Für alle Tätigkeiten im Betrieb ist eine Gefährdungsbeurteilung durchzuführen. Dies gilt insbesondere für Arbeiten in Bereichen, in denen mit dem Vorhandensein bzw. mit der Entstehung von Kohlendioxid gerechnet werden muss.
Eine grundlegende Anleitung zur Durchführung einer Gefährdungsbeurteilung ist z. B. der ASI 10.0 "Handlungsanleitung Betriebliche Gefährdungsbeurteilung" zu entnehmen. Die vorliegende ASI gibt eine Hilfestellung, um die Gefährdungen durch Kohlendioxid zu ermitteln und geeignete Schutzmaßnahmen festzulegen.
Jeder der folgenden Unterabschnitte dieses Kapitels bezieht sich auf einzelne Prozessschritte, Verfahrensabläufe oder Arbeitsbereiche in der Getränkeherstellung. Abhängig von den im Betrieb vorliegenden Gegebenheiten werden jeweils die grundlegenden Schutzmaßnahmen, die zu treffen sind, identifiziert. Weitere Einzelheiten zu den Schutzmaßnahmen enthält das anschließende Kapitel.
Vorrangiges Ziel ist, das Einsteigen in den Behälter durch geeignete technische und organisatorische Maßnahmen entbehrlich zu machen, wie z. B. durch den Einsatz einer CIP-Reinigungsanlage, der Einsatz von Zielstrahlreinigern und von Kameras zur Prozessbeobachtung etc.
Maßnahmen für den Schutz und die Rettung der Einsteigenden sind vor Beginn der Arbeiten im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung festzulegen und umzusetzen. Dafür liefert die DGUV Regel 113-004 „Teil 1: Arbeiten in Behältern, Silos und engen Räumen“ weitere Informationen.
Erlaubnisschein
Diese DGUV-Regel beinhaltet im Anhang auch einen umfangreichen Mustererlaubnisschein. Dieser ist in den allermeisten Fällen zu umfangreich für Betriebe der Getränkeherstellung und sollte von diesen auf die jeweilig vorherrschende Situation angepasst werden. Einen für die Branchen der Getränkeherstellung modifizierter Mustererlaubnisschein ist unter www.bgn.de, Shortlink 1822 zu finden.
Wesentliche Inhalte eines Erlaubnisscheins sind:
Ausschließlich bei stets gleichen Arbeitsbedingungen und Schutzmaßnahmen und geschultem Personal kann der Erlaubnisschein durch eine Betriebsanweisung ersetzt werden, in der die wirksamen Schutzmaßnahmen eindeutig festgelegt sind. |
Grundsätzlich ist, bevor sich eine Person in einen Behälter begibt, durch fachkundiges Freimessen nach dem DGUV Grundsatz 313-002 „Auswahl, Ausbildung und Beauftragung von Fachkundigen zum Freimessen“ zu überprüfen, dass keine gefährliche CO2-Konzentration und ausreichend Sauerstoff im Behälter vorhanden sind. Dabei ist an der ungünstigsten Stelle zu messen. Eine Messung im Bereich der Mannlochöffnung zeigt nicht die Konzentration im Innern des Behälters an.
Für Messungen zur kontinuierlichen Überwachung bei Arbeiten in Behältern müssen die Einsteigenden zur Benutzung der verwendeten Gaswarngeräte und den Maßnahmen bei Voralarm und Hauptalarm unterwiesen sein. Fachkunde nach dem DGUV Grundsatz 313-002 ist dafür nicht erforderlich.
Auf das fachkundige Freimessen vor dem Einsteigen kann nur verzichtet werden, wenn eine gefährliche Atmosphäre im Behälter sicher ausgeschlossen ist, z. B. durch eine nachgewiesene sichere Verfahrensweise. |
Nachgewiesene sichere Verfahrensweise
Solch eine nachgewiesene sichere Verfahrensweise muss im Betrieb fachkundig ermittelt und schriftlich in der Gefährdungsbeurteilung und in entsprechenden Betriebsanweisungen dokumentiert sein (siehe Ziffer 6.4). Die sichere Verfahrensweise ist nach relevanten Veränderungen an den Behältern und Anlagen und jeglichen Verdachtsmomenten zu überprüfen.
Im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung ist auch für offene Behälter, z. B. Gärbottiche, solch eine nachgewiesene sichere Verfahrensweise zu erstellen.
Sind in einem Arbeitsraum offene Gärbehälter vorhanden, so strömt entstehendes Kohlendioxid in den Raum. Kann durch dieses Kohlendioxid eine gefährliche CO2 -Konzentration entstehen, sind Schutzmaßnahmen erforderlich:
Sind in einem Arbeitsraum geschlossene Behälter für Gärung, Reifung und Lagerung vorhanden, so hängt die Kohlendioxidkonzentration im Raum davon ab, ob bzw. wie viel Kohlendioxid aus den Behältern in den Arbeitsraum strömen kann.
Ob und welche Maßnahmen erforderlich sind, kann anhand des Schemas in Abbildung 1 ermittelt werden.
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Abb. 1: Schematische Entscheidungshilfe zur Ermittlung der zu ergreifenden Maßnahmen für Räume mit Gär-, Reife- und Lagerbehältern
In Räumen, in denen CO2 zum Vorspannen bzw. Leerdrücken von Behältern benutzt wird, kann anhand des Schemas in Abbildung 2 ermittelt werden, ob und welche Maßnahmen erforderlich sind.
Abb. 2: Schematische Entscheidungshilfe zur Ermittlung der zu ergreifenden Maßnahmen für Räume mit Behältern, die mit CO2 vorgespannt oder leergedrückt werden
In sauren Reinigungslösungen löst sich nur sehr wenig CO2 . Das macht man sich in der Praxis zu nutze. Durch alleinige Reinigung mit sauren Reinigungsmitteln unter Druck kann eine CO2 -Druckentlastung vermieden werden.
Durch die saure Reinigung unter Druck können der CO2-Bedarf und damit auch die Kosten reduziert werden. |
Erfolgt eine Druckentlastung ins Freie bzw. in den Arbeitsraum, sind Maßnahmen entsprechend Ziffer 5.2.3 zu prüfen und ggf. durchzuführen.
Besteht die Gefahr, dass entstehendes oder ausströmendes CO2 in tiefer gelegene Arbeitsbereiche abströmen kann (z. B. begehbare Schächte, Kanäle, Verbindungsgänge), sind geeignete Maßnahmen zu ergreifen, z. B. CO2-Überwachung, Lüftung, Zugangsverbote.
Zum Schutz nachgeordneter Behälter vor unzulässig hohen Betriebsüberdrücken beim Leerdrücken oder Vorspannen mittels CO2 muss der CO2-Druckreduzierung ein ausreichend dimensioniertes Sicherheitsventil nachgeschaltet sein (Abb. 3).
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Abb. 3: CO2-Leitung mit Druckminder- und Sicherheitsventil
Es ist zu prüfen, ob im Falle einer Störung der Druckreduzierung das aus dem Sicherheitsventil austretende CO2 sich in gesundheitsschädlicher Konzentration ansammeln kann und Schutzmaßnahmen notwendig sind.
Schutzmaßnahmen sind z. B. die Installation des Druckminderers und des Sicherheitsventils in einem sicheren Bereich und/ oder die sichere Ableitung des aus dem Sicherheitsventil austretenden Kohlendioxids direkt ins Freie.
In Räumen, in denen Anschlüsse zur CO2-Versrogung und/oder CO2-Rückgewinnung vorhanden sind, kann Unachtsamkeit zu einer
tödlichen CO2-Raumkonzentration führen.
Auch in solchen Räumen ist mit geeigneten
Schutzmaßnahmen Abhilfe zu schaffen.
So können im Aufstellungsraum der CO2 Rückgewinnungsanlage bei einer Leckage große CO2-Mengen freigesetzt werden, z. B. aus einem Sammelballon oder einem Verdichter.
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Abb. 4: Sammelballon für CO2
Geeignete Maßnahmen können hier z. B. CO2-Überwachung, Raumlüftung sowie Verhaltensmaßnamen hinsichtlich Räumung und Begehung im Störungs- bzw. Notfall sein.
Neben den oben genannten Anwendungsfällen wird CO2 bei der Getränkeherstellung z. B. für folgende weitere Zwecke verwendet:
Dafür ist jeweils eine gesonderte Risikobeurteilung erforderlich.