(1) Vor Beginn von Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen hat der Arbeitgeber eine Gefährdungsbeurteilung nach § 4 BioStoffV fachkundig durchzuführen und zu dokumentieren. Fachkundig ist, wer zur Ausübung einer in dieser Verordnung bestimmten Aufgabe befähigt ist. Die Anforderungen an die Fachkunde sind abhängig von der jeweiligen Art der Aufgabe und der Höhe der Gefährdung. Die für die Fachkunde erforderlichen Kenntnisse sind durch eine geeignete Berufsausbildung und eine zeitnahe einschlägige berufliche Tätigkeit nachzuweisen. In Anhängigkeit von der Aufgabe und der Höhe der Gefährdung kann zusätzlich die Teilnahme an spezifischen Fortbildungsmaßnahmen erforderlich sein. Verfügt der Arbeitsgeber nicht selbst über die erforderlichen Kenntnisse, hat er sich fachkundig beraten zu lassen (§ 4 Abs. 1 BioStoffV).
Hinweis: Eine allgemeine Anleitung für die Durchführung der Gefährdungsbeurteilung gibt die TRBA 400 [10]. Anforderungen an die Fachkunde enthält die TRBA 200 „Anforderungen an die Fachkunde nach Biostoffverordnung“ [11].
(2) Für die Gefährdungsbeurteilung hat der Arbeitgeber gemäß § 4 Absatz 3 BioStoffV insbesondere Informationen über die Identität, Risikogruppeneinstufung und Übertragungswege/Aufnahmepfade der eingesetzten bzw. möglicherweise vorhandenen biologischen Arbeitsstoffe und die von ihnen ausgehenden Gesundheitsgefahren (infektiöse, sensibilisierende, toxische und sonstige die Gesundheit schädigende Wirkungen) zu beschaffen. Dabei sind die spezifischen Tätigkeiten und Arbeitsabläufe sowie die damit verbundenen möglichen Expositionen und relevanten Übertragungswege zu berücksichtigen. Diese Informationen sind die Grundlage für die Zuordnung zur Schutzstufe und die Festlegung der erforderlichen Schutzmaßnahmen.
Hinweis: Aktuelle Beschlüsse, Stellungnahmen und Empfehlungen des ABAS werden unter www.baua.de/abas veröffentlicht.
(3) Eine maßgebliche Aussage zum Infektionsrisiko eines biologischen Arbeitsstoffes ist mit der Einstufung in eine entsprechende Risikogruppe getroffen worden. Die verbindlichen Einstufungen sind in den TRBA 460-468 [4-8] gelistet.
Ist ein biologischer Arbeitsstoff dort nicht aufgeführt, hat der Arbeitgeber eine Einstufung entsprechend dem Stand der Wissenschaft vorzunehmen. Bei attenuierten biologischen Arbeitsstoffen kann von der Einstufung des Wildtyps abgewichen werden, wenn die Virulenzabschwächung ausreichend belegt ist. Dies setzt eine zuverlässige Identifizierung und eine genaue Kenntnis von Art und Umfang der Attenuierung voraus. Ist der Elternstamm in die Risikogruppe 3 oder 4 eingestuft, kann eine Herabstufung nur auf der Grundlage einer wissenschaftlichen Bewertung erfolgen, die der ABAS vornehmen kann.
Für nicht gelistete biologische Arbeitsstoffe, kann das BMAS nach Beratung durch den ABAS eine Einstufung in eine Risikogruppe vornehmen.
Hinweis: Die TRBA 450 beschreibt Kriterien für die Einstufung von biologischen Arbeitsstoffen in Risikogruppen [12].
(4) Bei Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen können diese eventuell unabhängig von ihrer infektiösen Wirkung, die ausschlaggebend für die Einstufung in eine Risikogruppe ist, zusätzlich sensibilisierende, toxische und sonstige die Gesundheit schädigende Wirkungen entfalten. Bei der Festlegung geeigneter Maßnahmen zur Minimierung der damit verbundenen Gesundheitsgefährdungen sind diese gesondert zu berücksichtigen (siehe auch Nummer 4.5). Hinweise auf entsprechende Eigenschaften sind in den TRBA/TRGS 406 [13], TRBA 460 [4], 464 [6] und 466 [7] zu finden.
(5) Neben den oben genannten Gefährdungen der Beschäftigten durch Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen sind auch dadurch verursachte Gefährdungen anderer Personen zu berücksichtigen. Darüber hinaus sollten auch andere Gefährdungen, wie z. B. solche der Umwelt (z. B. nach Gentechnikrecht und Tierseuchenerregerverordnung) einbezogen werden. Die jeweils notwendigen Maßnahmen müssen aufeinander abgestimmt werden.
(6) Die Gefährdungsbeurteilung ist nach § 4 Absatz 2 BioStoffV regelmäßig, mindestens alle zwei Jahre, zu überprüfen und bei Bedarf zu aktualisieren. Sie ist umgehend zu aktualisieren, wenn maßgebliche Veränderungen der Arbeitsbedingungen oder neue Informationen (z. B. Erkenntnisse aus der arbeitsmedizinischen Vorsorge) dies erfordern oder Anhaltspunkte vorliegen, dass die festgelegten Schutzmaßnahmen nicht ausreichend wirksam sind.
(1) Die möglichen Gefährdungen für Beschäftigte in Laboratorien hängen von der jeweiligen Aufgabenstellung, der damit verbundenen Art und Menge der verwendeten Materialien bzw. der eingesetzten biologischen Arbeitsstoffe sowie von den spezifischen Arbeitsverfahren und Tätigkeiten ab.
(2) Bei der Beurteilung der tätigkeitsbezogenen Gefährdungen sind insbesondere die Gefahren durch eine Exposition unter Berücksichtigung der möglichen Übertragungs- bzw. Aufnahmewege zu betrachten. Hierbei ist auch zu bedenken, dass je nach tätigkeitsbedingter Exposition auch andere als die natürlichen Übertragungswege eine Rolle spielen können.
Die Aufnahme biologischer Arbeitsstoffe bei Labortätigkeiten kann erfolgen
Tätigkeiten mit erhöhter Expositionsgefährdung können beispielsweise sein das
Besondere Gefährdungen können durch akzidentelle Kontaminationen, z. B. durch Verschütten, durch Bruch, durch Leckagen, durch Verletzungen an spitzen, scharfen Instrumenten (z. B. Spritzen, Kanülen) oder Fehlbedienungen entstehen.
(3) Sollten Tätigkeiten mit Endoparasiten vorgesehen sein, sind bei der Gefährdungsbeurteilung die Stadien im Lebenszyklus dieser Parasiten zu berücksichtigen, die für den Menschen möglicherweise infektionsfähig und tätigkeitsrelevant sind.
Hinweis: Zu Parasiten siehe auch Anlage 1 dieser TRBA und entsprechende Hinweise in der TRBA 464 [6]. Bei Tätigkeiten mit Ektoparasiten ist zu berücksichtigen, dass diese Überträger (Vektoren) von humanpathogenen biologischen Arbeitsstoffen sein können.
Entscheidend für das Vorgehen bei der Festlegung der erforderlichen Schutzstufe ist die Zuordnung zu gezielten oder nicht gezielten Tätigkeiten (siehe auch § 5 Abs. 1 BioStoffV). Labortypische Arbeitsabläufe umfassen häufig beide Arten von Tätigkeiten.
Gezielte Tätigkeiten sind unmittelbar auf einen bestimmten, der Spezies/Subspezies nach bekannten, biologischen Arbeitsstoff ausgerichtet und die Exposition des Beschäftigten ist im bestimmungsgemäßen Betrieb hinreichend bekannt oder abschätzbar. Eine gezielte Tätigkeit ist z. B. die Vermehrung von Bakterien in Reinkultur oder die Vermehrung einer definierten Virus-Spezies mit Hilfe von Zellkulturen.
Nicht gezielte Tätigkeiten liegen vor, wenn eines der oben genannten Kriterien für gezielte Tätigkeiten nicht erfüllt ist. So ist die Untersuchung von humanem Probenmaterial (z. B. Blut, Abstriche, Gewebsproben) im Rahmen der mikrobiologischen, der klinisch-chemischen oder einer sonstigen speziellen Diagnostik eine nicht gezielte Tätigkeit. Dies ist auch bei Tätigkeiten mit Probenmaterial der Fall, das von einem Spender mit eindeutigem Infektionsverdacht oder positivem Infektionsbefund stammt, sofern diese nicht auf den entsprechenden biologischen Arbeitsstoff ausgerichtet sind. Zytologische oder histologische Untersuchungen an nicht inaktiviertem Material stellen ebenfalls nicht gezielte Tätigkeiten dar.
Bei gezielten Tätigkeiten korrespondiert die erforderliche Schutzstufe mit der Risikogruppe des verwendeten biologischen Arbeitsstoffes. Bei gezielten Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen unterschiedlicher Risikogruppen ist die Einstufung des biologischen Arbeitsstoffes der höchsten Risikogruppe für die Zuordnung der Schutzstufe maßgebend.
Bei nicht gezielten Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen ist das Spektrum der zu erwartenden bzw. möglicherweise vorhandenen biologischen Arbeitsstoffe zu ermitteln. Bei der Abschätzung des möglichen Infektionsrisikos sind die Risikogruppen und die Eigenschaften der biologischen Arbeitsstoffe zu berücksichtigen. Auf der Grundlage der Einzelbewertungen ist eine tätigkeitsbezogene Gesamtbeurteilung durchzuführen. Dabei ist der biologische Arbeitsstoff mit der höchsten Risikogruppe nicht unbedingt maßgebend für die Zuordnung zu einer Schutzstufe, sondern die ermittelte Gesamtgefährdung unter Beurteilung der Expositionssituation.
Maßgeblich für die Beurteilung der Gesamtgefährdung können insbesondere sein:
Beispiele von Schutzstufenzuordnungen für nicht gezielte Tätigkeiten sind in Abschnitt 4.4 aufgeführt.
(1) In verschiedenen Arbeitsbereichen, wie z. B. der medizinischen Diagnostik oder in der mikrobiologischen Forschung, kann es im Rahmen der Untersuchungen zu einem Übergang von nicht gezielten Tätigkeiten zu gezielten Tätigkeiten kommen. Das ist beispielsweise der Fall, wenn der nach der Erstdiagnostik bekannte biologische Arbeitsstoff zur weiteren Charakterisierung gezielt vermehrt wird.
Dies kann stattfinden u.a. bei
Da es sich hier um gezielte Tätigkeiten handelt, richtet sich die Schutzstufe nach der Risikogruppe des betreffenden biologischen Arbeitsstoffes (vgl. Nummer 4.3.1).
(2) Werden bei diagnostischen Nachweisverfahren definierte Kontrollstämme eingesetzt, so handelt es sich ebenso um gezielte Tätigkeiten. Stehen dabei geeignete abgeschwächte Laborstämme zur Verfügung, so ist im Rahmen der Ersetzungspflicht (Substitutionspflicht) des § 8 Absatz 4 Nummer 1 BioStoffV auf diese zurückzugreifen.
Hinweis: Ggf. kann entsprechend § 3 Abs. 4 BioStoffV von der Einstufung des Wildtyps abgewichen werden. Siehe auch TRBA 450 [12].
(3) Zu den nicht gezielten Tätigkeiten zählen auch das Aufbewahren bzw. im Rahmen der Abfallentsorgung die Inaktivierung des Probenmaterials oder des isolierten biologischen Arbeitsstoffes nach erfolgter Identifizierung bzw. Diagnose, sofern keine weiteren gezielten Tätigkeiten folgen.
(1) Humane Probenmaterialien (Körperflüssigkeiten, Gewebe, Zellkulturen etc.), deren Infektionsstatus nicht weiter charakterisiert ist, sind als potenziell infektiös anzusehen. Deswegen sind entsprechende Tätigkeiten im Allgemeinen unter den Bedingungen der Schutzstufe 2 durchzuführen.
(2) Ist der Infektionsstatus des Probenmaterials bekannt und liegt eine Infektion mit HIV, HBV oder HCV vor, ist tätigkeitsbezogen entsprechend der in Nummer 4.3.2 genannten Kriterien zu prüfen, ob die Schutzmaßnahmen der Schutzstufe 2 genügen. Dies ist z. B. der Fall, wenn eine rasche Inaktivierung des Probenmaterials erfolgt oder ein weitgehend automatisiertes Verfahren eingesetzt wird.
Andernfalls sind die Schutzmaßnahmen der Schutzstufe 3 entsprechend Nummer 5.4.1 anzuwenden.
(3) Ist der Infektionsstatus des Probenmaterials bekannt, liegen biologische Arbeitsstoffe der Risikogruppe 3 vor und sind die Tätigkeiten nicht auf diese ausgerichtet, ist im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung entsprechend der in Nummer 4.3.2 genannten Kriterien zu prüfen, ob die Schutzmaßnahmen der Schutzstufe 2, ggf. mit einzelnen, zusätzlich festzulegenden Schutzmaßnahmen, ausreichend sind.
Ist dies nicht der Fall, sind die Tätigkeiten unter den Bedingungen der Schutzstufe 3 entsprechend Nummer 5.4.2 durchzuführen.
(4) Liegen Verdachtsmomente einer Infektion mit einem biologischen Arbeitsstoff der Risikogruppe 4 vor, sind alle orientierenden Untersuchungen der Primärprobe mit nicht inaktiviertem Material mindestens unter den Bedingungen der Schutzstufe 3 nach Nummer 5.4.2 durchzuführen.
Liegen Untersuchungsproben von einem mit einem biologischen Arbeitsstoff der Risikogruppe 4 infizierten akut erkrankten Patienten vor, sind labordiagnostische Untersuchungen mit nicht inaktiviertem Material unter den Bedingungen der Schutzstufe 4 nach Nummer 5.5 durchzuführen.
(5) Liegen nach der Charakterisierung humanen Probenmaterials klinisch unauffälliger Spender keine Erreger der Risikogruppe 2 und höher vor, so sind die Bedingungen der Schutzstufe 1 ausreichend. Dies ist z. B. der Fall, wenn die Probenmaterialien HIV-, HBV- und HCV-negativ sind. Es ist dann davon auszugehen, dass eine Infektionsgefährdung durch andere Krankheitserreger zwar nicht auszuschließen aber unter Beachtung der allgemeinen Hygienemaßnahmen vernachlässigbar ist.
(6) Tätigkeiten im Rahmen der Tuberkulosediagnostik ausgehend vom Primärmaterial (Untersuchungsmaterial), z. B. die Probenvorbereitung und Aufbereitung/Vorbehandlung, die mikroskopische Direktuntersuchung zum Nachweis säurefester Stäbchen, die kulturelle Anzucht in flüssigen und festen Nährmedien, die Inaktivierung zur Durchführung molekularbiologischer Techniken (PCR), können unter den Bedingungen der Schutzstufe 2 durchgeführt werden. Sind die Kulturmedien (kulturelle Anzucht) positiv und handelt es sich bei weiteren Arbeitsschritten um nicht gezielte Tätigkeiten, kann tätigkeitsbezogen entsprechend der in Nummer 4.3.2 genannten Kriterien geprüft werden, ob die Schutzmaßnahmen der Schutzstufe 2, ggf. mit einzelnen zusätzlich festzulegenden Schutzmaßnahmen, ausreichend sind. Das ist z. B. der Fall, wenn unmittelbar eine Inaktivierung des entnommenen Probenmaterials oder keine weitere Vermehrung erfolgt. Voraussetzung ist, dass die Beschäftigten sicher vor Aerosolexposition geschützt sind. Die weiterführende Diagnostik der in den Anzuchtmedien gewachsenen Mykobakterien der Risikogruppe 3, d. h. die endgültige Differenzierung/Identifizierung mit Hilfe physiologischer Tests oder die phänotypische Empfindlichkeitsprüfung gegenüber Antituberkulotika sind gezielte Tätigkeiten. Diese sind unter den Bedingungen der Schutzstufe 3 entsprechend Nummer 5.4.2 durchzuführen.
(7) Tätigkeiten im Rahmen der Milzbranddiagnostik sind der Schutzstufe 2 nach Nummer 5.3 zuzuordnen, wenn es sich um diagnostische Orientierungsuntersuchungen von
handelt. Zur diagnostischen Orientierungsuntersuchung gehören die Anfertigung und Beurteilung von mikroskopischen Präparaten, das Anlegen und Beurteilen von Kulturen sowie ggf. serologische und molekularbiologische Untersuchungen unmittelbar am Untersuchungsmaterial. Das Beurteilen von Kulturen kann neben der Erfassung von morphologischen Merkmalen auch die Durchführung von PCR sowie von anderen Methoden (wie z. B. MALDI-ToF) unter Verwendung von inaktiviertem Bakterienmaterial beinhalten.
Wenn die diagnostischen Orientierungsuntersuchungen aus den Primärproben oder den Primärkulturen deutliche Hinweise auf das Vorhandensein von Bacillus anthracis ergeben haben (z. B. positives PCR-Signal zum Nachweis von Virulenzplasmid-DNA, MALDI-ToF mit entsprechender Referenzdatenbank), kann es sich um verdächtige Milzbranderreger handeln. Die weiterführende Diagnostik, d. h. die endgültige Differenzierung (Ausschluss bzw. Bestätigung von Milzbranderregern) der angereicherten Bakterien mit Hilfe mikrobiologischer, biochemischer und molekularbiologischer Techniken (sofern es sich nicht um inaktiviertes Material handelt) sowie der diagnostische Tierversuch sind in der Schutzstufe 3 nach Nummer 5.4.2 durchzuführen.
(8) Für Tätigkeiten mit Material, welches TSE assoziierte Agenzien enthält oder enthalten kann, gilt der Beschluss des ABAS 603 "Schutzmaßnahmen bei Tätigkeiten mit Transmissibler Spongiformer Enzephalopathie (TSE) assoziierter Agenzien in TSE-Laboratorien" [15].
(9) Laboratorien, in denen Tätigkeiten mit tierischen Probenmaterialien von Vertebraten (Primaten ausgenommen) durchgeführt werden, sind der Schutzstufe 1 zuzuordnen, sofern die Spendertiere keine Krankheitssymptome zeigen. I.d.R. ist dann davon auszugehen, dass eine Infektionsgefährdung durch andere Krankheitserreger zwar nicht auszuschließen aber dennoch unter Beachtung der allgemeinen Hygienemaßnahmen vernachlässigbar ist. Gibt es einen begründeten Verdacht, dass eine Infektion mit einem Zoonose-Erreger vorliegt, so sind mindestens die Schutzmaßnahmen der Schutzstufe 2 einzuhalten.
(10) Tätigkeiten mit nicht charakterisiertem Material von Primaten sind der Schutzstufe 2 zuzuordnen. Ist aufgrund der Erkrankung des Spendertiers oder aufgrund anderer Anhaltspunkte mit Erregern einer höheren Risikogruppe zu rechnen (z. B. bei Proben von Wildtieren), ist im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung die Schutzstufe im Einzelfall abweichend festzulegen.
(11) Tätigkeiten mit Probenmaterial von Versuchstieren, die bekanntermaßen Träger humanpathogener biologischer Arbeitsstoffe sind bzw. mit diesen infiziert wurden, sind einer Schutzstufe entsprechend der Risikogruppe des biologischen Arbeitsstoffes zuzuordnen. Unter Umständen kann hiervon abgewichen werden, wenn im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung festgestellt wird, dass sich das Infektionsrisiko maßgeblich verringert hat (siehe TRBA 120 Nummer 3.4) [16].
(1) Die überwiegende Mehrzahl von Probenmaterialien aus der Umwelt (Wasser, Boden, Sedimente, Luft etc.) sind in aller Regel als nicht infektiös anzusehen, auch wenn sie in gewissem Umfang biologische Arbeitsstoffe der Risikogruppe 2 enthalten können. Aus diesem Grunde können Tätigkeiten mit diesen Materialien im Allgemeinen unter Bedingungen der Schutzstufe 1 durchgeführt werden. Liegen Verdachtsmomente auf besondere Belastungen der Umwelthabitate durch humanpathogene biologische Arbeitsstoffe vor, ist im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung festzulegen, ob die Tätigkeiten unter den Bedingungen der Schutzstufe 2 durchzuführen sind.
Tätigkeiten mit angereicherten mikrobiellen Fraktionen, die z. B. durch spezifische Aufreinigung oder selektive Vermehrung hergestellt wurden, sind unter den Bedingungen der Schutzstufe 2 durchzuführen, wenn eine Konzentrierung von biologischen Arbeitsstoffen der Risikogruppe 2 und höher angenommen werden kann. Im Einzelfall ist in der Gefährdungsbeurteilung festzulegen, ob eine noch höhere Schutzstufe notwendig ist.
(2) Abwasser (Schmutzwasser) und Klärschlamm enthalten humanpathogene biologische Arbeitsstoffe, deren Zusammensetzung und Konzentration herkunfts- und prozessbedingt stark variieren können. Vereinzelt stattfindende Tätigkeiten geringen Umfangs, wie z. B. gelegentliche Trübungsmessungen, können unter den Bedingungen der Schutzstufe 1 durchgeführt werden. Regelmäßige und umfangreichere Tätigkeiten mit entsprechenden Probenmaterialien sind unter den Bedingungen der Schutzstufe 2 durchzuführen.
Hinweis: Anhang 2 der TRBA 220 enthält eine Übersicht über im Abwasser vorkommende biologische Arbeitsstoffe [17].
(3) In Probenmaterialien aus Abfall, Kompost und Rottegut sind in der Regel biologische Arbeitsstoffe der Risikogruppe 1 und 2 vorhanden. Kann es während der Untersuchung solcher Proben zur Anreicherung oder Vermehrung von biologischen Arbeitsstoffen mit infektiöser Wirkung kommen, so sind diese Tätigkeiten im Allgemeinen unter Bedingungen der Schutzstufe 2 durchzuführen.
Hinweis: Derartige Probenmaterialien enthalten i.d.R. auch biologische Arbeitsstoffe mit sensibilisierenden und toxischen Wirkungen (siehe Nummer 4.5).
(1) Laboratorien, in denen Sterilitätsprüfungen, Bestimmungen der Koloniezahl und sonstige Arbeiten zur mikrobiologischen Qualitätssicherung durchgeführt werden, die nicht dem spezifischen Nachweis von biologischen Arbeitsstoffen der Risikogruppe 2 und höher dienen, können unter Bedingungen der Schutzstufe 1 durchgeführt werden. Hierzu gehören beispielsweise Proben aus der Herstellung von Lebensmitteln, Medizinprodukten, Arzneimitteln, Biologika oder Kosmetika.
Kommt es im Verlauf der Tätigkeiten zur selektiven Vermehrung oder Anreicherung von biologischen Arbeitsstoffen der Risikogruppe 2 oder 3, so sind die Tätigkeiten mindestens unter Bedingungen der Schutzstufe 2 durchzuführen.
(2) Proben aus der Herstellung von Biologika, wie z. B. Plasmaproteine, rekombinante Proteine oder sonstige aus biologischem Material erzeugte Produkte werden hinsichtlich der Kontamination mit Bakterien, Viren und sonstigen Mikroorganismen untersucht. Da diese Zwischen- und Endprodukte aus geprüftem Ausgangsmaterial stammen, können diese Untersuchungen unter Bedingungen der Schutzstufe 1 durchgeführt werden.
(1) Biologische Arbeitsstoffe mit sensibilisierenden oder toxischen Wirkungen können insbesondere eine Rolle spielen
(2) Besitzen biologische Arbeitsstoffe der Risikogruppe 1 sensibilisierende oder toxische Wirkungen, sind zusätzlich zu den allgemeinen Hygienemaßnahmen der Schutzstufe 1 weitere geeignete Schutzmaßnahmen festzulegen. In der Regel handelt es sich auch um Maßnahmen, die der Minimierung oder Verhinderung des Kontakts zu biologischen Arbeitsstoffen und/oder der Entstehung von Bioaerosolen dienen, wie z. B. die Nutzung einer mikrobiologischen Sicherheitswerkbank (MSW) (siehe Nummer 5.2.2).
(3) In der Schutzstufe 2 kann davon ausgegangen werden, dass durch die Umsetzung der geforderten baulichen, technischen und organisatorischen Maßnahmen das Freiwerden von biologischen Arbeitsstoffen mit sensibilisierenden, toxischen und sonstigen die Gesundheit schädigenden Wirkungen ausreichend minimiert wird.
(4) Es ist zu berücksichtigen, dass nach erfolgter Inaktivierung von biologischen Arbeitsstoffen mit sensibilisierenden oder toxischen Wirkungen in der Regel das sensibilisierende oder toxische Potenzial erhalten bleiben kann. In diesen Fällen sind deshalb im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung auch nach der Inaktivierung dieser biologischen Arbeitsstoffe die entsprechenden Schutzmaßnahmen umzusetzen.