Anlage 4 zur TRGS 513

Gestuftes Schutzmaßnahmenkonzept für Tätigkeiten an Ethylenoxid-Sterilisatoren unter Berücksichtigung der Bekanntmachung für Gefahrstoffe 910

Einführung

Ethylenoxid ist als krebserzeugender Stoff in die Kategorie 2 (alt) bzw. 1B (neu) eingestuft. Diese Einstufung gilt auch für die üblicherweise in EO-Sterilisatoren verwendeten Gasgemische. Damit ist bei der Festlegung von Schutzmaßnahmen neben der GefStoffV die Bekanntmachung für Gefahrstoffe (BekGS) 91011 "Risikowerte und Expositions-Risiko-Beziehung für Tätigkeiten mit krebserzeugenden Stoffen" zu beachten. Dies gilt prinzipiell auch dort, wo nach dem Abschluss der Sterilisation noch Rest-Ethylenoxid aus Sterilgut ausgasen kann.

Für krebserzeugende Stoffe können gesundheitsbasierte Grenzwerte am Arbeitsplatz nicht festgelegt werden. Stattdessen werden für Tätigkeiten mit krebserzeugenden Gefahrstoffen Expositions-Risiko-Beziehungen ermittelt, bei denen ein statistisches Lebensarbeitszeitrisiko für eine Krebserkrankung noch akzeptiert werden kann (Akzeptanzkonzentration für Ethylenoxid: 0,2 mg/m³) beziehungsweise ab dem das Expositionsrisiko nicht mehr tolerabel ist (Toleranzkonzentration für Ethylenoxid: 2 mg/m³). Daraus ergeben sich drei Bereiche mit einem niedrigen, mittleren und hohen Risiko. Der Umfang der erforderlichen Schutzmaßnahmen orientiert sich an der Höhe des Risikos, dem die Beschäftigten an ihren Arbeitsplätzen bei ihren Tätigkeiten ausgesetzt sind (gestuftes Schutzmaßnahmenkonzept).

Bei Sterilisatoren, bei denen nach Zwangsverriegelung und Ablauf einer vollständig vollautomatischen Prozesssteuerung einschließlich Desorptionsphase hohe Desorptionsraten erzielt werden, können bei anschließenden Tätigkeiten mit dem Sterilgut Ethylenoxid-Konzentrationen im Bereich des niedrigen Risikos eingehalten werden. Dieser Stand der Technik ist bei der industriellen Sterilisation in großvolumigen Kammern zurzeit nicht im selben Maße umsetzbar, so dass Tätigkeitsbereiche mit erhöhten Konzentrationen von Ethylenoxid auftreten.

Dieser Anlage führt anhand eines gestuften Maßnahmenkonzeptes nach den allgemeinen Vorgaben der BekGS 910 und den konkretisierenden Festlegungen in der nachfolgenden Tabelle diejenigen Schutzmaßnahmen für Tätigkeiten mit Sterilgut auf, die im Bereich unterhalb der Akzeptanzkonzentration (hinnehmbares oder niedriges Risiko), im Bereich zwischen Akzeptanz- und Toleranzkonzentration (unerwünschtes oder mittleres Risiko) und im Bereich oberhalb der Toleranzkonzentration (nicht hinnehmbares oder hohes Risiko) zum Schutz der Beschäftigten erforderlich sind.

 

Tabelle für ein gestuftes Maßnahmenkonzept bei Tätigkeiten an Ethylenoxid-Sterilisatoren

Schutzmaßnahmen I. Niedriges Risiko II. Mittleres Risiko III. Hohes Risiko
1. Administrative Maßnahmen
Hinweis:
Genehmigung gem. BundesimmissionsschutzG
Begasungs- und Sterilisationsanlagen sowie Anlagen zur Entgasung unterliegen gemäß Anhang Ziffer 10.22 der 4. BImSchV einer Genehmigungspflicht nach dem BImSchG, soweit deren nutzbares Raumvolumen mehr als 1 m³ beträgt (Begasungsanlagen, s.a. Nummer 7)
Hinweis:
Erlaubnis und Befähigungsscheinpflicht
Tätigkeiten an Sterilisatoren bedürfen der Erlaubnis und eines Befähigungsscheines gemäß Nummer 4
Kommunikation mit der Aufsichtsbehörde entfällt   Hinweis: bei dauerhafter Verwendung von Atemschutz (siehe unten) ist eine Ausnahmegenehmigung gemäß § 19 GefStoffV zu beantragen.
Im Rahmen der genehmigungsrechtlich festgeschriebenen Auflagen und der Anzeigepflichten nach GefStoffV; s.a. Nummer 7
Maßnahmenplan entfällt Der Arbeitgeber hat einen Maßnahmenplan aufzustellen, in dem er unter Angabe konkreter Einzelheiten zu folgenden Gesichtspunkten beschreibt, wie eine weitere Expositionsminderung
  • aufgrund welcher Maßnahmen
  • in welchem Ausmaß und
  • in welchen Zeiträumen.
erreicht werden soll. Der Maßnahmenplan und die Dokumentation der Gefährdungsbeurteilung sind der zuständigen Behörde auf Anfrage zu übermitteln. Vgl. auch TRGS 400, Nummer 8 Abs. 3
       
2. Technische Maßnahmen
Grundpflichten Zusätzliche Maßnahmen sind nicht erforderlich, vorhandene Maßnahmen sind jedoch beizubehalten.

Durch regelmäßige Kontrolle gemäß Nummer 5.6 ist sicher zu stellen, dass keine Verschlechterung der Expositionssituation eintritt.
Der Arbeitgeber hat technische Maßnahmen nach dem Stand der Technik zu ergreifen. Beispiele für mögliche technische Maßnahmen zur Minimierung der Exposition sind:
  • Absenkung der EO - Einsatzkonzentration
  • Verbesserung der Desorptionsrate, z.B. durch Änderungen physikalischer Parameter bei den Spülzyklen
  • Verlängerung der Verweilzeit in der Desorption
  • Sterilisation in Gitterboxen
  • Automatisierung des Entnahmevorgangs
  • Automatisierung der Nachkonditionierung
  • Erhöhung der Luftwechselraten in den Nachentgasungsräumen und Lager
Räumliche Abtrennung Im Rahmen der Verhältnismäßigkeit hat der Arbeitgeber den Arbeitsbereich räumlich abzutrennen, sofern dies mit verhältnismäßigem Aufwand durchführbar ist. Beispiele sind die Arbeitsbereiche
  • Beschickung des Sterilisators
  • Bereich der Vorkonditio-
    nierung
Der Arbeitgeber hat den Arbeitsbereich räumlich abzutrennen, sofern dies mit verhältnismäßigem Aufwand durchführbar ist. Beispiele sind:
  • Automatisierung des Entnahmevorgangs über 2. Kammeröffnung
  • Nachkonditio-
    nierungsbereich
Der Arbeitgeber hat den Arbeitsbereich räumlich abzutrennen. Beispiele sind
  • Automatisierung des Entnahmevorgangs über 2. Kammeröffnung
  • Nachkonditio-
    nierungsbereich
Reduzierung expositionsrelevanter Mengen Prozessoptimierung im Sinne des Minimierungsgebotes gemäß Nummer 5.4.2 und Maßnahmenplan
Atemschutz entfällt Bei Auftreten von Expositionsspitzen muss der Arbeitgeber den Beschäftigten die Verwendung von filtrierenden Halbmasken mit Filtervorsatz AX verpflichtend vorschreiben. Im Übrigen hat er ihnen filtrierende Halbmasken mit Filtervorsatz AX anzubieten. Der Arbeitgeber muss den Beschäftigten die Verwendung von umluftunabhängigem Atemschutz verpflichtend vorschreiben; nur Sachkundige mit G26 III.
Expositionsminimierung freiwillig wirksame Raumlufttechnische Anlage mit ausreichend Frischluftzufuhr (s.a. Nummer 5.4.3 Abs. 3)
       
3. Organisatorische Maßnahmen
Grundhygiene ja
       
Minimierung der Exponiertionsdauer entfällt Die Minimierung der Expositionsdauer ist verpflichtend. Dabei hat der Arbeitgeber tätigkeitsspezifisch eine Optimierung hinsichtlich minimaler Exponiertenzahl und minimaler Expositionsdauer vorzunehmen.
Minimierung der Exponiertenzahl entfällt Die Minimierung der Exponiertenzahl ist verpflichtend. Dabei hat der Arbeitgeber tätigkeitsspezifisch eine Optimierung hinsichtlich minimaler Exponiertenzahl und minimaler Expositionsdauer vorzunehmen.
Betriebsanweisung, Unterweisung, Schulung, arbeitsmedizinische Beratung (gem. § 14 Absätze 1 und 2 GefStoffV Beschäftigte mit verbundenen Tätigkeiten; s.a. Nummer 5.3.3 fachkundiges Personal
       
Risikotransparenz und Kommunikation Unterrichtung über das Krebsrisiko auf Grundlage des Risikoakzeptanzkonzepts (BekGS 910)
Erste Hilfe gemäß Nummer 5.3.4
4. Arbeitsmedizinische Vorsorge Siehe BekGS 910, Ausgabe Juni 2008, zuletzt berichtigt August 2010,
Nummer 5.2 Nr. 4 "Arbeitsmedizinische Maßnahmen"
       
5. Substitution Kommt zur Anwendung soweit, die Sterilisationsverfahren nach MPG validiert sind;
s.a. Nummer 5.4.2

 


11 siehe auch BekGS 910 Anlage 1 Nummer 1 vom Juni 2008, zuletzt geändert und ergänzt in GMBl 2011,S. 194 (Nr.10)