Anlage 1
Beispiele für Verfahren zur Beurteilung der physischen
und psychischen Belastung
A1.1 Leitmerkmalmethode Heben, Halten, Tragen
A1.1.1 Ziel der Methode
Aufdeckung und Grobquantifizierung sowie Beurteilung
von relevanten Gefährdungen des Muskel-Skelett-Systems
bei der manuellen Lastenhandhabung
- Fokus auf den Bereich der Lendenwirbelsäule (LWS)
- Benennung möglicher Gefahren für eine physische Überbeanspruchung
- Verständlichkeit und Nachvollziehbarkeit der Methode
für den betrieblichen Praktiker
- branchenunabhängig für alle Tätigkeiten mit manueller
Lastenhandhabung anwendbar
- standardisierte Dokumentation, Erfassung und Beurteilung
in einem Dokumentationsbogen
- Anwendungsbereich: > 5 kg
A1.1.2 Erfasste Merkmale
- Zeit (Häufigkeit von Hebe- oder Umsetzvorgängen; Halten; Tragen)
- Last
- Körperhaltung und Position der Last
- Ausführungsbedingungen
- Geschlecht
A1.1.3 Durchführungsaufwand
- Beurteilung erfordert gute Kenntnis über die Tätigkeit,
da andernfalls Fehlbeurteilungen wahrscheinlich sind
und Beurteilung unmöglich ist
- keine ergonomische Fachkenntnis erforderlich
- wenige Minuten bei Kenntnis der Tätigkeit sowie der
Methode
A1.1.4 Ergebnisse
- Grad der Wahrscheinlichkeit einer Schädigung des Muskel-
Skelett-Systems durch manuelle Lastenhandhabung
- separate Skalen je Leitmerkmal ermöglichen die Identifikation,
welcher Faktor mit einer erhöhten Belastung verbunden
ist (Heben, Halten, Tragen)
A1.2 Leitmerkmalmethode Ziehen, Schieben
A1.2.1 Ziel der Methode
- Aufdeckung und Grobquantifizierung sowie Beurteilung
von relevanten Gefährdungen des gesamten Muskel-Skelett-Systems beim Ziehen und Schieben von Lasten
- Benennung möglicher Gefahren für eine physische Überbeanspruchung
- standardisierte Dokumentation, Erfassung und Beurteilung
in einem DokumentationsbogenVerständlichkeit und Nachvollziehbarkeit der Methode
für den betrieblichen Praktiker
- branchenunabhängig für alle Tätigkeiten mit manueller
Lastenhandhabung anwendbar
A1.2.2 Erfasste Merkmale
- Zeit (Ziehen/Schieben kurz < 5 m, Ziehen/Schieben lang > 5 m)
- Last
- Körperhaltung
- Positioniergenauigkeit/Bewegungsgeschwindigkeit
- Ausführungsbedingungen
- Geschlecht
A1.2.3 Durchführungsaufwand
- Beurteilung erfordert gute Kenntnis über die Tätigkeit;
andernfalls Fehlbeurteilungen wahrscheinlich und Beurteilung
nicht zulässig
- keine ergonomische Fachkenntnis erforderlich
- wenige Minuten bei Kenntnis der Tätigkeit sowie der
Methode
A1.2.4 Ergebnisse
- Grad der Wahrscheinlichkeit einer Schädigung des Muskel-
Skelett-Systems durch manuelle Lastenhandhabung
- separate Skalen je Leitmerkmal ermöglichen die Identifikation,
welcher Faktor mit einer erhöhten Belastung verbunden
ist (Ziehen, Schieben)
A1.3 Leitmerkmalmethode Manuelle Arbeitsprozesse
A1.3.1 Ziel der Methode
- Beurteilung der Belastungen im Hand-Arm-Schulter-Bereich
durch kleinere Aktionskräfte und größere Häufig-
keiten
bzw. Dauer und Abschätzung des Risikos für das
Auftreten von Muskel-Skelett-Erkrankungen (MSE)
- Benennung möglicher Gefahren für eine physische Überbeanspruchung
- standardisierte Dokumentation, Erfassung und Beurteilung
in einem Dokumentationsbogen
- Verständlichkeit und Nachvollziehbarkeit der Methode
für den betrieblichen Praktiker
- branchenunabhängig für alle Tätigkeiten mit manuellen
Arbeitsprozessen anwendbar
A1.3.2 Erfasste Merkmale
- Zeit (tägliche Dauer der Tätigkeit)
- Art, Höhe und Häufigkeit der Kraftaufwendung
- Kraftübertragung/Greifbedingungen
- Körperhaltung
- Hand-Arm-Stellung
- Arbeitsorganisation
- Ausführungsbedingungen
A1.3.3 Durchführungsaufwand
- Beurteilung erfordert gute Kenntnis über die Tätigkeit;
andernfalls Fehlbeurteilungen wahrscheinlich und Beurteilung
nicht zulässig
- keine ergonomische Fachkenntnis erforderlich
- wenige Minuten bei Kenntnis der Tätigkeit sowie der
Methode
A1.3.4 Ergebnisse
- Bewertung der Wahrscheinlichkeit einer physischen
Überbeanspruchung
- anhand der separaten Skalen je Leitmerkmal ist die Identifikation
von Belastungsengpässen möglich
A1.4 Methode „DGUV-Ideentreffen“ zur Ermittlung
psychischer Belastungen
Die Methode „DGUV-Ideentreffen“ zielt darauf ab, die
Kommunikation über sicherheits- und gesundheitsrelevante
Themen zu verbessern. Von besonderer Bedeutung ist es in
diesem Zusammenhang, die Beschäftigten systematisch mit
einzubeziehen, weil sie die Verhältnisse „vor Ort“ genau
kennen. Sie sehen die Probleme in ihrem Tätigkeitsfeld und
entwickeln Ideen zu deren Lösung. Die im Folgenden beschriebene
standardisierte Vorgehensweise hilft, diese Ideen
zu sammeln, zu konkretisieren und in die Tat umzusetzen.
Schritt 1: Was läuft – was läuft nicht? (ca. 15 min)
Jeder Teilnehmer/jede Teilnehmerin gibt Antworten auf folgende
Fragen:
- Was ist in letzter Zeit gut gelaufen?
- Was ist zu verbessern?
Schritt 2: Hauptthema finden (ca. 5 min)
Aus den Verbesserungswünschen wird ein Thema ausgewählt.
Die Auswahl kann durch Abstimmung erfolgen. Leitfrage:
- Welches Thema ist so wichtig, dass es heute bearbeitet
werden soll?
Schritt 3: Lösungen finden (ca. 30 min)
Fragen, die der Lösungsfindung dienen:
- Was ist vorhanden/anders, wenn wir unser Ziel erreicht
haben (z. B. „Werkzeug befindet sich immer am jeweils
vorgesehenen Platz.“ (positiv formulieren!))?
- Was kann jeder Einzelne heute und morgen tun, um das
Ziel zu erreichen (z. B. „Ich lege Werkzeug, das ich nicht
mehr brauche, sofort zurück.“ (Eigeninitiative))?
- Was können wir tun, dass es so bleibt (z. B. „Wir überprüfen
und optimieren das bisherige Ordnungssystem.
Wir schaffen ggf. neue Halterungen und Schränke an.“
(kurz- und mittelfristige Planung))?
- Welche positive und negative Auswirkung hat das Erreichen
des Zieles (z. B. positiv: „Es geht schneller.“; negativ:
„Jeder muss diszipliniert sein.“)?
Schritt 4: Aufgabenblatt erstellen (ca. 5 min)
Die Ergebnisse schriftlich festlegen:
Folgetreffen (ab dem zweiten Treffen)
Was hat sich seit dem letzten Ideen-Treffen getan? (ca. 5 min)
Die verantwortlichen Personen informieren über Veränderungen.
Leitfragen dabei sind:
- Was hat sich getan, bzw. was habe ich erreicht?
- Was hat gut geklappt?
- Welche Hindernisse sind aufgetreten?
- Wie soll weiter vorgegangen werden?
Im Aufgabenblatt sind die noch erforderlichen Maßnahmen
zu notieren. Lösungsvorschläge, die nicht umgesetzt werden
konnten, müssen nochmals besprochen werden (Schritt 3).
Die Ideen-Treffen sollen einmal im Monat mit vier bis sieben
Teilnehmenden durchgeführt werden. Eine Person muss im
Vorfeld die Verantwortung für die Moderation der ersten
Sitzung übernehmen. Diese Person soll Moderationserfahrung
und ausreichende Sozialkompetenzen haben sowie in
der Gruppe akzeptiert sein.
Führungskräfte können, müssen aber nicht an den Ideentreffen
teilnehmen. Der Arbeitsgeber hat dafür zu sorgen, dass
sie den Prozess dauerhaft sichtbar unterstützen. Es geht darum,
alle betroffenen Beschäftigten zu Beteiligten zu machen
und ihr Erfahrungswissen zu nutzen.