigt sind, eingegriffen werden kann.
Besondere Betriebsverhältnisse sind z. B. gegeben, wenn
- Beschäftigte in den Gefahrbereich von mechanisch geführten Spritzeinrichtungen gelangen können,
- bei handgeführten Spritzeinrichtungen in engen Räumen die Gefahr von Verletzungen besteht
oder
- bei der Rohr- und Wärmetauscherreinigung mit Schlauchleitungen oder Lanzen die Gefahr von Verletzungen besteht.
Organisatorische Schutzmaßnahmen sind z. B. der DGUV Regel
113-004 "Behälter, Silos und enge Räume – Teil 1: Arbeiten in Behältern, Silos und engen Räumen" und
der DGUV Regel
103-003 und 103-004 "Sicherheitsregeln für Arbeiten in umschlossenen Räumen von abwassertechnischen Anlagen" zu entnehmen.
Bei der Wärmetauscherreinigung kann eine organisatorische Maßnahme darin bestehen, dass die vordere Person, die die Lanze oder Schlauchleitung einführt, die Schalteinrichtung betätigt.
In Teilbereichen können organisatorische Maßnahmen darin bestehen, dass an Einzelarbeitsplätzen Personen-Notsignalanlagen eingesetzt werden.
Siehe auch DGUV Regel
(112-139) "Einsatz von Personen-Notsignal-Anlagen"
(bisher BGR/GUV-R 139).
Bei Verwendung von Sprechfunk ist darauf zu achten, dass die Funkverbindung jederzeit gegeben ist.
Hinsichtlich technischer Maßnahmen wird dies z. B. erreicht, wenn neben der Betätigungseinrichtung an der Spritzeinrichtung eine zusätzliche Befehlseinrichtung mit selbsttätig rückstellendem Stellteil vorhanden ist, z. B. bei von Hand gehaltenen Spritzeinrichtungen mit Zweihandschaltung; siehe auch DIN EN 574:2008-12 "Sicherheit von Maschinen – Zweihandschaltung – Funktionelle Aspekte – Gestaltungsleitsätze".
Hinsichtlich zweihandbetätigter Stellteile siehe DIN EN 1829-1:2010-05 "Hochdruckwasserstrahlmaschinen – Sicherheitstechnische Anforderungen – Teil 1: Maschinen" und DIN EN 1829-2:2012-02 "Hochdruckwasserstrahlmaschinen – Sicherheitstechnische Anforderungen – Teil 2: Schläuche, Schlauchleitungen und Verbindungselemente".
3.5 Hautschutz
3.5.1 Der Unternehmer oder die Unternehmerin hat bei Arbeiten mit Flüssigkeitsstrahlern geeignete Hautschutzmittel, Hautreinigungs- und Hautpflegemittel zur Verfügung zu stellen.
Siehe auch DGUV Information 209-022 "Hautschutz in Metallbetrieben" (bisher BGI 658).
Weitere persönliche Schutzausrüstungen sind auf Grund der DGUV Vorschrift 1 "Grundsätze der Prävention" zur Verfügung zu stellen. Siehe auch
Abschnitt 3.1 dieses Kapitels.
3.5.2 Die Versicherten haben die zur Verfügung gestellten Hautschutzmittel, Hautreinigungsmittel und Hautpflegemittel zu benutzen.
3.5.3 Lösemittel oder andere gesundheitsgefährliche Stoffe dürfen nicht zur Hautreinigung benutzt werden.
3.6 Mechanisch geführte Spritzeinrichtungen
3.6.1 Der Unternehmer oder die Unternehmerin hat dafür zu sorgen, dass, soweit es betriebstechnisch möglich ist, mechanisch geführte Spritzeinrichtungen verwendet werden.
Betriebstechnisch ist der Einsatz von mechanisch geführten Spritzeinrichtungen nicht möglich, wenn z. B. das Arbeitsverfahren und die Oberfläche des zu bearbeitenden Gegenstandes eine mechanisch geführte Spritzeinrichtung nicht zulassen.
Eine Spritzeinrichtung ist dann mechanisch geführt, wenn die Rückstoßkraft nicht mehr von der Person, die die Spritzeinrichtung führt, aufgenommen werden muss.
Mechanisch geführte Spritzeinrichtungen sind z. B.
- Wasserstrahlschneidanlagen mit Schneidtischen, schienengeführte Wasserstrahlschneidanlagen, roboterunterstützte Wasserstrahlschneidanlagen,
- Behälterreinigungsanlagen,
- Schiffswandreinigungsanlagen,
- Anlagen zum Betonabtrag,
- Anlagen zur Wärmetauscherreinigung,
- Kanalreinigungsanlagen.
Hinsichtlich der roboterunterstützten Wasserstrahlschneidanlagen siehe auch die
Normenreihe DIN EN ISO 10218 "Industrieroboter – Sicherheitsanforderungen".
Die Verwendung mechanisch geführter Spritzeinrichtungen ist z. B. bei Spezialreinigungsarbeiten in Behältern, an Schiffswänden, bei Wärmetauschern oder bei der Betonsanierung zweckmäßig.
3.6.2 Der Unternehmer oder die Unternehmerin hat sicherzustellen, dass bei mechanisch geführten Spritzeinrichtungen die Not-Aus-Einrichtung jederzeit gut erreichbar ist.
Dies wird z. B. erreicht, wenn die Not-Befehlseinrichtung nicht durch Gegenstände verdeckt oder der Zugang verstellt ist.
3.7 Von Hand gehaltene Spritzeinrichtungen
3.7.1 Von Hand gehaltene Spritzeinrichtungen dürfen nur dann verwendet werden, wenn sichergestellt ist, dass die Spritzeinrichtung nur von einem sicheren Standplatz aus betätigt werden kann.
Für die Durchführung von Reinigungsarbeiten und sonstigen Arbeiten mit Flüssigkeitsstrahlern bieten Leitern sowie Behelfsgerüste keinen sicheren Stand.
Siehe auch
§ 7 der DGUV Vorschriften 38 und 39 "Bauarbeiten" und
Anhang 1 Kapitel 3 BetrSichV und Technische Regeln für Betriebssicherheit "Gefährdung von Personen
durch Absturz" (
TRBS 2121).
3.7.2 Der Unternehmer oder die Unternehmerin hat dafür zu sorgen, dass mehrere Spritzeinrichtungen nur dann mit einem Druckerzeuger gleichzeitig betrieben werden, wenn beim Öffnen oder Schließen einzelner Spritzeinrichtungen bei den übrigen keine gefährlichen Rückstoßveränderungen auftreten können.
Als gefährlich gelten schlagartig auftretende Rückstoßveränderungen an Spritzeinrichtungen von mehr als 15 %.
3.7.3 Einstellungen am Druckerzeuger und Erhitzer und ihre Veränderung dürfen nur nach vorheriger Verständigung mit der Person, die die Spritzeinrichtung betätigt, erfolgen.
3.7.4 Der Unternehmer hat dafür zu sorgen, dass die Größe der Düsen in den Spritzeinrichtungen und der Betriebsüberdruck so aufeinander abgestimmt werden, dass der auftretende Rückstoß von der Person, die die Spritzeinrichtung betätigt, sicher beherrscht werden kann.
Eine sichere Beherrschung ist z. B. gewährleistet, wenn der Standplatz und das Körpergewicht der Person, die die Spritzeinrichtung betätigt, berücksichtigt ist.
3.7.5 Der Unternehmer oder die Unternehmerin hat dafür zu sorgen, dass die aufzunehmenden Rückstoßkräfte 250 N in der Längsachse der Spritzeinrichtung nicht überschreiten. Übersteigt die Rückstoßkraft 150 N in der Längsachse, dürfen nur Spritzeinrichtungen verwendet werden, bei denen durch besondere Maßnahmen an der Spritzeinrichtung sichergestellt ist, dass die Rückstoßkräfte ganz oder teilweise auf den Körper übertragen werden.
Dies wird z. B. erreicht, wenn bei einer Rückstoßkraft von mehr als 150 N die Spritzeinrichtung
- mit einer Körperstütze ausgerüstet ist und die maximale Rückstoßkraft nicht schlagartig wirkt,
oder
- mit einer Zweihandschaltung nach DIN EN 574:2008-12 "Sicherheit von Maschinen – Zweihandschaltung – Funktionelle Aspekte – Gestaltungsleitsätze" ausgerüstet ist, so dass sie nur bei gleichzeitiger Betätigung beider Betätigungseinrichtungen betrieben werden kann.
Dies wird z. B. auch erreicht, wenn
- bei der Verwendung eines Fußschalters bei einer Rückstoßkraft von mehr als 150 N sichergestellt ist, dass Personen durch die erhöhte Rückstoßkraft nicht gefährdet werden,
oder
- die Spritzeinrichtung (Lanze) in einer Halterung geführt ist, die die Rückstoßkräfte ganz oder teilweise aufnimmt.
Es ist darauf zu achten, dass Düsen für von Hand gehaltene Spritzeinrichtungen gemäß Herstellerangaben so ausgewählt werden, dass die zulässigen Rückstoßkräfte nicht überschritten werden.
3.7.6 Beim Umgang mit Spritzeinrichtungen dürfen die Hände oder andere Körperteile nicht vor die unter Druck stehende Düse oder in den Flüssigkeitsstrahl gebracht werden.
Bei der Berührung des Flüssigkeitsstrahles können besondere Gesundheitsgefahren auftreten. Neben Hautabrasionen, Durchschüssen kann es zur Teilamputation von Gliedmaßen kommen.
Beim Umgang mit Oberflächenbeschichtungsgeräten, z. B. Airless-Farbspritzgeräten, besteht die Gefahr, dass nach Farbeinschüssen schwere Gewebeschäden durch Kompression durch die eingedrungene Menge zur Nekrose, später auch zur Infektion führen. Daher ist eine sofortige ärztliche Behandlung bei derartigen Verletzungen unter Angabe der verarbeiteten Stoffe erforderlich.
Zur Vervollständigung erforderlicher Angaben zur medizinischen Versorgung dieser Verletzungsarten können Notfallausweise ausgestellt werden, aus denen hervorgeht, dass es sich um einen Unfall mit einem Flüssigkeitsstrahl handelt. Unter anderem ist auf dem Ausweis zu vermerken, um welches unter Druck gesetztes Material es sich handelt und ob Beimengungen, z. B. Additive, Abrasivmittel, Chemikalien, wiederaufbereitetes Wasser, eingesetzt wurden.
3.7.7 Der Unternehmer oder die Unternehmerin hat dafür zu sorgen, dass bei der Verwendung von Schläuchen und Lanzen zur Rohrreinigung am Schlauch oder an der Lanze eine sichtbare Markierung angebracht wird, die den Austritt der Düse rechtzeitig erkennen lässt.
3.7.8 Der Unternehmer oder die Unternehmerin hat dafür zu sorgen, dass bei der Verwendung von Schläuchen zur Rohrreinigung sichergestellt ist, dass ein unbeabsichtigter Austritt der Düse aus dem Rohr verhindert wird.
Bei der Innenreinigung von Rohren und Wärmetauschern mit Schlauchleitungen und Lanzen kann ein unbeabsichtigtes Austreten der Düse z. B. verhindert werden, durch Verringerung des Rohrquerschnittes am Rohreinlass oder durch eine mechanische Fangvorrichtung, die die auftretenden Kräfte der zurücklaufenden Düse aufnimmt und sichergestellt ist, dass keine Gefährdung durch den Wasserstrahl auftritt.
Durch die Verwendung eines Rohrstückes als Düsenverlängerung, dessen Länge mindestens dem Rohrdurchmesser entspricht, wird ein Umkehren der Schlauchleitung verhindert.
3.7.9 Spritzeinrichtungen dürfen mit keinem höheren als in der Betriebsanleitung des Herstellers angegebenen zulässigen Betriebsüberdruck betrieben werden. Fehlt die Druckangabe, dürfen sie nur mit einem Betriebsüberdruck von nicht mehr als 25 bar betrieben werden.
Ist der zulässige Betriebsdruck regelbar, müssen alle eingesetzten Bauteile für den
höchsten einstellbaren zulässigen Betriebsüberdruck ausgelegt sein.
3.7.10 Der Unternehmer oder die Unternehmerin hat dafür zu sorgen, dass ein Spritzschutz verwendet wird, wenn mit dem Rückprall von gelösten Oberflächenteilen zu rechnen ist.
Als Spritzschutz gegen rückprallende gelöste Oberflächenteile können z. B. bei handgehaltenen Spritzeinrichtungen, Prallschutzwände, Prallschutzscheiben hinter der Düse, Kapselung der Düse eingesetzt werden.
3.7.11 Bei Arbeitsunterbrechung und Arbeitsende muss die Betätigungseinrichtung der Spritzeinrichtung gegen unbeabsichtigtes Betätigen gesichert werden. Dies gilt nicht, wenn beim Loslassen der Betätigungseinrichtung der Druckerzeuger abgeschaltet wird und danach an der Spritzeinrichtung kein Überdruck mehr ansteht.
Kein Überdruck steht an der Spritzeinrichtung an, wenn der Druckerzeuger nach Loslassen der Betätigungseinrichtung abgeschaltet wird.
3.7.12 Die Betätigungseinrichtung der Spritzeinrichtung darf in der Einschaltstellung nicht
festgesetzt werden.
3.7.13 Der Flüssigkeitsstrahl darf nicht auf elektrische Anlagen oder Betriebsmittel gerichtet werden. Dies gilt nicht, wenn eine Gefährdung durch elektrischen Strom ausgeschlossen ist.
Eine Gefährdung durch elektrischen Strom kann z. B. ausgeschlossen werden, wenn die elektrische Anlage oder die Betriebsmittel freigeschaltet oder in entsprechender Schutzart ausgeführt sind und durch den Flüssigkeitsstrahl nicht beschädigt werden können.
3.8 Flüssigkeitsstrahler mit öl- oder gasbefeuerten Erhitzern
Der Unternehmer oder die Unternehmerin hat dafür zu sorgen, dass Flüssigkeitsstrahler mit öl- oder gasbefeuerten Erhitzern in Räumen nur betrieben werden, wenn für ausreichende Zuluft gesorgt ist und die Verbrennungsgase so abgeleitet werden, dass eine Gefährdung von Versicherten vermieden wird.
Siehe auch DGUV Vorschrift 79 und 80 "Verwendung von Flüssiggas", Technische Regeln Flüssiggas und Technische Regeln Gasinstallation.
3.9 Schlauchleitungen
3.9.1 Schlauchleitungen sind so zu führen, dass sie nicht beschädigt, eingeklemmt oder überfahren werden können. Übermäßige Zug- oder Biegebeanspruchungen sind zu vermeiden.
Eine Vermeidung von übermäßigen Zug- oder Biegebeanspruchungen wird bei durchhängenden Schlauchleitungen dadurch erreicht, wenn diese in angemessenen Abständen an festen Teilen angebunden sind.
3.9.2 Die Versicherten haben bei beschädigten oder undichten Schlauchleitungen den Betrieb einzustellen und den Aufsichtführenden oder die Aufsichtsführende zu informieren.
Dies ist z. B. der Fall, wenn die Außenschicht des Schlauches bis zur äußeren Drahtlage beschädigt ist.
3.9.3 Der Unternehmer oder die Unternehmerin hat dafür zu sorgen, dass Schlauchanschlüsse und Schlauchverbindungen so gesichert werden, dass ein Umherschlagen der Schlauchenden beim unbeabsichtigten Lösen verhindert ist.
Sicherungen gegen umherschlagende Schlauchenden können z. B. durch Schlauchstrümpfe, Schlauchendsicherungen mit Schellen und Verbindungen, Festlegen, Umhüllen erfolgen oder durch die Verwendung von ausreißsicheren Schraubkupplungen, die nur mittels Werkzeug gelöst werden können.
3.10 Druckentspannung bei Oberflächenbeschichtungsmaschinen
Spritzeinrichtungen sowie druckseitige Rohr- und Schlauchleitungen sind bei Arbeitsunterbrechungen und -ende an Oberflächenbeschichtungsmaschinen drucklos zu machen.
3.11 Inbetriebnahme, Instandhalten, Rüsten
3.11.1 Der Unternehmer oder die Unternehmerin hat dafür zu sorgen, dass vor jeder Inbetriebnahme des Flüssigkeitsstrahlers dessen wesentliche Teile durch eine von ihm beauftragte Person auf ordnungsgemäßen Zustand geprüft werden. Die Betriebsanleitung des Herstellers oder Lieferers ist hierbei zu beachten. Mängel sind vor der Inbetriebnahme zu beseitigen.
Wesentliche Teile des Flüssigkeitsstrahlers sind z. B. Sicherheitseinrichtungen, Schlauchleitungen und Spritzeinrichtungen und Schaltgerätekombinationen.
Schaltgerätekombination im Sinne dieses Kapitels ist die Kombination eines oder mehrerer Schaltgeräte mit den zugehörigen Steuer-, Mess-, Schutz- und Regeleinrichtungen, vollständig zusammengebaut einschließlich aller inneren elektrischen und mechanischen Verbindungen, Aufbauteile und Gehäuse.
3.11.2 Der Unternehmer oder die Unternehmerin hat dafür zu sorgen, dass Flüssigkeitsstrahler nur unter Einhaltung der allgemein anerkannten Regeln der Technik und unter Beachtung der Betriebsanleitung des Herstellers instandgehalten werden. Instandhaltungs-, Um- oder Nachrüstarbeiten, die spezielle Fachkenntnisse erfordern, dürfen nur beauftragten Personen übertragen werden.
Instandhaltung ist die Gesamtheit der Maßnahmen zur Bewahrung und Wiederherstellung des Sollzustandes sowie zur Feststellung und Beurteilung des Istzustandes. Die Instandhaltung umfasst Instandsetzung, Inspektion, Wartung und Pflege von Flüssigkeitsstrahlern.
Fachgerechtes Instandsetzen bedeutet, dass die ursprüngliche Sicherheit wieder erreicht wird. Dazu gehört, dass
- Ersatzteile in Qualität und Funktion den Originalteilen gleichwertig sind
und
- Instandsetzungsarbeiten von Personen mit entsprechender fachlicher Qualifikation durchgeführt werden, z. B. eingewiesene oder angelernte Personen.
Beauftragte Person ist, wer vom Unternehmer oder von der Unternehmerin mit Instandhaltungs-, Um- und Nachrüstungsarbeiten beauftragt wurde, mit diesen Tätigkeiten vertraut ist und von dem zu erwarten ist, dass er die ihm übertragenen Aufgaben zuverlässig durchführt. Als beauftragte Personen sind auch Unternehmen mit speziellen Fachkenntnissen, z. B. Herstellerfirmen von Flüssigkeitsstrahlern, geeignet. Geeignet sind auch besonders ausgebildete Versicherte des eigenen Unternehmens, die diese speziellen Fachkenntnisse besitzen. Spezielle Fachkenntnisse können z. B. beim Hersteller von Flüssigkeitsstrahlern erworben werden (siehe auch Technische Regel für Betriebssicherheit "Befähigte Personen" (
TRBS 1203)).
Es ist darauf zu achten, dass Düsen für von Hand gehaltene Spritzeinrichtungen gemäß den Herstellerangaben so ausgewählt werden, dass die zulässigen Rückstoßkräfte nicht überschritten werden.
3.11.3 Der Unternehmer oder die Unternehmerin hat dafür zu sorgen, dass nach dem Austausch von Wechselsätzen alle Teile des Flüssigkeitsstrahlers, einschließlich der Sicherheits- und Messeinrichtungen, dem zulässigen Betriebsüberdruck des jeweiligen Wechselsatzes entsprechen und der neue Betriebszustand des Flüssigkeitsstrahlers durch eine Kennzeichnung dauerhaft und deutlich erkennbar ist.
Beim Austausch eines Wechselsatzes werden die feststehenden Einbauten im Zylinder des Druckerzeugers gegen einen Satz mit anderem Hubvolumen ausgetauscht. Bei Oberflächenbeschichtungsgeräten wird in der Regel der gesamte Druckerzeuger ausgetauscht.
Die Kennzeichnung des jeweiligen Betriebszustandes kann z. B. durch die Anbringung eines gut sichtbaren, unverlierbaren Wechselschildes geschehen.
3.11.4 Der Unternehmer oder die Unternehmerin hat dafür zu sorgen, dass Schläuche für zulässige Betriebsüberdrücke von mehr als 10 bar nur durch den Hersteller oder Lieferer oder, falls die zum sachgemäßen Einbinden, Prüfen und Kennzeichnen erforderlichen Einrichtungen vorhanden sind, von einem vom Unternehmer bestimmten Sachkundigen eingebunden werden. Der Unternehmer hat dafür zu sorgen, dass die Montageanleitungen der Schlauch- und Armaturenhersteller oder Lieferer beachtet werden.
Sachkundige(r) ist, wer auf Grund seiner fachlichen Ausbildung und Erfahrung ausreichende Kenntnisse auf dem Gebiet der Schläuche und Schlauchleitungen hat und mit den einschlägigen staatlichen Arbeitsschutzvorschriften, Unfallverhütungsvorschriften und allgemein anerkannten Regeln der Technik (z.B. DGUV Regeln, DIN-Normen,
VDE-Bestimmungen, technische Regeln anderer Mitgliedstaaten der Europäischen Union, der Türkei oder anderer Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum) soweit vertraut ist, dass sie/er den arbeitssicheren Zustand der Schläuche und Schlauchleitungen beurteilen kann (siehe auch Technische Regel
für Betriebssicherheit "Befähigte Personen" (
TRBS 1203)).
3.11.5 Der Unternehmer oder die Unternehmerin hat dafür zu sorgen, dass nach dem Einbinden durch einen von ihm bestimmten Sachkundigen die Schlauchleitung einer Flüssigkeitsdruckprüfung mit dem vom Schlauchhersteller vorgeschriebenen Prüfdruck von einer vom Unternehmer oder von der Unternehmerin beauftragten Person geprüft wird. Der Unternehmer hat dafür zu sorgen, dass bei zulässigen Betriebsüberdrücken von mehr als 10 bar auf der Schlaucharmatur ein deutlich erkennbares und dauerhaftes Kennzeichen angebracht wird, welches den Einbinder der Schlauchleitung erkennen lässt.
3.12 Außerbetriebnahme des Flüssigkeitsstrahlers
Bei der Außerbetriebnahme des Flüssigkeitsstrahlers ist der Flüssigkeitsdruck in allen Teilen der Maschine oder Anlage bis auf den atmosphärischen Druck abzubauen und das Gerät oder die Anlage entsprechend den Angaben in der Betriebsanleitung oder –anweisung zu reinigen.
Zur Außerbetriebnahme zählen z. B. das Abstellen bei Arbeitsende oder zur Durchführung von Instandhaltungs-, Um- oder Nachrüstarbeiten (z. B. Düsentausch, Werkzeug- oder Schlauchwechsel) nicht jedoch das Abstellen z. B. zum Auffüllen des Arbeitsstoffes.