Die unten aufgeführten Maßnahmen stellen eine Auswahl dar. Es sind solche Schutzmaßnahmen, die erfahrungsgemäß in der Praxis immer wieder eine Rolle spielen.
Räume, in denen reizende und ätzende Gase, Dämpfe oder Aerosole auftreten können, müssen gut durchlüftet sein. Beispiele: Lagerräume für Chlorbleichlauge, Salpetersäure und Salzsäure.
Fußböden sollen gegen die verwendeten Stoffe beständig, und zur besseren Reinigung dicht, fugenlos und nicht saugfähig sein.
Zum Abfüllen und Zumischen kleiner Mengen, z. B. aus Kanistern, sind geeignete Vorrichtungen bereitzustellen, die ein Verspritzen oder Verschütten vermeiden. Solche Vorrichtungen sind beispielsweise Handpumpen (Abb. 3) und Dosierhähne.
Abb. 3: Handpumpe zur Entnahme aus Kanistern
Abb. 4: Dosierung über Sauglanze
Ein geringeres Unfallrisiko besteht, wenn zum Abfüllen oder Zudosieren Fasspumpen oder Sauglanzen (Abb. 4)zur Anwendung kommen. In automatischen Dosierstationen kann so eine Chemikalie in gewünschter Menge oder Konzentration in einem weitgehend geschlossenen System vom Gebinde zum Einsatzort gepumpt werden (Abb. 4 und 5). Restgefährdungen für Beschäftigte bestehen dann noch beim Gebindewechsel (z. B. Verwechslungsgefahr) oder beim Entfernen der Sauglanze (Verspritzen von Restflüssigkeit aus der Lanze).
Abb. 5: Spritzschutz (Vorhang) über Flanschen und Pumpen
Behälter, Rohrleitungen, Schläuche, Dichtmaterialien etc. müssen aus geeigneten Werkstoffen bestehen. Nicht sachgemäß ausgewählte Werkstoffe werden angegriffen, eine Verringerung der Festigkeit oder Leckagen können die Folge sein. Auch ist mit der Bildung explosionsfähiger Atmosphäre (Wasserstoffentwicklung bei Einwirkung von Säuren oder Laugen auf Leichtmetalle) oder giftiger Gase (z. B. Bildung nitroser Gase bei Einwirkung von Salpetersäure) zu rechnen.
Das Betreten von Anlagen, Arbeits- und Lagerräumen, in denen reizende und ätzende Stoffe in gefährlicher Konzentration oder Menge auftreten können, ist nur den dort Beschäftigten gestattet. An Arbeitsplätzen dürfen reizende und ätzende Stoffe nur in Mengen vorhanden sein, die für den Fortgang der Arbeiten erforderlich sind. Die Behältnisse sind an einer Stelle und nicht im Betrieb verstreut aufzubewahren.
Für den Transport sind geeignete Transporthilfen wie Sicherheitsbehälter, Eimer mit Henkel oder Fasskarren bereitzustellen.
Abb. 6: Sicherheitsbehälter für den Handtransport
Beim Lösen und Verdünnen vieler reizender und ätzender Stoffe, z. B. von Säuren und Basen, wird Lösewärme freigesetzt, die zu Überhitzung und damit zum Verspritzen der Lösung führen kann. Durch die Beachtung nachstehender allgemeiner Regeln kann die beim Lösevorgang freigesetzte Wärme weitgehend abgeführt werden:
Originalgebinde der Hersteller
Eine nicht unerhebliche Zahl von Unfällen mit Gefahrstoffen geht auf Verwechslungen zurück, z. B. Zugabe von konzentrierter Lauge zu Säure oder umgekehrt. Gefahrstoffe müssen daher immer identifizierbar und ausreichend gekennzeichnet sein (siehe Gefahrstoffverordnung). Inzwischen sind alle Übergangsfristen zur Einführung der Kennzeichnung nach GHS abgelaufen, so dass ausschließlich Originalgebinde mit GHS-Kennzeichnung geliefert werden dürfen. Näheres regelt die TRGS 201 ""Einstufung und Kennzeichnung bei Tätigkeiten mit Gefahrstoffen"".
Innerbetriebliche Kennzeichnung von Behältern, Lagertanks und Rohrleitungen
Auch für die innerbetriebliche Verwendung von reizenden und ätzenden Stoffen ist eine eindeutige und dauerhafte Kennzeichnung notwendig. Am einfachsten ist das für den anwendenden Betrieb, wenn die Kennzeichnung des Herstellers übernommen werden kann, also beispielsweise, wenn im Betrieb die Originalgebinde eingesetzt werden.
Zur vollständigen Kennzeichnung gehören
In vielen Fällen ergibt die Gefährdungsbeurteilung, dass eine vollständige Kennzeichnung nicht notwendig ist. Dann kann eine vereinfachte Kennzeichnung vorgenommen werden, die mindestens die folgenden Angaben enthält:
Eine vereinfachte Kennzeichnung kommt regelmäßig in Betracht für Lagertanks, Rohrleitungen und deren Anschlüsse, Abfälle, Behälter für den innerbetrieblichen Transport, Laborflaschen und Sauglanzen. An Sauglanzen kann die Kennzeichnung z. B. auf Fähnchen am Griff angebracht werden. Bei Kleinstgebinden wie kleinen Analysengefäßen reicht eine betriebsinterne Probenbezeichnung aus, wenn die Identifizierbarkeit gewährleistet ist.
Voraussetzung für vereinfachte Kennzeichnungen ist eine entsprechende Betriebsanweisung sowie die Unterweisung der Beschäftigten über die an den Arbeitsplätzen auftretenden Gefahren und die Beachtung der notwendigen Schutzmaßnahmen.
Arbeitsplätze
Zusätzlich ist an Arbeitsplätzen die Sicherheits- und Gesundheitsschutzkennzeichnung gemäß der Technischen Regel für Arbeitsstätten ASR A1.3 "Sicherheits- und Gesundheitsschutzkennzeichnung" anzubringen: Sicherheitszeichen, Warn-, Gebots-, Verbots- und Hinweiszeichen (z. B. Gebotszeichen für persönliche Schutzausrüstungen an Orten, an denen reizende und ätzende Stoffe offen gehandhabt werden).
Die Betriebsanweisung beschreibt die notwendigen Schutzmaßnahmen und Verhaltensregeln,
die die Beschäftigten zu ihrem eigenen Schutz und zum Schutz der anderen
Beschäftigten am Arbeitsplatz zu beachten hat (beispielsweise beim Ansetzen von
Verdünnungen, siehe Abschnitt 2.2 ).
In Betriebsanweisungen sind die bei Tätigkeiten mit reizenden und ätzenden Stoffen
möglichen Gefahren zu beschreiben, die sich aus der Gefährdungsbeurteilung ergeben
haben.
Weiterhin sind die Maßnahmen zu benennen, die im Gefahrfall, bei Betriebsstörungen, Unfällen und Notfällen (z. B. ungewöhnlicher Druck- oder Temperaturanstieg, Leckage, Brand, Explosion) sowie im Rahmen der Ersten Hilfe durchzuführen sind.
Werden viele Gefahrstoffe (z. B. in Werkstätten) eingesetzt, ist es zulässig, nicht für jeden einzelnen Gefahrstoff eine eigenständige Betriebsanweisung, sondern Gruppen- oder Sammelbetriebsanweisungen zu erstellen. Voraussetzung ist, dass bei Tätigkeiten mit diesen Stoffen ähnliche Gefährdungen entstehen können und vergleichbare Schutzmaßnahmen wirken.
Betriebsanweisungen sollten möglichst die Piktogramme der Originalgebinde enthalten.
Musterbetriebsanweisungen finden sie hier..
Anhand der Betriebsanweisung sind die Beschäftigten (auch Fremdpersonal) über auftretende Gefährdungen und entsprechende Schutzmaßnahmen mündlich zu unterweisen. Die Unterweisung muss vor Aufnahme der Beschäftigung und danach mindestens jährlich (bei Minderjährigen halbjährlich) arbeitsplatzbezogen durchgeführt werden. Sie muss in für die Beschäftigten verständlicher Form und Sprache erfolgen. Inhalt und Zeitpunkt der Unterweisung sind schriftlich festzuhalten und von den Unterwiesenen durch Unterschrift zu bestätigen.
Eine Hilfe für die Unterweisung beim Umgang mit den oft reizenden und teils ätzenden Reinigungsmitteln können die Unterlagen zum Unterweisungskurzgespräch "Reinigungsmittel" sein (www.bgn.de, Shortlink 972).
Immer wenn mit reizenden oder ätzenden Stoffen "offen" umgegangen wird, ist persönliche Schutzausrüstung (PSA) zu benutzen. Dies betrifft direkte Tätigkeiten wie z. B. das Abfüllen (auch kleinerer Mengen), ebenso den Aufenthalt oder Tätigkeiten im Gefahrenbereich.
Der Augenschutz ist die wichtigste persönliche Schutzmaßnahme beim Umgang mit Gefahrstoffen. Denn bei Unfällen mit Gefahrstoffen sind die Augen besonders häufig von Verätzungen betroffen und die auftretenden Verletzungen sind oft besonders schwerwiegend.
Gestellbrillen mit ausreichendem Seitenschutz, evtl. mit Korrekturgläsern für Brillenträger, reichen im Allgemeinen z. B. für Überwachungstätigkeiten in Betrieb und Labor aus.
Geeignete Korbbrillen sind bei allen Tätigkeiten zu tragen, bei denen mit einer Gefährdung der Augen durch verspritzende reizende und ätzende Flüssigkeiten zu rechnen ist, z. B. beim Abfüllen von Flüssigkeiten und Beseitigen von Störungen.
Können reizende und ätzende Gase, Dämpfe oder Aerosole auftreten, ist der Schutz der Augen am besten durch eine Vollmaske sicherzustellen, z. B. mit ABEK-Filter (Mehrbereichsfilter) mit Schutz sowohl gegen Dämpfe organischer als auch anorganischer Säuren und Laugen.
Bei größerer Spritzgefahr – beispielsweise beim Zudosieren größerer Mengen von Natronlauge oder Ätznatron – kann ein Gesichtsschutz (Visier) notwendig sein. Hier gilt: je nachdem in welcher Körperhaltung gearbeitet wird und wo der Standplatz der Chemikalie ist, kann es sein, dass zusätzlich noch eine Schutzbrille getragen werden muss. Denn immer wieder kommt es vor, dass ätzende Flüssigkeiten unter dem Visier bis in den Augenbereich spritzen. Ist ein Gesichtsschutz notwendig, so müssen in der Regel auch eine Chemikalienschürze, Stiefel und Handschuhe getragen werden (siehe folgende Abschnitte).
Bei Tätigkeiten mit reizenden und ätzenden Stoffen können die Hände durch Schutzhandschuhe aus beständigem Kunststoff geschützt werden. Völlig ungeeignet sind Leder- und Stoffhandschuhe.
Kein Handschuh ist universell einsetzbar, z. B. darf derselbe Handschuh, der für Tätigkeiten mit Säuren und Laugen eingesetzt wird, in der Regel nicht für Tätigkeiten mit organischen Lösemitteln wie zum Beispiel Ethanol eingesetzt werden.
Viele Gefahrstoffe können in das Handschuhmaterial eindringen, unter Umständen mit erstaunlich hoher Geschwindigkeit. Die Schutzhandschuhe sind daher gemäß den Beständigkeitsangaben des Herstellers und entsprechend dem Verwendungszweck auszuwählen. Hilfe hierzu ist in den Sicherheitsdatenblättern der Chemikalienhersteller und oft auf den Internetseiten der Handschuhhersteller zu finden. Grundsätzliches zum Vorgehen bei der Auswahl des Hautschutzes gibt die Technische Regel für Gefahrstoffe TRGS 401 "Gefährdung durch Hautkontakt – Ermittlung – Beurteilung – Maßnahmen" an.
Folgende Punkte, die in der betrieblichen Praxis immer wieder eine große Rolle spielen, sind besonders zu beachten:
Abhängig vom Ausmaß der Gefährdung sind zusätzlich zu Augen- und Gesichtsschutz Schürzen und Stiefel zu tragen. Schürzen müssen so lang sein, dass keine Stoffe von oben in die Stiefel gelangen können.
Körperschutz ist vor jeder Wiederverwendung auf einwandfreie Beschaffenheit, insbesondere auf einwandfreie Beschaffenheit zu prüfen, insbesondere auf Materialversprödung.
Der Arbeitsplatz und die Arbeitsmittel sind sauber zu halten, Verunreinigungen sind unverzüglich mit geeigneten Mitteln zu beseitigen. Nahrungs-, Genuss- und Arzneimittel müssen so aufbewahrt werden, dass sie nicht mit reizenden oder ätzenden Stoffen in Berührung kommen.
Zum Schutz vor Hautkrankheiten bei Tätigkeiten mit reizenden und ätzenden Stoffen sind Schutzhandschuhe zu tragen (siehe 5.3.2 Handschutz). Ergänzend ist – in Zusammenarbeit mit dem Betriebsarzt – ein Hautschutzplan zu erstellen, der die Anwendung von Hautschutz-, Hautreinigungs- und Hautpflegemitteln beinhaltet.