4. Arten von Gehörschutz
4.1 Überblick
Abhängig vom Schallpegel am Arbeitsplatz, besonderen Bedingungen wie Schmutz, Feuchtigkeit etc. sowie den persönlichen Empfindungen der Beschäftigten ist der geeignete Gehörschutz auszuwählen (siehe Tab. 1).
Um die Trageakzeptanz zu erhöhen, ist es ratsam, vor der Anschaffung verschiedene Arten von Gehörschutz von Beschäftigten testen zu lassen. Erst danach sollte eine Auswahl getroffen werden.
Tabelle 1: Eignung der einzelnen Gehörschutz-Typen in Abhängigkeit von den Arbeitsbedingungen (Auswahlhilfe nach DGUV Information 212-024 Gehörschutz)
Grüne Felder: grundsätzlich geeignet
Gelbe Felder: im Einzelfall geeignet/ungeeignet
Rote Felder: grundsätzlich nicht geeignet
(1) geeignet mit schweißabsorbierender Zwischenlage
(2) Stöpsel ohne Griff (insbesondere vor Gebrauch zu formende Stöpsel) nur nach vorheriger Händereinigung einsetzen
(3) Staub kann sich am Gehörschutz anlagern und je nach Art der Staubbelastung die Haut reizen (typische Tätigkeiten mit starker Staubbelastung sind: Schleifarbeiten in engen Räumen, Gussputzen)
4.2 Gehörschutzstöpsel
Man unterscheidet zwischen fertig geformten und vor dem Gebrauch zu formenden Stöpseln. Beide Arten sind in verschiedenen Größen erhältlich und sollten wenigstens in zwei unterschiedlichen Größen vom Unternehmen angeboten werden (Abb. 1). Denn jeder Gehörgang ist anders.
Abb. 1: Zu formende Gehörschutzstöpsel (linke Abbildung) und fertig geformte Gehörschutzstöpsel (rechte Abbildung) in verschiedenen Größen und Ausfertigungen
Zu formende und fertig geformte Gehörschutzstöpsel sind grundsätzlich geeignet
- zum Tragen während der gesamten Arbeitszeit,
- bei starker Schweißbildung unter Kapselgehörschützern und
- bei gleichzeitigem Tragen von Brille und Gehörschützern und wenn weitere persönliche Schutzausrüstungen (Kopfschutz, Schutzbrille, Atemschutz, …) gleichzeitig getragen werden müssen.
Fertig geformte Gehörschutzstöpsel sind grundsätzlich geeignet
- für den mehrmaligen Gebrauch, da sie gut zu reinigen sind und
- wenn einfaches Einsetzen für Tätigkeiten in wechselnden Arbeitsbereichen wichtig ist.
Bei zu formenden und fertig geformten Gehörschutzstöpseln ist im Einzelfall zu prüfen, ob sie geeignet sind
- bei Beschäftigten mit sehr engen, sehr weiten oder vorgeschädigten Gehörgängen und
- bei Beschäftigten mit einer Allergie gegenüber den Inhaltsstoffen der erhältlichen Gehörschutzstöpsel.
Für Arbeiten in der Nähe von bewegten Maschinenteilen sind Gehörschutzstöpsel ungeeignet, die mit einem Band verbunden sind. |
In Kapitel 4.6 wird auf fertig geformte Gehörschutzstöpsel mit pegelabhängiger Schalldämmung eingegangen.
4.3 Bügelgehörschutz
Durch die Bauform verbindet der Bügelgehörschutz Vorteile von Gehörschutzstöpseln und Kapselgehörschutz miteinander (Abb. 2).
Abb. 2: Bügelgehörschutz in verschiedenen Ausfertigungen
Bügelgehörschutz ist grundsätzlich geeignet
- wenn der Gehörschutz häufig ab- und wieder aufgesetzt werden muss,
- beim Tragen in schmutzigen Arbeitsbereichen, weil der Benutzer beim Auf- und Absetzen die Stöpsel nicht berühren muss,
- bei erforderlicher guter Sprachverständlichkeit (da meist nur moderate Schalldämmung),
- für Führungskräfte, damit diese aufgrund des deutlich sichtbaren Tragens ihrer Vorbildfunktion nachkommen können.
Bei Bügelgehörschutz ist im Einzelfall zu prüfen, ob er geeignet ist
- bei Personen, die empfindliche oder vorgeschädigte Gehörgänge oder eine Allergie gegenüber den Inhaltsstoffen der verwendeten Gehörschutzstöpsel haben,
- gleichzeitig mit weiterer persönlicher Schutzausrüstung (wie z.B. Schutzhelmen oder Brillen) getragen zu werden.
Übrigens: Wenn der Bügel mit der Kleidung oder anderen Gegenständen in Berührung kommt, entstehen unangenehm laute Geräusche. Dies kann merklich zur Gesamtlärmbelastung beitragen.
4.4 Kapselgehörschutz
Kapselgehörschutz wird mit und ohne elektronische Zusatzeinrichtungen angeboten. Dazu gehören z. B. Funkverkehr oder Musikempfang. Weiterhin kann eine pegelabhängige Schalldämmung realisiert werden (siehe Kapitel 4.6).
Abb. 3: Kapselgehörschützer, rechts mit Funkempfänger, z. B. für Sprach- oder Musikübertragung
Kapselgehörschützer sind grundsätzlich geeignet
- wenn der Gehörschutz oft auf- und wieder abgesetzt werden muss, z. B. bei wechselnden Tätigkeiten in lauten und ruhigen Bereichen,
- in schmutzigen Arbeitsbereichen (z. B. Werkstatt), da der Gehörschutz nicht mit schmutzigen Händen in den Gehörgang eingesetzt, sondern nur übergestreift werden muss,
- bei sehr engen Gehörgängen und einer Neigung zu Gehörgangsentzündungen.
Bei Kapselgehörschützern ist im Einzelfall zu prüfen, ob sie geeignet sind
- für die gesamte Schichtlänge (wegen des Gewichts und dem ständigen Druck auf dem Ohr),
- für regelmäßige Kommunikation im Lärmbereich,
- in Arbeitsbereichen, in denen das Richtungshören benötigt wird, d. h. in denen Schallquellen zuverlässig geortet werden müssen (z. B. herannahende Gabelstapler),
- in Kombination mit weiterer persönliche Schutzausrüstung wie z. B. Schutzhelm oder Brille (Störung des exakten Sitzes des Kapselgehörschutzes).
4.5 Otoplastiken
Otoplastiken werden individuell auf die Ohrmuschel und einen Teil des Gehörganges des Benutzers angepasst. Sie werden aus Silikon, Nylon oder Acryl gefertigt (Hart- oder Weichotoplastik) und unterscheiden sich z. B. hinsichtlich Tragekomfort, Reinigbarkeit und Lebensdauer.
Abb. 4: Otoplastiken in zwei verschiedenen Ausfertigungen
Otoplastiken sind grundsätzlich geeignet
- bei Personen mit engen Gehörgängen,
- bei Personen mit bereits bestehender Hörminderung (mit individuellen Filtern können bessere Anpassungen bei Schalldämmung und Frequenzen als bei anderen Gehörschutzarten erreicht werden),
- wenn häufiges Telefonieren im Lärmbereich erforderlich ist.
Bei Otoplastiken ist im Einzelfall zu prüfen, ob sie geeignet sind
- bei hoher Personalfluktuation, da das Anfertigen und regelmäßige Prüfen einen höheren Aufwand als bei anderen Gehörschutzarten darstellt.
Die Passgenauigkeit und richtige Auswahl des Filters ist vor der ersten Benutzung durch eine Funktionskontrolle zu überprüfen. Das ist Aufgabe der Herstellfirma der Otoplastiken. Da sich sowohl die Gehörgänge der Anwender als auch die Otoplastik selbst aufgrund ihres Materials verändern können, wird eine Überprüfung im Abstand von drei Jahren empfohlen. Für die Durchführung dieser Überprüfungen ist das Unternehmen zuständig (nach LärmVibrationsArbSchV).
Die individuelle Anpassung erhöht erfahrungsgemäß die Trageakzeptanz bei den Beschäftigten.
Aufgrund der erhöhten Unfallgefahr sollen Otoplastiken, Einweg- und Mehrwegstöpsel, die mit Schnüren verbunden sind, nicht in der Nähe von bewegten Maschinenteilen benutzt werden. |
4.6 Pegelabhängig dämmender Gehörschutz
Beim Kapselgehörschutz werden schon länger Modelle mit pegelabhängiger Schalldämmung angeboten. Mittlerweile gibt es auch bei Mehrwegstöpseln ein Modell mit pegelabhängiger Schalldämmung.
Pegelabhängig dämmend wird oft als Begriff für verschiedene Möglichkeiten der Geräuschkompensation verwendet. So kann bei einigen Kapselgehörschutz-Modellen der auf das Ohr wirkende Schallpegel in gewissen Grenzen manuell angepasst werden.
Bei anderen Modellen wird mittels Elektronik die auf das Gehör einwirkende Lautstärke reguliert.