Die Pflichten des Arbeitgebers bei der Gefährdungsbeurteilung bei Tätigkeiten mit Gefahrstoffen sind im Abschnitt 3 der Gefahrstoffverordnung enthalten und werden insbesondere durch die TRGS 400 "Gefährdungsbeurteilung bei Tätigkeiten mit Gefahrstoffen" erläutert. Das Ergebnis der Gefährdungsbeurteilung ist zu dokumentieren.
(1) Der Arbeitgeber hat festzustellen, mit welchen Gefahrstoffen Beschäftigte Tätigkeiten ausüben und in welchem Umfang Gefahrstoffe entstehen oder freigesetzt werden können. Hierzu müssen Informationen beschafft werden:
(2) Der Arbeitgeber hat sich die für die Gefährdungsbeurteilung notwendigen Informationen beim Hersteller, Inverkehrbringer oder aus anderen, ihm mit zumutbarem Aufwand zugänglichen Quellen, z. B. vom Apotheker, zu beschaffen. Informationsquellen für die Gefährdungsbeurteilung bei Tätigkeiten mit Gefahrstoffen sind die Kennzeichnung der gefährlichen Stoffe und Gemische, Sicherheitsdatenblätter, Technische Regeln für Gefahrstoffe, verfahrens- und stoffspezifische Kriterien (VSK) sowie branchen- oder tätigkeitsspezifische Hilfestellungen wie z. B. Regeln, Informationen und Datenbanken der gesetzlichen Unfallversicherungsträger. Für Arzneistoffe und Desinfektionsmittel für Flächen, Instrumente und Wäsche existieren in der Regel die o. g. Kennzeichnungen und Sicherheitsdatenblätter. Arzneimittel im Sinne des AMG unterliegen nicht der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 (REACH-Verordnung) und der CLP-Verordnung und somit grundsätzlich auch nicht einer gefahrstoffrechtlichen Kennzeichnung, für sie gibt es in der Regel keine Sicherheitsdatenblätter. Sicherheitsrelevante Informationen zu Arzneimitteln können von den Herstellern (Fachinformationen) und weitere Informationen von den Trägern der gesetzlichen Unfallversicherung erhalten werden (siehe "Literatur", insbesondere die Abschnitte "Regeln und Informationen der Unfallversicherungsträger" und "Sonstige Literatur").
(1) Der Arbeitgeber muss grundsätzlich für alle Tätigkeiten mit Gefahrstoffen, einschließlich Therapie und Diagnostik, eine Gefährdungsbeurteilung durchführen. Auch Tätigkeiten, die im Rahmen der Wartung, Reinigung und Instandsetzung von Geräten und medizinischen Räumen vorgenommen werden, sind zu beurteilen. Der Arbeitgeber hat im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung das Ausmaß der dermalen und inhalativen Exposition, ggf. auch einer möglichen oralen Aufnahme zu ermitteln und zu beurteilen. Auf eine Betrachtung der oralen Exposition kann meist verzichtet werden, da diese wegen der erforderlichen Hygienemaßnahmen in den medizinischen Einrichtungen erfahrungsgemäß nicht in Betracht kommen sollte, siehe hierzu auch Nummer 4.2 Absatz 3.
(2) Der Arbeitgeber kann die Durchführung der Gefährdungsbeurteilung gemäß TRGS 400 an fachkundige Personen delegieren oder er kann sich fachkundig beraten lassen. Dabei soll sich der Arbeitgeber auf die fachkundige Beratung durch die Fachkraft für Arbeitssicherheit oder den Betriebsarzt bzw. durch spezifische Berufsgruppen, wie z. B. Apotheker oder Hygienefachpersonal, stützen.
(3) Sofern es sich um dermale Belastungen handelt, ist die TRGS 401 "Gefährdung durch Hautkontakt" zu beachten, die die Vorgehensweise zur Beurteilung der dermalen Gefährdung und zur Auswahl geeigneter Schutzmaßnahmen beschreibt. Dazu gehört auch die Applikation von Externa insbesondere in Kombination mit dem Tragen von flüssigkeitsdichten Schutzhandschuhen.
(4) Bei der Beurteilung der inhalativen Gefährdung ist die TRGS 402 "Ermitteln und Beurteilen der Gefährdungen bei Tätigkeiten mit Gefahrstoffen: Inhalative Belastung" zu beachten. Sie umfasst insbesondere nichtmesstechnische Ermittlungsmethoden (z. B. die Übertragung der Ergebnisse vergleichbarer Tätigkeiten oder Berechnungen) als auch messtechnische Ermittlungsmethoden ("Arbeitsplatzmessungen"). Inhalative Belastungen treten auf z. B. bei Inhalationsnarkosen, Anwendungen in der Aerosoltherapie, aber auch bei Desinfektionsarbeiten.
(5) Zu den nichtmesstechnischen Ermittlungsmethoden zählen Erfahrungen von vergleichbaren Arbeitsplätzen und branchen- oder tätigkeitsbezogene Hilfestellungen (siehe "Literatur", insbesondere [30, 32, 33, 35, 41, 42, 45, 46, 47, 49, 53, 61]).
(6) Bei Tätigkeiten mit entzündlichen bzw. entzündbaren Stoffen der Kat. 1 oder 2 ist zu ermitteln, ob explosionsfähige Gemische oder explosionsfähige Atmosphären vorhanden sein können. Explosionsgefährdete Bereiche sind in Zonen einzuteilen und ggf. ist ein Explosionsschutzdokument zu erstellen und fortzuschreiben.
(1) Der Arbeitgeber ist verpflichtet, ein Verzeichnis aller als Gefahrstoffe erkannten Stoffe, Gemische oder Erzeugnisse zu führen. Dazu gehören auch Arzneistoffe, Arzneimittel, Antiseptika. In einer Apotheke ist das Warenverzeichnis ausreichend, wenn die gefahrstoffrechtlich geforderten Informationen enthalten sind.
(2) Gefahrstoffe müssen nicht ins Gefahrstoffverzeichnis aufgenommen werden, wenn die Gefährdungsbeurteilung ergeben hat, dass von ihnen keine oder eine nur geringe Gefährdung ausgeht.