3 Informationsermittlung und Gefährdungsbeurteilung

3.1 Allgemeines

(1) Der Arbeitgeber darf eine Tätigkeit mit Gefahrstoffen erst aufnehmen lassen, nachdem eine Gefährdungsbeurteilung durchgeführt und die erforderlichen Schutzmaßnahmen getroffen wurden.

(2) Die Gefährdungsbeurteilung darf nur von fachkundigen Personen durchgeführt werden. Verfügt der Arbeitgeber nicht selbst über die entsprechenden Kenntnisse, so hat er sich fachkundig beraten zu lassen.

(3) Grundlegende Anforderungen zur Fachkunde für die Erstellung der Gefährdungsbeurteilung sind in der TRGS 400 beschrieben.

(4) Darüber hinaus sind z. B. folgende besondere Kenntnisse erforderlich:

  1. Einstufung von organischen Peroxiden gemäß CLP-Verordnung,
  2. Zuordnung von organischen Peroxiden zu Gefahrgruppen,
  3. Besondere Eigenschaften, z. B. thermische Instabilität, unkontrollierte Zersetzung, Selbstentzündungsfähigkeit, Brandverhalten oder Detonationsfähigkeit organischer Peroxide,
  4. Explosionsschutz im Sinne der TRGS der 720er Reihe,
  5. Zugehöriges sicherheitstechnisches Regelwerk, z. B. DGUV-Information 213-069 und 213-096.

Welche Maßnahmen im konkreten Einzelfall zu treffen sind, ist abhängig vom Ergebnis der Gefährdungsbeurteilung nach TRGS 400 oder sonstigen stoff- oder tätigkeitsspezifischen TRGS, insbesondere der TRGS 500 und dieser TRGS.

 

3.2 Inhärente Brand- und Explosionsgefahren organischer Peroxide

(1) Die Beurteilung der Brand- und Explosionsgefahren organischer Peroxide erfolgt auf der Grundlage der durchzuführenden Gefahrgruppenzuordnung. Die Zuordnung organischer Peroxide erfolgt gemäß Anhang III Nummer 2.3 der Gefahrstoffverordnung durch die Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM). Die BAM führt eine Liste der bereits vorgenommenen Gefahrgruppenzuordnungen und veröffentlicht diese auf ihrer Homepage. Gegen Kostenerstattung kann diese Liste auch bei der BAM angefordert werden. Die Liste der zugeordneten Gefahrgruppen wird durch die BAM aktualisiert.

(2) Die Gefahrgruppenzuordnungen nach Absatz 1 gelten nur in Verbindung mit den dort genannten Verpackungsmethoden und für Großpackmittel, sie gelten nicht für Verpackungen aus Metall. Großpackmittel (IBC) aus Metall oder mit vollwandigem Metallgehäuse müssen über ausreichend dimensionierte Druckentlastungseinrichtungen und über eine gefahrgutrechtliche Zulassung verfügen.

(3) Ergibt die Prüfung, dass die Gefahrgruppenzuordnung nach Absatz 1 nicht zutreffend ist, müssen die Beurteilung der Gefährdung sowie die Festlegung der erforderlichen Schutzmaßnahmen unter Berücksichtigung

  1. der Eigenschaften und sicherheitstechnischen Kenndaten der organischen Peroxide, und
  2. der mechanischen, elektrostatischen, thermischen, werkstoffseitigen und sonstigen Beanspruchungen, denen die organischen Peroxide bei der Herstellung und Verwendung ausgesetzt sein können unter besonderer Berücksichtigung einer möglichen Verdämmung erfolgen.

Hierbei ist zu beachten, dass sowohl beim Herstellen als auch beim Be- oder Verarbeiten eines organischen Peroxids verschiedene Betriebszustände durchlaufen werden. Ein Wechsel eines Betriebszustandes tritt insbesondere dann ein, wenn sich die Art oder die Konzentration des organischen Peroxids in der Reaktionsmischung, der Aggregatzustand, die Temperatur, Produktmenge oder die apparativen Bedingungen durch die verfahrenstechnischen Schritte ändern.

(4) Wird beabsichtigt, organische Peroxide in Stahlfässer (Codierung 1A2 oder 1A1) gemäß den Bestimmungen der Gefahrgutvorschriften einzusetzen, so ist für die jeweilige Kombination von Produkt und Verpackung die Gefahrgruppe von der BAM zu bestimmen.

(5) Bestehen hinsichtlich der Zuordnung zu einer Gefahrgruppe Zweifel, so entscheidet die BAM.

(6) Für Tanks ist eine Einzelbetrachtung notwendig.

(7) Für die Beurteilung der Brand- und Explosionsgefahren sind die festgelegten Gefahrgruppen, die eingesetzten Massen der organischen Peroxide sowie die räumlichen und baulichen Gegebenheiten zu berücksichtigen.

(8) Der Arbeitgeber hat bei der Beurteilung der organischen Peroxide und ihrer Zwischenprodukte beim Herstellen und Verwenden zu prüfen, ob deren Gefährlichkeit einer Gefahrgruppenzuordnung nach Absatz 1 entspricht. Von den verschiedenen Betriebszuständen können unterschiedliche Gefährdungen verursacht werden. Hieraus ergibt sich, dass die Zwischenprodukte in den jeweiligen Betriebszuständen oft nicht durch die Gefahrgruppe des jeweiligen organischen Peroxids in seiner Verpackung charakterisiert werden.

(9) Zur Prüfung der Zwischenprodukte auf explosive Eigenschaften und thermische Stabilität sind die Verfahren zu verwenden, die in den "Manual of Tests and Criteria", (Handbuch Prüfungen und Kriterien) der Vereinten Nationen veröffentlicht sind. Sie sind entsprechend der CLP-Verordnung zu kennzeichnen.

 

3.3 Gefahrgruppenzuordnung

(1) Die Feststellung der Gefahrgruppe (OP I bis OP III) erfolgt grundsätzlich nach dem in der Sprengstofflager-Richtlinie SprengLR 011 beschriebenen Verfahren.

(2) Abweichend hiervon können bei flüssigen organischen Peroxiden die Gefahrgruppen nach der Prüfmethode in Anhang 2 dieser TRGS und eingeschränkt für feste organische Peroxide nach Anhang 3 dieser TRGS ermittelt werden. Sofern keine eindeutige Gefahrgruppenzuordnung möglich ist, ist die Prüfmethode gemäß Absatz 1 anzuwenden.

 

3.4 Tätigkeitsbedingte Brand- und Explosionsgefahren

Die Bildung gefährlicher, explosionsfähiger Gemische ist entsprechend der einschlägigen Regeln TRGS 720, 721, 722, 723, 724, 725 und 727 zu ermitteln und Schutzmaßnahmen festzulegen. Soweit in der Gefährdungsbeurteilung Maßnahmen zur Lüftung festgelegt sind, muss der Arbeitgeber festlegen, ob und mit welcher Zuverlässigkeit die Funktion der Lüftung zu überwachen ist. Im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung sind die explosionsgefährdeten Bereiche festzulegen, für die nach Abschnitt 4.5 weitere Maßnahmen zur Zündquellenvermeidung erforderlich sind. Für die Vermeidung von Zündquellen sind die Anforderungen nach TRGS 723 und TRGS 727 zu berücksichtigen.