(1) Bei Tätigkeiten mit Blei und Bleiverbindungen ist zu beachten, dass nur ein Teil der individuellen Belastung der Beschäftigten durch Einatmen von Bleistäuben und Bleirauchen verursacht wird. Trotz einer nur geringen Konzentration von Blei in der Luft am Arbeitsplatz kann der Biologische Grenzwert (BGW) überschritten werden. Ein wesentlicher Teil der Belastung kann durch orale Aufnahme über Hand-Mund-Kontakt infolge mangelnder Hygiene verursacht werden, während die dermale Aufnahme vernachlässigt werden kann. Die Hygiene umfasst betriebliche und persönliche Sauberkeit sowie persönliche Verhaltensweisen.
(2) In der "Begründung zu Blei in TRGS 903" [6] wird darauf hingewiesen, dass der Gehalt an Blei im Blut von exponierten Beschäftigten eine unzureichende Korrelation mit Blei in der Luft am Arbeitsplatz aufweist, so dass kein Arbeitsplatzgrenzwert in der Luft abgeleitet werden kann. Daher ist in Deutschland kein Arbeitsplatzgrenzwert in der Luft festgelegt.
(3) Der nach RL 98/24/EG gültige, bindende Luftgrenzwert von 150 µg Blei/m3 ist als maximale Obergrenze in der Luft am Arbeitsplatz zu betrachten. Dieser Wert ist nicht gesundheitsbasiert und entspricht zudem nicht dem Stand von Wissenschaft und Technik. Es besteht keine Korrelation zwischen Luftmesswerten und Wirkungsdaten. Darüber hinaus ist auch die Auslöseschwelle der ArbMedVV für eine Pflichtvorsorge keine gesundheitsbasierte Luftkonzentration.
(4) Zur Bewertung der Exposition und Erfordernis weiterer Schutzmaßnahmen ist die Umsetzung des Standes der Technik zu prüfen. Dabei sind alle Aufnahmewege in den Körper zu berücksichtigen.
(5) Durch die Messung der Luftkonzentration kann aber eine Bezugsgröße ermittelt werden:
(6) Tätigkeiten mit Blei und Bleiverbindungen nach dem derzeitigen Stand der Kenntnisse sind insbesondere:
(7) Neben den Beschäftigten eines Betriebes sind weitere Personengruppen in die Informationsermittlung und Gefährdungsbeurteilung (siehe Abschnitt 4.2 Absatz 3) miteinzubeziehen. Hierzu gehören u. a.:
(8) Weiterhin gelten die Festlegungen zur Zusammenarbeit verschiedener Firmen nach § 15 GefStoffV hinsichtlich Qualifikation, gegenseitiger Information, Abstimmung und Koordination.
(1) Die Gefährdungsbeurteilung ist von fachkundigen Personen durchzuführen.
(2) Der Arbeitgeber hat zu prüfen und zu dokumentieren, ob auf Blei und Bleiverbindungen verzichtet werden kann. Diese Substitutionsprüfung muss sich auf Blei und Bleiverbindungen und auf Arbeitsverfahren beziehen. Bei technisch geeigneten Alternativen sind diese anzuwenden.
(3) Für alle Tätigkeiten mit Blei und Bleiverbindungen, insbesondere den unter Abschnitt 3.1 Absatz 2 und 3 aufgeführten Tätigkeiten, ist eine Gefährdungsbeurteilung vom Arbeitgeber nach § 6 GefStoffV unter besonderer Berücksichtigung der stoffspezifischen Gefährdungen und Aufnahmewege für Blei zu erstellen.
(4) Bei Tätigkeiten mit Blei und Bleiverbindungen sind die konkreten Schutzmaßnahmen im Ergebnis der Gefährdungsbeurteilung nach § 6 GefStoffV festzulegen. Zusätzlich ist zu berücksichtigen, dass bei Einhaltung des BGW eine Gefährdung für das ungeborene Kind nicht ausgeschlossen werden kann. Auf die Regelungen zu besonderen Personengruppen in Abschnitt 7 wird verwiesen.
(5) Für den Fall, dass mehrere Unternehmen zusammenarbeiten, haben die Unternehmer (Auftraggeber und Auftragnehmer) zusammenzuwirken und Schutzmaßnahmen abzustimmen.
(6) Werden Tätigkeiten mit Blei und Bleiverbindungen entsprechend einem VSK nach TRGS 420 (siehe Verzeichnis der vom AGS als Verfahrens- und stoffspezifisches Kriterium (VSK) anerkannten, standardisierten Arbeitsverfahren) ausgeübt, so kann davon ausgegangen werden, dass die Anforderungen der GefStoffV zum Schutz der Beschäftigten umgesetzt werden.
(7) In der Gefährdungsbeurteilung ist die mögliche Kontamination der Arbeits- und Schutzkleidung sowie von Arbeitsmitteln und eine mögliche Verschleppung der Kontamination in ungefährdete Bereiche zu berücksichtigen.
(8) Die Wirksamkeit der technischen, organisatorischen und persönlichen Schutzmaßnahmen ist zu überprüfen. Ziel ist, dass der Biologische Grenzwert (BGW) unterschritten wird.
(9) Die Wirksamkeit technischer Schutzmaßnahmen kann insbesondere durch Messung der Konzentration von Blei in der Luft am Arbeitsplatz regelmäßig überprüft werden, siehe hierzu Abschnitt 3.1 Absatz 2 bis 5 und Literatur [12].
(10) Bei der Gefährdungsermittlung und -beurteilung sowie bei der Wirksamkeitskontrolle sind die Erkenntnisse aus der arbeitsmedizinischen Vorsorge im Sinne von § 6 Absatz 4 ArbMedVV, insbesondere aus dem Biomonitoring, soweit diese vorliegen, zu berücksichtigen. Das Recht auf die Einsicht in individuelle Untersuchungsergebnisse kann der Arbeitgeber aus dieser Vorgabe jedoch nicht ableiten. Bei arbeitsmedizinischen Analysen in biologischem Material müssen der Stand der Technik und die Qualitätskriterien beachtet werden (siehe AMR 6.2).
(11) Die Beteiligung der Betriebsärztin oder des Betriebsarztes an der Gefährdungsbeurteilung ist wegen der besonderen Bedeutung des Biomonitorings grundsätzlich erforderlich. Die Beteiligung der Ärztin oder des Arztes kann je nach den Gegebenheiten unterschiedlich ausgeprägt sein und reicht von schriftlichen oder mündlichen Stellungnahmen bis zum Erstellen der Gefährdungsbeurteilung im Auftrag des Arbeitgebers (siehe AMR 3.2). Im Vordergrund der Beteiligung des Betriebsarztes an der Gefährdungsbeurteilung steht das Einbringen arbeitsmedizinischen Sachverstandes. Die Ärztin oder der Arzt berät den Arbeitgeber insbesondere
(12) Ergeben die Gefährdungsbeurteilung sowie Erkenntnisse aus der Arbeitsmedizinischen Vorsorge, dass bei Tätigkeiten keine Exposition gegenüber Blei und Bleiverbindungen besteht, sind keine ergänzenden Maßnahmen nach Maßgabe dieser TRGS erforderlich. Keine Exposition bedeutet, dass Blei in der Luft am Arbeitsplatz mit dem Standardverfahren zur Analyse von Blei und Bleiverbindungen nach DGUV Information 213-573 unterhalb der Bestimmungsgrenze liegt, keine dermale oder orale Exposition besteht und keine Kontamination mit Blei und Bleiverbindungen z. B. über die Arbeitskleidung möglich ist. Dies kann z. B. bei der spanenden Bearbeitung von bleihaltigen Legierungen wie z. B. Automatenstählen oder Kupferlegierungen mit Einsatz von Kühlschmierstoffen der Fall sein.