3 Pflichten der Versicherten

3.1 Allgemeine Unterstützungspflichten und Verhalten

3.1.1

§ 15 Allgemeine Unterstützungspflichten und Verhalten

(1) Die Versicherten sind verpflichtet, nach ihren Möglichkeiten sowie gemäß der Unterweisung und Weisung des Unternehmers für ihre Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit sowie für Sicherheit und Gesundheitsschutz derjenigen zu sorgen, die von ihren Handlungen oder Unterlassungen betroffen sind. Die Versicherten haben die Maßnahmen zur Verhütung von Arbeitsunfällen, Berufskrankheiten und arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren sowie für eine wirksame Erste Hilfe zu unterstützen. Versicherte haben die entsprechenden Anweisungen des Unternehmers zu befolgen. Die Versicherten dürfen erkennbar gegen Sicherheit und Gesundheit gerichtete Weisungen nicht befolgen.

Pflicht zur Eigen- und Fremdvorsorge

Die Verpflichtung zur Eigen- und Fremdvorsorge der Versicherten bildet einen Schwerpunkt der DGUV Vorschrift 1 "Grundsätze der Prävention". Versicherte haben für ihre eigene und für die Sicherheit und Gesundheit derjenigen Personen zu sorgen, die von ihrem Handeln oder Unterlassen bei der Arbeit betroffen sein können. Unterlassen meint in diesem Zusammenhang, dass Versicherte es versäumen, die für die Sicherheit oder Gesundheit notwendigen Handlungen vorzunehmen oder einzuleiten.

Unterstützungspflichten

Satz 2 der Bestimmung regelt weitere Unterstützungspflichten der Versicherten. Sie haben die Maßnahmen zur Verhütung von Arbeitsunfällen, Berufskrankheiten und arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren sowie für eine wirksame Erste Hilfe zu unterstützen. Unterstützen bedeutet, alles Notwendige dazu beizutragen, dass die Maßnahmen erfolgreich sind. Diese Regelung zielt darauf ab, dass die Versicherten die vom Unternehmer ergriffenen Maßnahmen des Arbeitsschutzes fördern.

Pflicht zur Befolgung von Weisungen des Unternehmers

Unter Weisungen versteht man die Aufforderung, sich in einer konkreten Art und Weise sicherheitsgerecht zu verhalten. Weisungen können mündlich, z. B. im Rahmen von Unterweisungen und Anweisungen, sowie schriftlich, z. B. in Form von Betriebsanweisungen, erteilt werden. Der Inhalt der Unterweisung ergibt sich aus § 4 der DGUV Vorschrift 1. Bei der Erteilung von Weisungen ist die Befähigung der Versicherten zu berücksichtigen (siehe § 7 der DGUV Vorschrift 1).

Die Versicherten haben bei ihrer Arbeit die erhaltenen Weisungen des Unternehmers zu befolgen.

Ausnahme: Erkennbar gegen Sicherheit und Gesundheit gerichtete Weisungen dürfen von den Versicherten nicht befolgt werden.

3.1.2

(2) Versicherte dürfen sich durch den Konsum von Alkohol, Drogen oder anderen berauschenden Mitteln nicht in einen Zustand versetzen, durch den sie sich selbst oder andere gefährden können.

Der Konsum von Alkohol, Drogen oder anderen berauschenden Mitteln lässt im Regelfall eine Gefährdung vermuten.

Wirkung und Nachwirkung von Alkohol und anderen Drogen

Die Vorgaben betreffen insoweit auch den Bereich der persönlichen Lebensführung der Versicherten, sofern die Auswirkungen des Konsums von Alkohol oder anderen Drogen während der Freizeit in die Arbeitszeit hineinreichen. Häufig wird die über den akuten Rauschzustand hinausgehende Wirkzeit von Alkohol oder anderen Drogen unterschätzt. Dadurch kann die Befähigung der Versicherten im Sinne des § 7 der DGUV Vorschrift 1 beeinträchtigt werden. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass diese Regelung nicht nur auf die Verhütung von Arbeitsunfällen, sondern auch von Wegeunfällen abzielt.

Betriebliche Regelungen

Diese Bestimmung gestattet eine auf die betrieblichen Gegebenheiten bezogene praxisnahe Regelung in jedem Einzelfall. Sie erlaubt auch, bei der Beurteilung einer Gefährdung unter Berücksichtigung der Eigenart des Betriebes und der ausgeübten Tätigkeit strenge Maßstäbe anzulegen.

In einer Betriebsvereinbarung können weitergehende betriebsspezifische Regelungen getroffen werden, z. B. absolutes Alkoholverbot, Verbot anderer Suchtmittel, Umgang mit auffälligen Versicherten.

3.1.3

(3) Absatz 2 gilt auch für die Einnahme von Medikamenten.

Medikamente mit ausgeprägter Wirkung auf die Befähigung

Gefahren können insbesondere bei der Einnahme von psychoaktiven Arzneimitteln wie z. B. Schlaf- und Beruhigungsmitteln, Antidepressiva, Antiepileptika, Neuroleptika oder von bestimmten Schmerzmitteln auftreten. Dies kann auch für andere Medikamente gelten, die nach Herstellerangaben z. B. zu Müdigkeit oder Beeinträchtigung der Reaktionsfähigkeit führen können.

Vorgehensweise bei therapeutisch notwendigen Medikamenten

In Fällen, in denen aus therapeutischer Notwendigkeit nach ärztlicher Verordnung solche Arzneimittel eingenommen werden müssen, sollten Versicherte zu Fragen der Einsatzfähigkeit am Arbeitsplatz den verordnenden Arzt oder die Ärztin bzw. den Betriebsarzt oder die Betriebsärztin hören. In solchen Fällen kann es auch sinnvoll sein, dass – mit Einwilligung der Versicherten und unter Berücksichtigung der ärztlichen Schweigepflicht – eine Absprache zwischen dem verordnenden Arzt oder der Ärztin und dem Betriebsarzt oder der Betriebsärztin stattfindet.

3.2 Besondere Unterstützungspflichten

3.2.1

§ 16 Besondere Unterstützungspflichten

(1) Die Versicherten haben dem Unternehmer oder dem zuständigen Vorgesetzten jede von ihnen festgestellte unmittelbare erhebliche Gefahr für die Sicherheit und Gesundheit sowie jeden an den Schutzvorrichtungen und Schutzsystemen festgestellten Defekt unverzüglich zu melden. Unbeschadet dieser Pflicht sollen die Versicherten von ihnen festgestellte Gefahren für Sicherheit und Gesundheit und Mängel an den Schutzvorrichtungen und Schutzsystemen auch der Fachkraft für Arbeitssicherheit, dem Betriebsarzt oder dem Sicherheitsbeauftragten mitteilen.

Unmittelbare erhebliche Gefahr

Der Begriff "unmittelbare erhebliche Gefahr" beschreibt eine Sachlage, bei der der Eintritt eines Schadens sehr wahrscheinlich ist oder nicht mehr abgewendet werden kann und der Schaden nach Art oder Umfang besonders schwer sein kann. Unmittelbare erhebliche Gefahren oder Defekte bzw. Mängel können vorliegen, wenn im Hinblick auf die Verhütung von Arbeitsunfällen, Berufskrankheiten und arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren Betriebs- oder Arbeitsmittel sicherheitstechnisch nicht einwandfrei funktionieren, Arbeitsverfahren und Arbeitsabläufe nicht einwandfrei gestaltet bzw. geregelt sind und Arbeitsstoffe sicherheitstechnisch nicht einwandfrei verpackt, gekennzeichnet oder beschaffen sind.

Versicherte können davon ausgehen, dass eine unmittelbare erhebliche Gefahr vorliegt, wenn sie konkrete Anhaltspunkte oder einen begründeten Verdacht hierfür haben.

Defekte und Mängel

Im Unterschied zu einem Defekt, bei dem die Funktion der Schutzvorrichtung oder des Schutzsystems durch eine Beschädigung im Wesentlichen aufgehoben ist, liegt ein Mangel bereits vor, wenn die Schutzvorrichtung oder das Schutzsystem in ihren Funktionen beeinträchtigt ist.

3.2.2

(2) Stellt ein Versicherter fest, dass im Hinblick auf die Verhütung von Arbeitsunfällen, Berufskrankheiten und arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren

hat er, soweit dies zu seiner Arbeitsaufgabe gehört und er über die notwendige Befähigung verfügt, den festgestellten Mangel unverzüglich zu beseitigen. Andernfalls hat er den Mangel dem Vorgesetzten unverzüglich zu melden.

Die in dieser Bestimmung aufgeführten Pflichten der Versicherten korrespondieren auf der Unternehmerseite mit den Vorgaben der §§ 7 und 11 der DGUV Vorschrift 1 "Grundsätze der Prävention".

3.3 Benutzung von Einrichtungen, Arbeitsmitteln und Arbeitsstoffen

§ 17 Benutzung von Einrichtungen, Arbeitsmitteln und Arbeitsstoffen

Versicherte haben Einrichtungen, Arbeitsmittel und Arbeitsstoffe sowie Schutzvorrichtungen bestimmungsgemäß und im Rahmen der ihnen übertragenen Aufgaben zu benutzen.

Die bestimmungsgemäße Benutzung ist eine Voraussetzung für sicheres Arbeiten und verbietet eine Manipulation insbesondere an Schutzvorrichtungen. Die bestimmungsgemäße Benutzung ergibt sich z. B. aus:

Die Arbeitsaufgaben werden z. B. festgelegt durch:

In der Kindertagesbetreuung und in Schulen ist zu berücksichtigen, dass eine bestimmungsgemäße Verwendung von Einrichtungen, Arbeitsmitteln und Arbeitsstoffen vom Entwicklungs- und Reifegrad der Kinder abhängt.

3.4 Zutritts- und Aufenthaltsverbote

§ 18 Zutritts- und Aufenthaltsverbote

Versicherte dürfen sich an gefährlichen Stellen nur im Rahmen der ihnen übertragenen Aufgaben aufhalten.

Diese Bestimmung ergänzt die Pflichten des Unternehmers nach § 9 DGUV Vorschrift 1 "Grundsätze der Prävention" um entsprechende Pflichten der Versicherten.

Was "gefährliche Stellen" sind, richtet sich nach den Betriebsverhältnissen, der speziell verrichteten Tätigkeit und den Arbeitsschutzvorschriften. Gefährliche Stellen werden vom Unternehmer im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung identifiziert.

Gefährliche Stellen sind z. B.:

Die Versicherten haben festgelegte Zutritts- und Aufenthaltsverbote und entsprechende Kennzeichnungen zu befolgen.