3 Schutzmaßnahmen – Grundlagen

3.1 Allgemeines

Organisatorische und persönliche Maßnahmen begleiten und ergänzen die technischen Schutzmaßnahmen.

Bild 4: Sicherheit auf Treppen - Schutzmaßnahmen im TOP-System

Bild 4: Sicherheit auf Treppen – Schutzmaßnahmen im TOP-System

3.1.1 Treppen, mit geraden Läufen sind solchen mit gewendelten Läufen vorzuziehen. Bei den gewendelten oder gewinkelten Treppen sollte sich die Lauflinie nur nach einer Richtung ändern, d.h. die Treppe sollte als Links- oder Rechtstreppe ausgebildet sein.


3.1.2 Treppen im Verlauf von ersten Fluchtwegen müssen, Treppen im Verlauf von zweiten Fluchtwegen sollten über gerade Läufe verfügen (siehe Arbeitsstättenregel ASR A2.3).


3.1.3 Treppen sind Teile von Verkehrs-, Flucht- und Rettungswegen. Ihre Breite richtet sich nach der Nutzungsart der Gebäude und nach der Zahl der Treppenbenutzer.


3.1.4 Nach höchstens 18 Stufen oder 3 m Höhe je Treppenlauf bei ortsfesten Zugängen zu maschinellen Anlagen sollte ein Zwischenpodest angeordnet sein. Die Zwischenpodestlänge muss dem im Steigungsverhältnis berücksichtigten Schrittmaß sowie der Lauflinie angepasst sein. Sie sollte, gemessen auf der Lauflinie, mindestens 3a (dreifache Auftrittstiefe der angrenzenden Stufen) betragen.

Erfahrungen aus Unfalluntersuchungen belegen, dass bei Treppen mit weniger als 18 Stufen ein Zwischenpodest nicht zu empfehlen ist. Der unterbewussten Gang-Umstellung, die beim Betreten eines Zwischenpodestes nicht immer fehlerfrei bewältigt wird (Stolpergefahr), kann so vorgebeugt werden.


3.1.5 Die Oberflächen von Auftritten müssen rutschhemmend sein. Die Bewertung und Klassifizierung der Rutschgefahr erfolgt gemäß Regel "Fußböden in Arbeitsräumen und Arbeitsbereichen mit Rutschgefahr" (BGR/GUV-R 181). Innerhalb von Gebäuden sollte die Auftrittsfläche mindestens eine Rutschhemmung der Bewertungsgruppe R 9 aufweisen. In Bereichen, in denen arbeitsbedingt mit dem Aufkommen von gleitfördernden Stoffen zu rechnen ist (z.B. Öl, Fette, Nässe, Stäube, Abfälle), sind je nach Art und Menge des Stoffes höhere Bewertungsgruppen (R 10 bis R 13) erforderlich. Bei außenliegenden Treppen sind zum Schutz vor witterungsbedingter Glätte (z.B. Regen, Blätter, Eis- und Schneeglätte) gegebenenfalls zusätzliche Maßnahmen erforderlich wie z.B. eine ausreichend große Überdachung oder Abschirmung.


3.1.6 Stufenvorderkanten, die gerundet ausgeführt sind, sollten Ausrundungen mit Radien > 2 mm und < 10 mm aufweisen, um Stürzen infolge eines Hängenbleibens der Schuhsohle an der Kante oder dem Abrutschen von der Kante entgegen zu wirken. Ausrundungen der Stufenvorderkanten werden z.B. bei Verwendung textiler Bodenbeläge auf Treppen vorgesehen, um die Kantenpressung und damit den Verschleiß des Belags an der Stufenvorderkante zu verringern.


3.1.7 Teile von Treppen wie Geländer oder Handlauf, die berührt werden, dürfen nicht zu Verletzungen führen (z.B. durch scharfkantige Ecken oder nicht entgratete Schweißnähte). Scharfe Kanten mit Radien von < 1 mm sind zu vermeiden.


3.1.8 Der Seitenabstand von Treppenläufen und Treppenpodesten zu Wänden und/oder Geländern darf nicht mehr als 6 cm betragen.


3.1.9 Unmittelbar vor und hinter Türen müssen Treppenabsätze eine Tiefe von mindestens 1 m haben und Treppen einen Abstand von mindestens 1 m einhalten. Schlägt die Tür in Richtung der Treppe auf, ist der Abstand zur Treppe bzw. die Tiefe des Treppenabsatzes auf 1,5 m zu erhöhen.


3.2 Stufenabmessungen

3.2.1 Weitere Voraussetzungen für sicheres Gehen auf Treppen sind ausreichend große, ebene und tragfähige Auftrittsflächen in gleichmäßigen, mit dem Schrittmaß übereinstimmenden Abständen.

 

Daher dürfen die Ist-Maße für Steigung und Auftritt innerhalb eines fertigen Treppenlaufs um nicht mehr als 0,5 cm von den Sollmaßen abweichen. Eine Abweichung der Ist-Maße untereinander, d.h. von einer Stufe zur jeweils benachbarten Stufe, darf hierbei ebenfalls nicht mehr als 0,5 cm betragen (siehe auch DIN 18 065). Als mittlere Schrittlänge gelten beim Gehen auf waagerechtem, ebenem Boden 63 cm. Die Schrittlänge verkürzt sich, wenn der Weg geneigt ist. Die Verkürzung beträgt etwa das Doppelte des Höhenunterschiedes, der mit einem Schritt überwunden wird.


3.2.2 Auf Treppen bezogen ergibt sich als Beziehung zwischen Schrittlänge, Auftritt und Steigung die Schrittmaßformel:

Auftritt + 2 x Steigung = 62 cm ± 3 cm.

Unter Einbeziehung der Unfallerfahrungen ist die Schrittmaßformel sicherheitstechnisch anwendbar, wenn sie zu Auftritten zwischen 32 cm und 26 cm sowie Steigungen zwischen 14 cm und 19 cm führt.


3.2.3 Als besonders sicher begehbar haben sich Treppen erwiesen, deren Stufen einen Auftritt von 29 cm und eine Steigung von 17 cm aufweisen. Dieses Verhältnis von Auftritt und Steigung erfordert außerdem den geringsten Kraftaufwand beim Treppensteigen.


3.2.4 Treppen, die nach der Schrittmaßformel in den angegebenen Grenzen für Auftritt und Steigung berechnet worden sind (siehe Tabelle 1), liegen mit ihren Neigungswinkeln etwa zwischen 24° und 36°. Die sicherheitstechnisch günstigste Stufe mit einem Auftritt von 29 cm und einer Steigung von 17 cm ergibt einen Neigungswinkel der Treppe von etwa 30°. Die Steigungen und Auftritte innerhalb einer Geschosstreppe dürfen nicht voneinander abweichen.

Anwendungsbereich/Bauten Auftritt a (cm) Steigung s (cm)
Freitreppen, Kindergärten und -krippen 32 bis 30 14 bis 16
Versammlungsstätten, Verwaltungsgebäude, Schulen, Horte 31 bis 29 15 bis 17
Gewerbliche und sonstige Bauten 30 bis 26 16 bis 19
(Steiltreppen und Treppen als ortsfeste Zugänge zu maschinellen Anlagen) (30 bis 212) (14 bis 21)

Tabelle 1: Auftritte und Steigungen unterschiedlicher Treppen


2) Bei Stufen, deren Auftritt a < 24 cm ist, muss die Unterschneidung, u, mindestens so groß sein, dass insgesamt eine Auftrittstiefe u + a = 24 cm erreicht wird.

 

3.3 Geländer

3.3.1 Die freien Seiten der Treppen, Treppenabsätze und Treppenöffnungen müssen durch Geländer gesichert sein. Die Höhe der Geländer muss lotrecht über der Stufenvorderkante mindestens 100 cm betragen. Bei möglichen Absturzhöhen von mehr als 12 m muss die Geländerhöhe mindestens 110 cm betragen.

 

Nach der Arbeitsstätten-Richtlinie ASR 12/1-3 "Schutz gegen Absturz und herabfallende Gegenstände" müssen Geländer mindestens 100 cm, bei möglichen Absturzhöhen von mehr als 12 m mindestens 110 cm hoch sein. Insoweit konkretisiert das bundeseinheitliche Arbeitsstättenrecht für den gewerblichen Bereich das Bauordnungsrecht der Bundesländer, die für Geländer eine Mindesthöhe von 90 cm fordern, z.B. für den Wohnungsbau.


3.3.2 Die Geländer müssen so ausgeführt sein, dass sie an der Mindesthöhe eine Horizontalkraft von mindestens 500 N/m aufnehmen können. Für Zugänge zu maschinellen Anlagen genügt eine Kraftaufnahme von 300 N/m.


3.3.3 Geländer müssen so ausgeführt sein, dass Personen nicht hindurchstürzen können. Grundsätzlich ist das Füllstabgeländer mit senkrecht angebrachten Stäben dem Knieleistengeländer vorzuziehen. Die Öffnungen zwischen den Füllstäben sollten maximal 18 cm betragen. Geländer in Gebäuden, in denen mit häufiger Anwesenheit von Kindern gerechnet werden muss, dürfen nur Öffnungen aufweisen, die nicht breiter als 12 cm sind. Zusätzlich müssen Geländer in Schulen und Kindertageseinrichtungen so ausgeführt sein, dass sie nicht zu missbräuchlicher Nutzung verleiten, z. B. Klettern, Aufsitzen, Rutschen, Ablegen von Gegenständen.

Kinder im Vorschulalter neigen dazu, an Geländern zu klettern. Um das Übersteigen des Geländers zu erschweren und damit der Absturzgefahr entgegen zu wirken, sollten Geländerfüllungen großflächig und vertikal ausgeführt werden. Als weitere Maßnahme kann die Geländeroberkante um ein horizontales Maß von mindestens 15 cm nach innen geneigt ausgeführt werden.

Knieleistengeländer werden häufig an ortsfesten Zugängen zu maschinellen Anlagen eingesetzt und verfügen als Schutz gegen Ab- oder Hindurchstürzen über eine Fußleiste, die Knieleiste und den Handlauf. Die Fußleiste hat eine Höhe von mindestens 10 cm und ist 1 cm über der Laufebene angebracht. Die Knieleiste befindet sich mittig zwischen Fußleiste und Handlauf, wobei der Abstand zu beiden 50 cm nicht überschreiten sollte.

Es ist möglich, den oberen Geländerabschluss gleichzeitig als Handlauf auszubilden. Besser greifbar und ergonomisch günstiger zu benutzen ist jedoch ein separat angebrachter Handlauf.

 

3.4 Handläufe

3.4.1 Handläufe müssen dem Treppenbenutzer einen sicheren Halt bieten. Sie müssen frei zugänglich und so geformt sein, dass sie ein sicheres Umgreifen ermöglichen. Sie sollten nicht tiefer als 80 cm und nicht höher als 115 cm angebracht sein (gemessen lotrecht über der Stufenvorderkante). Aus ergonomischen Gründen sollte die Handlaufhöhe nicht mehr als 90 cm betragen.

Ein sicheres Umgreifen des Handlaufs ist gewährleistet, wenn der Handlauf vom Benutzer etwa zu 3/4 von Daumen und Zeigefinger einer Hand umschlossen werden kann.

3.4.2 Die zu greifende Breite, – bei Rundprofilen der Durchmesser und bei Vierkantprofilen auch die Höhe –, des Handlaufes sollte mindestens 2,5 cm und maximal 6 cm betragen.

3.4.3 Handläufe werden an den freien Seiten der Treppen ohne Unterbrechung über den gesamten Treppenlauf geführt. Dabei sollten die Handläufe 30 cm vor der ersten Stufe beginnen und um 30 cm über die letzte Stufe hinausgeführt werden. Die Enden von Handläufen müssen so gestaltet sein, dass man daran nicht hängen bleiben kann (z.B. durch Einfädeln in die Kleidung).

Um Verletzungen der Hand zu vermeiden, muss der Abstand des Handlaufs zu angrenzenden Bauteilen mindestens 5 cm betragen. Bei Handläufen von Treppen zu maschinellen Anlagen muss auch das Tragen von Schutzhandschuhen berücksichtigt werden. Der Abstand zu angrenzenden Bauteilen sollte hier mindestens 10 cm betragen.

3.4.4 Treppen müssen

und zusätzlich

In Schulen und Kindertageseinrichtungen müssen Treppen auf beiden Seiten einen Handlauf besitzen.

 

3.5 Wahrnehmung, Beleuchtung

3.5.1 Die Wahrnehmung von Treppen und besonders die Erkennbarkeit der Stufen ist von grundsätzlicher Bedeutung für die Sicherheit auf Treppen. Hierbei ist eine gute Allgemeinbeleuchtung erforderlich, die die Treppenstufen räumlich hervorhebt.

In der Regel "Natürliche und künstliche Beleuchtung von Arbeitstätten" (BGR 131) sowie in der DIN EN 12 464 "Beleuchtung von Arbeitsstätten", Teil 1 "Arbeitsstätten in Innenräumen" werden als Nennbeleuchtungsstärke mindestens 150 LUX genannt.

3.5.2 Die Wahrnehmung speziell der Stufenkante ist erforderlich, um Stolpern, Abrutschen und Umknicken an der Kante zu vermeiden. Dazu haben sich folgende Möglichkeiten bewährt:

3.5.3 Die Wahrnehmung des Handlaufs und damit seine Benutzung kann durch farbliches Absetzen von seiner Umgebung oder integrierte Beleuchtung (kann gleichzeitig als Sicherheitsleitsystem dienen) erheblich gefördert werden.