(1) Der Arbeitgeber muss sicherstellen, dass den Beschäftigten vor Aufnahme der Tätigkeit eine schriftliche Betriebsanweisung zugänglich gemacht wird, die der Informationsermittlung und Gefährdungsbeurteilung nach § 6 GefStoffV Rechnung trägt. Die Betriebsanweisung ist in einer für die Beschäftigten verständlichen Form und Sprache abzufassen. Sie ist an geeigneter Stelle an der Arbeitsstätte – möglichst in Arbeitsplatznähe – zugänglich zu machen.
(2) Betriebsanweisungen sind arbeitsplatz-, tätigkeits- und stoffbezogene verbindliche schriftliche Anordnungen und Verhaltensregeln des Arbeitgebers an Beschäftigte. Sie dienen dem Schutz vor Unfallgefahren, Gesundheits-, Brand- und Explosionsgefährdungen sowie dem Schutz der Umwelt bei Tätigkeiten mit Gefahrstoffen. Für Tätigkeiten, bei denen Gefahrstoffe erst entstehen oder freigesetzt werden (z. B. Holzbearbeitung, Löten und Schweißen, Schneiden von Steinen) sind ebenfalls Betriebsanweisungen zu erstellen.
(3) Es kann zweckmäßig sein, Betriebsanweisungen in einen stoff- und tätigkeitsspezifischen Teil (Eigenschaften des Stoffes, Gefährdungen durch den Stoff, spezifische Schutzmaßnahmen usw.) sowie in einen betriebsspezifischen Teil (Alarmplan, Notrufnummern, zu benachrichtigende Personen, Verhalten bei Betriebsstörungen usw.) aufzuteilen. Einem betriebsspezifischen Teil können mehrere stoffbezogene Teile zugeordnet werden.
(4) Die Beschäftigten haben Betriebsanweisungen zu beachten.
(5) Verantwortlich für die Erstellung von Betriebsanweisungen ist der Arbeitgeber. Er kann sich dabei von Fachkräften für Arbeitssicherheit, Betriebsärzten oder anderen Fachleuten (z. B. Arbeitsschutzbehörden, Unfallversicherungsträger, Beratungsfirmen) beraten lassen.
(6) Basis für die Erstellung von Betriebsanweisungen sind die Ergebnisse der Gefährdungsbeurteilung gemäß TRGS 400. Auch mögliche Betriebsstörungen sind zu berücksichtigen. In Bezug auf die Schutzmaßnahmen sind bei der Erstellung von Betriebsanweisungen insbesondere zu beachten:
Zusätzlich können auch weitere Informationen, wie z. B. Technische Merkblätter herangezogen werden.
(7) Betriebsanweisungen sind an neue Erkenntnisse anzupassen und müssen entsprechend dem Stand der Gefährdungsbeurteilung aktualisiert werden.
(8) Die Betriebsanweisungen sind sprachlich so zu gestalten2, dass die Beschäftigten die Inhalte verstehen und bei ihren betrieblichen Tätigkeiten anwenden können. Für Beschäftigte, die die deutsche Sprache nicht ausreichend verstehen, sind die Betriebsanweisungen in einer für sie verständlichen Sprache abzufassen. Daraus ergibt sich jedoch nicht zwangsläufig, dass eine Betriebsanweisung in der Muttersprache der Beschäftigten abgefasst sein muss.
2 Hilfestellung siehe z. B. Publikation des Bundesministerium für Arbeit und Soziales, 11017 Berlin, Leichte Sprache, April 2014, Best.-Nr.: A 752 (http://www.bmas.de/SharedDocs/Downloads/DE/PDF-Publikationen/a752-ratgeber-leichte- sprache.pdf?__blob=publicationFile&v=2)
(9) Es sind klare und eindeutige Angaben erforderlich, die in praktisches Verhalten oder Handeln umgesetzt werden können. Dementsprechend sind Sammelbegriffe wie z. B. "Atemschutz", "Schutzbrille" zu konkretisieren, wenn unterschiedliche Typen der Schutzausrüstung im Betrieb zur Verfügung stehen. Unbestimmte Begriffe, wie z. B. "regelmäßig", "ausreichend", "gelegentlich" sollen nicht verwendet werden. Gebote sollten durch "müssen", Verbote durch "dürfen nicht" oder deren Umschreibungen ausgedrückt werden.
(10) Die äußere Form der Betriebsanweisung ist nicht festgelegt. Allerdings fördert die einheitliche Gestaltung von Betriebsanweisungen innerhalb einer Betriebsstätte den Wiedererkennungseffekt für die Beschäftigten. Durch eine logische und übersichtliche Darstellung kann die Akzeptanz und Verständlichkeit gefördert werden. Die Verwendung von Piktogrammen und Symbolschildern wird empfohlen, insbesondere nach der Arbeitsstättenregel ASR A1.3 "Sicherheits- und Gesundheitsschutzkennzeichnung".
(11) Sind neben der Betriebsanweisung nach GefStoffV weitere Anweisungen auf der Grundlage anderer Rechtsvorschriften erforderlich (z. B. BetrSichV, BioStoffV), so können diese unter Wahrung aller erforderlichen Schutzziele zu einer Betriebsanweisung zusammengefasst werden.
(12) Musterbetriebsanweisungen (z. B. Vorlagen für bestimmte Branchen) oder automatisch generierte Betriebsanweisungen sind an die betriebsspezifischen Gegebenheiten anzupassen und dementsprechend zu ergänzen.
(13) Sind viele Gefahrstoffe (z. B. in Lackiererbetrieben, Lagerbereichen oder Laboratorien3) vorhanden, ist es zulässig, nicht für jeden einzelnen Gefahrstoff eine eigenständige Betriebsanweisung, sondern Gruppen- bzw. Sammelbetriebsanweisungen zu erstellen. Voraussetzung ist, dass bei Tätigkeiten mit diesen Stoffen ähnliche Gefährdungen bestehen und vergleichbare Schutzmaßnahmen gelten.
3 unter Berücksichtigung der Einschränkungen der TRGS 526 "Laboratorien"
Betriebsanweisungen umfassen folgende Inhalte:
Der Anwendungsbereich der Betriebsanweisung ist durch Bezeichnung des Betriebes, des Arbeitsbereiches, des Arbeitsplatzes und der Tätigkeit festzulegen.
(1) In Betriebsanweisungen sind Gefahrstoffe mit der den Beschäftigten bekannten Bezeichnung zu benennen. Bei Gemischen und Erzeugnissen sind dies in der Regel die Handelsnamen.
(2) Bei Gemischen wird empfohlen, die gefahrbestimmende(n) Komponente(n) zusätzlich zu benennen (z. B.: "enthält: Diphenylmethan-diisocyanat").
(1) Es sind die bei den Tätigkeiten mit Gefahrstoffen möglichen Gefahren zu beschreiben, die sich aus der Gefährdungsbeurteilung ergeben haben. Dementsprechend sind die Gefahrenhinweise (H-Sätze) und ergänzenden Gefahrenhinweise (EUH-Sätze)4 im Wortlaut oder sinnvoll umschrieben anzugeben.
4 Gefahrenhinweise und ergänzende Gefahrenhinweise ("Hazard Statements" und "Supplemental Hazard Statements") nach Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 (CLP-Verordnung)
(2) Falls für den Arbeitsplatz/die Tätigkeit relevant, sollen sonstige Gefährdungen aufgenommen werden, die zwar keine Einstufung bewirken, sich aber z. B. aus betrieblichen Erfahrungen oder dem Unterabschnitt 2.3 des entsprechenden Sicherheitsdatenblatts ergeben, wie Staubbelastung, Staubexplosions- und Brandgefährdung, Erstickungs-, Erfrierungs-, Verbrennungsgefahr und weitere Gefährdungen für Mensch und Umwelt.
(3) Gefahrenpiktogramme nach Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 sollten ergänzend zum Text verwendet werden.
(4) Sofern Gebinde verwendet werden, die im Einklang mit TRGS 201 noch mit einer "alten" Kennzeichnung nach den EG-Richtlinien versehen sind, kann eine Betriebsanweisung mit den entsprechenden Gefahrenhinweisen und Symbolen weiter verwendet werden.
(1) Die notwendigen Schutzmaßnahmen und Verhaltensregeln, die der Beschäftigte zu seinem eigenen Schutz und zum Schutz der anderen Beschäftigten am Arbeitsplatz zu beachten hat, sind zu beschreiben. Sie sollten untergliedert werden in:
(2) Es wird empfohlen, auch auf Beschäftigungsbeschränkungen und Einschränkungen bei der Verwendung hinzuweisen.
(1) Soweit nicht anders geregelt sind die Maßnahmen anzugeben, die von Beschäftigten, insbesondere von Rettungsmannschaften im Gefahrenfall, bei Betriebsstörungen, Unfällen und Notfällen (z. B. ungewöhnlicher Druck- oder Temperaturanstieg, Leckage, Brand, Explosion) durchzuführen sind.
(2) Angegeben werden sollte hier insbesondere:
(3) Auf bestehende Alarmpläne sowie Flucht- und Rettungspläne kann hingewiesen werden.
(1) Die Beschreibung der Maßnahmen zur Ersten Hilfe sollte untergliedert werden nach:
(2) Anzugeben sind die vor Ort zu leistenden Maßnahmen. Es soll klar angegeben werden, wann ein Arzt hinzuzuziehen ist und welche Maßnahmen zu unterlassen sind.
(3) Innerbetriebliche Regelungen für den Fall der Ersten Hilfe sind zu berücksichtigen. Insbesondere sind Hinweise zu geben auf:
(1) Die erforderlichen Schutzmaßnahmen und Verhaltensregeln für die sachgerechte Entsorgung von Abfällen, die betriebsmäßig entstehen (z. B. Produktionsreste, Abfälle aus Reinigungsvorgängen, Verpackungsabfälle) oder bei Störungen entstehen können (z. B. Fehlchargen, Leckagemengen) und Gefahrstoffe im Sinne der GefStoffV sind, sollten beschrieben werden. Dabei sind Hinweise zu geben auf geeignete:
(2) Ist der Vorgang der Entsorgung die eigentliche Tätigkeit, kann es notwendig sein, dafür eine eigenständige Betriebsanweisung zu erstellen.
Viele Informationen für die Erstellung von Betriebsanweisungen können dem Sicherheitsdatenblatt entnommen werden. Das Sicherheitsdatenblatt ist dabei gemäß TRGS 400 auf offensichtlich unvollständige, widersprüchliche oder fehlerhafte Angaben zu überprüfen. Der Arbeitgeber prüft im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung, ob die entnommenen Informationen für die Tätigkeit mit dem Gefahrstoff in seinem Betrieb angemessen sind. Falls nicht, müssen die Angaben entsprechend angepasst oder ergänzt werden.
Das Schema im Anhang erläutert, welche Inhalte des Sicherheitsdatenblatts für die einzelnen Abschnitte der Betriebsanweisung verwendet werden können.