§ 7
Arbeiten in der Nähe aktiver Teile

In der Nähe aktiver Teile elektrischer Anlagen und Betriebsmittel, die nicht gegen direktes Berühren geschützt sind, darf, abgesehen von den Festlegungen in § 8, nur gearbeitet werden, wenn

- deren spannungsfreier Zustand hergestellt und für die Dauer der Arbeiten sichergestellt ist oder
- die aktiven Teile für die Dauer der Arbeiten, insbesondere unter Berücksichtigung von Spannung, Betriebsort, Art der Arbeit und der verwendeten Arbeitsmittel, durch Abdecken oder Abschranken geschützt worden sind oder
- bei Verzicht auf vorstehende Maßnahmen die zulässigen Annäherungen nicht unterschritten werden. DA

DA zu § 7:

Arbeiten in der Nähe unter Spannung stehender Teile sind Tätigkeiten aller Art, bei denen eine Person mit Körperteilen oder Gegenständen die Schutzabstände nach Tabelle 4 von unter Spannung stehenden Teilen, gegen deren direktes Berühren kein vollständiger Schutz besteht, unterschreiten kann, ohne unter Spannung stehende Teile zu berühren oder bei Nennspannungen über 1 kV die Gefahrenzone zu erreichen.

Die Forderung hinsichtlich des Schutzes durch Abdecken oder Abschranken ist erfüllt,

bei Nennspannungen bis 1 000 V, wenn aktive Teile isolierend abgedeckt oder umhüllt werden, so dass mindestens teilweiser Schutz gegen direktes Berühren erreicht wird;
bei Nennspannungen über 1 kV, wenn aktive Teile abgedeckt oder abgeschrankt werden. Es muss sichergestellt sein, dass die in Tabelle 2 angegebene Grenze der Gefahrenzone DL nicht erreicht werden kann. Die Grenze der Gefahrenzone ist der Mindestabstand in Luft. Ein Erreichen der äußeren Grenze der Gefahrenzone ist mit einer Berührung des unter Spannung stehenden Teiles gleichzusetzen.

Tabelle 2: Gefahrenzone DL, abhängig von der Nennspannung (DIN VDE 0105 Teil 100)

Netz-
Nennspannung
Un (Effektivwert)
kV

Äußere Grenze der Gefahrzone
DL1)(Abstand in Luft)
mm

Bemessungs-Steh-
Blitz­/Schaltstoßspannung
Uimp(Scheitelwert)
kV

Innenraumanlage Freiluftanlage

< 1

Keine Berührung

4

3

60

120

40

6

90

120

60

10

120

150

75

15

160

95

20

220

125

30

320

170

36

380

200

45

480

250

66

630

325

70

750

380

110

1100

550

132

1300

650

150

1500

750

220

2100

1050

275

2400

850

380

2900 / 3400

950 / 1050

480

4100

1175

700
6400
1550

1) Werte DL sind für die höchste Bemessungs-Stehstoßspannung (Blitz- oder Schaltstoßspannung) angegeben; weitere Werte für niedrigere Bemessungsspannungen siehe DIN VDE 0101

Schutzeinrichtungen müssen mechanisch ausreichend fest bemessen sein. Bei Einengung der Gefahrenzone durch Schutzeinrichtungen (z.B. Trennwände, isolierende Schutzplatten) ist die elektrische Festigkeit zu beachten.

Die Forderung hinsichtlich der zulässigen Annäherungen (Schutz durch Abstand) ist z.B. erfüllt, wenn sichergestellt ist, dass

bei Nennspannungen bis 1 000 V unter Spannung stehende aktive Teile nicht berührt werden können,
bei Nennspannungen über 1 kV die Grenze der Gefahrenzone nach Tabelle 2 nicht erreicht werden kann,
bei bestimmten elektrotechnischen Arbeiten die Schutzabstände nach Tabelle 3 nicht unterschritten werden.

Tabelle 3: Schutzabstände bei bestimmten elektrotechnischen Arbeiten abhängig von der Nennspannung in der Nähe aktiver Teile



Netz-Nennspannung
Un(Effektivwert)

kV

Schutzabstand
(Abstand in Luft von ungeschützten unter Spannung
stehenden Teilen)

m

bis 1

über 1 bis 30

über 30 bis 110

über 110 bis 220

über 220 bis 380

0,5

1,5

2,0

3,0

4,0

Die Schutzabstände nach Tabelle 3 gelten für die folgenden Tätigkeiten, wenn diese von Elektrofachkräften oder von elektrotechnisch unterwiesenen Personen oder unter deren Aufsichtführung ausgeführt werden:

Bewegen von Leitern und sperrigen Gegenständen in der Nähe von Freileitungen
Hochziehen und Herablassen von Werkzeugen, Material und dergleichen, sofern Freileitungen oder Leitungen in Freiluftanlagen unterhalb einer Arbeitsstelle unter Spannung bleiben müssen,
Arbeiten an einem Stromkreis von Freileitungen, wenn mehrere Stromkreise (Systeme) mit Nennspannungen über 1 kV auf einem gemeinsamen Gestänge liegen,
Anstrich- und Ausbesserungsarbeiten an Masten, Portalen und dergleichen von Freileitungen unter besonderen in den elektrotechnischen Regeln beschriebenen Voraussetzungen,
Arbeiten an Freiluftanlagen.

Aufsichtführung ist die ständige Überwachung der gebotenen Sicherheitsmaßnahmen bei der Durchführung der Arbeiten an der Arbeitsstelle. Der Aufsichtführende darf dabei nur Arbeiten ausführen, die ihn in der Aufsichtführung nicht beeinträchtigen.

Bei der Bemessung der Abdeckung oder Abschrankung oder des Abstandes ist besonders zu berücksichtigen, dass Beschäftigte auch

durch unbeabsichtigte und unbewusste Bewegungen, die
z.B. von

der Art der Arbeit,
dem zur Verfügung stehenden Bewegungsbereich,
dem Standort,
den benutzten Werkzeugen,
den Hilfsmitteln und Materialien

abhängig sind, oder

durch unkontrollierte Bewegungen von Werkzeugen, Hilfsmitteln, Materialien und Abfallstücken, z.B. durch

Abrutschen,
Herabfallen,
Wegschnellen,
Anstoßen

bei Nennspannungen bis 1 000 V unter Spannung stehende aktive Teile nicht berühren bzw. bei Nennspannungen über 1 kV die Grenze der Gefahrenzone nach Tabelle 2 nicht erreichen können.

Bei nichtelektrotechnischen Arbeiten, z.B. bei Bau-, Montage-, Transport-, Anstrich- und Ausbesserungsarbeiten, bei Gerüstarbeiten, Arbeiten mit Hebezeugen, Baumaschinen, Fördergeräten oder sonstigen Geräten und Bauhilfsmitteln ist die Forderung hinsichtlich der zulässigen Annäherungen (Schutz durch Abstand) z.B. erfüllt, wenn die Schutzabstände nach Tabelle 4 nicht unterschritten werden.

In Ausnahmefällen dürfen die Schutzabstände nach Tabelle 4 auf die Abstände nach Tabelle 3 reduziert werden, wenn die Arbeiten unter Beaufsichtigung durch Elektrofachkräfte oder elektrotechnisch unterwiesene Personen des Betreibers der entsprechenden elektrischen Anlage ausgeführt werden.

Beaufsichtigung erfordert die ständige ausschließliche Durchführung der Aufsicht. Daneben dürfen keine weiteren Tätigkeiten durchgeführt werden.

Tabelle 4: Schutzabstände bei nichtelektrotechnischen Arbeiten, abhängig von der Nennspannung



Netz-Nennspannung
Un(Effektivwert)

kV

Schutzabstand
(Abstand in Luft von ungeschützten unter Spannung
stehenden Teilen)

m

bis 1

über 1 bis 110

über 110 bis 220

über 220 bis 380

1,0

3,0

4,0

5,0

Die Schutzabstände nach der Tabelle 4 müssen auch beim Ausschwingen von Lasten, Tragmitteln und Lastaufnahmemitteln eingehalten werden. Dabei muss auch ein Ausschwingen des Leiterseiles berücksichtigt werden.