Ethylenoxid ist als krebserzeugender Stoff in die Kategorie 2 (alt) bzw. 1B (neu) eingestuft. Diese Einstufung gilt auch für die üblicherweise in EO-Sterilisatoren verwendeten Gasgemische. Damit ist bei der Festlegung von Schutzmaßnahmen neben der GefStoffV die Bekanntmachung für Gefahrstoffe (BekGS) 91011 "Risikowerte und Expositions-Risiko-Beziehung für Tätigkeiten mit krebserzeugenden Stoffen" zu beachten. Dies gilt prinzipiell auch dort, wo nach dem Abschluss der Sterilisation noch Rest-Ethylenoxid aus Sterilgut ausgasen kann.
Für krebserzeugende Stoffe können gesundheitsbasierte Grenzwerte am Arbeitsplatz nicht festgelegt werden. Stattdessen werden für Tätigkeiten mit krebserzeugenden Gefahrstoffen Expositions-Risiko-Beziehungen ermittelt, bei denen ein statistisches Lebensarbeitszeitrisiko für eine Krebserkrankung noch akzeptiert werden kann (Akzeptanzkonzentration für Ethylenoxid: 0,2 mg/m³) beziehungsweise ab dem das Expositionsrisiko nicht mehr tolerabel ist (Toleranzkonzentration für Ethylenoxid: 2 mg/m³). Daraus ergeben sich drei Bereiche mit einem niedrigen, mittleren und hohen Risiko. Der Umfang der erforderlichen Schutzmaßnahmen orientiert sich an der Höhe des Risikos, dem die Beschäftigten an ihren Arbeitsplätzen bei ihren Tätigkeiten ausgesetzt sind (gestuftes Schutzmaßnahmenkonzept).
Bei Sterilisatoren, bei denen nach Zwangsverriegelung und Ablauf einer vollständig vollautomatischen Prozesssteuerung einschließlich Desorptionsphase hohe Desorptionsraten erzielt werden, können bei anschließenden Tätigkeiten mit dem Sterilgut Ethylenoxid-Konzentrationen im Bereich des niedrigen Risikos eingehalten werden. Dieser Stand der Technik ist bei der industriellen Sterilisation in großvolumigen Kammern zurzeit nicht im selben Maße umsetzbar, so dass Tätigkeitsbereiche mit erhöhten Konzentrationen von Ethylenoxid auftreten.
Dieser Anlage führt anhand eines gestuften Maßnahmenkonzeptes nach den allgemeinen Vorgaben der BekGS 910 und den konkretisierenden Festlegungen in der nachfolgenden Tabelle diejenigen Schutzmaßnahmen für Tätigkeiten mit Sterilgut auf, die im Bereich unterhalb der Akzeptanzkonzentration (hinnehmbares oder niedriges Risiko), im Bereich zwischen Akzeptanz- und Toleranzkonzentration (unerwünschtes oder mittleres Risiko) und im Bereich oberhalb der Toleranzkonzentration (nicht hinnehmbares oder hohes Risiko) zum Schutz der Beschäftigten erforderlich sind.
Tabelle für ein gestuftes Maßnahmenkonzept bei Tätigkeiten an Ethylenoxid-Sterilisatoren
Schutzmaßnahmen | I. Niedriges Risiko | II. Mittleres Risiko | III. Hohes Risiko |
1. Administrative Maßnahmen | |||
Hinweis: Genehmigung gem. BundesimmissionsschutzG | Begasungs- und Sterilisationsanlagen sowie Anlagen zur Entgasung unterliegen gemäß Anhang Ziffer 10.22 der 4. BImSchV einer Genehmigungspflicht nach dem BImSchG, soweit deren nutzbares Raumvolumen mehr als 1 m³ beträgt (Begasungsanlagen, s.a. Nummer 7) | ||
Hinweis: Erlaubnis und Befähigungsscheinpflicht | Tätigkeiten an Sterilisatoren bedürfen der Erlaubnis und eines Befähigungsscheines gemäß Nummer 4 | ||
Kommunikation mit der Aufsichtsbehörde | entfällt | Hinweis: bei dauerhafter Verwendung von Atemschutz (siehe unten) ist eine Ausnahmegenehmigung gemäß § 19 GefStoffV zu beantragen. | |
Im Rahmen der genehmigungsrechtlich festgeschriebenen Auflagen und der Anzeigepflichten nach GefStoffV; s.a. Nummer 7 | |||
Maßnahmenplan | entfällt |
Der Arbeitgeber hat einen Maßnahmenplan aufzustellen, in dem er unter Angabe konkreter Einzelheiten zu folgenden Gesichtspunkten beschreibt, wie eine weitere Expositionsminderung
| |
2. Technische Maßnahmen | |||
Grundpflichten | Zusätzliche Maßnahmen sind nicht erforderlich, vorhandene Maßnahmen sind jedoch beizubehalten. Durch regelmäßige Kontrolle gemäß Nummer 5.6 ist sicher zu stellen, dass keine Verschlechterung der Expositionssituation eintritt. | Der Arbeitgeber hat technische Maßnahmen nach dem Stand der Technik zu
ergreifen. Beispiele für mögliche technische Maßnahmen zur Minimierung der
Exposition sind:
| |
Räumliche Abtrennung | Im Rahmen der
Verhältnismäßigkeit hat der
Arbeitgeber den
Arbeitsbereich räumlich
abzutrennen, sofern dies mit
verhältnismäßigem Aufwand
durchführbar ist. Beispiele sind
die Arbeitsbereiche
| Der Arbeitgeber hat den
Arbeitsbereich räumlich
abzutrennen, sofern dies mit
verhältnismäßigem Aufwand
durchführbar ist.
Beispiele sind:
| Der Arbeitgeber hat den Arbeitsbereich
räumlich abzutrennen.
Beispiele sind
|
Reduzierung expositionsrelevanter Mengen | Prozessoptimierung im Sinne des Minimierungsgebotes gemäß Nummer 5.4.2 und Maßnahmenplan | ||
Atemschutz | entfällt | Bei Auftreten von Expositionsspitzen muss der Arbeitgeber den Beschäftigten die Verwendung von filtrierenden Halbmasken mit Filtervorsatz AX verpflichtend vorschreiben. Im Übrigen hat er ihnen filtrierende Halbmasken mit Filtervorsatz AX anzubieten. | Der Arbeitgeber muss den Beschäftigten die Verwendung von umluftunabhängigem Atemschutz verpflichtend vorschreiben; nur Sachkundige mit G26 III. |
Expositionsminimierung | freiwillig | wirksame Raumlufttechnische Anlage mit ausreichend Frischluftzufuhr (s.a. Nummer 5.4.3 Abs. 3) | |
3. Organisatorische Maßnahmen | |||
Grundhygiene | ja | ||
Minimierung der Exponiertionsdauer | entfällt | Die Minimierung der Expositionsdauer ist verpflichtend. Dabei hat der Arbeitgeber tätigkeitsspezifisch eine Optimierung hinsichtlich minimaler Exponiertenzahl und minimaler Expositionsdauer vorzunehmen. | |
Minimierung der Exponiertenzahl | entfällt | Die Minimierung der Exponiertenzahl ist verpflichtend. Dabei hat der Arbeitgeber tätigkeitsspezifisch eine Optimierung hinsichtlich minimaler Exponiertenzahl und minimaler Expositionsdauer vorzunehmen. | |
Betriebsanweisung, Unterweisung, Schulung, arbeitsmedizinische Beratung (gem. § 14 Absätze 1 und 2 GefStoffV | Beschäftigte mit verbundenen Tätigkeiten; s.a. Nummer 5.3.3 | fachkundiges Personal | |
Risikotransparenz und Kommunikation | Unterrichtung über das Krebsrisiko auf Grundlage des Risikoakzeptanzkonzepts (BekGS 910) | ||
Erste Hilfe | gemäß Nummer 5.3.4 | ||
4. Arbeitsmedizinische Vorsorge | Siehe BekGS 910, Ausgabe Juni 2008, zuletzt berichtigt August 2010, Nummer 5.2 Nr. 4 "Arbeitsmedizinische Maßnahmen" | ||
5. Substitution | Kommt zur Anwendung soweit, die Sterilisationsverfahren nach MPG validiert sind; s.a. Nummer 5.4.2 |
11 | siehe auch BekGS 910 Anlage 1 Nummer 1 vom Juni 2008, zuletzt geändert und ergänzt in GMBl 2011,S. 194 (Nr.10) |