(1) Der Arbeitgeber hat die für die Beurteilung der Gefährdung und die Festlegung der Maßnahmen erforderlichen Informationen über alle Tätigkeiten mit atemwegssensibilisierenden Arbeitsstoffen zu beschaffen, die zur Gefährdung der Beschäftigten führen können. Neben § 7 GefStoffV und den §§ 5 - 8 der BioStoffV sind Hinweise in der TRBA 400 "Handlungsanleitung zur Gefährdungsbeurteilung und für die Unterrichtung der Beschäftigten bei Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen" und der TRGS 400 enthalten. Branchen- oder tätigkeitsspezifische Hilfestellungen, die sich auf die aktuelle Fassung des Arbeitsschutzgesetzes, der GefStoffV und/oder der BioStoffV beziehen, können genutzt werden. Die Berücksichtigung atemwegssensibilisierender Stoffe ist Teil der Beurteilung der Arbeitsbedingungen nach § 5 Arbeitsschutzgesetz.
(2) Die Anlage zu dieser TR listet Stoffe bzw. Stoffgruppen auf, die nach arbeitsmedizinischer Erfahrung bekanntermaßen zu Atemwegssensibilisierungen führen können.
(3) Die Ermittlung erfordert Fachkunde. Verfügt der Arbeitgeber nicht selbst über die entsprechenden Fachkenntnisse, so hat er sich durch fachkundige Personen (z. B. Betriebsarzt und/oder Fachkraft für Arbeitssicherheit) beraten zu lassen.
(4) Die ermittelten atemwegssensibilisierenden Gefahrstoffe sind in das Gefahrstoffverzeichnis aufzunehmen. Die atemwegssensibilisierenden biologischen Arbeitsstoffe sind in das Verzeichnis nach § 8 BioStoffV aufzunehmen.
(5) Das Ergebnis der Gefährdungsbeurteilung ist zu dokumentieren.
Ermittelt werden müssen die atemwegssensibilisierenden Wirkungen für alle Arbeitsstoffe. Sensibilisierende Stoffe können auch dann allergische Reaktionen verursachen, wenn sie in Konzentrationen unterhalb der Berücksichtigungsgrenze des Gefahrstoffes im Sicherheitsdatenblatt vorkommen.
(1) Für die Ermittlung stoffbezogener Informationen hat der Arbeitgeber Angaben insbesondere aus folgenden Quellen heranzuziehen: Kennzeichnung gemäß Anhang I der Richtlinie 67/548/EWG, Sicherheitsdatenblatt, technisches Merkblatt, die TRGS 900 und 907 und die jeweils aktuelle MAK- und BAT-Werte-Liste der Deutschen Forschungsgemeinschaft (Kennzeichnung mit "Sa - atemwegssensibilisierender Stoff" oder "Sah - atemwegs- und hautsensibilisierender Stoff"). Die Anlage zu dieser TR enthält die nach derzeitigem Erkenntnisstand relevanten atemwegssensibilisierenden Arbeitsstoffe und deren Vorkommen.
(2) Bei Tätigkeiten entstehende oder freigesetzte Stoffe müssen vom Arbeitgeber selbst hinsichtlich der atemwegssensibilisierenden Wirkungen beurteilt werden. Hierbei muss er analog zu Absatz 1 vorgehen.
(3) Auch bei fehlender Kennzeichnung ist eine Gefährdung nicht auszuschließen. Deshalb ist zu prüfen, ob im Sicherheitsdatenblatt (Kapitel 8 oder 11), in Produktinformationen oder in Branchenregelungen Hinweise auf atemwegssensibilisierende Wirkungen vorliegen. Falls keine ausreichenden Informationen verfügbar sind, muss beim Hersteller bzw. Inverkehrbringer nachgefragt werden, ob solche Erkenntnisse vorliegen.
(1) Biologische Arbeitsstoffe sind nach BioStoffV hinsichtlich ihrer Gefährdung in vier Risikogruppen eingeteilt. Diese Einteilung erfolgt jedoch ausschließlich aufgrund ihres Infektionspotenzials und berücksichtigt nicht die sensibilisierende Wirkung.
(2) Hinweise auf atemwegssensibilisierende Eigenschaften finden sich im Anhang III der EG-Richtlinie 2000/54/EG, in der TRBA 460 "Einstufung von Pilzen in Risikogruppen", in der TRBA 464 "Einstufung von Parasiten in Risikogruppen" und in der TRGS 907. Hinweise auf atemwegssensibilisierende Arbeitsstoffe und deren Vorkommen sind auch in der Anlage zu dieser TR enthalten.
(3) Einige Bakterien (u.a. thermophile Actinomyceten) sowie Pilze und wenige Parasiten können am Arbeitsplatz allergische Atemwegserkrankungen auslösen. Auch nicht lebensfähige Bakterien, Pilze (abgestorbene Zellen, Bruchstücke oder Sporen) und Parasiten oder ihre Bestandteile (z. B. Proteine) können atemwegssensibilisierend wirken. Erfahrungsgemäß führt erst längerfristige Exposition gegenüber atemwegssensibilisierenden biologischen Arbeitsstoffen in hoher Konzentration zu einer Sensibilisierung bis hin zu schwerwiegenden allergischen Erkrankungen.
Kosmetika, Lebensmittel und -zusatzstoffe, Futtermittel und -zusatzstoffe, Arzneimittel, Medizinprodukte, Tabakerzeugnisse, Abfälle, Abwässer und Altöle können trotz fehlender Kennzeichnungspflicht eine atemwegssensibilisierende Wirkung aufweisen. Gleiches gilt für Bestandteile von Pflanzen und Tieren.
(1) Der Arbeitgeber hat zu ermitteln
(2) Erfahrungen aus vergleichbaren Tätigkeiten, Expositionen und bekannten tätigkeitsbezogenen Erkrankungen sind zu berücksichtigen. Aufgrund anderer Gefährdungen ergriffene Maßnahmen sind ebenfalls zu beachten.
(3) Hinweise auf Tätigkeiten, bei denen eine Exposition gegenüber atemwegssensibilisierenden biologischen Arbeitsstoffen zu erwarten ist, sind in der Anlage zu dieser TR aufgeführt. Schimmelpilze und spezielle Bakteriengattungen (u.a. Actinomyceten) treten überall da auf, wo für sie geeignete Vermehrungsbedingungen (z. B. Feuchtigkeit, organisches Material) vorhanden sind.
(1) Exposition gegenüber atemwegssensibilisierenden Arbeitsstoffen erfolgt durch Aerosole (Stäube, Nebel, Rauche), Gase, Dämpfe. Bioaerosole sind luftgetragene Flüssigkeitströpfchen oder feste Partikel, die aus biologischen Arbeitsstoffen oder deren Stoffwechselprodukten bestehen oder mit ihnen behaftet sind. Wegen ihrer geringen Größe (typischerweise 0,1 - 10 Mikrometer) schweben sie in der Luft und können eingeatmet werden.
(2) Das Ausmaß der Exposition gegenüber atemwegssensibilisierenden Arbeitsstoffen ergibt sich aus der Konzentration eines Stoffes in der Luft am Arbeitsplatz und dem gegebenen Zeitraum. Arbeitsplatzgrenzwerte für Gefahrstoffe berücksichtigen in der Regel nur die toxischen Eigenschaften, nicht aber die sensibilisierenden Eigenschaften. Für biologische Arbeitsstoffe sind derzeit keine Grenzwerte aufgestellt.
(3) Höhere Expositionen können sich bei Verfahren ergeben, in denen Wärme entsteht oder zugeführt wird, z. B. bei der Härtung von Epoxidharzen mit Dicarbonsäureanhydriden in Öfen. Die Arbeitsstoffe können zudem durch thermische Effekte weit im Raum verteilt werden.
(4) Bei Wartungs-, Instandhaltungs- und Reinigungsarbeiten können erhöhte Expositionen auftreten.
(5) Eine erhöhte Atemfrequenz (z. B. bei schwerer körperlicher Arbeit) steigert die inhalative Aufnahme von sensibilisierenden Arbeitsstoffen.
(6) Obwohl Dieselmotoremissionen selbst keine eigenständigen Allergene darstellen, wird die Auslösung von Beschwerden bei bereits Sensibilisierten durch die Exposition gegenüber Dieselmotoremissionen begünstigt.
(1) Der Arbeitgeber hat auf der Grundlage der ermittelten Informationen die Gefährdung zu beurteilen und die erforderlichen Maßnahmen festzulegen. Hierbei ist die Notwendigkeit bzw. Möglichkeit einer Substitution zu prüfen.
(2) Bei der Zusammenarbeit mehrerer Firmen sind § 8 ArbSchG und § 17 GefStoffV zu beachten.
(3) Die Gefährdungsbeurteilung ist vor Aufnahme der Tätigkeiten durchzuführen und danach zu aktualisieren bei maßgeblichen Veränderungen (z. B. bzgl. Stoffbewertung, Einstufung, Arbeitsbedingungen) sowie bei Hinweisen aus den Ergebnissen der arbeitsmedizinischen Vorsorge oder dem Auftreten einer arbeitsplatzbezogenen Atemwegssensibilisierung.
(4) Eine Zuordnung zu einer Schutzstufe nach GefStoffV bzw. nach BioStoffV allein aufgrund der atemwegssensibilisierenden Wirkungen ist nicht hinreichend. Spezifische Schutzmaßnahmen werden in Nummer 4 aufgeführt.