(1) Die anhand der erforderlichen Klassifizierungsstufen festgelegte Zuverlässigkeit kann auf unterschiedliche Weise realisiert werden. Bei der Bewertung der Klassifizierungsstufe einer Ex-Einrichtung ist immer die gesamte Kette (Sensor/Signalverarbeitung/Aktor) zu betrachten.
(2) Werden Methoden der funktionalen Sicherheit eingesetzt, sind die in Abschnitt 4.1 dargestellten Anforderungen entsprechend der angegebenen technischen Standards der funktionalen Sicherheit umzusetzen. Die Anforderungen an die Zuverlässigkeit von Ex-Einrichtungen werden durch diese Umsetzung erfüllt.
(3) Die Umsetzung kann alternativ auch nach der in Abschnitt 4.2 beschriebenen Vorgehensweise dieser TRGS erfolgen.
(1) Erfolgt die Bewertung der Ex-Einrichtung nach den Methoden der funktionalen Sicherheit, z. B. entsprechend der DIN EN 61511-1:2019, der DIN EN 62061 (VDE 0113-50):2016, der DIN EN ISO 13849-1:2016 oder der DIN EN ISO 80079-37:2016, können den Ex-Einrichtungen entsprechend Tabelle 3 die folgenden Klassifizierungsstufen zugeordnet werden:
Tabelle 3: Anforderungen an die funktionale Sicherheit in Abhängigkeit von der Klassifizierungsstufe
Zugrunde liegende Norm |
Anforderung für Klassifizierungsstufe | ||
K3 | K2 | K1 | |
DIN EN 61511 | SIL1 3 | SIL1 2 | PLT-Betriebseinrichtung als Schutzebene oder SIL1 1 |
DIN EN 62061 | SIL1 3 | SIL1 2 | SIL1 1 |
DIN ISO 13849-1 | PL2 e | PL2 d | PL2 c, b3 |
DIN ISO 80079-374 | – | b2 | b1 |
VDI/VDE 2180 | SIL1 3 | SIL1 2 | PLT BS5 oder SIL1 1 |
1 | SIL, Safety Integrity Level |
2 | PL, Performance Level Der Performance Level beschreibt die Anforderungen an die funktionale Sicherheit der sicherheitstechnischen Funktionen, wobei der Performance Level e den höchsten Grad der Sicherheitsintegrität, der Performance Level b den niedrigsten darstellt. |
3 | nach DIN EN ISO 13849-1: Kategorie B oder 1, MFTT mittel |
4 | Zündquellenüberwachung |
5 | Betriebseinrichtung mit Sicherheitsfunktion |
(2) Für Ex-Einrichtungen, die nach den Methoden der funktionalen Sicherheit ausgeführt werden, sind die Vorgaben der funktionalen Sicherheit der einschlägigen Normen (vgl. Literaturverzeichnis TRBS 1115) für die jeweilige Ex-Einrichtung einzuhalten. Kommen unterschiedliche Normen bei der Auslegung in einer Ex-Einrichtung zur Anwendung, ist die Zusammenschaltung der Funktionseinheiten im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung zu bewerten.
(3) Innerhalb einer Ex-Anlage können auch unterschiedliche Methoden der funktionalen Sicherheit zur Umsetzung unterschiedlicher Ex-Einrichtungen verwendet werden.
(4) Ex-Einrichtungen sind vor erstmaliger Inbetriebnahme sowie vor Wiederinbetriebnahme nach prüfpflichtigen Änderungen im Rahmen der Prüfung der Explosionssicherheit und wiederkehrend nach Anhang 2 Abschnitt 3 BetrSichV zu prüfen. Nähere Information hierzu siehe auch TRBS 1115.
(1) Eine Ex-Einrichtung setzt sich aus einer oder mehreren Funktionseinheiten zusammen, die in der Gesamtheit die festgelegte Klassifizierungsstufe erfüllen müssen. Funktionseinheiten können einfach oder komplex sein.
(2) In Abhängigkeit der nach Abschnitt 3 ermittelten Zuverlässigkeit werden an die technische Ausführung der Ex-Einrichtung unterschiedliche Anforderungen gestellt (s. Tabelle 4). Als hinsichtlich ihrer Zuverlässigkeit geeignet können auch Funktionseinheiten angesehen werden, für die der Hersteller der Funktionseinheit eine entsprechende SIL capability nach DIN EN 61508 bzw. ein SIL claim limit nach DIN EN 62061 oder einen Performance Level (PL) nach DIN EN ISO 13849-1 bescheinigt hat. Die Anforderungen an die Ex-Einrichtung nach Tabelle 4 bleiben hiervon unberührt.
(3) Die Zuverlässigkeit der Funktionseinheiten ist durch geeignete Maßnahmen zur Fehlervermeidung oder Fehlerbeherrschung sicherzustellen. Dabei sind die Betriebsbedingungen und vorgesehenen Wartungen oder Kontrollen zu beachten. Dies wird durch die Berücksichtigung der allgemeinen Anforderungen nach Anhang 2 erreicht.
(4) Die Anforderungen an die Umsetzung von Klassifizierungsstufen sind in Tabelle 4 festgelegt.
Tabelle 4: Anforderungen an die Ex-Einrichtung bzw. Funktionseinheit.
Klassifizierungsstufe | K3 | K2 | K1 |
erforderliche Fehlersicherheit Hardwarefehlertoleranz (HFT) |
Zweifehlersicherheit (HFT = 2; 1oo3)1 |
Einfehlersicherheit (HFT = 1; 1oo2 oder 2oo3)1 |
Im Normalbetrieb sicher (HFT = 0; 1oo1) |
1 Bei Nachweis der Betriebsbewährtheit/Betriebsbewährte Technik (siehe Anhang 3) kann hier die HFT um eine Stufe reduziert werden (HFT = 1; 1oo2 oder 2oo3 statt HFT = 2 bzw. HFT = 0; 1oo1 statt HFT = 1).
(1) Bei Verwendung einfacher Funktionseinheiten kann von einer ausreichenden Zuverlässigkeit der Ex-Einrichtung ausgegangen werden, wenn
(2) Beim Einsatz komplexer Funktionseinheiten kann von einer ausreichenden Zuverlässigkeit der Ex-Einrichtung ausgegangen werden, wenn die nachfolgenden Anforderungen eingehalten sind:
Ein quantitativer Nachweis der Zuverlässigkeit (z. B. rechnerischer Nachweis) solcher Installationen ist nicht erforderlich. Eine einkanalige Ausführung ist ausreichend.
(3) Sofern Prozessleitsysteme (PLS) oder speicherprogrammierbare Steuerungen (SPS) Teil einer Ex-Einrichtung sind, müssen mindestens nachfolgende Aspekte berücksichtigt werden:
a) | Ausfall zentraler Hardwarekomponenten (Prozessoren, Kommunikationsschnittstellen), |
b) | Spannungsausfall, |
c) | Programmierfehler, |
d) | Cyberbedrohung. |
(4) Für PLS/SPS sind die zentralen Risiken zu betrachten und, soweit erforderlich, durch Festlegung von technischen und organisatorischen Maßnahmen zu minimieren. Für eine ausreichende Zuverlässigkeit ist es hinreichend, wenn insbesondere folgende Randbedingungen gegeben sind:
(5) PLT-Stellen-spezifische Risiken betreffen Hardware bzw. Softwarefehler einzelner PLT-Stellen. Das Auftreten von Hardwarefehlern wird auf Grund der Verwendung von im Betrieb eingesetzter Komponenten und der vorliegenden Betriebserfahrung als ausreichend selten eingestuft. Fehler bei der Herstellung oder Änderung der Anwendersoftware werden ausreichend vermieden, wenn insbesondere folgende Randbedingungen gegeben sind:
(6) Anwendungsbeispiel zur Realisierung der Klassifizierungsstufe K1:
Eine Ex-Einrichtung (K1)
Abbildung 9: Ex-Einrichtung in der Klassifizierungsstufe K1; Reihenschaltung der Funktionseinheiten Sensor (K2), Verarbeitung (K1) und Aktor (K1)
(1) Für einfache Funktionseinheiten in Ex-Einrichtungen mit erhöhter Zuverlässigkeit (hoch oder dauerhaft sichergestellt) gelten die Anforderungen von Abschnitt 4.2.2 analog.
Beispiel: Ex-Einrichtung der Klassifizierungsstufe K2 mit betriebsbewährten Komponenten
Eine Ex-Einrichtung (K2)
Abbildung 10: Ex-Einrichtung in der Klassifizierungsstufe K2 – Reihenschaltung der Funktionseinheiten Sensor (K2), Verarbeitung (K2) und Aktor (K2)
Wenn die Ex-Einrichtung der Abbildung 10: Ex-Einrichtung in der Klassifizierungsstufe K2 – Reihenschaltung der Funktionseinheiten Sensor (K2), Verarbeitung (K2) und Aktor (K2). die Klassifizierungsstufe K2 erfüllen soll, müssen die Funktionseinheiten Sensor, Verarbeitung und Aktor jedes für sich die Klassifizierungsstufe K2 erfüllen. Dies ist möglich durch Verwendung von Funktionseinheiten, deren Zuverlässigkeit mindestens als "hoch" festgelegt wurde.
(2) Komplexe Funktionseinheiten der Klassifizierungsstufen K2 und K3 können nur verwendet werden, wenn diese durch den Hersteller oder durch den Arbeitgeber hinsichtlich ihrer Zuverlässigkeit bewertet sind. Informationen zur Bewertung der Signalverarbeitung können Anhang 2 entnommen werden, Hinweise zur Betriebsbewährung von Sensoren und Aktoren finden sich in Anhang 3.
(3) Wird bei komplexen Ex-Einrichtungen die geforderte Zuverlässigkeit durch die Ex-Einrichtung in Gänze oder in Teilen nicht unmittelbar erreicht, kann die Zuverlässigkeit durch zusätzliche Ex-Einrichtungen, wie beispielsweise vollständige oder teilweise Redundanz, erhöht werden (s. Abbildung 11).
Ex-Einrichtung (K2)
Abbildung 11: Zwei Ex-Einrichtungen der Klassifizierungsstufe K1 (unabhängige Redundanz) und einer resultierenden Klassifizierungsstufe 2
(4) Erfüllen nicht alle Funktionseinheiten die Klassifizierungsstufe K2, kann durch Redundanz dieser Funktionseinheiten die Zuverlässigkeit verbessert werden. Indem zu den Elementen "Verarbeitung" und "Aktor" jeweils ein redundantes funktionsidentisches Element geschaltet wird oder indem zu den Elementen "Verarbeitung" und "Aktor" ein gemeinsames Element parallelgeschaltet wird, welches die Funktion der Elemente Verarbeitung und Aktor übernimmt. Letzterer Fall ist in der Abbildung 12 dargestellt und kann wie in Abbildung 13 und Abbildung 14 zusammengefasst werden. Die Zusammenfassungen von Funktionseinheiten verdeutlichen die Anwendung der Tabelle 5 (die Ex-Einrichtung erfüllt die Klassifizierungsstufe K2).
Eine Ex-Einrichtung (K2)
Abbildung 12: Ex-Einrichtung der Klassifizierungsstufe K2 – Reihenschaltung der Funktionseinheit Sensor (a: K2) mit Parallelschaltung von Funktionseinheiten Verarbeitung (b/d: K1) und Aktor (c/e: K1) in einer aktiven Redundanz
Eine Ex-Einrichtung (K2)
Abbildung 13: Ex-Einrichtung der Abbildung 12 mit der Zusammenfassung der Funktionseinheiten Verarbeitung (K1) und Aktor (K1) zu einer gemeinsamen Funktionseinheit (Verarbeitung + Aktor: b+c bzw. d+e)
Eine Ex-Einrichtung (K2)
Abbildung 14: Ex-Einrichtung der Abbildung 13 mit der Zusammenfassung der Funktionseinheiten (Verarbeitung + Aktor: b/c und d/e) nach Tabelle 5 zu einer gemeinsamen Funktionseinheit (b + c)//(d+e) mit der Klassifizierungsstufe K2
Beispiele für derartige Fälle finden sich in Abbildung 15 und Abbildung 16.
Ex-Einrichtung (K2)
Abbildung 15: Ex-Einrichtung mit Klassifizierungsstufe K2 (bei Realisierung in einem gemeinsamen Prozessleitsystem unter Berücksichtigung von Abschnitt 4.2.3 Absatz 6)
Ex-Einrichtung (K2)
Abbildung 16: Ex-Einrichtung mit Klassifizierungsstufe K2 (bei Realisierung in einem gemeinsam Prozessleitsystem unter Berücksichtigung von Abschnitt 4.2.3 Absatz 6)
(5) Erfolgt die Umsetzung von zwei oder drei Klassifizierungsstufen durch redundante Ex-Einrichtungen, müssen diese grundsätzlich unabhängig sein. Abweichungen hiervon sind nur dann zulässig, wenn dies in der Gefährdungsbeurteilung nach § 6 Absatz 9 GefStoffV (Explosionsschutzdokument) begründet wird.
Tabelle 5: Resultierende Klassifizierungsstufe bei redundanten Ex-Einrichtungen
Klassifizierungsstufe einer Ex-Einrichtung |
Klassifizierungsstufe der zweiten Ex-Einrichtung |
Resultierende Klassifizierungsstufe |
K11 | K11 | K22 |
K2 | K11 | K33,4 |
1 | Eine Ausführung in bewährter Technik nach Anhang 2 ist ausreichend. |
2 | Mit zwei Ex-Einrichtungen kann unter Verwendung eines gemeinsamen Prozessleitsystems (PLS) die Klassifizierungsstufe K2 erreicht werden, wenn die unter Abschnitt 4.2.3 Absatz 6 beschriebenen Anforderungen erfüllt sind. |
3 | Klassifizierungsstufe K3 ist durch Bildung einer Kombination von einer Ex-Einrichtung mit maximal einer weiteren Ex-Einrichtung in Ausführung in bewährter Technik nach Anhang 2 zulässig. |
4 | Klassifizierungsstufe K3 ist allein durch eine Kombination von Maßnahmen im Prozessleitsystem (PLS) nicht möglich. |
(6) Bei der Umsetzung einer Ex-Einrichtung mit der Klassifizierungsstufe K2 in einem Prozessleitsystem (PLS) muss das Leitsystem nicht redundant ausgeführt sein (s. a. Abbildung 15 bis 17), wenn die Gefährdungsbeurteilung nach Abschnitt 3.2 unter Verwendung der TRGS 720 bis TRGS 724 ergeben hat, dass
(7) Zusätzlich zu den Anforderungen nach Anhang 2 Absatz 7 muss für das PLS hierzu in der Gefährdungsbeurteilung festgestellt worden sein, dass
Ex-Einrichtung (K2)
Abbildung 17: Ex-Einrichtung der Klassifizierungsstufe K2 bei Realisierung als redundante Einrichtungen in einem gemeinsamen Prozessleitsystem
(1) Eine abhängige Ex-Einrichtung nutzt Elemente der redundanten Ex-Einrichtung (z. B. Mehrfachbenutzung von Sensor 1 in Abbildung 15).
(2) Im Falle der abhängigen Funktionseinheiten sind höhere Anforderungen an die Zuverlässigkeit der abhängigen Funktionseinheiten (in Abbildung 18: an den Sensor 1) oder an die Prüffrist zu stellen. Abhängige Funktionseinheiten müssen in einer Zuverlässigkeitsstufe höher ausgeführt sein, als dies bei unabhängigen Funktionseinheiten erforderlich wäre (s. Tabelle 4). Alternativ ist die Prüffrist so zu wählen, dass der Ausfall der Ex-Einrichtung so rechtzeitig erkannt wird, dass Maßnahmen zur Aufrechterhaltung der Sicherheit getroffen werden können. Die Anforderungen an eine veränderte Prüffrist ist in der Gefährdungsbeurteilung zu dokumentieren. Anforderungen für erhöhte Anforderungen an Leitsysteme sind in 4.2.3 Absatz 6 beschrieben.
Eine Ex-Einrichtung (K1)
Abbildung 18: Ex-Einrichtung mit einem abhängigen Sensor
(3) Für Funktionseinheiten, die im Betriebskonzept auch hinsichtlich des Explosionsschutzes verwendet werden, sind keine erhöhten Anforderungen notwendig. Satz 1 gilt nur dann, wenn der Prozess bei Ausfall der Funktionseinheiten nicht in einen unsicheren Zustand übergeht. Dies ist z. B. der Fall, wenn ein Ausfall erkannt wird, bevor gefahrbringende, explosionsschutzrelevante Abweichungen auftreten.