Tourenplanung
Tourenplanung in größerem Maßstab stellt ein komplexes Logistikproblem dar, das bei entsprechend großem Fuhrpark meist nur softwarebasiert zu lösen ist. In dieser ASI wird dieses Thema nur hinsichtlich der damit verbundenen Arbeitssicherheitsaspekte dargestellt.
Für Beschäftigte im Außendienst gilt die Fahrt vom und zum Kunden mit dem Dienst-Pkw als Arbeitszeit. Da nach § 3 Satz 1 des ArbZG (Arbeitszeitgesetz) Beschäftigte nicht mehr als acht Stunden pro Tag arbeiten dürfen (nur in Ausnahmefällen 10 Stunden) müssen Fahrten so geplant werden, dass diese Arbeitszeit eingehalten werden kann. Der Betrieb muss Regelungen treffen, wie dies konkret umzusetzen ist, z. B. durch Vorgaben zu Hotelübernachtungen bei Überschreitung der zulässigen Arbeitszeit.
Für die Planung im Lieferverkehr (Warenauslieferung) muss bedacht werden, dass zwischen 7:00 und 17:00 Uhr in einer Großstadt Durchschnittsgeschwindigkeiten über 40 km/h kaum zu realisieren sind. Auf Hauptverkehrsachsen werden zu Spitzenzeiten kaum mehr als 20 km/h erreicht. Zudem stellt sich die Halte- und Parksituation vor den innerstädtischen Entladepunkten zunehmend kritisch dar, sodass auch dafür realistische Zeitpuffer einzuplanen sind.
In ländlichen Gebieten wird die Tourenplanung dagegen eher von den Witterungsverhältnissen und der Straßenqualität beeinflusst. Auch wenn auf Landstraßen generell 100 km/h erlaubt sind, kann diese Geschwindigkeit nicht die Basis einer realistischen und damit sicheren Tourenplanung sein, da sie in der Regel niemals durchgängig zu erreichen sein wird und sie sich mit Blick auf Straßen- und Verkehrsverhältnisse oft von selbst verbietet. Auf Landstraßen passieren die meisten tödlichen Kfz-Unfälle und meist sind riskantes Überholen und das Abkommen von der Fahrbahn mit einem anschließenden Baumaufprall als Unfallszenario zu finden.
Regelungen zur Nutzung mobiler Endgeräte
Vorsichtige Schätzungen gehen davon aus, dass wenigstens jeder zehnte Unfalltod im Straßenverkehr durch Ablenkung verursacht wird. Dabei wird vor allem auf die Bedienung von Mobiltelefonen bzw. Smartphones verwiesen. Zunehmend spielt die digitale technische Ausstattung von Fahrzeugen eine Rolle. In der Fahrzeugentwicklung wird zunehmend auf die Fahrzeugbedienung über Touchscreens gesetzt und Fahrzeuge werden mehr und mehr mit dem Internet verknüpft.
Laut StVO ist sowohl das In-der-Hand-Halten von digitalen Geräten als auch die längere Blickabwendung vom Verkehr hin zu solchen Geräten verboten (§ 23 Abs. 1a StVO). Dabei spielt es keine Rolle, ob das Gerät mobil oder fest im Auto verbaut ist. |
Abb. 12: Bild "FINGER WEG VOM HANDY!" der Kampagne "RUNTER VOM GAS"
Von zentraler Bedeutung ist eine ausführliche Einweisung der Fahrenden über im Fahrzeug verbaute digitale Geräte (Touchscreens, Navigationsgeräte etc.), sowie die Koppelung mobiler Endgeräte wie Smartphones und Tablets mit dem Fahrzeug.
Die folgenden Regelungen sollten betrieblich festgelegt, eingefordert und vorgelebt werden.
Während des Fahrens bzw. bei laufendem Motor sind verboten:
Übrigens: Response-Apps auf Smartphones erkennen den Fahrzustand, blockieren eingehende Telefonate und setzen stattdessen eine automatisierte Textnachricht an den Sender ab.
Zum sicheren Umgang mit Mobiltelefonen können die folgenden Empfehlungen gegeben werden:
Regelungen zu Fahrgeschwindigkeiten
Im Rahmen von Unterweisungen muss verdeutlicht werden, dass die jeweils zulässige Höchstgeschwindigkeit ein verbindlicher Grenzwert ist, der in keinem Fall überschritten werden darf, sehr wohl aber unterschritten werden muss, wenn keine optimalen Bedingungen bestehen (§ 3 StVO, der in Satz 1).
130 km/h Richtgeschwindigkeit auf Autobahnen
Der Betrieb kann im Sinn der Unfallprävention vorgeben, dass die Richtgeschwindigkeit 130 km/h auf Autobahnen einzuhalten ist. Im Folgenden wird ein Begründungszusammenhang dargestellt, der eine solche betriebliche Regelung rechtfertigt.
Unfallstudien:
Aus einer Studie aus Brandenburg, wo auf einem 62 km langen Abschnitt der A 24 Tempo 130 eingeführt wurde, geht hervor, dass sich die Zahl der Unfälle in einem 5-Jahres-Zeitraum um die Hälfte reduzierte. Noch deutlicher verringerte sich die Zahl der Toten und Verletzten. Vorsichtige Schätzungen gehen von 20 % weniger Getöteten auf Autobahnen aus, wenn durchgängig eine Geschwindigkeit von 130 km/h eingehalten würde.
Rechtsprechung:
Diese geht bei einem Unfall von einer Teilschuld eines Fahrenden aus, wenn dieser den Unfall zwar nicht verschuldet, aber die Richtgeschwindigkeit von 130 km/h überschritten hat. Es muss dann der Nachweis geführt werden, dass es auch bei einer Geschwindigkeit von 130 km/h zum Unfall mit vergleichbar schweren Folgen gekommen wäre.
Der Bundesgerichtshof stellte bereits 1992 dazu fest: "Wer schneller als 130 km/h fährt, vergrößert in haftungsrelevanter Weise die Gefahr, dass sich ein anderer Verkehrsteilnehmer auf diese Fahrweise nicht einstellt, insbesondere die Geschwindigkeit unterschätzt."
Ökonomische Gründe:
Hinsichtlich eines erhofften Zeitgewinns spricht wenig gegen Tempo 130 auf Autobahnen. Der Zeitgewinn durch schnelles Fahren wird generell überschätzt. Dagegen spricht der Kraftstoffverbrauch deutlich für eine moderate Fahrweise: Bei Tests ergab sich, dass ein Pkw schon bei Tempo 130 knapp 20 Prozent mehr Treibstoff als bei 120 km/h verbraucht. Werden 130 km/h systematisch überschritten, steigt der Kraftstoffverbrauch exponentiell an. Insbesondere bei einem größeren Fuhrpark wirkt sich dieser Mehrverbrauch spürbar auf die Treibstoffkosten aus.
Die BGN fördert die Teilnahme an sogenannten Eco-Safety-Trainings, bei denen Fahrende eine kraftstoffsparende und gelassene Fahrweise trainieren können (zu finden auf BGN.de, Shortlink 1785).
Geschwindigkeitsbegrenzung für Transporter
Während Transporter mit über 3,5 t zulässigem Gesamtgewicht den gleichen Geschwindigkeitsbeschränkungen wie große Lkw unterliegen, gibt es keine fahrzeugbezogene Geschwindigkeitsgrenze bei Transportern mit geringerem Gesamtgewicht. Die maximal erreichbaren Geschwindigkeiten solcher Fahrzeuge liegen bei bis zu 190 km/h. Es gibt gute Gründe, dass Kleintransporter nicht mit derart hohen Geschwindigkeiten gefahren werden sollten. Auch wenn sich das Fahrverhalten eines leeren Transporters – zumindest bei neueren Modellen – oft kaum von dem eines Pkw unterscheidet, ändert sich dies bei Zuladung. Dann verschiebt sich der Fahrzeugschwerpunkt nach oben und durch die höhere Masse verlängert sich der Bremsweg. Das Fahrzeug wird bei plötzlichen Lenkbewegungen oder einer Vollbremsung erheblich instabiler. Mangelnde Fahrkompetenz, unzureichende Ladungssicherung und größere Seitenwindempfindlichkeit verringern zusätzlich die Sicherheit.
Eine betriebsinterne Vorgabe von maximal 120 km/h für Transporter erscheint vor diesem Hintergrund sinnvoll. Technisch kann ein Fahrzeug – auch nachträglich – elektronisch ohne allzu hohen Aufwand abgeregelt werden.
Regelungen zu den Themen Alkohol – Drogen – Medikamente
Alkohol beeinträchtigt auch schon in geringen Mengen Konzentration, Koordination und Reaktionsvermögen. Diese Verringerung der Leistungsfähigkeit vollzieht sich langsam, aber kontinuierlich mit steigender Alkoholisierung. In niedrigen Promillebereichen wird dies von den Konsumierenden kaum wahrgenommen. Bei fortschreitender Alkoholisierung schwinden Selbstkritik, Verantwortungsgefühl und Risikobewusstsein, was oft fatal endet.
Je stärker alkoholisiert eine Person ist, umso überzeugter ist sie, dass sie noch fahren kann. |
Auch der sogenannte Restalkohol ist ein Problem. Wer sich stark alkoholisiert schlafen legt, kann morgens noch mit unzulässig hoher Blutalkoholkonzentration (BAK) unterwegs sein. Der Körper baut nur etwas mehr als 0,1 ‰ (Promille) Alkohol pro Stunde ab. Das bedeutet, dass eine Person, die bspw. mit 1,5 ‰ um 1:00 Uhr nachts zu trinken aufhört, morgens um 7:00 Uhr immer noch mit 0,8 ‰ Blutalkohol – aber gefühlt ausgenüchtert – zur Arbeit fährt.
Laut DGVU Vorschrift 1 (§ 7 Abs. 2) dürfen Beschäftigte, die erkennbar nicht in der Lage sind, eine Arbeit ohne Gefahr für sich oder andere auszuführen, diese Arbeit nicht ausführen. Im Hinblick auf die besonderen Gefährdungen im Straßenverkehr sollte daher jeder Betrieb eine Null-Promille-Regelung für die berufliche Straßenverkehrsteilnahme festlegen.
Diese Ausführungen zum Thema Alkohol gelten in gleicher Weise auch für den Konsum von Rauschdrogen. Es ist davon auszugehen, dass jeglicher Drogenkonsum – in der einen oder anderen Weise – zu körperlich-seelischen Zuständen führt, die die Verkehrssicherheit negativ beeinträchtigen. Daher sollten betriebliche Regelungen zur sicheren Straßenverkehrsteilnahme Drogenfreiheit einschließen.
Die beweiskräftige Feststellung eines Drogeneinflusses ist meist deutlich schwieriger als die Feststellung eines Alkoholkonsums. Im Zweifelsfall sollten Führungskräfte daher auf einer ärztlichen Feststellung der Fahrtüchtigkeit bestehen. Verweigern Beschäftigte eine solche Feststellung, kann die Führungskraft schon bei einem hinreichenden Verdacht auf eine Drogenbeeinflussung eine betrieblich bedingte Verkehrsteilnahme untersagen.
Auch Medikamente können die Verkehrstüchtigkeit beeinträchtigen. Andererseits brauchen manche Menschen Medikamente, um überhaupt am Straßenverkehr teilnehmen zu können (häufig z. B. Diabetiker, Schmerz- und Bluthochdruckpatienten).
Besonders in den Anpassungsphasen zu Beginn oder am Ende einer längerfristigen Medikation kann es zu negativen Veränderungen der psychischen und der körperlichen Leistungsfähigkeit kommen. Die Einnahme von Medikamenten ist dem Betrieb üblicherweise nicht bekannt und zudem eine sensible Information. Das Fahrpersonal ist aber im Rahmen der Sicherheitsunterweisung darauf hinzuweisen, dass ggf. eine ärztliche Abklärung der Fahreignung erforderlich ist. Dabei ist darauf hinzuweisen, dass auch freiverkäufliche Medikamente die Fahrtüchtigkeit beeinflussen können.
Nur weil Medikamente freiverkäuflich sind, heißt das nicht, dass sie frei von Nebenwirkungen sind! |
Neben den bereits in Kapitel 2.2 angesprochenen unternehmerischen Verpflichtungen, Fahrende anlassbezogen in die Fahrzeugbedienung einzuweisen und generell regelmäßig zu unterweisen, bestehen weitere Möglichkeiten, die Fahrkompetenz und Fahrsicherheit der Fahrenden zu fördern.
Fahrsicherheitstrainings
Fahrsicherheitstrainings finden auf speziell ausgestatteten Trainingsanlagen unter Anleitung professioneller Fahrtrainer statt. Die Teilnehmenden können in einem geschützten Rahmen richtiges Verhalten in kritischen Fahrsituationen üben und erhalten konstruktives Feedback. Die Trainings sind in der Regel eintägig mit einem Wechsel aus Theorie- und Praxisanteilen. Es werden Fahrmanöver wie Gefahrenbremsung und richtiges Reagieren beim Ausbrechen des Fahrzeugs geübt. Dies aber immer unter dem Aspekt, möglichst Gefahrensituationen zu vermeiden und vorausschauend zu fahren. Die Trainings werden für alle Fahrzeugarten angeboten. Die BGN bezuschusst die Teilnahme ihrer Versicherten und fördert eine betriebliche Teilnahme im Rahmen des BGN-Prämienverfahrens (zu finden auf BGN.de, Shortlink 1785).
Eco-Safety-Trainings
Eco-Safety-Trainings vermitteln ein entspanntes, sicherheitsorientiertes und kraftstoffsparendes Fahrverhalten. Es gibt Angebote sowohl für Pkw als auch für Transporter, unabhängig davon, ob diese mit einem Verbrennungsmotor (Benzin/Diesel/Gas) oder mit einem Hybrid- oder Elektroantrieb angetrieben sind.
Die Trainingselemente finden im öffentlichen Straßenverkehr statt, um in einem realistischen Umfeld neue Fahrstrategien direkt anwenden und erproben zu können. Die Trainings werden als Einzelcoachings oder in der Gruppe angeboten und können auch mit Elementen der Fahrsicherheitstrainings (s. o.) kombiniert werden. Als Effekte der Trainings konnten Kraftstoffeinsparungen bis zu 15 %, deutlich weniger Haftpflicht- und Kaskoschäden (bis zu 34 %) sowie eine signifikante Reduktion von Fahrfehlern und Verkehrsverstößen verzeichnet werden. Die BGN bezuschusst die Eco-Safety-Trainings für ihre Versicherten bzw. Mitgliedsunternehmen, sofern es sich um vom DVR-zertifizierte bzw. qualitätsgesicherte Trainings handelt und fördert eine betriebliche Teilnahme im Rahmen des BGN-Prämienverfahrens (zu finden auf BGN.de, Shortlink 1785).
Erste Hilfe
Jeder ist bei einem Verkehrsunfall zur Ersten Hilfe verpflichtet, sofern dies notwendig und zumutbar ist. Die Missachtung dieser Verpflichtung ist nach § 323c Strafgesetzbuch mit Geld- und sogar Freiheitsstrafe bewehrt. Die meisten Verkehrsteilnehmenden sind auch bereit, Erste Hilfe zu leisten. Das größte Hindernis dabei ist aber die Unsicherheit bezüglich des richtigen Verhaltens. Bei einer Umfrage ergab sich, dass bei der Hälfte der Befragten der letzte Erste-Hilfe-Kurs mehr als 10 Jahre zurücklag und dass es erhebliche Wissenslücken gab.
Die Verpflichtung, einen Erste-Hilfe-Kurs zu besuchen, besteht in der Regel nur im Zusammenhang mit dem Ersterwerb der Fahrerlaubnis. Betriebe sollten es sich jedoch zur Regel machen, fahrenden Beschäftigten alle 2 bis 3 Jahre einen erneuten Kurs zur Auffrischung und Ergänzung des Wissens anzubieten und ggf. die Teilnahme verpflichtend zu machen.
Wie bereits erwähnt, wurde festgestellt, dass von Fahrenden mit "Flensburg-Punkten" ein erheblich höheres Risiko ausgeht, erneut mit Unfällen, grob gefährdendem Verhalten oder groben Verstößen aufzufallen.
Führungskräfte, die betriebliche Verantwortung für die Verkehrssicherheit tragen, müssen daher auf schwerwiegende und wiederholte Regelübertretungen reagieren. Die oft geübte Praxis, dass das Unternehmen als Fahrzeughalter die Bußgelder stillschweigend bezahlt, untergräbt das Ziel, betroffene Personen zu sichererem Fahrverhalten zu bewegen.
Seit der Reform des Punktesystems 2014 werden nur noch Verhaltensweisen, die eine erhebliche Verkehrsgefährdung darstellen, mit Punkten belegt. Aus diesem Grund sollte bei Verkehrsdelikten, die zu Punkten führen, mit den Fahrenden das Gespräch gesucht werden. Dabei darf es nicht zu Schuldzuweisungen kommen, sondern es sollten die Gründe für die Delikte offen besprochen und Verhaltensänderungen gefordert werden. Auch die Möglichkeit, dass organisatorische Faktoren eine Rolle spielen (z. B. ungeeignete Tourenplanung, zu straffe Zeitvorgaben) sollte Thema bei einem solchen Gespräch sein. Es ist zu empfehlen, die Gesprächsergebnisse sowie wie eine beiderseitige Verpflichtung über zukünftiges Verhalten schriftlich festzuhalten.