5 Beispielhafte Schutzmaßnahmen

5.1 Verknüpfung von Maßnahmen

Eine fachgerechte Verknüpfung von technischen, organisatorischen und personenbezogenen Maßnahmen wird beispielhaft am Betreiben und Einrichten von Pressen oder anderen Maschinen beschrieben:

  1. technische Maßnahmen zur Absicherung von Gefahrenstellen im Regelbetrieb
    (z. B. sichere Werkzeuge, Ortsbindung durch Zweihandschaltung, Ortsbindung ggf. bis zu einem Übergabepunkt an dem das Werkzeug so weit geschlossen ist, dass keine Gefährdung mehr besteht, Betriebsartenwahlschalter mit Schlüsselsicherung),
  2. in Verbindung mit organisatorischen Maßnahmen
    (z. B. Festlegung des Benutzerkreises, Festlegung zur Einarbeitung von Benutzern, Festlegungen zu Aufsicht und Kontrolle, Werkzeugwechsel und Einrichten durch autorisierte Fachkräfte, Festlegung zum Wechsel von Betriebsarten) und
  3. in Verbindung mit personenbezogenen Maßnahmen
    (z. B. Unterweisung, Feedback- und Korrekturgespräche, persönliche Schutzausrüstungen wie auffällige Arbeitskleidung oder Schutzhandschuhe).

5.2 Technische Maßnahmen

5.2.1 Schutzeinrichtungen

5.2.1.1 Allgemeine Anforderungen

Schutzeinrichtungen werden eingesetzt, um das Erreichen des Gefahrenbereichs bzw. das Herausschleudern von Teilen zu verhindern oder um die gefahrbringende Bewegung vor dem Erreichen stillzusetzen. Sie

  1. müssen stabil gebaut sein,
  2. dürfen keine zusätzlichen Gefährdungen verursachen,
  3. dürfen nicht auf einfache Weise umgangen oder unwirksam gemacht werden können,
  4. müssen ausreichend Abstand zum Gefahrenbereich haben,
  5. dürfen die Beobachtung des Arbeitszyklus nicht mehr als notwendig einschränken,
  6. müssen die für Einbau oder Austausch von Teilen sowie für die Instandhaltungs- und Wartungsarbeiten erforderlichen Eingriffe möglichst ohne Demontage der Schutzeinrichtungen zulassen, wobei der Zugang auf den für die Arbeit notwendigen Bereich beschränkt sein muss,
  7. müssen soweit erforderlich in die Steuerung des Arbeitsmittels gemäß der Steuerungsaufgabe eingebunden sein,
  8. sollen den vorgesehenen Arbeitsablauf und die dazu erforderlichen Tätigkeiten nicht oder so wenig wie möglich behindern und
  9. sind so zu gestalten, dass keine Möglichkeit und Anreiz zur Manipulation besteht.
5.2.1.2 Beispiele für Schutzeinrichtungen
5.2.1.2.1 Trennende Schutzeinrichtungen

(1) Eine trennende Schutzeinrichtung wird eingesetzt, um das Erreichen einer Gefahrstelle zu verhindern und unkontrolliert bewegte Teile (z. B. Späne) zurückzuhalten. Dies ist z. B.:

(2) Die Schutzwirkung muss erhalten bleiben solange die Gefährdung besteht. Dies wird bei beweglichen trennenden Schutzeinrichtungen z. B. erreicht durch

5.2.1.2.2 Ortsbindende Schutzeinrichtungen

(1) Ortsbindende Schutzeinrichtung wie Zweihandschaltungen oder Tippschalter mit selbsttätiger Rückstellung verhindern mechanische Gefährdungen, wenn durch ihre Betätigung der Bediener außerhalb des Gefahrenbereichs gebunden wird.

(2) Von der Bedienposition aus muss der Gefahrenbereich einsehbar sein, um sicherzustellen, dass sich keine Beschäftigten oder Hindernisse im Gefahrenbereich befinden.

5.2.1.2.3 Schutzeinrichtungen mit Annäherungsreaktion

(1) Schutzeinrichtungen mit Annäherungsreaktion verhindern mechanische Gefährdungen, wenn nach Auslösen der Schutzeinrichtung die Gefahr bringende Bewegung rechtzeitig vor dem Erreichen der Gefahrstelle zum Stillstand kommt. Deshalb müssen das Nachlaufverhalten der Gefahr bringenden Bewegung und die Abstände der Schutzeinrichtungen mit Annährungsfunktion aufeinander abgestimmt sein.

(2) Berührungslos wirkende Schutzeinrichtungen (BWS) wie Lichtschranken, Lichtgitter oder Laserscanner erkennen das Eindringen von Beschäftigten, Körperteilen oder Hindernissen im Gefahrenbereich und halten die gefahrbringende Bewegung an.

(3) Schaltmatten oder Schaltleisten halten bei Berührung die gefahrbringende Bewegung an.

(4) Schutzeinrichtungen mit Annäherungsfunktion haben keine rückhaltende Schutzfunktion.

5.2.1.2.4 Abweisende Schutzeinrichtungen
Eine abweisende Schutzeinrichtung kann eine mechanische Gefährdung vermindern, wenn ein unbeabsichtigtes Erreichen einer Gefahrstelle erschwert wird, z. B. Anbringung eines Fußabweisers an einer Fahrzeughebebühne.

5.2.2 Schutzmaßnahmen für besondere Betriebsarten

(1) Wenn für den Automatikbetrieb vorgesehene Schutzeinrichtungen außer Kraft gesetzt werden (z. B. im Einrichtbetrieb), haben sich z. B. folgende Maßnahmen zur Minimierung der mechanischen Gefährdungen bewährt:

(2) Zum Starten und Aufrechterhalten der Bewegungen haben sich sicherheitstechnisch beispielsweise folgende Einrichtungen bewährt:

(3) Hinweise zum sicheren Arbeiten bei verschiedenen Betriebszuständen können Betriebsanleitungen der Hersteller, einschlägige Normen und branchenspezifische Regelwerke geben.

5.2.3 Vermeidung, Beseitigung oder Minimierung von gefährlichen Oberflächen

(1) An gefährlichen Oberflächen kann eine unmittelbare mechanische Gefährdung bestehen (z. B. durch Schneiden, Stechen, Reißen) oder eine mittelbare Gefährdung (z. B. durch Aus- oder Abrutschen).

(2) Konstruktive Maßnahmen zur sicheren Gestaltung von Oberflächen sind z. B.:

(3) Gefährliche Oberflächen an Arbeitsmitteln werden vermieden, beseitigt oder minimiert, wenn z. B.

(4) Bei manuellen Montage- oder Schneidaufgaben werden Gefährdungen aufgrund des Abrutschens von Werkzeugen z. B. minimiert

5.2.4 Ausreichender Bewegungsraum und Einrichten von Schutzräumen

(1) Ausreichender Bewegungsraum und das Einhalten von Schutzabständen verringern mechanische Gefährdungen, wenn dadurch für Tätigkeiten mit Arbeitsmitteln

  1. ausreichend groß dimensionierte Bewegungsräume geschaffen,
  2. ausreichende Handfreiräume bei Montage und Wartung von Arbeitsmitteln geschaffen und
  3. Bewegungseinschränkungen vermieden werden, die einen Kontakt mit gefährlichen Oberflächen begünstigen.

(2) Wenn mechanische Gefährdungen in ausgedehnten räumlichen Bereichen während eines definierten Zeitraums bestehen, werden diese durch Schutzräume reduziert, in denen ein sicherer Aufenthalt möglich ist. Der Schutzraum ist so zu gestalten, dass er den zu erwartenden einwirkenden Energien standhält.

5.2.5 Werkzeuge und Hilfsmittel

Werkzeuge oder Hilfsmittel reduzieren die mechanische Gefährdung, wenn durch deren Verwendung Eingriffe in den Gefahrenbereich vermieden werden können, z. B.:

5.2.6 Maßnahmen zum Schutz gegen unbeabsichtigte Bewegung und Lageänderung von Arbeitsmitteln, deren Teilen oder Arbeitsgegenständen

(1) Eine unbeabsichtigte Gefahr bringende Bewegung oder Lageänderung von Arbeitsmitteln, deren Teilen oder Arbeitsgegenständen kann in horizontaler Richtung (z. B. gequetscht oder getroffen werden) oder in vertikaler Richtung (z. B. herabfallende Gegenstände) erfolgen. Eine Gefährdung wird verhindert durch

  1. Einrichtungen zum formschlüssigen Festsetzen (z. B. Bolzen, Arretierungen, Aufnahmevorrichtungen, entsperrbare Rückschlagventile in hydraulischen Haltesystemen); in Abhängigkeit von der Gefährdung kann ein zwangsläufiges Wirksamwerden oder eine Verriegelung mit Positionsüberwachung erforderlich sein,
  2. Einrichtungen zum kraftschlüssigen Festsetzen (z. B. ausreichend dimensionierte und ggf. redundante Federsicherungen oder Gasdruckfedern, Zurrgurte und zugeordnete Zurrpunkte, Aufnahmemulden zur sicheren Aufnahme von rollfähigen Gegenständen),
  3. Einrichtungen zur Begrenzung des Bewegungsraums (z. B. Anschläge, Begrenzungsschalter, Auffanggurte oder -ketten),
  4. Einrichtungen zum sicheren Führen von Arbeitsmitteln oder deren Teilen (z. B. selbsthemmende Kippvorrichtungen, Unterstützungsfedern, Kontergewichte, Abstützungen oder Stützräder, Bremsen),
  5. ausreichende statische Stabilität des Arbeitsmittels, d. h. die verschiedenen Teile des Arbeitsmittels sowie die Verbindungen untereinander müssen den Belastungen aus inneren Kräften und äußeren Lasten standhalten können oder
  6. Arbeitsmittel zum Heben von Lasten müssen mit einem deutlich sichtbaren Hinweis auf die zulässige Tragfähigkeit und gegebenenfalls mit einem Schild versehen sein, auf dem die zulässige Tragfähigkeit für die einzelnen Betriebszustände angegeben ist. Lastaufnahmeeinrichtungen sind so zu kennzeichnen, dass ihre für eine sichere Verwendung grundlegenden Eigenschaften zu erkennen sind.

(2) Sind Instandsetzungs- und Wartungsarbeiten unter angehobenen Teilen oder Arbeitseinrichtungen erforderlich, so müssen diese mit geeigneten Einrichtungen gegen Herabfallen gesichert werden können.

5.2.7 Anforderungen an Befehlseinrichtungen

(1) Um mit einer Befehlseinrichtung eine Gefahr bringende Bewegung sicher steuern zu können, muss diese Befehlseinrichtung die Anforderungen des Anhangs 1 der Betriebssicherheitsverordnung erfüllen. Verfügt ein Arbeitsmittel über mehrere Befehlseinrichtungen zum Ingangsetzen, so dürfen diese nicht gleichzeitig das Ingangsetzen freigeben. Der Befehl zum Stillsetzen des Arbeitsmittels muss den Befehlen zum Ingangsetzen übergeordnet sein.

(2) Not-Halt-Befehlseinrichtungen müssen so angebracht sein, dass sie die Anforderungen von Nummer 2.4 Anhang 1 Betriebssicherheitsverordnung erfüllen.

(3) Schlüsselschalter reduzieren unbefugte Verwendung und unbefugten Wechsel der Betriebsart eines Arbeitsmittels.

5.2.8 Standsicherheit und sicheres Aufstellen von Arbeitsmitteln

(1) Eine Gefährdung durch unbeabsichtigte Positions- oder Lageänderung, Umkippen oder Herabfallen eines Arbeitsmittels wird vermieden durch

  1. Verankerung,
  2. Halterung,
  3. sichere Aufstellung oder
  4. Anpassung an den Untergrund.

(2) Hierbei sind die Betriebs- und Umgebungsbedingungen zu berücksichtigen und die Hinweise des Herstellers zu beachten.

5.3 Organisatorische Maßnahmen

5.3.1 Qualifikation für Tätigkeiten mit einem Arbeitsmittel

Im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung wird festgelegt, welche Qualifikation für Tätigkeiten mit einem Arbeitsmittel erforderlich ist, um mechanische Gefährdungen zu vermeiden, wie einschlägige Ausbildung, Erfahrungswissen, zusätzliche Qualifikation, Schulung oder Fortbildung ggf. mit Befähigungsnachweis, systematische Einarbeitung.

Beispiele:

5.3.2 Berechtigungen und Beauftragung zur Durchführung von sicherheitsrelevanten Tätigkeiten

Im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung werden Tätigkeiten identifiziert, bei deren Durchführung eine besondere mechanische Gefährdung für die handelnden Beschäftigten oder für Dritte entstehen kann. Die Gefährdung bei der Durchführung solcher Tätigkeiten wird reduziert durch die Vergabe von Berechtigungen oder die besondere schriftliche Beauftragung ausgewählter Mitarbeiter. Bei der Vergabe von Berechtigungen muss die Qualifikation und die Eignung berücksichtigt werden.

Beispiele:

5.3.3 Festlegen von Arbeitsabläufen und Verhaltensweisen

Durch die Festlegung von sicheren Arbeitsprozessen, Arbeitsabläufen und Verhaltensweisen können die Reihenfolge und der Ablauf von Tätigkeiten so gestaltet werden, dass mechanische Gefährdungen reduziert oder ausgeschlossen sind. Dies umfasst:

  1. Festlegungen zur bestimmungsgemäßen Verwendung von Arbeitsmitteln und Schutzeinrichtungen, durch Arbeits- oder Montageanweisungen wie z. B.
  2. Festlegung von Abläufen, um nicht geeignete Arbeitsmittel wirksam der Verwendung zu entziehen wie z. B.
  3. Festlegung zur gefahrlosen Durchführung von Instandhaltungsmaßnahmen, Reinigungsarbeiten, Störungsbeseitigung, Einrichtarbeiten und sonstigen Tätigkeiten mit erhöhter mechanischer Gefährdung wie z. B.

5.3.4 Erhalten des sicheren Zustandes

Wenn schädigende Einflüsse den Zustand eines Arbeitsmittels so beeinträchtigen können, dass mechanische Gefährdungen entstehen, kann der Arbeitgeber beispielsweise durch folgende Maßnahmen den Erhalt des sicheren Zustands bewirken:

5.3.5 Auswahl und Verwenden von PSA

Reduzieren technische oder andere organisatorische Maßnahmen mechanische Gefährdungen nicht ausreichend, dann hat der Arbeitgeber

  1. zu ermitteln, welche persönliche Schutzausrüstung er den Beschäftigten zur Verfügung stellen muss,
  2. festzulegen, wie der Beschäftigte die zur Verfügung gestellte persönliche Schutzausrüstung zu verwenden hat,
  3. die Beschäftigten zur Benutzung der bereitgestellten persönlichen Schutzausrüstung zu verpflichten und
  4. die Benutzung und die Wirksamkeit der persönlichen Schutzausrüstung zu kontrollieren.

5.4 Personenbezogene Maßnahmen

(1) Benutzung von vorgesehenen Einrichtungen und Hilfsmitteln zum Schutz vor mechanischen Gefährdungen, z. B.:

(2) Tragen der festgelegten persönlichen Schutzausrüstung, z. B.:

(3) Durchsetzen von betrieblichen Anweisungen, z. B.: