4 Schutzmaßnahmen bei Tätigkeiten mit Gasen

4.1 Regeln zu Schutzmaßnahmen

(1) Allgemeine Regelungen zu Schutzmaßnahmen bei Tätigkeiten mit Gasen finden sich in

  1. TRGS 500 „Schutzmaßnahmen“,
  2. TRGS 800 „Brandschutzmaßnahmen“,
  3. TRGS 526 „Laboratorien“,
  4. TRBS 2141, alle Teile (Gefährdungen durch Dampf und Druck),
  5. Technische Regeln zum Explosionsschutz:
    a) TRGS 720 „Gefährliche explosionsfähige Atmosphäre – Allgemeines“,
    b) TRGS 721 „Gefährliche explosionsfähige Atmosphäre – Beurteilung der Explosionsgefährdung“,
    c) TRGS 722 „Vermeidung oder Einschränkung gefährlicher explosionsfähiger Atmosphäre“,
    d) TRBS 2152 Teil 3 „Gefährliche explosionsfähige Atmosphäre – Vermeidung der Entzündung gefährlicher explosionsfähiger Atmosphäre“,
    e) TRBS 2152 Teil 4 „Gefährliche explosionsfähige Atmosphäre – Maßnahmen des konstruktiven Explosionsschutzes, welche die Auswirkung einer Explosion auf ein unbedenkliches Maß beschränken“ und
    f) TRGS 727 „Vermeidung von Zündgefahren infolge elektrostatischer Aufladungen“.

(2) Regelungen zu Schutzmaßnahmen bei bestimmten Tätigkeiten finden sich in

  1. TRGS 510 „Lagerung von Gefahrstoffen in ortsbeweglichen Behältern“,
  2. TRGS 512 „Begasungen“, TRGS 513 „Tätigkeiten an Sterilisatoren mit Ethylenoxid und Formaldehyd“, TRGS 522 „Raumdesinfektionen mit Formaldehyd“,
  3. TRGS 525 „Gefahrstoffe in Einrichtungen der medizinischen Versorgung“,
  4. TRGS 528 „Schweißtechnische Arbeiten“,
  5. TRGS 529 „Tätigkeiten bei der Herstellung von Biogas“,
  6. TRBS 3151/TRGS 751 „Vermeidung von Brand-, Explosions- und Druckgefährdungen an Tankstellen und Füllanlagen zur Befüllung von Landfahrzeugen“.

(3) Spezifische Schutzmaßnahmen bei Tätigkeiten mit Gasen sind geregelt in

  1. TRBS 3145/TRGS 745 "Ortsbewegliche Druckgasbehälter – Füllen, Bereithalten, innerbetriebliche Beförderung, Entleeren",
  2. TRBS 3146/TRGS 746 "Ortsfeste Druckanlagen für Gase".

Darüber hinaus sind in Nummer 4.2 Schutzmaßnahmen für das Mischen von Gasen aufgeführt.

(4) Weitere Hinweise finden sich u. a. im Informationsportal Gase unter Druck der BG RCI /14/, in DGUV Regel 113-001 „Explosionsschutzregeln“ Anlage 4 (Beispielsammlung zur Zoneneinteilung) sowie in den DGUV Informationen 213-073 „Sauerstoff“, 213-075 „Liste der nichtmetallischen Materialien“ (zu 231-073) und 213-076 „Liste der Armaturen, Schläuche und Anlagenteile“ (zu 213-073).

(5) Für weiterführende Hinweise zu Acetylen siehe ergänzend /15/ und für Gasgemische siehe /16/.

4.2 Schutzmaßnahmen beim Mischen von Gasen

(1) Bei der Herstellung oder bestimmungsgemäßen Entstehung von Gasgemischen in Druckgasbehältern bzw. Druckanlagen muss sichergestellt werden, dass die Integrität der Behälter bzw. Anlagen nicht beeinträchtigt wird. Dabei sind mögliche Reaktionen der einzelnen Gemischbestandteile untereinander sowie mit Konstruktionswerkstoffen zu berücksichtigen.

(2) Beim Mischen von Gasen muss das Rückströmen der einzelnen Gase bzw. des Gemischs in Leitungen oder die Vorratsbehälter verhindert werden.

(3) Ein ortsbeweglicher Druckgasbehälter darf nur mit einem Gasgemisch-G oder Gasgemisch-L gefüllt werden wenn:

  1. die Bestandteile des Gemischs sowie ihre jeweiligen Anteile bekannt sind,
  2. die Bestandteile des Gemischs, soweit sie zu den Gasen zählen, in den Listen der Gase im ADR /1/ Abschnitt 4.1.4.1 P200 genannt sind,
  3. das Gemisch bei den unter normalen Betriebsbedingungen auftretenden Temperaturen (höchstens +70 °C) und Drücken nicht in gefährlicher Weise reagieren kann (bei der Beurteilung, ob Bestandteile des Gemisches in gefährlicher Weise reagieren können, ist Anhang 3 als Grundlage heranzuziehen),
  4. das Gemisch hinsichtlich Entzündbarkeit, chemischer Instabilität, pyrophorer Eigenschaften, starkem korrosivem Angriff auf den Behälterwerkstoff sowie gesundheitsgefährdender Eigenschaften klassifiziert worden ist,
  5. der Druckgasbehälter vor dem erneuten Füllen gereinigt und evakuiert worden ist. Dieser Maßnahme bedarf es nicht, wenn das zuletzt gefüllte Gasgemisch die gleichen Bestandteile enthielt.

(4) Gasgemische dürfen nur gefüllt werden

  1. bis zum höchstzulässigen Füllungsgrad nach ADR /1/ Abschnitt 4.1.4.1 P200,
  2. in ortsbewegliche Druckgasbehälter, die abhängig von den Eigenschaften des Gasgemisches in Bezug auf Behälterart und -größe, Werkstoff, Prüfdruck, Ausrüstung, Kennzeichnung und Prüffrist den im Sammeleintrag nach ADR /1/ Abschnitt 4.1.4.1 P200 genannten Maßgaben entsprechen.

(5) Unter Beachtung von Absatz 2 dürfen Gasgemische-G mit kondensierbaren Stoffen (siehe dazu Nummer 2 Absatz 5) nur bis zu einem Druck gefüllt werden, bei dem der Partialdruck des kondensierbaren Stoffs seinen Dampfdruck bei +5 °C nicht übersteigt. Dabei sind alle kondensierbaren Stoffe im Gemisch zu berücksichtigen. Die Berechnung erfolgt nach folgender Gleichung:

[1]

mit

pFüll = Maximal zulässiger Überdruck der Füllung des Gemisches in bar
pvi = Dampfdruck der kondensierbaren Komponente i bei + 5 °C in bar (absolut)
xi = Stoffmengenanteil der kondensierbaren Komponente
im Gasgemisch
n = Anzahl der kondensierbaren Komponenten im Gasgemisch

(6) Zu jedem Gasgemisch muss dem Füllbetrieb eine Füllanweisung vorliegen.

(7) Einer möglichen Entmischung eines Gasgemisches beim Entleeren bzw. der Entnahme muss durch geeignete Maßnahmen begegnet werden.

(8) Bei zweiphasigen (verflüssigten) Gasgemischen hat die Gasphase in der Regel eine andere Zusammensetzung als die Flüssigphase. Die Gasphase enthält einen größeren Anteil der leichter siedenden Stoffe (mit höherem Dampfdruck) und die Flüssigphase enthält einen größeren Anteil der Stoffe mit niedrigerem Dampfdruck. Bei Entnahme aus der Gasphase ist daher zu berücksichtigen, dass die Zusammensetzung und damit auch die Eigenschaften des Gemischs sich mit der Entnahme ändern (wie bei einer Destillation). Wenn dies verhindert werden soll, dann muss die Entnahme über ein Steigrohr aus der Flüssigphase erfolgen.

(9) Für die Herstellung von Brenngas/Luft- oder Brenngas/Sauerstoff-Gemischen, sind folgende Maßgaben zu berücksichtigen:

  1. Brenngas/Luft-Gemische mit einem Brenngasanteil unterhalb der unteren Explosionsgrenze (UEG) dürfen in Abhängigkeit vom Stoffmengenanteil x des entzündbaren Bestandteils bis zu folgenden Drücken gefüllt werden:
    (0 % < x ≤ 25 %) UEG: bis zum maximalen Betriebsüberdruck des Druckgasbehälters, höchstens jedoch bis 200 bar
    (25 % < x ≤ 50 %) UEG: bis zum maximalen Betriebsüberdruck des Druckgasbehälters, höchstens jedoch bis 150 bar
    (50 % < x ≤ 75 %) UEG: bis zum 0,1-fachen des maximalen Betriebsüberdrucks des Druckgasbehälters
    Achtung: Teilhalogenierte Kohlenwasserstoffe, z. B. Kältemittelgase, können bei atmosphärischen Bedingungen nicht entzündbar sein, d. h. sie haben keine untere Explosionsgrenze. Bei höherem Drücken können diese Gase mit Luft trotzdem explosionsfähige Gemische bilden.
  2. Brenngas/Luft-Gemische mit einem Brenngasanteil oberhalb der oberen Explosionsgrenze (OEG) dürfen in Abhängigkeit vom Sauerstoffanteil y bis zu folgenden Drücken gefüllt werden:
    (0 % < y ≤ 50 %) SGK: bis zum maximalen Betriebsüberdruck des Druckgasbehälters
    (50 % < y ≤ 75 %) SGK: bis zum 0,05-fachen des maximalen Betriebsüberdrucks des Druckgasbehälters
  3. Brenngas/Sauerstoff-Gemische mit einem Brenngasanteil unterhalb der unteren Explosionsgrenze (UEG) dürfen in Abhängigkeit vom Sauerstoffanteil y bis zu folgendem Druck gefüllt werden:
    (0 < y ≤ 1000) ppm(V):bis zum maximalen Betriebsüberdruck des Druckgasbehälters

Für die Ermittlung von Explosionsgrenzen und Sauerstoffgrenzkonzentrationen siehe Nummer 3.1.1 Absatz 8 und 9.

(10) Ob die einzelnen Gase eines Gasgemisches in gefährlicher Weise miteinander reagieren können, kann Anhang 3 entnommen werden. Die Prüfung der Herstellbarkeit eines Gemisches mit Gasen, die nach Anhang 3 gefährlich miteinander reagieren können, und bei denen die unter Absatz 9 genannten Maßgaben nicht erfüllt sind, sowie die Herstellung von Gemischen mit Acetylen oder mit Fluor erfordert besondere Kenntnisse und Fachkunde und ist in einem schriftlichen Bericht festzulegen. Über die erforderlichen Kenntnisse und die Fachkunde zur Beurteilung der Herstellbarkeit solcher Gasgemische verfügt die BAM.

(11) Für die Herstellung von Gasgemischen in Druckgasbehältern ist die Reihenfolge der Füllung von Bedeutung. Die Bestandteile sind möglichst so zu füllen, dass der Explosionsbereich beim Füllvorgang nicht durchschritten wird. Lässt sich dies nicht vermeiden, sind weitere Schutzmaßnahmen zu ergreifen, um eine Gefährdung von Personen auszuschließen.

(12) Wird bei der Herstellung von Gasgemischen Sauerstoff bei hohem Druck gefüllt, müssen die Druckgasbehälter, Ventile und Armaturen der Fülleinrichtung für Sauerstoff geeignet sein. Sauerstoff darf ohne Spülung der Armaturen und Leitungen bei hohem Druck nicht direkt im Anschluss an entzündbare Gase gefüllt werden.