3 Bauarten und Funktionsweisen von Verriegelungseinrichtungen mit und ohne Zuhaltung

3.1 Aufbau und Wirkungsweise

Können Gefährdungen an Maschinen nicht konstruktiv beseitigt oder das damit verbundene Risiko auf ein akzeptables Maß verringert werden, müssen Schutzeinrichtungen verwendet werden. Sehr häufig handelt es sich dabei um bewegliche trennende Schutzeinrichtungen, damit ein Eingriff in den Prozess zu Bedien- oder Servicezwecken möglich ist. Dies können bewegliche Abdeckungen, Türen oder Klappen sein. Es muss sichergestellt sein, dass die gefahrbringenden Maschinenfunktionen verhindert werden, so lange die Schutzeinrichtung nicht geschlossen ist (Schutz vor unerwartetem Anlauf). Beim Öffnen der Schutzeinrichtung müssen Gefahr bringende Maschinenfunktionen stillgesetzt bzw. abgeschaltet werden. Um dies zu erreichen, ist eine Stellungsüberwachung der Schutzeinrichtung erforderlich. Diese Stellungsüberwachung erfolgt beispielsweise durch elektromechanische Positionsschalter oder Näherungsschalter, die mit den sicherheitsrelevanten Teilen der Steuerung zu einer Verriegelungseinrichtung verknüpft sind. Muss die bewegliche trennende Schutzeinrichtung so lange zugehalten bleiben bis das Risiko durch die gefährdenden Maschinenfunktionen nicht mehr besteht, ist zusätzlich eine Zuhaltung erforderlich (siehe Abschnitt 3.5 und 4.5).

Eine Verriegelungseinrichtung besteht im Allgemeinen aus einem Betätiger, einem Sensor (z. B. elektromechanischer Positionsschalter), ggf. einer Zuhaltung und der sicheren Signalverarbeitung der Verriegelungseinrichtung. Das in Abbildung 1 dargestellte Zusammenwirken von der Schutzeinrichtung, der Stellungsüberwachung mittels Sensor über sicherheitsrelevante Steuerungsteile bis zum Abschalten von Leistungssteuerelementen stellt ein typisches Beispiel für die Wirkungskette einer Sicherheitsfunktion an einer Maschine dar (siehe auch DIN EN ISO 13849-1 [9]). Die steuerungstechnische Sicherheitsfunktion wäre hier das sichere Stillsetzen eines Antriebs durch das Abschalten von Leistungssteuerelementen nach dem Öffnen einer trennenden Schutzeinrichtung. Mit welcher Qualität und Zuverlässigkeit dies passieren muss, hängt von der Risikobeurteilung an der potentiellen Gefahrstelle ab.

Abb. 1 Beispiel einer Verriegelungseinrichtung als Teil einer Signalverarbeitungskette

Eine Verriegelungseinrichtung besteht also nicht nur aus einem elektromechanischen Positionsschalter, einem Näherungsschalter oder einer Zuhaltung, sondern aus allen Bauteilen, welche die Stellung einer Schutzeinrichtung überwachen und in Abhängigkeit von dieser Stellung (Schutzeinrichtung geschlossen oder nicht geschlossen) z. B. das Einleiten einer gefährlichen Bewegung zulassen oder sicher verhindern.

3.2 Bauarten von Verriegelungseinrichtungen

Der verwendete Sensor ist ein wesentliches Unterscheidungsmerkmal von Verriegelungseinrichtungen. Je nach verwendetem Sensor werden Verriegelungseinrichtungen wie folgt klassifiziert (siehe DIN EN ISO 14119 [8]):

3.2.1 Bauart 1 Verriegelungseinrichtung

Eine Bauart 1 Verriegelungseinrichtung ist eine Verriegelungseinrichtung unter Verwendung von einem oder mehreren Positionsschaltern Bauart 1.

Siehe auch Abschnitt 3.3.1.1.

3.2.2 Bauart 2 Verriegelungseinrichtung

Eine Bauart 2 Verriegelungseinrichtung ist eine Verriegelungseinrichtung unter Verwendung von einem oder mehreren Positionsschaltern Bauart 2.

Siehe auch Abschnitt 3.3.1.2.

3.2.3 Bauart 3 Verriegelungseinrichtung

Eine Bauart 3 Verriegelungseinrichtung ist eine Verriegelungseinrichtung unter Verwendung von einem oder mehreren Positionsschaltern Bauart 3 (unkodierten Näherungsschaltern).

Siehe Abschnitt 3.4.1.1.

3.2.4 Bauart 4 Verriegelungseinrichtung

Eine Bauart 4 Verriegelungseinrichtung ist eine Verriegelungseinrichtung unter Verwendung von einem oder mehreren Positionsschaltern Bauart 4 (kodierten Näherungsschaltern).

Siehe Abschnitt 3.4.1.2.

3.3 Verriegelungseinrichtungen mit elektromechanischen Positionsschaltern

Als Sensoren werden in Verriegelungseinrichtungen sehr oft elektromechanische Positionsschalter zur Stellungsüberwachung einer beweglichen trennenden Schutzeinrichtung verwendet.

Damit ein elektromechanischer Positionsschalter seine Sicherheitsaufgabe erfüllen kann, muss er so konstruiert und an der Schutzeinrichtung angebracht sein, dass beim Öffnen der Schutzeinrichtung eine zwangweise Unterbrechung eines Stromkreises bewirkt und in dessen Folge ein sicherer Betriebszustand an der Maschine herbeigeführt wird. Nicht jeder Positionsschalter ist für diese Aufgabe geeignet.

Die wichtigste Eigenschaft eines elektromechanischen Positionsschalters für Sicherheitsfunktionen ist die sog. Zwangsöffnung, welche im Abschnitt 3.3.2 näher erläutert wird.

Entsprechend der Risikobeurteilung kann zur Erfüllung der sicheren Funktion einer Verriegelungseinrichtung die Verwendung von zwei Positionsschaltern an einer Schutzeinrichtung erforderlich sein, wobei mindestens einer davon so angebracht sein muss, dass er zwangsöffnend wirkt (siehe hierzu auch Abschnitt 6).

Positionsschalter für Sicherheitsfunktionen dürfen sich nicht auf einfache, vorhersehbare Art in der Form umgehen lassen, dass die Schutzfunktion der Verriegelungseinrichtung eingeschränkt oder gar aufgehoben wird (siehe Abschnitt 5.8).

3.3.1 Bauarten von elektromechanischen Positionsschaltern

3.3.1.1 Positionsschalter Bauart 1 (B1):

Positionsschalter Bauart 1 sind unkodierte, nockenbetätigte Positionsschalter, bei denen Betätiger und Betätigungssystem getrennt, jedoch konstruktiv zueinander passend gestaltet sind.

Die folgenden Abbildungen zeigen Beispiele für Positionsschalter Bauart 1.

 

Abb. 2 Rollenschwenkhebelschalter

 

Abb. 3 Kuppenstößelschalter

 

Abb. 4 Scharnierschalter

 

Abb. 5 Aufbau Positionsschalter Bauart 1 (Schutzeinrichtung nicht geschlossen)

Abb. 6 Beispiele für Betätigungssysteme an Positionsschaltern Bauart 1 (siehe auch DIN EN 50041 [12] und DIN EN 50047 [13])

3.3.1.2 Positionsschalter Bauart 2 (B2):

Positionsschalter Bauart 2 sind elektromechanische Positionsschalter mit kodiertem Betätiger, bei dem Betätiger und Betätigungssystem getrennt, jedoch konstruktiv so gestaltet sind, dass sie beim Betätigen funktionell passend zusammengeführt bzw. getrennt werden.

Abb. 7 Beispiel für einen Positionsschalter Bauart 2

Abb. 8 Aufbau Positionsschalter Bauart 2 (Schutzeinrichtung nicht geschlossen)

Abb. 9 Beispiele für Betätiger an Positionsschaltern Bauart 2.

3.3.2 Zwangsöffnungsfunktion

Bei elektromechanischen Positionsschaltern für Sicherheitsfunktion werden Schaltelemente eingesetzt, die mindestens einen zwangsöffnenden Kontakt besitzen.

Bei einem zwangsöffnenden Positionsschalter erfolgt die Kraftübertragung von der Schutzeinrichtung über alle mechanischen Teile des Schalters bis zur Öffnung der Schaltkontakte über einen Formschluss. Dies gewährleistet, dass auch im Fehlerfall („verschweißte“ Kontakte, Federbruch, etc.) die Schaltkontakte durch die äußere Kraft geöffnet werden. Abbildung 10 veranschaulicht das Funktionsprinzip.

Die Anforderungen an die Zwangsöffnungsfunktion des Schalters sind in der DIN EN 60947-5-1 [5], Anhang K festgelegt. Kraftschlüssige Verbindungen gewährleisten nicht die erforderliche Zwangsöffnung der Schaltglieder. Auch darf das zuverlässige Funktionieren nicht von federnden Elementen abhängen.


Abb. 10 Positionsschalter, Prinzip der Zwangsöffnung

Abb. 11 Kennzeichen für Schalter mit Zwangsöffnung

Zwangsöffnende Positionsschalter gemäß DIN EN 60947-5-1 [5], Anhang K sind mit dem in Abbildung 11 dargestellten Symbol gekennzeichnet.

Der Positionsschalter muss so angebracht werden, dass die zwangsöffnende Wirkungsweise von der beweglichen trennenden Schutzeinrichtung über den Betätiger bis hin zu den Öffnerkontakten des Schalters wirksam werden kann.

3.3.3 Schaltfunktionen von elektromechanischen Positionsschaltern

Schleichschaltelemente zeichnen sich dadurch aus, dass die Geschwindigkeit, mit der sich die Kontaktbrücken bewegen, der Geschwindigkeit entspricht, mit der der Stößel betätigt wird. Abbildung 12 zeigt den Aufbau eines Schleichschaltelementes mit einem Öffner.

Bei Rückstellung (Schließen der Schutzeinrichtung) schließt der Kontakt an gleicher Stelle wie beim Einschalten (keine Weg-Hysterese).

 

Abb. 12 Beispiel für einen Positionsschalter Bauart 2

Bei Sprungschaltelementen (siehe Abbildung 13) ist die Geschwindigkeit der Kontaktbrücke, anders als bei den Schleichschaltelementen, von der Betätigungsgeschwindigkeit des Stößels unabhängig. Durch Betätigen des Schaltelementes wird der Stößel nach unten gedrückt. Hat er einen definierten Weg zurückgelegt, erreicht die gespannte Sprungfeder ihren Sprung-Punkt und die Kontaktbrücke ändert schlagartig ihren Zustand.

Im Fehlerfall, also bei „verschweißten“ Kontakten oder einer gebrochenen Sprungfeder, stellen die „Ausheber“ eine Zwangsöffnung sicher (siehe Abbildung 13 rechts). Da in diesem Fall die Zwangsöffnung nicht durch den Sprung erreicht wird, ist der vom Hersteller angegebene Zwangsöffnungsweg größer als der Weg bis zum Sprung-Punkt.

Das Schaltverhalten von Sprungschaltelementen ist durch eine Schalt-Hysterese gekennzeichnet. Das Schaltwegdiagramm im Abbildung 13 zeigt, dass die Schaltpunkte zwischen Öffnen und Schließen des Öffnerkontaktes beim Vor- und Rücklauf jeweils unterschiedlich sind.

Bedingt durch den Sprungmechanismus ändern die Kontakte ihren Zustand mit hoher Geschwindigkeit. Aufgrund der hohen Schaltgeschwindigkeit sind Sprungschaltelemente auch für Anwendungen mit geringer Betätigungsgeschwindigkeit geeignet.

Abb. 13 Zwangsöffnender Schalter mit Sprungfunktion (nur Öffnerkontakt dargestellt) mit Schaltwegdiagramm

Sprungschaltelemente sind anderen Schaltelementen dann vorzuziehen, wenn Öffner und Schließer nahezu gleichzeitig ihren Zustand ändern sollen, so dass Zwischenstellungen ausgeschlossen werden können.

3.4 Verriegelungseinrichtungen mit Näherungsschaltern

Näherungsschalter verwenden Sensoren, die auf Annäherung, d. h. ohne direkten Kontakt, berührungsfrei reagieren. Bei Näherungsschaltern für Sicherheitsfunktionen können nach DIN EN 60947-5-3 [7] Sensor und Auswertegerät in einem oder in getrennten Gehäusen untergebracht sein.

Nach DIN EN 60947-5-3 [7] gehören zu einem Näherungsschalter für Sicherheitsfunktionen die Baugruppen Sensor (aktives Teil), Auswertegerät inklusive den Sicherheitsausgängen (OSSD‘s) und der Betätiger (festgelegtes Objekt).

Gegenüber elektromechanischen Positionsschaltern besitzen die Sensoren von Näherungsschaltern keine sich bewegenden Teile. Sie sind wenig anfällig gegen das Eindringen von Staub und Flüssigkeiten und lassen sich leicht reinigen.

3.4.1 Bauarten von Näherungsschaltern

3.4.1.1 Positionsschalter Bauart 3 - unkodierte Näherungsschalter

Der Betätiger kann im einfachsten Fall ein vom Hersteller definierter Werkstoff sein. In diesem Fall muss das versehentliche Betätigen (z. B. durch Materialspäne oder Umwelteinflüsse) sowie das Umgehen auf vernünftigerweise vorhersehbare Art durch konstruktive Maßnahmen wie z. B. einen verdeckten Einbau verhindert werden (siehe auch Abschnitt 5.8).

Abb. 14 unkodierter Näherungsschalter

3.4.1.2 Positionsschalter Bauart 4 - kodierte Näherungsschalter

Der Betätiger ist ein vom Hersteller mitgelieferter und in seinen technischen Eigenschaften (z. B. innerer elektrischer Aufbau, Geometrie) besonders gestalteter Gegenstand.

Abb. 15 Näherungsschalter kodiert mit Reedkontakten

Abb. 16 Näherungsschalter kodiert, Transponderprinzip

3.4.2 Schaltabstände

Bedingt durch unterschiedliche Funktionsprinzipien und Anfahrrichtungen weisen Näherungsschalter unterschiedliche Schaltabstände bzw. Ansprechbereiche auf.

Abbildung 18 zeigt beispielhaft typische Ansprechbereiche eines Näherungsschalters. Bei seitlichem Anfahren muss in diesem Beispiel ein Mindestabstand von smin eingehalten werden, um ein Ansprechen in den dargestellten Nebenkeulen des Magnetfeldes auszuschließen.

Aus dem in Abbildung 17 dargestellten Ansprechbereich ergibt sich für jeden Näherungsschalter ein Abstand vom Sensor sao, innerhalb dessen das korrekte Erfassen der Anwesenheit des Betätigers immer erreicht wird, vorausgesetzt der seitliche Versatz zwischen Sensor und Betätiger ist nicht zu groß (siehe Abbildung 17a).

Sicherheitstechnisch relevant sind die Herstellerangaben über den gesicherten Ausschaltabstand sar, bei dem unter allen festgelegten Umgebungsbedingungen und Herstellungstoleranzen das Schalten der Sicherheitsausgänge in den AUS-Zustand gewährleistet sein muss.

Schaltzustand bei m = 0

Abb. 17 Beispiel für einen typischen Ansprechbereich eines Näherungsschalters

Abb. 17a Mittenversatz bei einem Näherungsschalter

sn= Bemessungsschaltabstand
sao= gesicherter Schaltabstand
sar= gesicherter Ausschaltabstand

Abb. 18 Schaltabstände

3.5 Verriegelungseinrichtungen mit Zuhaltungen

Neben der Fähigkeit, die Stellung einer Schutzeinrichtung zu überwachen, besitzt eine Verriegelungseinrichtung mit Zuhaltung zusätzlich eine Vorrichtung zum Blockieren der beweglichen Schutzeinrichtung in der geschlossenen Position. Solange diese Vorrichtung aktiv ist, kann die Schutzeinrichtung nicht geöffnet werden.

Verriegelungseinrichtungen mit Zuhaltung kommen dann zum Einsatz, wenn der Bediener einer Maschine beim betriebsmäßigen Öffnen von verriegelten Schutzeinrichtungen vor noch nicht abgeklungenen Gefährdungen, wie z. B. vor gefährlichen Nachlaufbewegungen geschützt werden muss. Typische Anwendungsfälle sind z. B. zu öffnende Türen, Deckel und Gehäuseteile, nach deren Öffnen nachlaufende Spindeln, Schneid- und Mischelemente, Walzen, Zahnräder oder Ketten zu Verletzungen führen können. Sinnvoll ist aber auch das Zuhalten von Schutzeinrichtungen, bis andere Gefährdungen, wie z. B. berührungsgefährliche Spannungen, Gefahrstoffkonzentrationen usw. abgeklungen sind.

Das Signal zum Entsperren der Zuhaltung kommt von sicherheitsbezogenen Komponenten (z. B. sicherer Stillstandswächter) der Maschinensteuerung. Dieses Signal kann z. B. durch Stillstandswächter oder Zeitglieder generiert werden.

Ein anderer Grund für den Einsatz von Verriegelungseinrichtungen mit Zuhaltung besteht darin zu verhindern, dass der Produktionsprozess zu jedem beliebigen Zeitpunkt durch einen Eingriff des Bedieners unterbrochen werden kann. Dies kann aus verfahrenstechnischen oder auch wirtschaftlichen Gründen unerwünscht sein. Deshalb kommen Verriegelungseinrichtungen mit Zuhaltung u. a. auch dort zum Einsatz, wo keine gefährlichen Nachlaufbewegungen auftreten. Unabhängig davon müssen die Anforderungen an die Verriegelungseinrichtung eingehalten werden.

Die grundsätzliche Wirkungsweise einer mechanisch formschlüssigen Zuhaltung zeigt Abbildung 19. Die Stellung der beweglichen Schutzeinrichtung und die Lage des mechanischen Sperrbolzens werden in diesem Beispiel durch zwangsöffnende Positionsschalter (S1 und S2) überwacht. In der Betriebsart „Antrieb eingeschaltet“ (Abbildung 19a) ist die Schutzeinrichtung geschlossen und die Zuhaltung in Sperrstellung. Beide Positionsschalter S1 und S2 sind nicht betätigt. Die Öffnerkontakte sind geschlossen. Die Schutzeinrichtung kann nicht geöffnet werden.

Wird der Antrieb abgeschaltet (Abbildung 19b), darf es erst dann möglich sein die Sperrstellung der Zuhaltung aufzuheben, wenn die gefahrbringenden Bewegungen/Zustände beendet sind. Die Auswahl der zeit- oder bewegungsabhängigen Systeme muss entsprechend der Risikobeurteilung erfolgen. Sobald der Antrieb steht (Abbildung 19c), und das Freigabesignal gegeben wird, kann die Zuhaltung entsperrt werden. Der Positionsschalter S2 ist betätigt und sein Öffnerkontakt geöffnet. Beim anschließenden Öffnen der Schutzeinrichtung (Abbildung 19d) wird der Positionsschalter S1 betätigt und dessen Öffnerkontakt ebenfalls geöffnet.

Kann der Sperrbolzen die Zuhalteposition einnehmen ohne dass sich die Schutztür in der geschlossenen Stellung befindet (Abbildung 19e), ist die Sicherheitsfunktion nur noch durch die Stellungsüberwachung der Schutztür (Schalter S1) gewährleistet.

Es ist zu beachten, dass in Abbildung 19 das Funktionsprinzip einer Zuhaltung nur schematisch dargestellt wird. In der Regel werden Zuhaltungen als fertiges Zulieferteil bezogen.

Ist die Zuhaltung so konstruiert, dass das Sperrmittel ausschließlich bei geschlossener Schutzeinrichtung die „Zuhalteposition“ einnehmen kann, so kann auf die Stellungsüberwachung der Schutzeinrichtung verzichtet werden – diese Eigenschaft wird auch als Fehlschließsicherung bezeichnet (Abbildung 20).

Bei den Zuhaltungen, die zwangsläufig wirkende Kontakte zur Überwachung des Sperrmittels beinhalten, sind die Kontakte, die zur Einbindung in den Sicherheitskreis geeignet sind, in der Dokumentation mit dem in Abbildung 21 dargestellten Symbol gekennzeichnet.

Abb. 19 Funktionsprinzip einer Zuhaltung

Abb. 20 Zuhaltung mit Fehlschließsicherung

Abb. 21 Symbol für Kontakte die zur Stellungsüberwachung des Sperrmittels dienen

Abb. 22 Mechanische Zuhaltung nach dem Ruhestromprinzip

Abb. 23 Mechanische Zuhaltung nach dem Arbeitsstromprinzip

3.5.1 Funktionsprinzipien von Zuhaltungen

3.5.1.1 Mechanische Zuhaltung nach dem Ruhestromprinzip

Eine mechanische Zuhaltung nach dem Ruhestromprinzip ist eine Zuhaltung, bei der eine Schutzeinrichtung durch ein federkraftbetätigtes Sperrmittel in Schutzstellung gehalten wird und die Entsperrung durch Betätigen eines Elektromagneten erfolgt. Diese Zuhaltungen arbeiten nach dem Ruhestromprinzip. Bei Spannungsausfall kann die Schutzeinrichtung nicht unmittelbar geöffnet werden, d. h. die Zuhaltefunktion ist weiterhin gewährleistet. Deshalb sollte dieses Funktionsprinzip aus Sicherheitserwägungen bevorzugt angewandt werden (Abbildung 22).

3.5.1.2 Mechanische Zuhaltung nach dem Arbeitsstromprinzip

Eine mechanische Zuhaltung nach dem Arbeitsstromprinzip ist eine Zuhaltung, bei der die Schutzeinrichtung durch ein elektromagnetisch betätigtes Sperrmittel in Schutzstellung gehalten wird und die Entsperrung durch Federkraft erfolgt. Diese Zuhaltungen arbeiten nach dem Arbeitsstromprinzip. Bei Spannungsausfall bzw. beim Betätigen des Hauptschalters kann die Schutzeinrichtung unmittelbar geöffnet und in den Gefahrbereich eingegriffen werden. Deshalb dürfen elektromagnetisch betätige Zuhaltungen nur in besonderen, in Abhängigkeit von der Risikobeurteilung begründbaren Fällen, eingesetzt werden (Abbildung 23).

3.5.1.3 Elektromagnetische Zuhaltung nach dem Arbeitsstromprinzip

Eine elektromagnetische Zuhaltung nach dem Arbeitsstromprinzip ist eine Zuhaltung, bei der die Schutzeinrichtung durch einen Elektromagneten in Schutzstellung gehalten wird und bei der das Entsperren durch stromlos schalten dieses Elektromagneten erfolgt. Der integrierte Sensor dient zur Stellungsüberwachung der Schutzeinrichtung und ist Bestandteil der Verriegelungseinrichtung.

Abb. 24 Elektromagnetische Zuhaltung nach dem Arbeitsstromprinzip

Diese Zuhaltungen arbeiten nach dem Arbeitsstromprinzip. Bei Spannungsausfall bzw. beim Betätigen des Hauptschalters kann die Schutzeinrichtung unmittelbar geöffnet und in den Gefahrbereich eingegriffen werden. Zuhaltungen nach dem Arbeitsstromprinzip dürfen nur in Abhängigkeit von der Risikobeurteilung begründbaren Fällen eingesetzt werden.

Gegenüber elektromechanischen Zuhaltungen besitzen diese Zuhaltungen keine sich bewegenden Teile. Sie lassen sich leicht reinigen.

Zuhaltungen nach diesem Wirkprinzip erfordern eine permanente Überwachung der Zuhaltekraft. Bei Unterschreitung einer spezifizierten Zuhaltekraft werden die Sicherheitsausgänge abgeschaltet bzw. nicht eingeschaltet (Abbildung 24).

3.5.2 Zusatzfunktionen

Im Rahmen der Risikobeurteilung durch den Maschinenhersteller kann es notwendig sein, die Zuhaltung manuell entsperren zu können. Dies kann beispielsweise erforderlich sein, um einer eingeschlossenen Person die Flucht aus dem Gefahrenbereich zu ermöglichen oder im Notfall bzw. Fehlerfall den Zugang zum Gefahrenbereich zu ermöglichen.

Die Auswahl und der Einsatz der folgenden Zusatzfunktionen richten sich nach dem konkreten Anwendungsfall oder den Festlegungen einer Produktnorm. Die Betätigung von Hilfsentriegelung, Fluchtentriegelung oder Notentsperrung führen zu einem Öffnen der Kontakte zur Stellungsüberwachung des Sperrmittels. Dabei ist z. B. mit nachlaufenden Maschinenbewegungen zu rechnen.

Die drei aufgeführten Zusatzfunktionen sind ergänzende Schutzmaßnahmen und keine Sicherheitsfunktionen im Sinne der funktionalen Sicherheit.

3.5.2.1 Hilfsentriegelung

Wie schon erläutert, kommen für Sicherheitsanwendungen bevorzugt federkraftbetätigte Zuhaltungen zum Einsatz. Bei Spannungsausfall hat der Bediener also keinen Zugang zum Gefahrenbereich. Aus sicherheitstechnischer Sicht ist das korrekt, aber es kann trotzdem erforderlich sein, eine Schutztür öffnen zu können. Die Hilfsentriegelung ermöglicht eine Freigabe der Zuhaltefunktion unabhängig vom Zustand einer elektrischen Entsperrvorrichtung durch manuelle Betätigung mit einem Werkzeug oder Schlüssel.

3.5.2.2 Fluchtentriegelung

Ist der Gefahrenbereich hinter der Schutzeinrichtung begehbar, kann die Zuhaltung mit einer manuell zu betätigenden Fluchtentriegelung versehen werden. Die Fluchtentriegelung ermöglicht ein Aufheben der Zuhaltefunktion von der Fluchtseite (Gefahrenbereich) ohne Hilfsmittel, z. B. nach einem unbeabsichtigten Zufallen der Tür.

3.5.2.3 Notentsperrung

Wenn entsprechend Risikobeurteilung ein schnelles Eingreifen von außen in den Gefahrbereich erforderlich ist, kann man Zuhaltungen mit einer Notentsperrung einsetzen. Die Notentsperrung ermöglicht das Öffnen der Schutzeinrichtung ohne weitere Hilfsmittel wie Werkzeug oder Schlüssel, wie der Name es schon sagt, im sog. Notfall. Dies kann z. B. für den schnellen Zugang von Rettungskräften oder der Feuerwehr bei ausgeschalteter Anlage erforderlich sein. Hierbei ist zu beachten, dass die Notentsperrung so konstruiert ist, dass nach deren Betätigung der bestimmungsgemäße Weiterbetrieb der Zuhaltung blockiert ist. Das Aufheben der Blockierung und das Wiederherstellen des betriebsbereiten Zustandes müssen einen einer Reparatur vergleichbaren Aufwand erfordern. Damit soll ein missbräuchliches Außerkraftsetzen der Zuhaltefunktion im normalen Betrieb einer Maschine erschwert werden.