5 Anbringung

Um Gefahrenbereiche richtig absichern zu können, ist eine gewissenhafte und korrekte Anbringung der Verriegelungseinrichtungen unerlässlich. Dabei müssen die Ergebnisse der Risikobeurteilung berücksichtigt werden. Die Norm DIN EN ISO 14119 [8] gibt weitere Hinweise und Beispiele für die Anbringung von Verriegelungseinrichtungen.

Bei vielen Ausführungsformen von Verriegelungseinrichtungen sind Sensor und Auswertegerät, in getrennten Gehäusen untergebracht. Ist dies der Fall, beziehen sich die nachfolgenden Anbringungskriterien hauptsächlich auf den Sensor sowie den dazugehörigen Betätiger. Das Auswertegerät ist dann in der Regel in einem Schaltschrank installiert.

Selbst bei einer korrekten Auswahl und Anbringung einer Verriegelungseinrichtung kann nicht auf eine vorbeugende Instandhaltung verzichtet werden. Die Angaben der Benutzerinformation bezüglich der Wartung sind zu berücksichtigen.

5.1 Anbringungskriterien

Kriterien für die richtige Anbringung von Verriegelungseinrichtungen sind z. B.:

5.2 Sichern gegen Lageänderung (Fixierung)

Verriegelungseinrichtungen müssen justiert und in ihrer endgültigen Position fixiert werden können.

Zum Sichern gegen Lageänderung von Sensor und Betätiger sind beim Einbau geeignete Befestigungen vorzusehen, z. B. durch

Bei der Befestigung mittels Langlöchern sind zusätzliche Maßnahmen zur Fixierung erforderlich.

Es müssen Maßnahmen gegen Selbstlockern der Befestigungen vorgesehen werden.

Abb. 29 Beispiele für mögliches Sichern gegen Lageänderung

Abb. 30 Beispiel für mögliches Sichern eines Betätigers gegen Lageänderung

5.3 Funktionsrichtige Anbringung von Positionsschaltern

Abbildung 31 zeigt eine unzulässige Anordnung eines Positionsschalters Bauart 1. Er ist bei geöffneter Schutzeinrichtung nicht betätigt (keine Zwangsöffnung) und leicht umgehbar. Eine versehentliche Betätigung ist möglich. Abbildung 32 zeigt die funktionsrichtige Anbringung eines Positionsschalters Bauart 1. Die Öffnung der Kontakte erfolgt zwangläufig.

An Schutzeinrichtungen mit Drehgelenken kann die Stellungsüberwachung entweder direkt am Drehpunkt oder an der Schließkante erfolgen.

Bauart 1 Verriegelungseinrichtungen dürfen nicht an der Schließkante verwendet werden (siehe Abbildung 33), da dies keine funktionsrichtige Anbringung darstellt. Am Drehpunkt angebracht (siehe Abbildung 34) erschweren Positionsschalter Bauart 1 die Manipulation. Scharnierschalter sind speziell für die Anbringung am Drehpunkt vorgesehen (siehe Abbildung 35).

Falls die Gefahr besteht, dass bei Türen, Klappen und Deckeln mit großen Abmessungen bereits durch die beim Öffnen entstehenden Spalten zu den Gefahrstellen durchgegriffen werden kann, ist ein Positionsschalter Bauart 1 ungeeignet. Geeignet sind für diesen Fall Positionsschalter Bauart 2 oder Bauart 4, die auch an der Schließkante angebracht werden können (siehe Abbildung 36).

Abb. 31 Unzulässige Anordnung eines Positionsschalters Bauart 1 an einem Schiebeschutzgitter

Abb. 32 Funktionsrichtige Anordnung eines Positionsschalters Bauart 1

Abb. 33 Unzulässige Anbringung eines Positionsschalters Bauart 1

Abb. 34 funktionsrichtige Anbringung am Drehpunkt

Abb. 35 Bsp. Scharnierschalter

Abb. 36 Stellungsüberwachung einer Schutzeinrichtung an der Schließkante

Abb. 37 Positionsschalters Bauart 2 an einer abnehmbaren Schutzeinrichtung

Abb. 38 Näherungsschalter an einer abnehmbaren Schutzeinrichtung

Werden Näherungsschalter in Verriegelungseinrichtungen für Sicherheitsfunktionen direkt an Schließkanten angebracht, sind solche mit kodiertem Betätiger zu verwenden.

Die Stellungsüberwachung an abnehmbaren Schutzeinrichtungen darf nicht durch Bauart 1 Verriegelungseinrichtungen realisiert werden (unzulässige Anbringung, Manipulation). Abbildung 37 zeigt beispielhaft eine abnehmbare Schutzhaube unter Verwendung einer Bauart 2 Verriegelungseinrichtung. Die abnehmbare Schutzeinrichtung muss so gestaltet sein, dass diese beim Schließen geführt wird und der Betätigung des Positionsschalters voreilt. Dabei sollten die Betätiger so angebracht sein, dass sie bei abgenommener Schutzhaube vor Beschädigung geschützt sind.

Bei der Verwendung von Näherungsschaltern ist bei abnehmbaren Schutzeinrichtungen darauf zu achten, dass durch die Anbringung des Betätigers und/oder durch konstruktive Maßnahmen (z. B. Führungen) ein Betätigen des Sensors lediglich in der vorgesehenen Schutzstellung möglich ist. Ist dies konstruktiv nicht möglich, sind z. B. zwei Schalter zu verwenden (siehe Abbildung 38).

5.4 Schutz gegen Beschädigung und Überfahren

Verriegelungseinrichtungen sind so anzuordnen, dass sie beim Anfahren nicht beschädigt werden können. Sie dürfen nicht als mechanischer Anschlag verwendet werden, sofern sie nicht dafür vorgesehen sind. Wenn erforderlich, ist ein separater Anschlag anzubringen (siehe Abbildungen 39 bis 41).

Bei Bauart 1 Verriegelungseinrichtungen ist die Höhe des Steuerlineals oder des Nockens kleiner als der gesamte Schaltweg im Schalter zu wählen, damit keine mechanische Belastung des Schalters oder seiner Befestigung erfolgt.

Abb. 39 Beispiel für die unzulässige Verwendung eines Positionsschalters Bauart 2 als mechanischer Anschlag

Abb. 40 Montageart mit einem zusätzlichen mechanisch verstellbaren Anschlag

Abb. 41 Montage mit zusätzlichem mechanischen Anschlag

Abb. 43 Falsche Formgebung des Steuerlineals bei Rollenschwenkhebelschaltern

Abb. 42 Vermeidung einer unzulässigen Überfahrmöglichkeit am Beispiel eines Positionsschalters Bauart 1

Abb. 44 Richtige Formgebung des Steuerlineals bei Rollenschwenkhebelschaltern

Es muss außerdem sichergestellt sein, dass das Steuerlineal so lang ist, dass die Betätigung des Positionsschalters nicht vor dem Erreichen des Anschlages wieder aufgehoben wird, d. h. ein Überfahren nicht möglich ist (siehe Abbildung 42).

Die mechanische Lebensdauer von Positionsschaltern wird von der Anfahrgeschwindigkeit und der Form des Stellgliedes (Anfahrwinkel, Anfahrrichtung) mit beeinflusst.

Steile Anfahrwinkel sind notwendig, wenn kurze Betätigungswege des Steuerlineals vorliegen. Dabei darf der einer Anfahrgeschwindigkeit zugeordnete Anfahrwinkel nicht überschritten werden. Hierbei sind die Angaben des Herstellers zu berücksichtigen (siehe Abbildungen 43 und 44).

Der Betätiger (Steuerlineal, Kurvenscheibe) soll die gesamte Rollenbreite des Betätigungsteiles berühren, um nur zulässige Flächenbelastungen zu erreichen. Außerdem soll die Anfahrrichtung senkrecht zu Drehachsen von Betätigungsteilen, wie Rolle und Schwenkhebel, sein.

5.5 Leitungseinführung, Mindestbiegeradius der Anschlussleitungen

Bei der Wahl der Leitungseinführung und beim Verlegen von Anschlussleitungen ist darauf zu achten, dass die IP-Schutzart erhalten bleibt. Leitungseinführungen sind ggf. so abzudichten, dass keine Flüssigkeiten und Fremdkörper, z. B. Regenwasser, Bohremulsion, Reinigungswasser oder Staub in das Gehäuseinnere eindringen können (siehe auch Abschnitt 4.3.1).

Bei der Anbringung von Verriegelungseinrichtungen ist darauf zu achten, dass der vom Leitungshersteller vorgegebene Biegeradius nicht unterschritten wird. Liegen keine Angaben vor, so sollte mindestens ein Biegeradius von r ≥ 5d (bei beweglichen Leitungen von r ≥ 10d) eingehalten werden (siehe Abbildung 47).

zu beachten:

In besonders ungünstigen Anwendungsfällen ist der Einsatz von Schutzschlauchverschraubungen empfehlenswert. Hierbei hält der Schutzschlauch die Umwelteinflüsse von Leitung und Leitungseinführung fern (siehe Abbildung 48).

Abb. 45 Beispiele für nicht empfohlene Leitungseinführungen

Abb. 46 Beispiele für bevorzugte Leitungszuführungen

Abb. 47 Beachten eines ausreichenden Biegeradius

Abb. 48 Einsatz von Schutzschlauchverschraubungen

5.6 Leitungslängen und Leitungsführung

Bei der Verlegung von Anschlussleitungen sind folgende Punkte zu beachten:

5.7 Einhaltung der gesicherten Schaltabstände bei Näherungsschaltern

Bei der Montage von Näherungsschaltern für Sicherheitsfunktionen sind die gesicherten Schaltabstände (siehe Abschnitt 3.4.2) zu berücksichtigen.

Die Schaltabstände (sar, sao) des Näherungsschalters geben bei bestimmungsgemäßer Verwendung und unter ungünstigsten Bedingungen den Abstand zwischen Betätiger und Sensor an, bei dem der Sensor die Anwesenheit bzw. Abwesenheit des Betätigers sicher erkennt.

Sensor und Betätiger sind so zu montieren, dass es beim Öffnen von Türen, Klappen, Deckeln nicht möglich ist, innerhalb von s ≤ sar durch entstehende Spalten zu den Gefahrstellen durchzugreifen.

5.8 Maßnahmen zum Verringern von Umgehungsmöglichkeiten

5.8.1 Allgemeines

Bei der Anbringung von Verriegelungseinrichtungen muss auch das mögliche Umgehen, auch Manipulation genannt, betrachtet werden. Gemeint ist das Unwirksammachen von Schutzeinrichtungen mit der Konsequenz, eine Maschine in einer vom Konstrukteur nicht vorgesehenen Weise oder ohne notwendige Schutzmaßnahmen zu verwenden.

Gründe für das Umgehen von Verriegelungseinrichtungen können beispielsweise sein:

Die wirksamste Maßnahme, um ein Umgehen von Verriegelungseinrichtungen zu vermeiden, ist die konstruktive Gestaltung der Maschine einschließlich aller Schutzeinrichtungen so, dass Anreize zum Umgehen entweder beseitigt, zumindest aber minimiert werden.

Das heißt, eine Maschine muss ihre vorgesehenen Funktionen während ihrer Lebensdauer bei hinreichend verringertem Risiko ausführen können, ohne dass Manipulationen von Schutzeinrichtungen nennenswerte Vorteile bringen, z. B. durch die Wahl geeigneter Betriebsarten.

Die Norm DIN EN ISO 14119 [8] beschreibt im Anhang H ein Verfahren, um Anreize zum Umgehen von Verriegelungseinrichtungen abschätzen und bewerten zu können. Die dem zugrunde liegende Methodik ist in Abbildung 49 dargestellt.

Um dem Konstrukteur eine praktisch handhabbare Hilfestellung zur systematischen Erfassung von Manipulationsanreizen zu geben, wurde vom Institut für Arbeitsschutz der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (IFA) eine Checkliste zur Erfassung und Bewertung von Manipulationsanreizen erarbeitet und zum Download bereitgestellt. Zu finden unter www.dguv.de, Stichwort: “Manipulationsanreiz” [21].

Zusätzlich zur weitestgehenden Minimierung von Manipulationsanreizen aufgrund konstruktiver Eigenschaften der Maschine, müssen die Verriegelungseinrichtungen selbst einen Beitrag zur Verringerung der Umgehungsmöglichkeiten leisten. Sie müssen deshalb so ausgewählt und angebracht sein, dass sie nicht auf eine vernünftigerweise vorhersehbare Art, d. h. von Hand oder durch Benutzung eines leicht verfügbaren Gegenstandes, umgangen werden können.

Als Umgehen auf vernünftigerweise vorhersehbare Art gilt nicht ein aufwendiges Unwirksammachen von Schutzfunktionen wie z. B.

Weitere Informationen sind unter „www.stopp-manipulation.org“ [23] zu finden.

5.8.2 Zusätzliche Maßnahmen zur Verringerung von Umgehungsmöglichkeiten

Die im Folgenden genannten Maßnahmen können entsprechend Risikobeurteilung, einzeln oder in Kombination zur Verringerung von Umgehungsmöglichkeiten beitragen.

5.8.2.1 Vermeiden der Zugänglichkeit zu den Elementen der Verriegelungseinrichtung

durch:

Achtung:

Bauart 3 Verriegelungseinrichtungen lassen sich durch die nicht vorhandene Kodierung sehr leicht umgehen. Eine versehentliche Betätigung mit einem detektierbaren Gegenstand ist möglich. Deshalb müssen Bauart 3 Verriegelungseinrichtungen immer verdeckt oder außer Reichweite angebracht werden.

Abb. 49 Methodik zur Bestimmung und Beseitigung von Umgehungsmöglichkeiten [8]

5.8.2.2 Vermeiden einer Betätigung der Verriegelungseinrichtung durch leicht verfügbare Gegenstände

durch:

in Verbindung mit den Maßnahmen nach Abschnitt 5.8.4.3.

Ein individuell kodierter Betätiger stellt im Unterschied zu Standardbetätigern praktisch ein Unikat dar. So ist gegeben, dass ein Betätiger funktionell nur zu einem einzigen Gerät passt. Zwar sind auch Standardbetätiger kodiert, aber nur einheitlich, um sie von einfachen Werkzeugen, wie Schraubendrehern, einfachen Drahtstücken usw. zu unterscheiden.

Transponderschalter bieten technisch eine einfache und gute Möglichkeit der individuellen Kodierung.

5.8.2.3 Vermeiden, dass die Elemente der Verriegelungseinrichtung abgebaut werden oder ihre Lage verändert wird

durch:

Diese Maßnahme allein, schließt die Betätigung mit leicht verfügbaren Gegenständen nicht aus. Deshalb muss noch eine weitere der zur Auswahl stehenden Maßnahmen angewendet werden (Ausnahme: Scharnierschalter).

5.8.2.4 Vermeiden eines Umgehens durch steuerungstechnische Maßnahmen

Die Steuerung erwartet beispielsweise das Öffnen einer Tür in einem bestimmten Maschinenzyklus oder nach einer bestimmten Zeit. Das Fehlen des Steuersignals kann auf ein Umgehen hinweisen.

Beispielsweise wird der Bediener von der Steuerung zur Betätigung der Schutzeinrichtung aufgefordert. Das Fehlen des Steuersignals kann auf ein Umgehen hinweisen.

Der Einbau eines zweiten Schalters ist eine gute Möglichkeit Manipulationen vorzubeugen, insbesondere dann, wenn die Schaltsignale zusätzlich auf Plausibilität überwacht werden, z. B. dass sie innerhalb eines bestimmten Zeitfensters oder in einer bestimmten Reihenfolge schließen.

5.8.2.5 Vermeiden eines Umgehens von Positionsschaltern

Bauart 1

Wird ein einzelner Positionsschalter Bauart 1 verwendet, darf dieser nur formschlüssig betätigt werden, weil diese Betätigungsart das Umgehen des Schalters auf einfache Weise verhindert (siehe Abschnitt 5.3). Diese Maßnahme muss mindestens mit einer weiteren der aufgeführten Maßnahmen verbunden werden.

5.8.2.6 Gestaltungsmaßnahmen zur Minimierung eines Umgehens von Verriegelungseinrichtungen, die über Steckvorrichtung angeschlossen sind

Abb. 50 Verdeckter Einbau von Sensor und Betätiger an einer Schiebetür

Der Schutz gegen Umgehen muss durch mindestens eine der folgenden Maßnahmen erzielt werden:

a. durch eine derartige Anordnung der Steckvorrichtung, dass sie für den Bediener der Maschine nicht zugänglich ist
b. durch Verwendung von Schaltern mit Steckverbindern, deren Belegung nicht offensichtlich das einfache Kontaktüberbrücken mittels Draht ermöglicht z. B. durch Verwendung mehrpoliger Steckverbinder

5.8.2.7 Maßnahmen beim gewaltsamen Aufreißen von elektromagnetischen Zuhaltungen

Bei elektromagnetischen Zuhaltungen ist es aufgrund des Funktionsprinzips unter Umständen möglich (keine formschlüssige Zuhaltung), dass ein Anwender bei entsprechendem Kraftaufwand die Zuhaltung beschädigungsfrei aufreißen kann, was einer Manipulation gleichkommt. Details siehe Abschnitt 4.6.