Die Nummern 1 bis 5 der allgemeinen Grundsätze nach § 4 Arbeitsschutzgesetz hat der Bauherr oder sein beauftragter Dritter zu berücksichtigen. Dies gilt grundsätzlich nicht für die Nummern 6 bis 8, da der Bauherr im Regelfall keine Möglichkeit der Einflussnahme auf diese Grundsätze hat.
Insbesondere sind die Grundsätze bei der Bemessung der Ausführungszeiten für das Bauvorhaben sowie bei der Einteilung der Arbeiten zu berücksichtigen.
Dies erreicht der Bauherr durch räumliche, zeitliche und technische Vorgaben, die eine sichere und gesundheitsgerechte Durchführung des Bauvorhabens fördern. Diese Vorgaben haben Einfluss auf Angebot und Auswahl der Bauverfahren und Baumaterialien sowie auf den Bauablauf.
Die allgemeinen Grundsätze können durch den Bauherrn insbesondere durch folgende Maßnahmen berücksichtigt werden:
zu Nr. 1
"Die Arbeit ist so zu gestalten, dass eine Gefährdung für Leben und Gesundheit möglichst
vermieden und die verbleibende Gefährdung gering gehalten wird"
zu Nr. 2
"Gefahren sind an ihrer Quelle zu bekämpfen"
zu Nr. 3
"bei den Maßnahmen sind der Stand der Technik, Arbeitsmedizin und Hygiene sowie sonstige
gesicherte arbeitswissenschaftliche Erkenntnisse zu berücksichtigen"
Der Stand der Technik, Arbeitsmedizin und Hygiene wird insbesondere beschrieben in
- staatlichen und berufsgenossenschaftlichen Vorschriften, z. B. Arbeitsstättenverordnung, Betriebssicherheitsverordnung, Unfallverhütungsvorschrift Bauarbeiten,
- Richtlinien und Regeln, z. B. Regeln zum Arbeitsschutz auf Baustellen (RAB), Technischen Regeln für Gefahrstoffe (TRGS) mit entsprechenden Informationsmöglichkeiten im Gefahrstoffinformationssystem der Bauwirtschaft (GISBAU), Technische Regeln für biologische Arbeitsstoffe (TRBA), Arbeitsstättenrichtlinien (ASR).
Für die Baubranche relevante arbeitswissenschaftliche Erkenntnisse sind z. B. Leitfäden über das Handhaben von Mauersteinen, die Nutzung von Versetzgeräten für großformatige Steine, Aufstiegshilfen für Kranführer.
zu Nr. 4
"Maßnahmen sind mit dem Ziel zu planen, Technik, Arbeitsorganisation, sonstige
Arbeitsbedingungen und Einfluss der Umwelt auf den Arbeitsplatz sachgerecht zu verknüpfen"
zu Nr. 5
"individuelle Schutzmaßnahmen sind nachrangig zu anderen Maßnahmen"
Hinwirken auf die Realisierung baulicher, technischer und organisatorischer Maßnahmen, die nach Möglichkeit für mehrere Gewerke eine kollektive Schutzwirkung entfalten.
zu Nr. 6 - 8
Dabei sind die allgemeinen Grundsätze nach § 4 ArbSchG in dem Umfang zu berücksichtigen, wie es nach den jeweiligen Planungsschritten möglich ist.
Diese Grundsätze sind z. B. bei der Erstellung der Baubeschreibung und der Ausschreibung der Bauleistungen zugrunde zu legen, damit die Auftragnehmer (Arbeitgeber) bereits bei der Angebotsbearbeitung sowie bei Sondervorschlägen, die für die Ausführung der Arbeiten im Hinblick auf die Beachtung von Arbeitsschutzvorschriften erforderlichen Informationen erhalten und die vorgesehenen Einrichtungen und Maßnahmen berücksichtigen können.
Dabei handelt es sich insbesondere um Informationen, die die Bieter nicht ohne weiteres selbst ermitteln können, bzw. die nicht nur Beschäftigte eines einzelnen Arbeitgebers betreffen.
Dies gilt vor allem für gemeinsam genutzte Arbeitsbereiche, Verkehrswege, Arbeitsmittel und Einrichtungen, z. B. Gerüste, Krane, Treppentürme, Seitenschutz, Schutzdächer, Auffangnetze, Baustellenunterkünfte, Toiletten- und Waschanlagen, Sanitätsräume bzw. Einrichtungen für die Untersuchung und Entsorgung kontaminierter Böden und Bauteile. Diese Grundsätze sind auch bei der Erstellung von Sondervorschlägen einzuhalten. Damit verbunden ist ggf. eine Anpassung des Sicherheits- und Gesundheitsschutzplanes, sofern hierdurch die allgemeinen Grundsätze nach § 4 ArbSchG berührt werden.
Wenn für das Bauvorhaben ein Koordinator zu bestellen ist, wird durch die Erfüllung der Aufgaben nach RAB 30, und wenn ein SiGePlan zu erstellen ist, durch die Erfüllung der Aufgaben nach RAB 31, der Bauherr bei der Verpflichtung zur Berücksichtigung der allgemeinen Grundsätze nach § 4 ArbSchG unterstützt.
Der Koordinator ist zudem verpflichtet, die vorgenannten Maßnahmen im Sinne der Begriffsbestimmung "Koordinierung" der RAB 10 zwischen den Beteiligten in der Planung der Ausführung zu koordinieren.
Während der Ausführung eines Bauvorhabens sind die Arbeitgeber als unmittelbare Adressaten des ArbSchG verpflichtet, beim Treffen von Maßnahmen des Arbeitsschutzes von den allgemeinen Grundsätzen nach § 4 ArbSchG auszugehen.
Wenn für das Bauvorhaben ein Koordinator zu bestellen ist, ist dieser verpflichtet, die Anwendung der allgemeinen Grundsätze nach § 4 ArbSchG durch die Arbeitgeber, im Sinne der Begriffsbestimmung "Koordinierung" der RAB 10 zu koordinieren. Dabei können die Grundsätze 1 bis 8 relevant sein. Ergebnis dieser Koordinierung sind Hinweise für die Arbeitgeber und Unternehmer ohne Beschäftigte.