Anhang 2

Empfehlungen gemäß § 21 Absatz 6 Nummer 2 BetrSichV für die Dokumentation der Ergebnisse der Gefährdungsbeurteilung anhand von ausgewählten Beispielen

 

Inhalt

1 Allgemeines
2 Beispiele

 

1 Allgemeines

Der Arbeitgeber ist verpflichtet, für die Verwendung aller Arbeitsmittel, die er seinen Beschäftigten zur Verfügung stellt, eine Gefährdungsbeurteilung durchzuführen und das Ergebnis zu dokumentieren.

Der Umfang und die Methodik der Gefährdungsbeurteilung sowie deren Dokumentation hängen von der Art und Komplexität der zu beurteilenden Arbeitsmittel und ihrer Verwendung ab.

Im Rahmen der vorliegenden Empfehlungen wird anhand ausgewählter Beispiele erläutert, wie der Arbeitgeber die Anforderungen an eine Gefährdungsbeurteilung nach § 3 BetrSichV erfüllen und die Ergebnisse angemessen dokumentieren kann. Damit wird die in der TRBS 1111 beschriebene Vorgehensweise verdeutlicht. Diese Empfehlungen gemäß § 21 Absatz 6 Nummer 2 BetrSichV entfalten keine Vermutungswirkung (vgl. § 4 Absatz 3 Satz 2 BetrSichV).

1.1 Vorgehensweise

Der Arbeitgeber kann anhand folgender Fallgestaltungen im Vorfeld entscheiden, welche Herangehensweise bei der Dokumentation der Gefährdungsbeurteilung jeweils am besten geeignet ist.

1.1.1 Treten bei der Verwendung eines Arbeitsmittels nur geringe Gefährdungen auf?

Wenn für ein Arbeitsmittel keine Gebrauchsanleitung vorgesehen ist, ist dies ein Hinweis darauf, dass bei bestimmungsgemäßer Verwendung nur geringfügige Gefährdungen auftreten. Im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung ist zu ermitteln, ob aufgrund der betrieblichen Einsatzbedingungen weitere Gefährdungen auftreten. Ist dies nicht der Fall, ist für diese Arbeitsmittel eine Dokumentation nicht erforderlich.

Beispiele sind z. B. Handhefter, Zollstock, Kugelschreiber, Locher.

1.1.2 Können mehrere Arbeitsmittel bei der Gefährdungsbeurteilung und ihrer Dokumentation zusammengefasst beurteilt werden?

Wenn mehrere Arbeitsmittel bei einer Tätigkeit zum Einsatz kommen (z. B. bei Verwendung eines Satzes von Handwerkzeugen in einem Werkzeugkasten oder an einer Werkbank), kann geprüft werden, ob die Verwendung dieser Arbeitsmittel zusammengefasst beurteilt werden kann. Wenn die Gefährdungen bei der Verwendung dieser Arbeitsmittel gleichartig sind (z. B. bei Verwendung unterschiedlicher Zangen), kann eine zusammenfassende Betrachtung für diese Arbeitsmittel ausreichen. Gleiches gilt, wenn bei der Tätigkeit verschiedene Arbeitsmittel im zeitlichen Wechsel verwendet werden (z. B. Zangen, Schraubenschlüssel, Schraubendreher, Feilen). Bei einer zusammenfassenden Beurteilung sind insbesondere die von der Arbeitsumgebung sowie von den Arbeitsgegenständen insgesamt ausgehenden Gefährdungen zu berücksichtigen (vgl. Abschnitt 4.2 Absatz 4 TRBS 1111).

Beispiel 1: Verwendung von Handwerkzeugen bei gleichartigen Arbeitsbedingungen

1.1.3 Sind die Voraussetzungen für die vereinfachte Vorgehensweise nach § 7 BetrSichV erfüllt?

Vor der Anwendung der vereinfachten Vorgehensweise hat der Arbeitgeber sicherzustellen, dass folgende Kriterien erfüllt werden:

  1. Es werden ausschließlich Arbeitsmittel verwendet, die mindestens den sicherheitstechnischen Anforderungen der für sie zum Zeitpunkt der Verwendung geltenden Rechtsvorschriften zum Bereitstellen von Arbeitsmitteln auf dem Markt entsprechen. Daraus ergibt sich, dass die vereinfachte Vorgehensweise nur auf neue Arbeitsmittel oder auf vorhandene Arbeitsmittel, die den aktuell geltenden Rechtsvorschriften entsprechen, angewendet werden kann. Soweit auf Grundlage der vorgenannten Vorschriften erforderlich, müssen für das Arbeitsmittel eine CE-Kennzeichnung, eine Konformitätserklärung sowie eine Betriebsanleitung des Herstellers vorliegen. Zudem dürfen keine offensichtlichen Mängel erkennbar sein.

  2. Es ist sichergestellt, dass die Arbeitsmittel ausschließlich bestimmungsgemäß entsprechend den Vorgaben des Herstellers (z. B. Betriebsanleitung) verwendet werden.

  3. Es treten unter Berücksichtigung der Arbeitsumgebung, der Arbeitsgegenstände, der Arbeitsabläufe sowie der Dauer und der zeitlichen Lage der Arbeitszeit keine zusätzlichen Gefährdungen der Beschäftigten auf. Dazu ist zu prüfen, ob sich Gefährdungen durch die spezifischen Bedingungen ergeben können, unter denen die Arbeitsmittel eingesetzt werden.

  4. Es werden Instandhaltungsmaßnahmen gemäß § 10 BetrSichV getroffen und Prüfungen nach § 14 BetrSichV durchgeführt. Dazu ist es erforderlich, die Festlegungen zur Durchführung dieser Instandhaltungsmaßnahmen und Prüfungen zu dokumentieren.

Wenn die Voraussetzungen für die vereinfachte Vorgehensweise erfüllt sind, kann entsprechend Beispiel 2 verfahren werden.

Beispiel 2: Verwendung von Zentrierständern in einer Fahrradwerkstatt

1.1.4 Handelt es sich um ein Arbeitsmittel, für das eine Gebrauchsanleitung oder Betriebsanleitung des Herstellers vorliegt, die für die Gefährdungsbeurteilung herangezogen werden kann?

Arbeitsschutzrelevante Informationen aus vorliegenden Gebrauchsanleitungen bzw. Betriebsanleitungen für Arbeitsmittel können bei der Gefährdungsbeurteilung übernommen werden, z. B. für die Erstellung von Betriebsanweisungen, sofern sie auf betriebliche Bedingungen anwendbar sind. Darüber hinaus ist zu ermitteln, ob aufgrund der betrieblichen Einsatzbedingungen oder Abweichungen von der bestimmungsgemäßen Verwendung (weitere) Gefährdungen auftreten können.

Beispiel 3: Verwendung von Innenlader-Paletten zum Transport von Betonfertigteilen

1.1.5 Handelt es sich um eine überwachungsbedürftige Anlage gemäß Anhang 2 BetrSichV?

Zu diesen Anlagen gehören Aufzugsanlagen, Anlagen in explosionsgefährdeten Bereichen sowie Druckanlagen.

In diesen Fällen ist die vereinfachte Vorgehensweise nach § 7 BetrSichV nicht zulässig.

Beispiel 4: Personenaufzug in einem Verwaltungsgebäude

Beispiel 5: Dampfkesselanlage

 

2 Beispiele

2.1 Beispiel 1: Zusammengefasste Dokumentation für Handwerkzeuge mit gleichartigen Gefährdungen

2.1.1 Ausgangssituation

In einer mechanischen Werkstatt werden Handwerkzeuge wie Hammer, Schraubendreher, Schraubenschlüssel, Meißel, Sägen, Zangen, Durchschlag usw. bestimmungsgemäß verwendet. Die entstehenden mechanischen Gefährdungen wie quetschen, einklemmen, getroffen werden, schneiden, stechen, anstoßen usw. sind bei der Verwendung dieser Arbeitsmittel gleichartig. Der Arbeitgeber ermittelt die notwendigen Schutzmaßnahmen und hält diese in einer Betriebsanweisung fest. Diese Betriebsanweisung genügt in diesem Beispiel als Dokumentation nach § 3 Absatz 3 BetrSichV.

2.1.2 Prozessschritte der Gefährdungsbeurteilung (entsprechend TRBS 1111)

  1. Notwendige Informationen beschaffen
    a) Informationen zur Verwendung des Arbeitsmittels
    Handwerkzeuge sind Arbeitsmittel im Sinne § 2 Absatz 1 BetrSichV. Konkrete Informationen zum Umgang mit Handwerkzeugen sind in der DGUV Information 209-001 (BGI 533) zu finden.
    b) Informationen zur Beschaffenheit des Arbeitsmittels
    Für Handwerkzeuge gibt es zahlreiche Produktnormen. Es wird empfohlen, nur Handwerkzeuge einzusetzen, die entsprechend der jeweils zutreffenden Norm vom Hersteller gekennzeichnet wurden (z. B. DIN 1041:2009-12 für einen Hammer). Als Nachweis für die Einhaltung der Sicherheits- und Gesundheitsschutzanforderungen bei bestimmungsgemäßer Verwendung kann in Deutschland z. B. das GS-Zeichen dienen.
  2. Gefährdungen ermitteln

    Hinweise auf mögliche Gefährdungen ergeben sich aus den unter Nummer 1 genannten Informationen.

  3. Gefährdungen bewerten

    Wenn Handwerkzeuge bestimmungsgemäß verwendet werden, kann davon ausgegangen werden, dass eine geringfügige Gefährdung besteht, der über die in der Betriebsanweisung festgelegten Schutzmaßnahmen begegnet werden kann. Nach Feststellung von Mängeln dürfen Arbeitsmittel nicht weiterverwendet werden, weil Beschädigungen an Handwerkzeugen zu Gefährdungen der Beschäftigten führen können.

  4. Schutzmaßnahmen festlegen

    Bei der Verwendung von Handwerkzeugen sind neben der Sicherstellung der einwandfreien Funktion und des einwandfreien Zustands auch zahlreiche Verhaltensregeln zu beachten.

    Die technischen, organisatorischen und personenbezogenen Maßnahmen sind in der nachfolgenden Betriebsanweisung zusammengefasst.

  5. Schutzmaßnahmen umsetzen

    Zur Umsetzung der Schutzmaßnahmen kann der Arbeitgeber z. B. eine Betriebsanweisung erstellen, in der die Anforderungen, die von den Beschäftigten bei der Verwendung von Handwerkzeugen zu beachten sind, festgelegt werden.

  6. Wirksamkeit der Schutzmaßnahmen überprüfen

    Der Arbeitgeber muss sicherstellen, dass die Beschäftigten im Umgang mit den Werkzeugen unterwiesen sind, die in der Betriebsanweisung enthaltenen Schutzmaßnahmen beachtet werden und Werkzeuge bei der Feststellung von Mängeln nicht weiterverwendet werden.

  7. Ergebnisse dokumentieren

    Eine schriftliche Betriebsanweisung ist gemäß § 12 Absatz 2 BetrSichV für Handwerkzeuge, für die der Hersteller keine Gebrauchsanleitung mitliefern muss, nicht notwendig. Dessen ungeachtet kann für Handwerkzeuge die zusammenfassende Dokumentation der Gefährdungsbeurteilung in einer gemeinsamen Betriebsanweisung erfolgen. Diese Betriebsanweisung kann dann auch für die Unterweisung der Beschäftigten verwendet werden. Eine weitergehende Dokumentation ist in diesem Fall nicht notwendig.

 

Tab. A2.1 Beispiel – Betriebsanweisung für die Verwendung von Handwerkzeugen (vom Arbeitgeber anzupassen)

 

2.2 Beispiel 2: Anwendung der vereinfachten Vorgehensweise gemäß § 7 BetrSichV – Zentrierständer in einer Fahrradwerkstatt

2.2.1 Ausgangssituation

Der Zentrierständer (Werkstattausführung) wird benutzt, um Laufräder zu zentrieren. Dies erfolgt in folgenden Fällen:

  1. Das Laufrad hat einen Seiten- oder Höhenschlag.
  2. Beim Laufrad ist eine (oder sind mehrere) gerissene Speiche(n) zu ersetzen.
  3. In Einzelfällen ist ein Laufrad neu aufzubauen.

Eine möglicherweise erforderliche Demontage von Decke, Schlauch oder Felgenband ist der Benutzung des Zentrierständers vorgelagert.

Der Zentrierständer ist auf einer Werkbank montiert und wird im Stehen verwendet.

Gearbeitet wird in Normalschicht.

2.2.2 Prozessschritte der Gefährdungsbeurteilung (entsprechend TRBS 1111)

  1. Notwendige Informationen beschaffen
    a) Informationen zur Verwendung des Arbeitsmittels
    b) Grundinformation zum Arbeitssystem s. o.
    c) Informationen zur Beschaffenheit des Arbeitsmittels
    Alle Einstellelemente werden manuell betätigt. Beim Zentrierständer handelt es sich nicht um eine Maschine, auf die die Maschinenrichtlinie bzw. daraus abgeleitetes staatliches Recht anzuwenden wäre. Der Zentrierständer wird jedoch vom Anwendungsbereich des Produktsicherheitsgesetzes, insbesondere von den Bestimmungen des § 3 Absatz 2 ProdSG erfasst.
    Auch ein in den Zentrierständer eingespanntes Laufrad, der Arbeitsgegenstand, wird manuell bewegt.
    d) Prüfen der Voraussetzungen für die vereinfachte Vorgehensweise bei der Verwendung von Arbeitsmitteln
    In diesem Beispiel wird davon ausgegangen, dass die vereinfachte Vorgehensweise nach § 7 BetrSichV angewandt werden kann, weil die dort benannten vier Kriterien erfüllt sind:

Kriterium 1: Das Arbeitsmittel entspricht mindestens den sicherheitstechnischen Anforderungen der zum Zeitpunkt der Verwendung geltenden Rechtsvorschriften zum Bereitstellen von Arbeitsmitteln auf dem Markt.

a) Für dieses Arbeitsmittel gibt es keine spezifischen sicherheitstechnischen Anforderungen in Rechtsvorschriften für die Bereitstellung auf dem Markt.
b) Aus dem ProdSG bestehen allgemeine Anforderungen an die Sicherheit nach § 3 Absatz 2, darüber hinaus gibt es keine spezifischen Anforderungen in Normen.
Die Schutzziele nach BetrSichV werden erreicht.

Kriterium 2: Das Arbeitsmittel wird ausschließlich bestimmungsgemäß entsprechend der Vorgaben des Herstellers verwendet.

a) Bestimmungsgemäß ist das Arbeitsmittel dafür vorgesehen, dass Laufräder eingespannt und auf Seiten- und Höhenschlag hin kontrolliert werden. Diese werden durch Drehen der Speichennippel mittels Nippelspanner beseitigt bzw. minimiert.
b) Der Zentrierständer ist gemäß Herstellervorgabe auf einer Werkbank montiert.
c) Der Zentrierständer wird für nichts anderes als den Bau oder die Reparatur von Laufrädern benutzt.
d) Eine mögliche Nutzung der Achsaufnahme für die Fixierung anderer Gegenstände erfolgt nicht.

Kriterium 3: Es gibt keine zusätzlichen Gefährdungen der Beschäftigten unter Berücksichtigung der Arbeitsumgebung, der Arbeitsgegenstände, der Arbeitsabläufe sowie der Dauer und der zeitlichen Lage der Arbeitszeit.

a) Arbeitsumgebung: In der Werkstatt gibt es keine schädlichen Einflüsse aus der Arbeitsumgebung. Die Lichtverhältnisse sind für die beabsichtigte Tätigkeit geeignet und es gibt keine die Arbeitsausführung störenden Geräusche (siehe unter Ergonomie).
b) Ergonomie: Das Arbeitsmittel ist so positioniert, dass im Stehen in unschädlicher Körperhaltung damit gearbeitet werden kann. Die Abstände der Messfühler lassen sich einstellen, sodass eine optische oder akustische Kontrolle von Höhen- oder Seitenschlag gut möglich ist.
c) Arbeitsgegenstand (Laufrad mit seinen Einzelkomponenten Felge, Speiche und Speichennippel – letztere am Gewinde werksseitig versehen mit Klebstoff, sodass keine Schraubensicherung separat aufgetragen werden muss): Quetsch-, Schnitt- oder sonstige Gefährdungen sind nicht gegeben.
d) Arbeitsabläufe: Beim Vorgang des Zentrierens selbst entstehen keine Gefährdungen; aus der Einbettung dieses Vorgangs in den Ablauf der Fahrradreparatur oder -montage erwachsen keine Gefährdungen.
e) Arbeitszeit (Dauer und zeitliche Lage): Die Arbeit wird in Normalschicht ausgeführt. Selbst bei Verwendung des Arbeitsmittels in Nachtschicht würden keine Gefährdungen auftreten (außer derer durch die Nachtarbeit selbst).

Kriterium 4: Instandhaltungsmaßnahmen gemäß § 10 werden getroffen und Prüfungen nach § 14 werden durchgeführt.

a) Instandhaltung: Der Zentrierständer hat keine verschleißanfälligen Teile, von denen Gefährdungen ausgehen könnten.
b) Prüfungen: Der Zentrierständer unterliegt keinen besonderen Prüfanforderungen.

2.–4. Gefährdungen ermitteln/Gefährdungen bewerten/Schutzmaßnahmen festlegen

Wenn ein Arbeitsmittel ausschließlich bestimmungsgemäß nach den Vorgaben des Herstellers verwendet wird und die Kriterien der vereinfachten Vorgehensweise erfüllt sind, braucht der Arbeitgeber keine weiteren als die vom Hersteller vorgegebenen Schutzmaßnahmen festzulegen. Im Falle des Zentrierständers (Werkstattausführung) liefert der Hersteller lediglich eine Montage- und Bedienungsanleitung.

5.–7. Schutzmaßnahmen umsetzen/Wirksamkeit der Schutzmaßnahmen überprüfen/Ergebnisse dokumentieren

a) Die Umsetzung von Schutzmaßnahmen sowie die Überprüfung von deren Wirksamkeit entfallen für die Verwendung eines Zentrierständers.
b) Die Dokumentation der Gefährdungsbeurteilung kann auf die Tatbestände beschränkt werden, aus denen sich das Vorliegen der Voraussetzungen für die Anwendung der vereinfachten Vorgehensweise (siehe oben: Kriterien 1 bis 4) ergibt.

Beispiel zur Dokumentation der Gefährdungsbeurteilung:

Am (Datum) wurde durch (Name des Erstellers) festgestellt, dass die vier Kriterien des § 7 erfüllt sind:

Kriterium 1: Der Zentrierständer entspricht § 3 Absatz 2 ProdSG.

Kriterium 2: Der Zentrierständer wird ausschließlich bestimmungsgemäß verwendet.

Kriterium 3: Bei der Verwendung des Zentrierständers treten keine zusätzlichen Gefährdungen auf.

Kriterium 4: Instandhaltung nach § 10 BetrSichV und Prüfungen nach § 14 BetrSichV des Zentrierständers sind nicht erforderlich.

2.3 Beispiel 3: Verwendung von Innenlader-Paletten zum Transport von Betonfertigteilen

2.3.1 Ausgangssituation

Für den Transport von Betonfertigteilen mit speziellen Innenladerfahrzeugen werden sogenannte Innenlader-Paletten (IP) verwendet, mit denen die Betonelemente bereits im Betonwerk auf die Palette verladen werden. Die Ladung wird dann ohne zusätzliche Hilfsmittel vom Innenlader aufgenommen und zu seinem Bestimmungsort transportiert. Das Beispiel setzt voraus, dass vom Arbeitgeber sichere IP und geeignete Fahrzeuge verwendet werden (siehe dazu EmpfBS 1113).

Im Transportzyklus wird die IP in Produktionsstätten (Betonfertigteilwerke) leer angeliefert und dort mit Betonfertigteilen beladen. Auf den Baustellen wird die IP abgestellt; die Betonfertigteile werden in der Regel unmittelbar zum Einbau mittels Krans entnommen. Der Arbeitgeber ermittelt unter Berücksichtigung der Betriebsanweisung des Herstellers der IP die notwendigen Schutzmaßnahmen und hält diese in einer Betriebsanweisung fest. Diese Betriebsanweisung genügt in diesem Beispiel als Dokumentation nach § 3 Absatz 3 BetrSichV.

2.3.2 Prozessschritte der Gefährdungsbeurteilung (entsprechend TRBS 1111)

  1. Notwendige Informationen beschaffen
    a) Informationen zur Verwendung des Arbeitsmittels,
    b) Die grundlegenden Anforderungen an die sichere Verwendung einer IP sind:
    das sichere Aufnehmen und Halten der Betonfertigteile,
    das Gewährleisten ausreichender Standsicherheit im beladenen, teilbeladenen und unbeladenen Zustand.
    c) Informationen zur Beschaffenheit des Arbeitsmittels

    Für die Herstellung von IP gilt § 3 Absatz 2 ProdSG. Es gibt keine Norm, welche die Sicherheit dieser Paletten beschreibt. Der Arbeitgeber muss daher vor der Beschaffung von IP sämtliche Sicherheitsanforderungen für die sichere Verwendung festlegen. Vor der Verwendung sind vom Arbeitgeber ggf. zusätzliche Schutzmaßnahmen zu treffen. Dabei sind die Hinweise des Herstellers zu berücksichtigen. Eine CE-Kennzeichnung ist nicht zulässig. Informationen zu IP sind in der DGUV Information 214-088 „Sicherer Betrieb von Innenlader-Paletten“ enthalten.
    d) Prüfen der Voraussetzungen für die vereinfachte Vorgehensweise bei der Verwendung einer IP

    Aufgrund der verschiedenartigen Umgebungsbedingungen bei der Beladung im Betonwerk und der Entladung auf Baustellen und der sich daraus ergebenden zusätzlichen Gefährdungen kann von der vereinfachten Vorgehensweise in diesem Beispiel kein Gebrauch gemacht werden.
  2. Gefährdungen ermitteln
    a) Quetschen/Scheren durch kippende/verrutschende Betonfertigteile aufgrund:
    Mängel der IP durch die Verwendung,
    nicht erkannter Vorschäden der IP,
    Versagen der Arretierungselemente/unsachgemäße Benutzung von Arretierungselementen,
    nicht unterstütztem Lastschwerpunkt,
    Einwirken äußerer Kräfte,
    unbeabsichtigt gelöster Arretierungselemente,
    unzureichend gesicherter Arretierungselemente.
    b) Quetschen/Scheren durch umstürzende IP wegen:
    unsicherer Aufstellung (Untergrund nicht waagerecht und eben),
    Einwirken äußerer Kräfte,
    zu geringer Tragfähigkeit des Bodens,
    einseitiger Beladung oder Überladung.
    c) Schneiden/Stechen an scharfen Kanten/spitzen Ecken wegen:
    zu geringer Ecken- und Kantenradien,
    unzureichender Fertigungsqualität.
    d) Stolpern, Ausrutschen, Stürzen auf unregelmäßigen oder glatten Oberflächen wegen:
    Beschädigung,
    unzureichender Fertigungsqualität.
    e) Absturz beim Arretieren oder Anschlagen der Betonfertigteile.
    f) Scheren zwischen Innenladerfahrzeug und IP beim Einfahren wegen:
    Aufenthalt im Bereich einer technisch nicht zu sichernden Scherstelle.
    g) Anfahren von Personen durch Fahrzeuge und Maschinen wegen:
    zu geringer Sichtbarkeit,
    unzureichender Koordination von Arbeitsabläufen.
  3. Gefährdungen bewerten

    Die Bewertung der Gefährdungen ergibt, dass Schutzmaßnahmen erforderlich sind.

  4. Schutzmaßnahmen festlegen

    Technische Schutzmaßnahmen:
    a) begehbare Flächen der IP sicher gestalten und kennzeichnen,
    b) Arretierungselemente gegen unbefugtes Entfernen sichern,
    c) Stützeinrichtungen benutzen,
    d) Fahrzeuge mit Kamera-Monitor-System ausrüsten.

    Organisatorische Schutzmaßnahmen:
    a) Personal qualifizieren zum Erkennen von Schäden und Gefahren,
    b) Betriebsanweisung erstellen auf Grundlage der Betriebsanleitung des Herstellers,
    c) regelmäßige Prüfung der IP,
    d) Sicht- und Funktionskontrolle durch Fahrpersonal vor Arbeitsbeginn,
    e) geeignetes Werkzeug bereitstellen,
    f) Unterweisung organisieren,
    g) Stichprobenkontrolle durch verantwortliche Person,
    h) PSA bereitstellen (Schutzhelm, Schutzhandschuhe, hochschäftige Sicherheitsschuhe S3, Warnkleidung),
    i) Unterweisung organisieren zur sicheren Benutzung von Kamera-Monitor-Systemen,
    j) regelmäßige Prüfung des Fahrzeugs nach DGUV Vorschrift 70 „Fahrzeuge“.

    Personenbezogene Schutzmaßnahmen:

    Unterweisen/Qualifizieren des Personals zur sicheren und bestimmungsgemäßen Verwendung der IP, zum Erkennen sicherheitsrelevanter Mängel, zum sicheren Be- und Entladen und Sichern der Ladung im Fahrzeug, zur Benutzung von Kamera-Monitor-Systemen.

    Berücksichtigung des Arbeitsablaufs und Koordination:
    a) Zufahrt und Aufstellplatz vorbereiten lassen,
    b) Koordination der verschiedenen Gewerke,
    c) Hinweis an das Betonwerk, welches die Beladung vornimmt, zur zulässigen Belastung und Lastverteilung der IP,
    d) Einweiser bestimmen.
  5. Schutzmaßnahmen umsetzen

    Zur Umsetzung der Schutzmaßnahmen kann der Arbeitgeber z. B. eine Betriebsanweisung erstellen, in der die Anforderungen, die von den Beschäftigten bei der Verwendung von IP zu beachten sind, festgelegt werden (siehe Muster-Betriebsanweisung).

  6. Wirksamkeit der Schutzmaßnahmen überprüfen

    Die Informationen zur Sicherheit der IP ergeben sich aus der Spezifikation für den Hersteller und aus dessen mitgelieferter Betriebsanleitung einschließlich der darin enthaltenen Sicherheitshinweise. Die Wirksamkeit der getroffenen Schutzmaßnahmen kann im Rahmen der Abnahme überprüft werden.

  7. Ergebnisse dokumentieren

    Der Arbeitgeber muss die Ergebnisse der Gefährdungsbeurteilung dokumentieren. Dazu gehören mindestens:
    a) die Festlegungen des Arbeitgebers zur Beschaffenheit der IP bzw. die Betriebsanleitung des Herstellers,
    b) die Umsetzung der unter Nummer 4. festgelegten Schutzmaßnahmen,
    c) Festlegungen zur Kontrolle und Prüfung der IP,
    d) Hinweise für die Beladung für das Betonwerk,
    e) Betriebsanweisung.

 

Tab. A2.2 Muster-Betriebsanweisung für die Verwendung von Innenlader-Paletten (vom Arbeitgeber anzupassen)

2.4 Beispiel 4: Überwachungsbedürftige Anlage – hier: Aufzugsanlage im Verwaltungsgebäude

2.4.1 Ausgangssituation

In einem Verwaltungsgebäude wird ein Personenaufzug gemäß Anhang 2 Abschnitt 2 Nummer 2a) BetrSichV verwendet. Es bestehen Absturz, Stolper-, Quetsch- und Schergefahren, die im Rahmen der Herstellung berücksichtigt wurden. Die vom Arbeitgeber zu veranlassenden Schutzmaßnahmen sind in der Betriebsanleitung des Herstellers festgelegt.

Der Personenaufzug wird ausschließlich bestimmungsgemäß nach den Vorgaben des Herstellers verwendet, d. h. über die vom Hersteller bereits bewerteten Gefährdungen treten keine weiteren Gefährdungen auf.

2.4.2 Prozessschritte der Gefährdungsbeurteilung (entsprechend TRBS 1111)

  1. Notwendige Informationen beschaffen
    a) Informationen zur Verwendung des Arbeitsmittels
    Spezifische Anforderungen an die Verwendung von Aufzugsanlagen sind im Anhang 1 Nummer 4 und im Anhang 2 Abschnitt 2 BetrSichV enthalten. Weiterhin sind folgende TRBS zu beachten: TRBS 1121, TRBS 1201, TRBS 1201 Teil 4, TRBS 3121.
    Für Prüfungen an Aufzugsanlagen gelten gemäß Anhang 2 Abschnitt 3 BetrSichV Höchstfristen, die nicht überschritten werden dürfen. Die wesentliche Tätigkeit bei der Verwendung von Aufzügen ist die Bedienung durch Beschäftigte und andere Personen.
    b) Informationen zur Beschaffenheit des Arbeitsmittels
    Für die Herstellung von Aufzugsanlagen gilt in Deutschland die 12. Verordnung zum Produktsicherheitsgesetz (12. ProdSV, Aufzugsverordnung) sowie im Wesentlichen die Normenreihe DIN EN 81.
    c) Prüfen der Voraussetzungen für die vereinfachte Vorgehensweise bei der Verwendung eines Aufzugs
    Eine vereinfachte Vorgehensweise ist für überwachungsbedürftige Anlagen nicht zulässig (§ 7 Absatz 2 BetrSichV).
  2. Gefährdungen ermitteln/

  3. Gefährdungen bewerten

    Für den Personenaufzug im Verwaltungsgebäude sind Gefährdungen gegen Absturz maßgeblich.

    In diesem Beispiel wird vorausgesetzt, dass der Personenaufzug gemäß den Anforderungen der 12. ProdSV und der Normenreihe DIN EN 81 hergestellt wurde, die EU-Konformitätserklärung und die Betriebsanleitung des Herstellers vorliegen und der Aufzug eine CE-Kennzeichnung hat. Weiterhin wird vorausgesetzt, dass der Personenaufzug ausschließlich bestimmungsgemäß nach den Vorgaben des Herstellers verwendet wird.

    Sind diese beiden Voraussetzungen erfüllt, darf sich der Arbeitgeber bei der Bewertung der Gefährdungen auf die Gefährdungen beschränken, die sich für Beschäftigte und andere Personen aus den Einbau- und Umgebungsbedingungen ergeben können.

  4. Schutzmaßnahmen festlegen

    Technische Schutzmaßnahmen:

    Im vorliegenden Fall wird davon ausgegangen, dass über die bereits vom Hersteller berücksichtigten Schutzmaßahmen keine zusätzlichen Schutzmaßnahmen notwendig sind.

    Hinweis: Bei Aufzugsanlagen, die den o. g. Beschaffenheitsanforderungen nicht entsprechen, hat der Arbeitgeber im Einzelfall zu prüfen, wie die sichere Verwendung nach dem Stand der Technik gewährleistet werden kann. Weitergehende Informationen enthält die Empfehlung für Betriebssicherheit EmpfBS 1114 Anpassung an den Stand der Technik bei der Verwendung von Arbeitsmitteln.

    Organisatorische Schutzmaßnahmen:
    a) Aufschaltung des Zweiwege-Kommunikationssystems auf eine ständig besetzte Stelle,
    b) Kennzeichnung: Aufzug im Brandfall nicht benutzen,
    c) Erstellung eines Notfallplans gemäß Anhang 1 Nummer 4.1 BetrSichV,
    d) einschließlich Festlegung des Standortes für die Notbefreiungsanleitung und der Einrichtungen zur Notbefreiung,
    e) Organisation der Unterweisung der Beschäftigten.

    Personenbezogene Schutzmaßnahmen:

    Unterweisen der Beschäftigten zur sicheren und bestimmungsgemäßen Verwendung des Aufzugs einschließlich der Maßnahmen bei Störungen des bestimmungsgemäßen Betriebes und dem Verhalten bei Feststellung von Mängeln.
  5. Schutzmaßnahmen umsetzen

    Die technischen Schutzmaßnahmen werden bereits im Zuge der Errichtung umgesetzt.

    Die organisatorischen und personenbezogenen Maßnahmen müssen vor der erstmaligen Verwendung des Aufzugs umgesetzt sein.

  6. Wirksamkeit der Schutzmaßnahmen überprüfen

    Die Wirksamkeit der technischen Schutzmaßnahmen wird im Zuge der Inbetriebsetzung durch den Hersteller der Aufzugsanlage geprüft.

    Außerdem wird die Aufzugsanlage als überwachungsbedürftige Anlage vor Inbetriebnahme und in wiederkehrenden Abständen (Hauptprüfung/Zwischenprüfung) durch eine Zugelassene Überwachungsstelle (ZÜS) geprüft.

    Die Prüfungen durch die ZÜS schließen auch die Prüfungen ein, ob im Fahrkorb der Aufzugsanlage ein Zweiwege-Kommunikationssystem wirksam ist und ob ein Notfallplan und eine Notbefreiungsanleitung vorhanden sind.

  7. Ergebnisse dokumentieren

    Die Ergebnisse der Gefährdungsbeurteilung können z. B. anhand eines Formblattes dokumentiert werden, in dem die wesentlichen Auslegungsgrundlagen und die festgelegten Schutzmaßnahmen enthalten sind.

    In dem Formblatt kann auf weitere Dokumente verwiesen werden (z. B. Betriebsanleitung des Herstellers). Diese Dokumente sind Bestandteil der gesamten Gefährdungsbeurteilung.

    Über die Prüfungen durch die Zugelassene Überwachungsstelle werden Prüfbescheinigungen erstellt und am Betriebsort aufbewahrt bzw. elektronisch archiviert.

 

Tab A2.3 Muster – Dokumentation der Ergebnisse einer Gefährdungsbeurteilung für eine Aufzugsanlage gemäß Beispiel 2.4

 

2.5 Beispiel 5: Überwachungsbedürftige Anlage – hier: Dampfkesselanlage

2.5.1 Ausgangssituation

In einem Kraftwerk wird ein Dampfkessel als Bestandteil einer Dampfkesselanlage gemäß Anhang 2 Abschnitt 4 Nummer 2.1a) BetrSichV verwendet. Es bestehen Gefährdungen durch Dampf und Druck. Die nachfolgend für den Dampfkessel beschriebenen Prozessschritte zur Durchführung der Gefährdungsbeurteilung sind analog auch für die weiteren Bestandteile der Dampfkesselanlage (siehe TRBS 2141) durchzuführen.

2.5.2 Gefährdungsbeurteilung
(Prozessschritte entsprechend der TRBS 1111)

  1. Notwendige Informationen beschaffen
    a) Informationen zur Verwendung des Arbeitsmittels:
    Spezifische Anforderungen an die Verwendung von Dampfkesselanlagen sind im zweiten Abschnitt der BetrSichV sowie in § 18, im Anhang 1 Nummer 5 und im Anhang 2 Abschnitt 4 BetrSichV enthalten. Weiterhin sind folgende TRBS zu beachten: TRBS 1201, TRBS 1201 Teil 2, TRBS 2141.
    Für Prüfungen an Dampfkesselanlagen gelten gemäß Anhang 2 Abschnitt 4 Tabelle 1 BetrSichV Höchstfristen, die nicht überschritten werden dürfen. Die wesentliche Tätigkeit bei der Verwendung der Dampfkesselanlage ist die Bedienung durch qualifiziertes Fachpersonal.
    Die Verwendung der Dampfkesselanlage (Normalbetrieb einschließlich An- und Abfahren etc.) ist z. B. in der Normenreihe DIN EN 12952/12953 berücksichtigt. Bei Einhaltung der in der Normenreihe genannten Schutzmaßnahmen darf der Arbeitgeber davon ausgehen, dass der Schutz der Beschäftigten und anderer Personen im Gefahrenbereich bezüglich der spezifischen Gefährdung gewährleistet ist, wenn sich aufgrund der betrieblichen Situation keine zusätzlichen Schutzmaßnahmen ergeben.
    b) Informationen zur Beschaffenheit des Arbeitsmittels
    Dampfkesselanlagen setzen sich aus dem Dampferzeuger selbst sowie zahlreichen weiteren Komponenten und Anlagenteilen zusammen. Eine Rechtsverordnung gemäß § 8 ProdSG zur Umsetzung einer europäischen Richtlinie in nationales Recht gibt es für eine solche komplexe Anlage nicht. Daher müssen die einzelnen Bestandteile der Dampfkesselanlage (Behälter, Pumpen, Förderanlagen, Steuerungseinrichtungen etc.) im Hinblick auf die Beschaffenheit bewertet werden. Für die darin enthaltenen Druckgeräte gilt beispielsweise die 14. ProdSV, für Maschinen die 9. ProdSV.
    Bei neuen Dampfkesselanlagen wird in der Regel auf die Normenreihe DIN EN 12952/12953 Bezug genommen, in der die Anforderungen an die Errichtung und den sicheren Betrieb enthalten sind. Weitere Informationen sind z. B. in Branchenstandards der VGB PowerTech e. V. zu finden.
    c) Prüfen der Voraussetzungen für vereinfachte Vorgehensweise bei der Verwendung von Arbeitsmitteln
    Eine vereinfachte Vorgehensweise ist für überwachungsbedürftige Anlagen nicht zulässig (§ 7 Absatz 2 BetrSichV).

  2. Gefährdungen ermitteln

    Für Dampfkesselanlagen sind Gefährdungen durch Dampf und Druck maßgeblich, die z. B. in der Normenreihe DIN EN 12952/12953 berücksichtigt sind.

    Wenn das vom Arbeitgeber vorgegebene Regelwerk vom Hersteller vollständig angewendet wird, müssen die darin enthaltenen Schutzmaßnahmen in der Gefährdungsbeurteilung nicht noch einmal explizit aufgeführt werden. Dies ist nur dann erforderlich, wenn von dem Regelwerk abgewichen wird. Die Bezugnahme auf diese Standards stellt für den Arbeitgeber eine wesentliche Erleichterung bei der Erstellung der Gefährdungsbeurteilung dar.

    Bei der Ermittlung der Gefährdungen darf sich der Arbeitgeber auf die Gefährdungen beschränken, die sich an den Schnittstellen der einzelnen Anlagenteile sowie aus den Aufstell- und Umgebungsbedingungen ergeben können.

  3. Gefährdungen bewerten

    Die Bewertung der Gefährdungen der einzelnen Bestandteile der Dampfkesselanlage ist ebenfalls z. B. in der Normenreihe DIN EN 12952/12953 berücksichtigt. Weitere Hinweise sind z. B. in Standards der VGBPowerTech e. V. enthalten.

    Bei der Bewertung der Gefährdungen darf sich der Arbeitgeber auf die Gefährdungen beschränken, die sich an den Schnittstellen der einzelnen Anlagenteile sowie aus den Aufstell- und Umgebungsbedingungen ergeben können.

    Dies erfolgt bei komplexen Anlagen z. B. in Form von Sicherheitsgesprächen, die Hersteller und Arbeitgeber gemeinsam führen.

  4. Schutzmaßnahmen festlegen

    Die grundlegenden Anforderungen bezüglich der Schutzmaßnahmen sind ebenfalls in der Normenreihe 12952/12953 beschrieben. Die konkrete Festlegung erfolgt bei komplexen Anlagen z. B. in Form von Sicherheitsgesprächen, die Hersteller und Arbeitgeber gemeinsam führen.

    Technische Schutzmaßnahmen:

    Zu den technischen Schutzmaßnahmen zählen insbesondere:
    a) Maßnahmen gegen unzulässige Drucküberschreitung,
    b) Maßnahmen gegen unzulässige Korrosion,
    c) Maßnahmen gegen unzulässige Stofffreisetzungen,
    d) Maßnahmen zum Schutz vor unzulässiger Überschreitung der Auslegungsparameter (Absicherungskonzept).

    Organisatorische Schutzmaßnahmen:

    Zu den organisatorischen Schutzmaßnahmen zählen insbesondere:
    a) die Qualifikation der Mitarbeiter,
    b) regelmäßige Unterweisungen,
    c) festgelegte Verfahrensweisen beim Umgang mit der Dampfkesselanlage, z. B.
    Freigabescheinverfahren,
    Wartungs- und Instandhaltungskonzepte,
    Prüfungen vor Inbetriebnahme,
    wiederkehrende Prüfungen.

    Personenbezogene Schutzmaßnahmen:

    Ausgewählte persönliche Schutzausrüstung wird den Beschäftigten in Abhängigkeit von der jeweiligen Arbeitsaufgabe im erforderlichen Umfang zur Verfügung gestellt.

    Berücksichtigung des Arbeitsablaufs und Koordination

    Der Arbeitsablauf ergibt sich bei der Verwendung der Dampfkesselanlage aus dem Freigabescheinverfahren, das sowohl für eigene Beschäftigte als auch für Beschäftigte anderer Arbeitgeber anzuwenden ist.

    Soweit sich gegenseitige Gefährdungen ergeben, werden die Arbeiten der verschiedenen Arbeitgeber durch betriebszuständige Personen aufeinander abgestimmt.

  5. Schutzmaßnahmen umsetzen

    Die technischen Schutzmaßnahmen werden bereits im Zuge der Errichtung umgesetzt. Die organisatorischen und personenbezogenen Schutzmaßnahmen werden den Beschäftigten auf der Grundlage von Betriebshandbüchern in regelmäßigen Unterweisungen vermittelt.

  6. Wirksamkeit der Schutzmaßnahmen überprüfen

    Die Wirksamkeit der Schutzmaßnahmen wird im Zuge der Inbetriebsetzung für alle Anlagenteile und Komponenten durch den Hersteller geprüft.

    Außerdem wird die Dampfkesselanlage als überwachungsbedürftige Anlage vor Inbetriebnahme und in wiederkehrenden Abständen durch eine Zugelassene Überwachungsstelle geprüft.

  7. Ergebnisse dokumentieren

    Die Gefährdungsbeurteilung einer verfahrenstechnischen Anlage ist sehr komplex und stützt sich in der Regel auf eine Vielzahl verschiedener Dokumente ab. Um die Ergebnisse der Gefährdungsbeurteilung nachvollziehbar zu dokumentieren, muss erkennbar sein, auf welcher Grundlage die Anlage bewertet wurde.

    Die Ergebnisse der Gefährdungsbeurteilung können z. B. anhand eines Formblattes dokumentiert werden, in dem die wesentlichen Auslegungsgrundlagen enthalten sein sollten. Diese Daten sind in der Regel bereits Bestandteil des Antrages auf Erlaubnis gemäß § 18 BetrSichV.

    In dem Formblatt kann auf weitere Dokumente verwiesen werden (z. B. Freigabescheinverfahren, Explosionsschutzdokument etc.). Diese Dokumente sind Bestandteil der gesamten Gefährdungsbeurteilung.

    Über die Prüfungen durch die Zugelassene Überwachungsstelle werden Prüfbescheinigungen erstellt und am Betriebsort aufbewahrt bzw. elektronisch archiviert.

 

Tab. A2.4 Muster – Dokumentation der Ergebnisse einer Gefährdungsbeurteilung für einen Dampfkessel als Anlagenteil innerhalb einer Dampfkesselanlage