Anhang 4:

Prüfmethoden zur Zuordnung von organischen Peroxiden zu Gefahrgruppen nach § 3 Abs. 1

1 Name der Prüfung

Prüfung der Abbrandgeschwindigkeit von flüssigen organischen Peroxiden

1.1 Einleitung

Die Geschwindigkeit, mit der ein flüssiges organisches Peroxid abbrennt, wird im Laboratoriumsmaßstab geprüft. Die Abbrandgeschwindigkeit wird durch Messen des Gewichtsverlustes der brennenden Peroxidprobe als Funktion der Zeit ermittelt. Während der Messung bleibt die Größe der brennenden Oberfläche konstant. Die Masse des pro Minute verbrannten Produktes, dividiert durch die Größe der brennenden Oberfläche, wird als die Abbrandgeschwindigkeit in kg/m2 ⋅ min definiert. Um den Brand eines Stapels von Peroxidpackstücken zu simulieren, wird die brennende Oberfläche der Peroxidprobe in kleinere Segmente unterteilt.

1.2 Apparatur und Materialien
1.2.1 Der Brandversuch mit dem Peroxid wird in einer flachen Glasschale vorgenommen, z.B. Duran oder Pyrex. Diese Schale hat eine Höhe von ca. 54 mm und einen Innendurchmesser von 90 ± 2 mm. Die Schale erhält gegenüber ihrer Umgebung eine Wärmeisolierung, die man durch konzentrisches Einsetzen der Schale in eine zweite Schale mit einer Höhe von ca. 65 mm und einem Durchmesser von ca. 115 mm erreicht. Der Zwischenraum von etwa 1 cm zwischen den Böden und zwischen den zylindrischen Seitenwänden der Schalen wird mit Steinwolle ausgefüllt. In die innere Testschale lassen sich in aufrechter Stellung 14 Abschnitte aus Pyrex- oder Duran-Glasrohr von 20 mm Außendurchmesser, 29 mm Höhe und 2,0 mm Wanddicke so einsetzen, dass zwischen ihnen ein Abstand von nicht mehr als 1 mm besteht.

Eine Zeichnung des Versuchsaufbaues zeigt Bild 1.

1.2.2 Zur Messung der Abnahme des Probengewichtes während des Brandversuches wird eine elektronische Präzisionswaage verwendet. An die Waage wird ein Schreiber mit Nullpunktunterdrückung angeschlossen, so dass der Gewichtsverlust in sicherer Entfernung von der Versuchsanordnung registriert werden kann.

Die technischen Daten der Waage sind wie folgt:

Standard-Abweichung :   0,1 g
Maximale Linearitätsabweichung :   0,15 g
Maximaler Messbereich :   1 000 g.

Um die Waage vor Feuereinwirkung zu schützen, wird auf die Waage ein Aluminiumblech von ca. 22 cm x 36 cm mit einer Dicke von etwa 1,5 mm gelegt.

1.2.3 Die meisten flüssigen Peroxide lassen sich nur schwer entzünden und die langzeitigere Einwirkung einer Gasflamme würde zu einer ungleichmäßigen Temperaturverteilung in der Probe führen. Daher wird ein Anzünddocht verwendet, der aus vier Glaswolleschnüren von ca. 6 cm Länge und ca. 1 mm Dicke hergestellt wird, die am Ende verknotet werden. Der in die Mitten von vier Glasrohrabschnitten eingesteckte Docht lässt sich, wenn er mit dem Peroxid getränkt ist, leicht mit einem Streichholz entzünden.

1.2.4 Der Versuch ist in einem Laboratoriums-Abzug vorzunehmen, der

  • feuerbeständig ist, um eine Ausbreitung des Feuers zu vermeiden;
  • mit splittersicheren Glasscheiben ausgerüstet ist, um die Versicherten für den unwahrscheinlichen Fall zu schützen, dass die Glasschalen bei dem Versuch zerlegt werden;
  • Mindestdimensionen von 2 m Höhe, 0,5 m Breite und 0,5 m Tiefe aufweist;
  • mit einer Absaugvorrichtung zur Entfernung von Rauch und Dämpfen ausgerüstet ist.


1.3 Versuchsdurchführung
1.3.1 Die gemäß Abschnitt 1.2.1 ausgerüstete Versuchsschale wird mit 100 g des Peroxides befüllt, dessen Temperatur (unmittelbar vor der Anzündung) der Kontrolltemperatur nach Anlage 2 zuzüglich 10 K entspricht, jedoch nicht höher als 25 °C ist.
Die Glasschalenkombination wird nun auf das auf der Waage liegende Aluminiumblech gesetzt;
Waage und Schreiber werden eingestellt. Anschließend wird der Anzünddocht teilweise in die Probe eingetaucht und am anderen Ende mit einem Streichholz angezündet. Das Feuer breitet sich schnell über die gesamte Oberfläche des Peroxides in der Schale aus. Das sich verringernde Gewicht der brennenden Probe wird auf dem Schreiber registriert.

1.3.2 Der Versuch wird zweimal ausgeführt.

1.4 Versuchsauswertung
1.4.1 Mit Ausnahme zu Beginn und gegen Ende des Feuers, nimmt im Regelfall das Gewicht der Probe mit der Zeit nahezu linear ab. Die Zeit, die für den Gewichtsverlust zwischen 20 % und 80 % benötigt wird, wird Brenndauer genannt. Zur Versuchsauswertung wird der kürzere der beiden gemessenen Werte für die Brenndauer verwendet.

1.4.2

Die Abbrandgeschwindigkeit wird nach folgender Gleichung berechnet:


Abbrandgeschwindigkeit =
0,6 · Einwage [kg]
Brenndauer [min] · Oberfläche [m2]*

* Zur Berechnung der Oberfläche ist der tatsächliche Innendurchmesser der Glasschale (siehe Abschnitt 1.2.1) einzusetzen.

1.5 Versuchsprotokoll
1.5.1 Über die Versuche ist ein Protokoll zu fertigen, das mindestens die folgenden Angaben enthält:

  • die Bezeichnung und die chemische Zusammensetzung der Probe,
  • die Versuchstemperatur,
  • die gemessene Brenndauer aus beiden Einzelversuchen,
  • die errechnete Abbrandgeschwindigkeit.


1.5.2 Dem Protokoll ist die Kopie der Schreiberstreifen beizufügen, damit beurteilt werden kann, ob die für den Gewichtsverlust zwischen 20 % und 80 % ermittelte Brenndauer für den Stoff repräsentativ ist oder gegebenenfalls zu korrigieren ist.

1.6 Zuordnungskriterien
1.6.1 Ist die Abbrandgeschwindigkeit kleiner als 0,9 kg/min . m2, ist das organische Peroxid der Gefahrgruppe OP III zuzuordnen.

1.6.2 Ist die Abbrandgeschwindigkeit größer oder gleich 0,9 kg/min . m2, jedoch kleiner 2,2 kg/min . m2, ist das organische Peroxid der Gefahrgruppe OP II zuzuordnen.

1.6.3 Ist die Abbrandgeschwindigkeit größer oder gleich 2,2 kg/min . m2, jedoch kleiner 9,0 kg/min . m2, ist das organische Peroxid der Gefahrgruppe OP I b zuzuordnen.

1.6.4 Ist die Abbrandgeschwindigkeit größer oder gleich 9,0 kg/min . m2, ist das organische Peroxid der Gefahrgruppe OP I a zuzuordnen.

Bild 1:
Prüfung der Abbrandgeschwindigkeit von flüssigen organischen Peroxiden