III. Gruppeneinteilung, Prüfung und Zuordnung organischer Peroxide

§ 3
Gruppeneinteilung, Prüfung und Zuordnung organischer Peroxide

(1) Die organischen Peroxide oder ihre Zwischenprodukte werden unter Berücksichtigung ihrer Behältnisse in die nachstehenden vier Gefahrgruppen eingeteilt, nach denen die Sicherheitsanforderungen festzulegen sind. Dabei gelten explosionsgefährliche organische Peroxide der Lagergruppen I, II bzw. III der Zweiten Verordnung zum Sprengstoffgesetz als Stoffe der Gefahrgruppen OP I, OP II bzw. OP III.

Gefahrgruppe OP I:

Peroxide dieser Gruppe brennen sehr heftig unter starker Wärmeentwicklung ab. Der Brand breitet sich rasch aus. Peroxide bzw. Packungen können auch vereinzelt mit geringer Druckwirkung explodieren; dabei kann sich der gesamte Inhalt einer Packung umsetzen. Einzelne brennende Packungen können fortgeschleudert werden. Die Gefährdung der Umgebung durch Wurfstücke ist gering. Die Gebäude in der Umgebung sind im allgemeinen durch Druckwirkung nicht gefährdet. Diese Gefahrgruppe wird in die Untergruppen I a und I b unterteilt. Die Gefahrgruppe I a umfaßt die organischen Peroxide mit einem korrigierten Stoffdurchsatz Ak größer oder gleich als 300 kg/min. Die Gefahrgruppe I b umfaßt die organischen Peroxide mit einem korrigierten Stoffdurchsatz Ak größer oder gleich als 140 kg/min, jedoch kleiner als 300 kg/min.

Gefahrgruppe OP II:

Die Peroxide dieser Gruppe brennen heftig unter starker Wärmeentwicklung ab. Der Brand breitet sich rasch aus. Die Peroxide bzw. Packungen können auch vereinzelt mit geringer Druckwirkung explodieren; dabei setzt sich jedoch nicht der gesamte Inhalt einer Packung um. Die Umgebung ist hauptsächlich durch Flammen und Wärmestrahlung gefährdet. Bauten in der Umgebung sind durch Druckwirkung nicht gefährdet. Die Gefahrgruppe OP II umfaßt die organischen Peroxide mit einem korrigierten Stoffdurchsatz Ak größer oder gleich als 60 kg/min, jedoch kleiner als 140 kg/min.

Gefahrgruppe OP III:

Die Peroxide dieser Gruppe brennen ab, wobei die Auswirkungen des Brandes denen brennbarer Stoffe vergleichbar sind. Die Gefahrgruppe OP III umfaßt die organischen Peroxide mit einem korrigierten Stoffdurchsatz Ak kleiner als 60 kg/min.

Gefahrgruppe OP IV:

Die Peroxide dieser Gruppe sind schwer entzündbar und brennen so langsam ab, daß die Umgebung durch Flammen und Wärmestrahlung praktisch nicht gefährdet ist. Die Angabe eines korrigierten Stoffdurchsatzes Ak ist für diese Gefahrgruppe nicht möglich.

DA

(2) Die Zuordnung zu einer Gefahrgruppe wird von der Berufsgenossenschaft in Abstimmung mit der zuständigen Aufsichtsbehörde vorgenommen. Der Unternehmer, der organische Peroxide herstellt oder verwendet, für die noch keine Zuordnung zu den Gefahrgruppen vorgenommen worden ist, hat dies der Berufsgenossenschaft unter Beifügung entsprechender Prüfnachweise schriftlich mitzuteilen. Für den Verwender gilt dies nur, sofern der Hersteller nicht bereits mitgeteilt hat. DA

(3) Der Unternehmer hat organische Peroxide bis zu ihrer Zuordnung zu behandeln wie Stoffe der Gefahrgruppe

OP I b , wenn die Peroxidkonzentration größer oder gleich 57 % ist,
OP II, wenn die Peroxidkonzentration größer oder gleich 32 %, aber kleiner als 57 % ist,
OP III, wenn die Peroxidkonzentration größer oder gleich 10 %, aber kleiner als 32 % ist,
OP IV, wenn die Peroxidkonzentration größer oder gleich 10 % ist, die Stoffe aber nicht brennbar sind und die Zustimmung der Berufsgenossenschaft vorliegt. Im Zweifelsfall hat der Unternehmer ein Gutachten einer anerkannten Prüfstelle beizubringen.

DA

(4) Der Unternehmer hat eine Änderung einer bereits vorgenommenen Zuordnung zu einer Gefahrgruppe bei der Berufsgenossenschaft unter Vorlage entsprechender Prüfergebnisse zu beantragen. Auf Verlangen der Berufsgenossenschaft ist eine anerkannte Prüfstelle zur Entscheidungsfindung gutachterlich zu hören. DA, DA

(5) Der Unternehmer hat bei der Beurteilung der organischen Peroxide und ihrer Zwischenprodukte beim Herstellen, Be- oder Verarbeiten zu prüfen, ob deren Gefährlichkeit einer Gefahrgruppenzuordnung in der Versandpackung entspricht. Dabei sind die Gefahren, die von den jeweiligen Betriebszuständen des Verfahrens ausgehen können, zu berücksichtigen. Insbesondere ist die Frage zu beantworten, ob bei der Herstellungs-, Be- oder Verarbeitung Gemische auftreten können, die detonationsfähig sind oder zur schnellen Deflagration oder heftigen Wärmeexplosion neigen. In diesen Fällen hat der Unternehmer für den betroffenen Anlagenbereich ein Gutachten einer anerkannten Prüfstelle beizubringen, das auf die notwendigen zusätzlichen Sicherheitsmaßnahmen eingeht. DA, DA

DA zu § 3 Abs. 1:

In Anhang 2 sind die organischen Peroxide aufgelistet, für die unter Berücksichtigung der Verpackung eine Zuordnung zu Gefahrgruppen bereits erfolgt ist. Für Tanks ist eine Einzelbetrachtung erforderlich. Bezüglich noch nicht zugeordneter organischer Peroxide siehe Absätze 2 und 3.

Maßgebend für die Einteilung der Gefahrgruppen ist insbesondere das Verhalten der organischen Peroxide beim Abbrand in der Versandpackung und die sich daraus ergebenden Gefahren.

Dabei musste unberücksichtigt bleiben, dass bei einer Zersetzungsreaktion organischer Peroxide in Gebäuden, insbesondere in Lagergebäuden, kein ausgedehnter Brand, sondern eine flammenlose Zersetzung unter Bildung brennbarer Gase und Dämpfe auftreten kann. Diese Zersetzungsprodukte sind in der Regel in der Lage, mit Luft explosionsfähige Gas/Luft- bzw. Dampf/Luftgemische zu bilden.

Für organische Peroxide (einschließlich ihrer Zubereitungen) der Gefahrgruppen OP I bis OP III, die einen Flammpunkt aufweisen und mit denen bei Temperaturen oberhalb des Flammpunktes umgegangen wird, ist die Einhaltung besonderer Sicherheitsmaßnahmen erforderlich. Hier sind die §§ 43 und 44 der Unfallverhütungsvorschrift "Allgemeine Vorschriften" (BGV A1, bisherige VBG 1), die Verordnung über elektrische Anlagen in explosionsgefährdeten Räumen, die "Explosionsschutz-Regeln (BGR 104, bisherige EX-RL)" (ZH 1/10) zu beachten.

Organische Peroxide in reiner Form sind Flüssigkeiten oder feste Stoffe. Viele sind brandgefährlich; sie brennen mit großer Geschwindigkeit unter starker oder sehr starker Wärmeentwicklung ab. Manche organischen Peroxide besitzen auch explosive Eigenschaften im Sinne des Sprengstoffgesetzes. Diese organischen Peroxide unterliegen den Bestimmungen des Sprengstoffgesetzes. Ihre Lagerung wird durch die Zweite Verordnung zum Sprengstoffgesetz geregelt. Eine Explosion kann durch thermische oder mechanische Beanspruchung ausgelöst werden. Aus der Zusammensetzung des organischen Peroxides kann nicht ohne besondere Kenntnisse auf den Gefährlichkeitsgrad geschlossen werden. Dieser wird im Allgemeinen vom Gehalt an aktivem Sauerstoff und durch die Art der peroxidischen Bindung bestimmt. Grundsätzlich nimmt die Gefährlichkeit mit sinkendem Gehalt an aktivem Sauerstoff ab. Durch Zusatz von Phlegmatisierungsmitteln, Wasser, inerten Feststoffen oder Lösemitteln lässt sich die Gefährlichkeit organischer Peroxide herabsetzen.

Einzelne Peroxide, z.B. das Acetonperoxid oder das Diacetylperoxid, sind in reinem Zustand hochempfindliche brisante explosive Stoffe. Andererseits sind organische Peroxide bekannt, die auch in reinem Zustand nicht explosionsfähig sind, z.B. Dilauroylperoxid.

Organische Peroxide sind in unterschiedlichem Maße thermisch empfindlich. Sie beginnen bei einer für jedes Produkt und jede Stoffmenge bestimmbaren Temperatur sich in gefährlichem Maße unter Wärmeentwicklung zu zersetzen (Zersetzungstemperatur unter Wärmestau); siehe auch Durchführungsanweisungen zu § 18 Abs. 1 Nr. 2. Einige organische Peroxide können schon bei Temperaturen weit unter Raumtemperatur in nicht aufhaltbare, stürmische Zersetzung übergehen. Dabei kann es im offenen Gefäß zur Verpuffung bzw. bei entsprechender Verdämmung zur Explosion kommen.

Besonders stürmisch und plötzlich tritt eine Zersetzung ein, wenn organische Peroxide mit katalytisch oder reduzierend wirkenden Stoffen verunreinigt werden. Besonders wirksam sind die so genannten Beschleuniger. Die bekanntesten zusammen mit organischen Peroxiden technisch genutzten Beschleuniger sind tertiäre Amine, Polyamine und Salze von Schwermetallen, wie Eisen, Mangan und besonders Kobalt und Vanadin. Eine Zerfallsreaktion kann aber auch z.B. durch Sulfinsäure, Merkaptane, Dithionite, Sulfite, starke Säuren, Alkalien, aktive Erden ausgelöst und begünstigt werden.

Unabhängig von den Vorschriften dieser Unfallverhütungsvorschrift hat der Hersteller oder Einführer organische Peroxide entsprechend ihren Eigenschaften nach den Bestimmungen der Gefahrstoffverordnung zu kennzeichnen.

DA zu § 3 Abs. 2:

Für diesen Zweck besteht bei der Berufsgenossenschaft ein Arbeitskreis, der beim Vorliegen von Anzeigen über die Zuordnung in einem Abstand von höchstens 2 Jahren entscheidet.

Die erforderlichen Prüfdaten sind in der Regel durch Anwendung der in Anhang 4 beschriebenen Prüfmethode auf die noch nicht einer Gefahrgruppe zugeordneten organischen Peroxide zu ermitteln. Besonders in Zweifelsfällen ist die Prüfung D der Sprengstofflager-Richtlinien SprengLR 011 "Richtlinie für das Zuordnen sonstiger explosionsgefährlicher Stoffe zu Lagergruppen" mit der niedrigsten und der höchsten Anzahl Packstücke geeignet. Nach § 2 Abs. 1 Sprengstoffgesetz sind sonstige explosionsgefährliche Stoffe, die in einer von der Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM) im Bundesanzeiger bekanntgemachten Liste nicht verzeichnet sind, der BAM mit den dort näher bezeichneten Angaben anzuzeigen.

DA zu § 3 Abs. 3, 4 und 5:

Anerkannte Prüfstelle ist z.B. die Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM).

DA zu § 3 Abs. 3, 4 und 5:

Anerkannte Prüfstelle ist z.B. die Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM).

DA zu § 3 Abs. 4:

Als Prüfmethode zur Feststellung ist z.B. die Prüfung D der Sprengstofflager-Richtlinie SprengLR 011 "Richtlinie für das Zuordnen sonstiger explosionsgefährlicher Stoffe zu Lagergruppen" mit der niedrigsten und der höchsten Anzahl Packstücke geeignet.

DA zu § 3 Abs. 5:

Beim Herstellen, auch beim Be- oder Verarbeiten eines organischen Peroxides werden verschiedene Betriebszustände durchlaufen. Ein Wechsel eines Betriebszustandes tritt besonders dann ein, wenn sich die Art oder die Konzentration des organischen Peroxides in der Reaktionsmischung, der Aggregatzustand, die Temperatur, Produktmenge oder die apparativen Bedingungen durch die verfahrenstechnischen Schritte ändern.

Von den verschiedenen Betriebszuständen können somit unterschiedliche Gefährdungen verursacht werden. Hieraus ergibt sich, dass die Zwischenprodukte in den jeweiligen Betriebszuständen oft nicht durch die Gefahrgruppe des jeweiligen organischen Peroxides in seiner Versandpackung charakterisiert werden.

Zur Prüfung der Gemische auf explosionsgefährliche Eigenschaften können die Verfahren verwendet werden, die in den "Recommendations on the Transport of Dangerous Goods, Manual of Tests and Criteria" (Handbuch Prüfungen und Kriterien), Part II der Vereinten Nationen veröffentlicht sind.

Für Betriebsbereiche im Sinne der Störfallverordnung, in denen organische Peroxide oberhalb der in Anhang I Störfallverordnung genannten Mengenschwellen gehandhabt oder gelagert werden, ist ein Sicherheitskonzept nach § 8 bzw. ein Sicherheitsbericht nach § 9 Störfallverordnung zu erstellen. Diese müssen auch die in dieser Vorschrift angesprochenen Fragen beantworten.